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Do, 29.09: Große Premiere des Lehrer-Theaterstücks an meiner Schule! Es sitzen viele Menschen im Publikum. Ich bin aufgeregt. Dieses flaue Gefühl im Magen hatte ich schon verdammt lange nicht mehr. Ich streife meinen weißen „Arzt-Kittel“ über, auf dem groß die Worte „Beeke Apotheke“ zu lesen sind. Meine Kollegen lachen mich aus und sagen, ich würde wie der „Edeka-Mann“ aussehen. Ich nehme es ihnen krumm, lasse mir aber nichts anmerken und beschließe, sie alle nach dem Stück wüst zu beleidigen. Mein Kollege Heribert, der gleichzeitig die Theater-AG leitet und unser Stück inszeniert hat, kommt herein und übergibt mir das Stethoskop. Ich stecke es in meine Brusttasche und komme mir kurz wichtig vor.

Die Mädchen-Gesangsgruppe, die vor uns dran war, ist fertig. Ihre Songauswahl war recht gelungen, der Gesang leider nicht. Meine Ohren bluten davon, aber ich lasse mir wieder nichts anmerken. Nachdem der Vorhang zugeht, schleppen wir schnell alle Requisiten auf die Bühne. Alle gehen auf ihre Position und meine Kollegin Christa erklärt dem Publikum das Thema des Stücks. Der Vorhang geht auf und meine andere Kollegin Frauke beginnt alleine auf der Bühne. Mein Stichwort fällt: „Gnädiges Fräulein, Herr Doktor Meyer“. Ich komme auf die Bühne: „Gnädiges Fräulein, liebste Luise!“ – unsere Aula steht Kopf. Das war ja einfach! Es ist ein gutes Gefühl, mal wieder etwas vor Publikum zu machen. Applaus ist wie eine Droge…

Das Stück schreitet voran und bis auf einen kleinen Hänger läuft alles super. Die Zuschauer haben viel Spaß. Ich auch! Jeden Augenblick kommt das große Finale. Ich sage meinen Satz: „Luise und ich sollen des selben Todes sterben“. Mein Gegenspieler Christian zieht seine Waffe: „Nein, das soll Ihr nicht! Ich werde Euch ein Loch in den Schädel brennen und anschließend mir“. Jetzt ist es soweit, er drückt ab. Wie von der Tarantel gestochen, greife ich mir an die Brust: „Ahhhhhhh…. getroffen!“ – das Publikum rastet aus! Ich muss meinen Tod herauszögern. Verdammt, was mache ich jetzt? Das Klatschen hört nicht auf, auf der einen Seite genieße ich es, auf der anderen Seite stören sie mein großes Sterben. Ich kann mir ein Grinsen nicht verkneifen und drücke den Zeigefinger auf dem Mund. Der Applaus wird langsam weniger. Was mache ich jetzt? Sterbe ich einfach so, ganz ohne große Tragik? Das geht nicht! Ich muss improvisieren! Ich fasse mir wieder an die Brust: „Aaahhhh… es tut immer noch weh“. Begleitet von einer Mischung aus Beifall und Gelächter gehe ich zu Boden. Während ich so vor mich hinsterbe, schaue ich auf meine Kollegen, die sich allesamt ein breites Grinsen nicht verkneifen können. Man kann es drehen und wenden, wie man will: Ich bin zum Sterben geboren!

Nachdem das Stück zu Ende ist, verbeugen wir uns alle auf der Bühne. Der Applaus ist riesig. Kein anderer Act des Abend wird dermaßen gefeiert. Viele Kollegen, Eltern und Schüler klopfen mir anschließend auf die Schulter. „Gut gestorben, Herr Krömer“, bekomme ich zu hören. „Warum sind Sie nicht mehr tot, Herr Doktor?“, ist der Witz des Abends – daher benutzt ihn auch jeder Zweite.

Theater ist toll, Text lernen doof, Applaus macht süchtig, und Apotheken-Kittel sind hässlich – so lautet mein Fazit des Abends. Ob es wohl irgendwann ein Krömer-Comeback auf der „großen Bühne“ Fintauschule geben wird? Wer weiß, wer weiß – wenn’s mal wieder was zu Sterben gibt vielleicht…

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21 KOMMENTARE

  1. Die Art deiner Leuchtturmtexte erinnert mich total an die Bücher und Texte von Helge Schneider! Genau mein Humor!

    Klasse Sache! 🙂

  2. Ich musste herzhafter lachen als bei „kill the boss“ und das soll was heißen! Freue mich schon auf dein Buch!
    Du hast recht, schreiben kannst du.

  3. Steve, ich will dich jetzt nicht desillusionieren oder so, aber wir sind alle zum Sterben geboren.

    Dich sehen die Leute nur gern sterben 😛

  4. Ich kanns mir richtig vorstellen, wie Steve auf der Bühne steht und krepieren sollte, aber einfach nicht sterben will 😀 Wenn das Stück sich so gut angeschaut hat, wie sich der Beitrag hier liest, dann will ich nächstes Mal unbedingt live dabei sein 😀

  5. Btw, was haben diese 2 Sachen die du jetzt geschrieben hast denn mit nem Leuchtturm zu tun, rall das irgendwie nicht :)?

  6. Ich glaube Steve wenn World of Warcraft noch eine Erweiterung rausbringen sollte, und dann ein neues Volk in WoW hinzugefügt wird, sollte man dich dann am besten die Sterbeszene nachspielen lassen.

    • naja aber wie willst du ohne text lernen das stück schaffen?

      is iwie genau so ne aussage wie: „essen is toll, aber das kacken nervt.“

  7. Haha, könntest du nicht mal nen kleinen Ausschnitt davon besorgen?
    Würd echt gern sehen wie Du im Arztkittel abkratzt xD

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