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Da wir leider im Podcast nicht jeden Leserbrief behandeln können, ich aber wirklich gute und spannende Leserbriefe nicht unter den Tisch fallen lassen möchte, werde ich einige davon einfach hier auf dem Blog veröffentlichen. Ein Community-Mitglied, welches natürlich gerne anonym bleiben würde, schrieb mir folgenden Leserbrief zum Thema Drogen und Drogenkonsum.

Ihr seid herzlich dazu eingeladen, Eure Meinung zur Thematik in die Comments zu posten!

„Ich bin 18 Jahre alt, habe diesen Sommer meinen International-Baccalaureate Abschluss in UK gemacht und bin momentan auf der Suche nach einem passenden Studium. Was mich dazu bewegt hat dir diesen Leserbrief zu schreiben ist wohl die Inakzeptanz und Ignoranz, aber auch die Unwissenheit von der, ich sage Mal „Mainstream – Gesellschaft“ die zu diesem Thema existiert, welches mich, wie in anders keinster Weise, an die Gamer Kultur erinnert. Drogen faszinieren mich, und eben das hat den Drogenkonsum für mich zu einem Hobby gemacht. Und wer das schon als einen übertriebenen Ausdruck empfindet, der möge jetzt gut aufpassen, denn Hobby ist eigentlich noch untertrieben – es ist eine Leidenschaft. Doch woher kam diese Leidenschaft eigentlich? Diese Frage habe ich mich schon öfters gestellt, denn eine Leidenschaft zu so etwas kommt ja nicht ganz ohne zustande. In Medien wird immer dar gestellt, als kommen Menschen aus Frust in ihrem Leben zu Drogen, oder weil die Kids zu lange in der Raucherecke ihrer Schule gechillt haben, und und und…

Mag alles stimmen. Auf einen gewissen Prozentual der breiten Masse. Doch wenn ich mich ansehe, sehe ich eher eine andere Geschichte, und eine ähnliche Geschichte sehe ich tatsächlich auch in den meisten anderen von den Leuten die ich kenne, die auch Drogen konsumieren.

Denn vor allem denke ich, das es was mit Charakter, Neigungen und Lebenslauf zu tun hat. Angefangen hat denke ich alles damit, dass mit ungefähr 12 Jahren ein neuer Schüler in meine Klasse kam, welcher als Freund zunächst nur mich als sein Tischnachbar gefunden hat. Dieser hat mich dann, von da an für 4 Jahre jedes Jahr, zum Urlaub zu sich und seiner Mutter nach Mallorca eingeladen, und komischerweise habe ich mich mit seiner Mutter besser verstanden als mit ihm. Eine sehr offene und coole Mutter, die nichts über ihr früheres Party- und NIghtlife Leben verschwiegen hat. Und alle ihre Geschichten über ihre LSD und Ecstasy Trips haben bei mir schonmal die Neugier geweckt, Drogen mal ausprobieren zu wollen. Auch war damals mein Lieblingsbuch „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“, was, wie du sicherlich weißt, in keinster Weise Drogenverherrlichend ist, sondern eher das komplette Gegenteil. Doch irgendwie hat das alles bei mir nicht gezogen. Selbst die Drogenaufklär Unterrichtsstunden in der Schule, mit all ihren Gefahren und allem drum und dran, statt dass sie mich abschreckten, haben sie genau das in mir geweckt, was es zu einem gewissen Teil doch bei jedem weckt: Unheimliches Interesse.

Das Interesse und die Neugier war also da, und man müsse sich mal mich vorstellen, als 13 Jähriger Junge war ich dann letztendlich…, nichtmehr ganz so der normale Junge noch von vorher. Ich war damals auch schon – was davon kam dass ich irgendwie immer ältere Freunde hatte – fast jedes Wochenende bei Freunden ein wenig trinken, nicht viel, nur ein paar Bierchen heben, jedoch keine Exzesse). Blicke ich von heute zurück denke ich dass es doch ziemlich früh war, aber damals war das für mich absolut zeitgemäß, für jemanden, der in einer kleinen familiären Privatschule aufgewachsen ist, und irgendwie schon immer dieses dreckige, Großstadtleben der staatlichen Schule vermisst hatte, der eigentlich endlich mal neue Leute kennen lernen wollte, dieses Socializing (englisch) einfach. Man muss sich mal vorstellen, ich war 13, und ging extremst neidisch an diesen ganzen Kneipen vorbei, weil ich unbedingt auch 16 sein wollte, um endlich in dem Alter zu sein wo ich legal in so einem Laden reinspazieren, ein Bier heben und nette, fremde Leute anlabern konnte. Eventuell war ich auch ein wenig frühreif, Fakt ist nun, genauso wie damals für andere Jugendliche das Zocken oder Sport komplett ihr Ding waren, war das für mich das Partying und Rauschgiftkonsum, noch bevor ich dieses Leben wirklich hatte. Doch es dauerte ein paar Jahre, und mit 15 war es dann so weit dass ich durch mehrere Zufälle meinen ersten Joint hatte, und Leute kennen gelernt habe welche im Schnitt 18 – 20 Jahre alt waren, die mich daraufhin jedes Wochenende mitgenommen haben um Kneipen und Clubs unsicher zu machen.

Durch diese Geschichte mag es einem jetzt so vorkommen, als entstünde alles aus dem schlechten Einfluss anderer Menschen. Doch ich bin wirklich keiner der schlechte Ausreden für seine Verhaltensweisen sucht, ich versuche immer ehrlich zu mir selber zu sein und auch durch meinen Hang zum Philosophieren muss ich nach all der Zeit persönlicher Selbstergründung sagen: Das stimmt nicht ganz. Der wirkliche Ursprung liegt für mich in meiner Persönlichkeit. Ich habe schon allen möglichen Teamsport ausprobiert, Fußball, Handball etc… alles nie mehr als für ein paar Wochen oder Monate gehalten. Die einzige Sportart, die mich seit 10 Jahren wirklich fesselt, ist das Freestyle Snowboarden. Freizeitparks waren für mich seit jeher (entschuldige meine Wortwahl) der geilste Scheiß. Seit ich klein war (und mit klein meine ich 5 Jahre alt), fuhr ich total auf Achterbahnen, Freefall Tower und Slingshot Bungies ab, damals durfte ich nur leider nie drauf. Aber ab dem Alter wo sie mich endlich größenmäßig durch die Warteschlangen gelassen haben, konnte ich nie unsere Wochenendplanungen, welche zu Freizeitparks führten abwarten, stundenlanges Achterbahnfahren wurde für mich zur größten Freizeitvergnügung. Ich hoffe man erkennt Parallelen, ich war einfach schon immer auf der Suche nach dem absoluten Kick, egal bei was ich tat. Dieser Adrenalinstoß, dieses Aufbrausen von Euphorie Gefühlen auf einen absoluten Höhepunkt innerhalb von Sekunden…., voll mein Ding. Folglich war mir auch der Alltag immer extremst langweilig, ich weiß nicht ob das durch die Pubertät bedingt war, aber der immer gleiche, nüchterne Alltag war für mich immer eine extreme Frustration. Und diese Liebe für den Kick sehe ich auch in meiner Liebe zum Drogenkonsum.

Aber im Alter von 15 war ich dann also im 2 Tages Rhythmus am Kiffen. Dieser langweilige Alltag war endlich befreit. Unter der Woche im Keller gekifft, an den Wochenenden mit meinen neugefunden Freunden immer exzessiv am Feiern. Doch wenn man das so liest, dann hat man zu Recht ein sehr schlechtes Bild. Weil man einen Drogensüchtigen Jugendlichen sieht, der aus Alltagsflucht Drogen nimmt. Alltagsflucht war es tatsächlich, doch ich glaube man muss dafür das traditionelle Bild ein wenig aufrüttelt. Sehe ich einen Alkoholiker, weiß ich direkt, der ist arm dran. Denn die Abhängigkeit zum Alkohol kommt nicht so leicht, als eine Droge, die ein Depressant ist mit all den Nebenwirkungen (Hangover etc.), weiß ich (auch durch meinen Kontakt zu einem, dem ich jetzt seit 3 Jahren leider hilflos zusehen musste wie er zum Alkoholiker mutiert ist) dass ein Alkoholiker dem Alltag dadurch entflieht, dass der Rausch ihn vergessen lässt. Vergessen das Negative, die Frustrationen. Bis es zur körperlichen Abhängigkeit übergeht, im Endstadium dann der Tod. Nur, um es zu einer, wie ich nenne „Ego-Droge“ (etwas das man alleine genießt) werden zu lassen, braucht es einiges. Als Gesellschaftsdroge ist Alkohol sehr beliebt, durch die dadurch entstehende aufheiternde, lockere Interaktion mit anderen Berauschten. Als Ego-Droge jedoch, muss man wirklich den starken Drang dazu haben, Frustrationen wegzuspülen.

Cannabis funktioniert da anders, worin für mich die wahren Gefahren liegen. Auch wenn von Befürwortern gerne erwähnt wird das Cannabis nicht körperlich abhängig machen kann, macht sie doch sehr viel schneller psychisch abhängig, was daran liegt dass man auch alleine mit Graß uuuuuunnnglaublich viel Spaß haben kann. Ein Joint mit Freunden ist immernoch sehr viel spaßiger und hat in etwa, grob gesagt, die selben Vorteile und gesellschaftlichen Effekte wie Alkohol mit Freunden. Doch auch wenn man Cannabis alleine konsumiert, es verbreitet in einem immer dieses unheimlich guttuende Gefühl, Glücksgefühle eben. Dadurch kann man sich eben auch zu Hause alleine durch Graß sehr gut unterhalten. Wodurch eben diese ganzen Kiffer entstehen, wovon ich auch zu einem geworden bin. Doch ist das wirklich zwingend schlecht?

Ich kann ehrlich gesagt nichts an meiner Entwicklung bereuen. Wie andere Leute gerne Sport trieben oder zockten (wie schon gesagt), habe ich damals zu Hause gekifft. Stimmt, ungesünder ist es, doch nichts hat mich wirklich (außer Beziehungen zum weiblichen Geschlecht) zu einem lebensfroheren Menschen gemacht.

Mittlerweile habe ich in diesen 3 Jahren schon eine kleine Bandbreite an Drogen ausprobiert. Dabei gibt es Drogen, die mir sehr gefallen und die ich daher öfters mache, wie Alkohol, Cannabis und Lachgas. Dann gibt es Drogen, meistens Halluzinogene welche ich durch ihre, doch wirklich sehr interessante und faszinierende Wirkung hin- und wieder einmal nehme wie Hawaiianische Holzrosen Samen und Salvia Divinorum. Und dann gibt es Drogen, welche ich durch ihre stärker gesundheitsschädliche Wirkung nur ein einziges Mal ausprobiert habe, wie Ecstasy, DXM und Kokain. Immer wenn ich eine neue Droge ausprobieren möchte lese ich mir vorher genau auf allen möglichen Quellen durch was der Effekt, die negativen Auswirkungen und der Preis ist, quasi das Preis-Leistungs-Folgen Verhältnis, im Bezug zu anderen Drogen.

Das hört sich dennoch sehr schlimm an, doch halt! Ich möge hier mal die verschiedenen Profile eines Gamers vorzeigen:
Da gibt es die, welche vollkommen in ihre Scheinwelt versunken sind, meistens WoW Spieler, die sich tagtäglich nur ungesund ernähren, in Flaschen pissen, jeden Tag nur vor dem Pc hocken und zocken, kein Tageslicht sehen, die Lungenfähigkeit eines 20 Jahre lang rauchenden Kettenrauchers haben, fett, keine Freunde, keine Freundin, keine Freude mehr am Leben und dennoch kommen sie von ihrer Sucht nicht los. Sie machen nicht die Mehrheit aus, dennoch gibt es viele von ihnen. Ich denke ich brauche hier nicht zu erwähnen, dass sie irgendwie einem an das Profil eines schweren Drogensüchtigen erinnern.

Dann gibt es die anderen, normalen. Die die normal zur Schule gehen, studieren oder arbeiten, unter der Woche gerne an ihrem PC chillen und zocken, am Wochenende dann was mit ihren Freunden etwas unternehmen oder feiern gehen. Sie sind die Mehrheit, wie alle Menschen haben sie nur ein Hobby das sie gerne betreiben und doch werden sie von der „normalen“ Gesellschaft gerne verstoßen.

Und dieses „Verstoßen werden“ von der „anständigen Gesellschaft“ würde ich gerne aufheben. Wie auch Drogen verleiten Computerspiele schnell und gerne zur Sucht und umgekehrt, doch wie bei beidem bilden die schwer darunter Leidenden die Minderheit, auch wenn die Medien es sehr gerne andersrum darstellen. Klar, es gibt schwere Drogen, doch es gibt auch die, welche in keinster Weise Gesundheitsschädlich sind, wie Lachgas oder Salvia Divinorum. Ich bin immernoch ein Jugendlicher, welcher letztens erst seinen International Baccalaureate geschafft hat, bald studiert, gerne Musik hört und produziert, und für sein Leben gerne auf Techno Festivals und Konzerte geht und dabei immer im Internet danach Ausschau hält wo gerade der beste DJ auflegt, pflege einen großen und wundervollen Freundeskreis und lerne in Clubs und auf Partys immer neue Freunde kennen. Obwohl die meisten meiner Freunde Bezug zu Drogen haben und die meisten auch zocken, kenne ich nur 1en schwer Drogensüchtigen (der bereits erwähnte Alkoholiker), und auch nur 1en, der durchs Zocken alle seine Freunde verloren hat.

Ich hoffe also ich konnte dir durch diesen, ja leider schon sehr lang ausgefallenen Brief dir meine Welt etwas näher bringen, und vielleicht auch deinen Podcast-Hörern den Horizont und die Toleranz gegenüber der Drogenkultur und Drogenkonsumenten etwas erweitern. Zum Schluss noch ein kleiner, interessanter Vergleich:
Alkohol: Macht körperlich abhängig. Cannabis nicht.
Alkohol: Depressant. Cannabis: Antidepressant.
Alkohol: Tötet bewiesenermaßen Gehirnzellen. Cannabis: Noch immer nicht bewiesen.
Alkohol: Tödlich. Cannabis: Nicht tödlich.
Nur eines von beiden Substanzen ist legal.“


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