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Die erste Woche des neuen Jahres hat viele unheilvolle Akzente für den gesellschaftlichen Zusammenhalt gesetzt. Wenn wir nicht aufpassen, drohen uns die Auseinandersetzungen um Deutschlands Identität zu entgleiten. Wer gedacht hat, wir pendeln uns langsam ein, irrt. Der Ton wird immer rauer.

…schreibt Lamya Kaddor, die bei T-Online für die „Migrations-Kolumne“ verantwortlich ist. Vor einigen Wochen sprach sie sich noch für die Barbie mit Kopftuch aus. Ich möchte mal komplett neutral an die Sache rangehen (sofern das möglich ist). Ich persönlich weiß gar nicht, was mir aktuell mehr auf den Sack geht: Die Hetze und Verschwörungstheorien der AfD und seiner Wutbürger oder die islamischen Community in Deutschland in ihrer Opferrolle. Ist es denn wirklich so unerträglich geworden, in Deutschland zu leben?

Hier mal ein Beispiel, welches Kaddor in ihrer Kolumne anführt:

Noah Becker, Sohn von Tennis-Legende Boris Becker, berichtet davon, dass er wegen seiner „braunen Hautfarbe“ angegangen werde: „Im Vergleich zu London oder Paris ist Berlin eine weiße Stadt.“ Als Reaktion erntet er über den Twitter-Account eines Richters und Bundestagsabgeordneten die Beschimpfung „Halbneger“.

Es stimmt schon, dass Noah Becker bei Twitter eine Menge Gegenwind für seine undifferenzierte Äußerung erntete. Dieser war aber zu 99% nicht rassistisch. Gerade Berlin ist doch für seine Multikulti-Community und seine Weltoffenheit bekannt. Wie will ein Noah Becker, der sich überwiegend in Monaco aufhält, explizit beurteilen können, wie „weiß“ Berlin ist – wenn er einmal im Jahr dort zu Besuch ist? Wenn man diese Kritik an ihm in einen rassistischen Kontext drücken will, so wie es Kaddor hier tut, muss man dies quasi bei jedem Promi-Tweet so machen – denn solche geistigen Tiefflieger gehören nun mal leider zur Social Media-Tagesordnung. Wenn Leute auf Twitter Til Schweiger flamen, er solle sich „aus Deutschland verpissen“, ist das dann auch rassistisch?

Im Grunde tut Lamya Kaddor mit dieser Kolumne genau das, was sie „den Deutschen“ vorwirft: Sie heizt die Stimmung auf. Ich bin mittlerweile an einem Punkt, an dem ich die ganze Sensations- und Boulevard-Presse nicht mehr ernst nehmen kann. Diese Opferrolle, egal von welcher Seite aus, ist ab dem Moment unglaubwürdig, wo sie in den genannten Medien ausgeschlachtet wird. Meine Meinung!

Quelle: T-Online.de


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22 KOMMENTARE

  1. Also ich kann nicht erkennen, dass es immer schlimmer wird^^
    Nur die Medien hypen halt jeden Skandal gleich zu ner Mega Sache hoch, weil sie sonst keine klicks bekommen^^
    Und wir werden einfach immer älter und haben daher auch das Gefühl, dass es immer schlimmer wird, so wie die „aktuellen“ Jugendlichen immer schlimmer werden, aber das schon seit Aristoteles??
    Und man muss bedenken, dass immer mehr deutsche Zugriff auf das Internet und vor allem über Mobilgeräte immer mehr im Netz schreiben…
    Vorher haben diese Leute in der Kneipe ihre Parolen geteilt, jetzt wo viele Kneipen schließen, halt im Internet 😉
    Und dann gibts noch die Professionellen „AFD Schreiberlinge“ die in Foren wie Focus und jeder anderen Tageszeitung wohl ihre Posts verteilen ,immer nach dem selben Schema, egal ob es um Gartenarbeit, neues Auto etc. geht, es findet sich immer wieder ein Aufhänger um gegen Flüchtlinge oder Merkel raus zu posten… Kann mir keiner erzählen das diese Leute das nicht gegen Geld oder möglicherweise aufgrund von zuviel Freizeit /Arbeitslosigkeit machen…
    Besonders bei den Kommentaren vom Focus fällt mir das ständig auf, 90% Anti-Merkel oder Anti-Flüchtlingsposts alla Kinki.
    Ja, Kinki schreibt nicht aggressiv, er ist nur Ausländerfeindlich und ängstlich und verfolgt eine klare Rassenpolitik, klar er als weißer Anwalt ist was besseres und nur alle dunkelhäutigen haben die Aggressivität in den Genen…
    Nur das es auch schon zu DDR Zeiten Prügeleien, Vergewaltigungen, Raub etc. gab, nur hat halt keine Zeitung darüber berichtet und es wurde sowieso jeder wegen irgend einer Kleinigkeit weg gesperrt…

  2. wie man bei grill den hensler im sommer gut sehen konnte, ist aber gerade noah becker nur ein aufmacher für den artikel ohne wirklich sinn dahinter zu haben
    ausser das bobbele der vater ist, hat arme noah doch kaum beziehungen zu deutschland.
    schon während der ehe lebte der doch mit den eltern schon mehr ausserhalb und nach der scheidung, afair, lebte der doch fast nur noch in den usa.

  3. Soll ich dir mal verraten woher das kommt? Von den „sozialen Medien“ und dem massentauglichen Internet. Jeder will Aufmerksamkeit, jeder will Clicks und Likes. Und wie jeder weiß sind die in der goldenen Mitte am unauffälligsten. Also ist es unattraktiv sich irgendwo in der Mitte zu befinden. Man muss extreme Positionen einnehmen. Positionen die polarisieren. So erreicht man das Bauernvolk von Heute. So generiert man Views, Clicks, Likes, Retweets! Und es wird von Jahr zu Jahr schlimmer.. es ist einfach widerlich

  4. Ich kann dir eigentlich nur zustimmen. Wer behauptet Berlin sei eine „Weiße Stadt“, war ganz offensichtlich noch nie hier.

  5. Das Problem dieser vergifteten Stimmung sehe ich hauptsächlich in einer extremen „Schwarzweiß“-Denke, in die man gerne verfällt, sowie dem ständigen Versuch, die eigene Meinung durch völlig irrelevanten Kram auf- bzw. den anderen abzuwerten. Ein Beispiel der letzten Zeit wäre wohl die ominöse „Nazikeule“, wenn Linksradikale jegliche Meinung als „voll Nazi“ abtun, wogegen die Rechten es adaptiert haben und denken, sie können alles sagen, solange sie nur anhängen „aber wenn man das sagt, ist man ja gleich Nazi“. Ähnliche Klassiker wären natürlich „ich denke rational, der Rest ideologisch“ oder „das denken ja alle so“.
    Sich davor zu schützen ist wirklich schwierig und gelingt auch mir nicht immer (und gefühlt in letzter Zeit seltener).

    Was ich allerdings, auch ganz unabhängig von Politik, irgendwie schlimm finde, ist das seit einigen Jahren jede Diskussion sofort auf ein persönliches Niveau gezogen werden muss. Nicht nur durch schnippische Kommentare/Beleidigungen (sein wir ehrlich, da darf gerade ich mich nicht drüber beschweren), sondern es entsteht ein regelrechter Hass. Ich finde das ganz furchtbar, dieses „du hast eine andere Meinung zu *insert random topic* als ich, also hasse ich dich ab jetzt bei jedem anderen Thema aus Prinzip“. Ebenso ist es komisch, dass das Ergebnis „wir haben unterschiedliche Vorstellungen“ nicht mehr akzeptabek ist. Irgendwie ironisch, dass Menschen in Zeiten von „alternativen Fakten“ denken, es gäbe nur „die eine Wahrheit“.
    Um dafür ein Beispiel zu nennen: Kinki und mich. Selbst wenn wir alle „ideologischen“ Aspekte mal beiseite lassen, halte ich es für völlig normal, dass es Dinge gibt, in denen wir unterschiedliche Meinungen haben, einfach weil die Lebensrealität von uns beiden eine völlig andere ist. Der eine ist kinderloser Anwalt aus dem Mittelstand, der andere Lehramtsstudent aus einer Arbeiterfamilie, natürlich werden wir bei Themen wie Mindestlohn, Rente oder auch Bildung unterschiedliche Auffassungen haben.

    • Ich finde aber nicht, dass unsere Diskussionen auf einem persönlichen Niveau stattfinden. „Schlimmstenfalls“ werfen wir uns unsere gegenseitigen politischen Richtungen vor, aber darüber hinaus tauschen wir unsere Argumente sachlich aus.

      Ich glaube auch nicht einmal, dass unsere oftmals diametralen Ansichten aus einer unterschiedlichen Lebensrealität herrühren; wir sind ja nicht in völlig verschiedenen Kulturen aufgewachsen. Vielmehr denke ich, dass sich eher unsere Grundansätze – man mag dies auch Ideologien nennen – unterscheiden, was die Rolle des Individuums und der Gesellschaft, was die Rolle des Staates allgemein und Deutschlands im besonderen angeht. Ich würde dies sogar auf dieser grundsätzlichen Ebene gerne einmal mit dir ausdiskutieren, alleine schon, damit ich dadurch vielleicht ein besseres Bild bekomme, wie „linke“ Meinungen – jenseits ideologischer Verbohrtheit, die ich deutlich weiter außen als dich einordne – zustandekommen.

      Ganz allgemein gesagt und nicht nur auf uns beide bezogen: Es wäre vielleicht mal ein guter Ansatz, nicht unbedingt die Meinungen auszudiskutieren, sondern zu hinterfragen, wie die jeweiligen Meinungen entstanden sind.

      • Das man auch bei gleicher Kultur eine sehr unterschiedliche Lebensrealität haben kann, merke ich bei einem einfachen Thema: Wenn ich Leuten erzähle, dass ich Bücher schreibe, gibt es darauf genau zwei Reaktionen: 1)“wow, das ist ja interessant! Wie kommt man auf sowas? Worum geht es da so?“ und 2)“was verdient man damit?“. Und für gewöhnlich lassen sich diese beiden Fraktionen auch anderweitig ganz gut zusammenpacken.

        Ich weiß nicht, ob ich der Richtige bin, um exemplarisch das zustandekommen von „linken Meinungen“ darzulegen, weil ich lange Zeit eher ins rechte Spektrum verschoben wurde und oft mit linkeren Personen aneinandergeraten bin.
        Um die von dir genannten Themen aufzugreifen: Mein Bild eines Staates ist so aufgebaut, dass ihm tendenziell alles untergeordnet ist. Volk und Politik tun ihr bestmöglichstes, um den Staat (amn könnte auch „die Nation“ sagen) zu stärken. Damit sie das können, brauchen wir jedoch fähige Politiker und ein „gesundes Volk“, was für mich in erster Linie heißt, ein Volk das von seiner Arbeit leben kann, das Chancen auf Bildung hat und dem eine gute Infrastruktur zur Verfügung steht, Gesundheits- und Rentenwesen inklusive. In diesen Bereichen würde ich mich als „klassisch sozialdemokratisch“ einstufen. Denn wenn dieses Zusammenwirken der Kräfte funktioniert, kann man auch getrost sagen, dass man „Stolz auf sein Land“ ist, da man ja selbst dazu beiträgt.
        Um das zu ermöglichen braucht man natürlich auch eine funktionierende Wirtschaft, die sich dummerweise in einem globalen Konkurrenzkampf befindet. Das muss irgendwie ausgeglichen werden, im Moment empfinde ich aber, steht die Waage viel zu sehr auf Seiten der Konzerne. Das liegt auch an dieser furchtbaren Denke, dass „gut bleiben“ nicht reicht, sondern immer alles „besser“ werden muss. Leider nicht in der Qualität, sondern im Wert der Aktie. Hier muss eben wieder ein Mittelweg gefunden werden.

        In anderen Sachen würde ich mich eher konservativer Einschätzen, nur vllt. mit ein bisschen mehr Fantasie. Die westliche Welt mag befriedet sein, aber dennoch befinden wir uns in einem Wettstreit mit den USA, mit China und Russland und je nach Ölpreis auch mit der arabischen Welt. Und diesen Wettstreit verliert Deutschland schlichtweg, weil wir mit demokratisch regierten 82 Millionen Bundesbürgern nicht gegen diktatorisch beherrschte 500 Millionen Chinesen „gewinnen“ können. Also müssen wir unsere Kapazitäten erweitern und da sehe ich als einzig realistischen Ausweg eine starke EU. Natürlich werden wir dafür in manchen Stellen zurücktreten müssen, aber der Profit für Deutschland sollte am Ende wesentlich größer sein. Ich will ja auch nicht die vielzitierte Auflösung des Nationalstaates, aber ein Nebeneinander wie bisher bringt eben auch nichts.

        Soweit die Darlegung, wie erwähnt hilft dir das vermutlich nicht wirklich, linke Meinungen besser zu verstehen, aber das mal so als Grundlage.

        • Ich denke, die größten Unterschiede bei uns bestehen im Staatsverständnis. Bei dir ist – bitte korrigiere mich, wenn ich dich falsch verstehe – der Staat der zentrale Punkt, der seinem Volk ein, allgemein gesagt, möglichst gutes Leben gewähren und ermöglichen soll. In meinem Verständnis steht das Individuum im Mittelpunkt bzw. die Vielzahl von Individuen, die sich zu einer Gemeinschaft – dem Staat – zusammenschließen und diesem zum gegenseitigen Nutzen Individualrechte abtreten, wo es vorteilhaft ist, wo „alle etwas davon haben“, z. B. im Bereich der individuellen Freiheit und Sicherheit (wirtschaftlich und finanziell), im Bereich der Infrastruktur (Verkehr und Bildung) usw.

          Man könnte es etwas verkürzen:
          Der Staat gewährt seinem Bürger Rechte vs. Die Bürger gewähren dem Staat Rechte.

          Was das momentane Wirtschaftssystem angeht, scheinen wir recht ähnlich zu denken. Auch ich bin der Meinung, dass unser Zinseszinssystem aufgrund seiner Exponentialfunktion und dem daraus folgenden unweigerlichen Zusammenbrechen nicht der Weisheit letzter Schluss sein kann. An dieser Stelle könnte man – ohne dass ich mich damit bislang näher beschäftigt hätte – über das muslimische Wirtschaftssystem nachdenken, welches ohne Zinsen auskommt.

          Was nun den globalen Wettstreit angeht: Müssen wir den in aller Härte führen? Können wir – egal ob Deutschland oder EU – uns denn nicht ein Stückweit abschotten? Ja, das würde Außengrenzen, Zölle u. ä. beinhalten. Ich kann es nicht abschließend sagen, ich bin kein Wirtschaftswissenschaftler. Aber mal rein logisch gedacht: Bevor ich einen Kampf führe, von dem ich weiß, dass ich ihn nicht gewinnen kann, würde ich doch nach Alternativen suchen.

          Also in diesem Bereich kollidieren unsere Ansichten wahrscheinlich in der Frage der Grenzen. Du stehst solche wohl eher skeptisch, ich eher positiv gegenüber. Wohlgemerkt: Immer auf das Jetzt bezogen; wie sich unsere Welt bzw. die Menschheit in den nächsten 100, 200 Jahren entwickelt, weiß keiner.

          • Ich denke, auf diese Unterscheidung kann man sich einigen, im Hinblick auf Staatsverständnis. Meines ist dabei sicherlich geprägt durch die Beschäftigung mit Staatsgründung und der langen Geschichte davor. Mir fehlt die Fantasie für ein anderes Konzept, aber ich würde trotzdem nicht behaupten, dass meines das zwangsläufig richtige ist.

            Der globale Wettstreit ist leider nichts, dem wir uns wirklich entziehen können. Das hat auch etwas mit Verantwortung und „Macht“ zutun. Ich jedenfalls möchte nicht in einem Land leben, was Potenzial zum global player hat, sich aber am Ende überstimmen lassen muss.
            Niemand weiß, was die Zukunft bringt, aber eines weiß ich sicher: Das Jetzt ist nicht „normal“, im Gegenteil. Wir leben aktuell in der vielleicht „unnormalsten“ Epoche der zivilisierten Menschheitsgeschichte. Das heißt nicht, dass wir morgen einen Backflip machen, doch ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass in ein oder zwei Jahrhunderten Schüler über das 21. Jahrhundert reden werden und den Lehrer fassungslos anstarren, weil sie sich unseren Lebensstil nicht vorstellen können.

            Ich stehe Grenzen durchaus positiv gegenüber, es ist alles eine Frage des Zwecks und des Timings. Hab ja schon öfters ausgeführt, dass ich „europäische Lösungen“ bevorzuge, schon aus rein strategisch-logistischen Gründen. Innereuropäisch, da stimmst du mir hoffentlich zu, sind geschlossene Grenzen ohnehin überflüssig.
            Dasselbe gilt btw auch für „Flüchtlinge“: Ich bin keineswegs dafür, dass wir alle aufnehmen/behalten sollten. Allerdings bleibe ich dabei, dass wir 2015 in einer Notsituation waren, in der drastische Maßnahmen ergriffen werden mussten. Es war im Endeffekt ein „reinlassen oder verhungern lassen“. Und trotz aller Probleme, die es uns heute bringt, ich würde diese Entscheidung immer wieder genau so unterstützen.

          • @Balnazza: Ich gestehe ehrlich, dass ich mich für Staatstheorie und in der Uni Rechtsgeschichte nicht sonderlich interessiert habe! Für mich ist eben das selbstbestimmte Individuum der natürliche Zustand, schließlich ist ein Staat ohne Staatsbürger nicht denkbar.

            Dass wir uns der Globalisierung nicht entziehen können, darüber sind wir uns einig. Auch dass europäische Lösungen prinzipiell besser wären. Europa ist im internationalen Wettbewerb offensichtlich schlagkräftiger als Deutschland alleine.

            Nur: Nach meinem Eindruck funktionieren die europäischen Lösungen nicht. So ähnlich sich die europäischen Länder sind, so gibt es doch große Unterschiede, besonders zwischen Norden und Süden. Das mag sogar klimatische Gründe haben; den Spaniern sei ihre Siesta, wenns mittags am heißesten ist, ja gegönnt! Es gibt diametrale Ansichten in der Aufgabe der Währungspolitik und der Zentralbanken. Die unterschiedlichen Wirtschaftsleistungen. Und so weiter. Und vieles davon ist miteinander verzahnt.

            Deshalb meine ich, dass sich eine EG/EU darauf beschränken sollte, was sinnvoll ist. Gemeinsame Werte, gemeinsamer Wirtschaftsraum, freier Personenverkehr, gemeinsame Außen- und Verteidigunspolitik, gerne auch gemeinsame Rechtsvorschriften, wo es sinnvoll ist (z. B. Fluggastrechte). Aber eine politische und fiskalische Union wird nicht funktionieren.

            Und abschließend zu den Flüchtlingen: Ja, im September 2015 bestand eine Notsituation. Da drohten Flüchtlinge irgendwo zwischen Österreich und Ungarn zu stranden. Diese Flüchtlinge aufzunehmen, war eine humanitäre Geste, zu der wir keineswegs verpflichtet waren, die aber niemand kritisiert. Aber: Diese „Notsituation“ war nach ein, zwei Wochen erledigt. Ergo hätten die Grenzen dann wieder geschlossen werden müssen. Oder willst du mir erzählen, dass die „Notsituation“ seit September 2015 bis heute fortbesteht?

          • @kinki:
            Es ist weniger Staatstheorie, als das ich weiß, wie Gesellschaft z.B. in der frühen Neuzeit ablief. Wie man in einer nicht-institutionalisierten Welt lebt. Das Individuum stand dabei jedoch nie im Fokus, sondern die Familie öÄ.

            So, wie es jetzt läuft, hast du völlig Recht. Die EU ist zu aufgebläht, als das wir aktiv die Welt gestalten könnten. Deswegen müssen neue Wege gefunden werden. In die Europäische Union sind wir ja eher „gestolpert“, als das es sich um ein geplantes Werk handelt.
            Ich glaube fest daran, dass es möglich ist, auch einen so unterschiedlichen Kontinent wie Europa zu einer schlagkräftigen Einheit zu formen und den Mittelweg zwischen Europäischer Union und Nationalstaat zu finden.

            Nein, die Notsituation ist natürlich heute nicht mehr vorhanden, zumindest nicht mehr in dem Maße. Deswegen sind ja auch schon viele Schutzmaßnahmen aktiv, der Flüchtlingsstrom ebbt massiv ab. Dennoch kann es nicht sein, dass vorallem Griechenland mit dem Thema alleine gelassen wird. Die europäische Solidarität funktioniert nicht und das müsste eigentlich hochgradig sanktioniert werden, womit wir wieder beim Thema EU wären. Griechenland hat jetzt nunmal die geographische Arschkarte gezogen, dass kann aber doch kein Argument sein zu sagen „das jetzt nicht mehr unser Thema“. Wenn Geld und Logistik alleine als Hilfe nicht mehr ausreichen, muss man den Griechen eben Flüchtlinge abnehmen.
            Das wäre wichtig, nicht Scheindebatten über Obergrenzen, mit denen man wunderbar Wahlen in Bayern gewinnen kann. Außer man hat wirklich die Eier, die Obergrenze auch mit allen Konsequenzen durchzuziehen, dann will ich nix gesagt haben.

          • Balnazza, ich würde die Diskussion gerne fortsetzen, aber der Beitrag rutsch allmählich doch zu weit nach hinten.

  6. Ich persönlich sehe das gar nicht mal so sehr als Darstellung von Opferrollen. Man hat im Grunde Leute zweier „Fraktionen“ die eigentlich nur ihre Meinung äußern wollen. Das Problem ist nur, dass beide Seiten vergessen haben, dass der Austausch unterschiedlicher Meinung i.d.R. Stoff für eine Diskussion ist, womit wir direkt zum nächsten Problem kommen: jeder will seine Meinung äußern, ist aber selten dazu bereit, sich andere Meinungen anzuhören, geschweige denn diese überhaupt erstmal zuzulassen.
    In Diskussionsforen geht es längst nicht mehr darum, anderen Menschen mitzuteilen, was man denkt. Es geht meist nur noch darum, seine persönliche Ansicht als die einzig richtige Darzustellen, und jeden, der anders denkt, zu diffamieren. Darin sehen viele Menschen mittlerweile anscheinend eine Art Befriedigung: ich habe gesagt, was ich denke, und den anderen mit seiner Meinung schlecht gemacht. Jetzt kann ich mich gut fühlen!
    Hinzu kommt außerdem, dass mittlerweile jedes Thema – und wenn’s nur drum geht, dass der Hund von irgendwem auf die Straße, statt auf die Hundewiese gekackt hat – immer in Richtung Politik geschliffen wird.
    Ohne Scheiß, ich hab sogar bezüglich der Beiträge über die Sicherheitslücke in Intel-Chips Posts gelesen, in denen es um Flüchtlinge ging! Wer bitte denkt denn so? Als Betrachter von außen fängt man da langsam an, sich die Stirn mit jeglicher Art von hartem Gegenstand zu traktieren. Nicht etwa, weil man diese ganzen Menschen für dumm oder verbohrt hält. Sondern, weil man eigentlich gerne diskutieren möchte, aber genau weiß: am Ende wird man selbst für eine halbwegs neutrale Haltung diffamiert, schlecht gemacht und beleidigt.
    Herzlich willkommen im 21. Jahrhundert … ^^

  7. 2017 bzw 2018 ist einfach ein ätzendes Jahr. Diese übertriebene „political correctness“ ist wohl mit das nervigste, das ich je erleben musste. Ich verstehe nicht, wie gefühlt die ganze Menscheit, innerhalb ein paar Jahren, zu einer rießigen „Pussy“ werden konnte und das gleiche gilt auch für die Migrationspolitik. Eine „normale“ Diskussion ist momentan doch garnicht mehr möglich. Entweder man ist ein „scheiß AFD-Wähler“ oder ein „scheiß Linker-Vollidiot“.

    • Deiner Diagnose stimme ich im wesentlichen zu. Interessant wäre aber vielmehr die Frage, wie es dazu gekommen ist. Ich sehe diese Entwicklung – zumindest was den deutschsprachigen Raum angeht – eigentlich seit 2013, als die bürgerlichen Stimmen aus dem Bundestag verschwanden. Die CDU übernahm grüne und linke Themen (Schuldenvergemeinschaftung, Atomausstieg etc.), und die FDP verabschiedete sich aus dem Bundestag. Als Resultat hatten wir 4 Jahre lang eine im wesentlichen linke Meinungshegemonie, die ich an dieser Stelle gar nicht in Kategorien gut oder schlecht bewerten sondern einfach nur als solche feststellen will. Und im gleichen Maße, wie die Diskussionen, der Meinungsaustausch, aus dem Bundestag verschwand, verlagerte er sich auf die Straße bzw. ins Internet, wo das Klima natürlich deutlich rauher ist als eben im Plenarsaal.

      Anders gesagt: Hätten die notwendigen Diskussionen im Parlament stattgefunden, hätte es – das ist mein Fazit – keine derartige Polarisierung in der Bevölkerung gegeben. Und das gilt für alle politisch relevanten Themen, von der Eurorettung über die Migrationsfrage bis hin zu Energiepolitik und den ganzem gesellschaftlichen Genderkomplex, vom Ehebegriff bis hin zum Gendersprech.

    • Beim Thema „political correctness“ kommen wir aber, zumindest nach meinem Empfinden, langsam in den Bereich, wo die Gegenbewegung mehr nervt. Es wird ja schon regelrecht danach gesucht, Dinge zu finden, die man dann mit angeblicher PC schlecht machen kann. Was vllt. auch daran liegt, weil man gerne seine Argumente in irgendeinen Kontext bringen will.
      Man kann nicht sagen „ich fand den neuen Ghostbusters scheiße“, sondern man MUSS unbedingt sagen „ich fand den neuen Ghostbusters scheiße, weil er ja nur politisch korrekt mit Frauen sein musste“.

      Es klingt vielleicht hart (und schließt an meinen eigenen Kommentar an): Ein bisschen fehlt den Leuten heutzutage die Eier, ihre Meinung für sich stehend zu vertreten. Mainstream ist wohl doof und man will unbedingt kontrovers sein, aber nur, wenn viele andere auch kontrovers sind und exakt dieselbe Meinung haben wie ich.

    • Übertriebene political correctness?

      Seit gut zwei Jahren jetzt erleben wir eine absolute Welle von künstlicher political incorrectness. Einfach mal was schön politisch unkorrektes sagen und sich nach dem Gegenwind, sei es noch so berechtigte Kritik, in der Opferrolle suhlen. Es wird beleidigt und gehasst – nur weil es „anti“ politisch korrekt ist. Christian Ehring mit seiner Wortwahl „Nazischlampe“ trifft den Nagel der Doppelmoral schon ganz gut auf den Kopf.

      Bei den Diskussionen im Parlament gebe ich dir Recht, die brauchen wir dringend wieder. Auch deshalb fände ich eine Minderheitsregierung gut.

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