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In einer nun veröffentlichten Entscheidung hat das Oberlandesgericht Düsseldorf die Anforderungen an Filesharing-Abmahnungen deutlich nach oben geschraubt (Beschluss vom 14.11.2011, AZ I-20 W 132/11). Nach Ansicht der Richter genügt es nicht, pauschal wegen einer bestimmten Anzahl zum Download angebotener Musikstücke abzumahnen. Dies sei eine „völlig unbrauchbare anwaltliche Dienstleistung“ und dafür dürften keine Gebühren verlangt werden […] Der auf Medien- und Internetrecht spezialisierte Anwalt Christian Solmecke hält den Beschluss des Oberlandesgerichts für bemerkenswert und glaubt, dass die Begründung der Düsseldorfer Richter Einfluss über das betroffene Verfahren hinaus haben dürfte. „Die Entscheidung führt in der Konsequenz dazu, dass Tausende Filesharing Abmahnungen als unwirksam anzusehen sind.“ Theoretisch könne die Entscheidung auch dazu führen, dass einige Betroffene bereits gezahlte Abmahngebühren wieder zurückfordern könnten.

Da ich kein Jurist bin und daher nicht genau einschätzen kann, wie weitreichend die Folgen dieses Urteils sind, will ich mich mal zu weit aus dem Fenster lehnen – allerdings wurde es verdammt nochmal Zeit, dass so ein Urteil gefällt wird und damit die ganze Abmahn-Abzocke im Filesharing-Bereich gestoppt wird. Da wir durchaus einige kompetente Juristen in der Community haben, würde mich interessieren, was das Urteil denn nun für die Zukunft genau bedeutet?

Danke an Patrick für den Link!

Quelle: T-Online.de


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22 KOMMENTARE

  1. Der Richter hat sich ausschließlich über Anwälte ausgelassen, welche Abmahnungen ohne Hintergrund verschicken. Also ohne korrekte Beweise, genaue Musiktitel, Auftraggeber etc.
    Das ist aber bei den meisten gültigen Abmahnungen nicht der Fall.
    Das die beigefügte Unterlassungserklärung immer Abzocke ist, darüber ist sich eh jeder einig. Wer sie unterschreibt, ist aber selbst Schuld.
    Über die überhöhten Anwaltskosten wird sich eh immer gestritten. Da es gerade in unserem TMG nur schwammige Scheiße gibt, wird sich das auch nie ändern.
    Abmahnungen an sich sind und bleiben legal, egal was ein Richter sagt. Auch egal, ob ein Anwalt daraus ein Geschäft macht.

    „Eine Abmahnung, die den Verstoß nicht erkennen lässt, stellt eine völlig unbrauchbare anwaltliche Dienstleistung dar“ (Da man ohne Infos keine Unterlassungserklärungen abgeben kann)
    Das ist der Originaltext!
    Der besagt eben genau das. Abmahnungen ohne genaue Angaben sind nichtig. (Der Anspruch bleibt, auch wenn ne Abmahnung mal fehlerhaft ist)
    Das waren sie schon immer, dafür brauchts keinen Richterspruch.
    Nur muss jeder selbst gegen solche Abmahnungen mit seinem Geld und seiner Zeit vorgehen – wie in obigem Fall. Einfach ignorieren ist nicht.

    Ich sehe da beim besten Willen kein Grundsatzurteil. Der Richter stellt nur dar, was eh im Gesetz steht.
    Und der tolle Anwalt in der News, der auf einmal behauptet, andere Abgemahnte können einfach ihr Geld zurückverlangen aufgrund eines vollkommen fremden Urteils, sollte sich besser einen neuen Job suchen.

  2. Im Grunde geht es genau so wie bislang weiter: die „normalen“ Abmahnungen („Sie haben Musikstück X, Y und Z unseres Mandanten A illegal verbreitet“) sind wie bislang gültig. Nur die schlampige „easy going“-Methode a la „Sie haben Musik angeboten, wir sagen aber keine Details“ geht nicht mehr.

    Folglich müssen sich die Kanzleien nun mehr Mühe geben – die meisten tuen dies aber ohnehin schon.

    Also kein Ende des Abmahnwahns in Sicht. Ich wüsste aber auch nicht auf welcher Grundlage man diesen stoppen sollte – schließlich sind das ja nunmal Straftaten.

    Ich meckere ja auch nicht über Knöllchen-Wahn beim Falschparken, auch wenn die Unternehmen eben deutlich mehr Geld für ihre Musik haben wollen als die Stadt für mein Vergehen im Straßenverkehr 😉

  3. ich bin selbst jura-student im mittlerweile 2. semester und kenne mich auf dem gebiet daher sehr gut aus:

    es ist leider nicht richtig, was der herr sagt, da wir in deutschland eine andere rechtsprechung haben als in amerika. in deutschland gibt es soetwas wie präzedenzfälle nicht – und darauf will der herr wohl anspielen.

    ich frage mich wie sich jemand als experte bezeichnen kann, wenn einem selbst grundlegendes basiswissen fehlt.

    der selbe sachverhalt kann von einem anderen gericht ganz anders beurteilt werden.

    • Jo, im zweiten Semester kennt man sich ja bekanntlich schon „sehr gut“ aus O_o Was weiß da hingegen schon ein praktizierender Anwalt mit eigener Kanzlei und Spazialisierung auf IT- und Urheberrecht. Mannomann…

    • „ich bin selbst jura-student im mittlerweile 2. semester und kenne mich auf dem gebiet daher sehr gut aus“ (…) „ich frage mich wie sich jemand als experte bezeichnen kann, wenn einem selbst grundlegendes basiswissen fehlt“

      Not sure if serious…

    • Na soviel kannste in den 2 Jahren offensichtlich noch nicht mitbekommen haben, wahrscheinlich die ganze zeit das gute Studentenleben genossen?
      Mal wieder gefährliches Halbwissen.

      Es ist zwar richtig das es keinen klassischen „Präzedenzfall“ in Deutschland gibt das heißt jedoch nicht das vorangegangene urteile in Deutschland keine rolle spielen bzw. diese keinen Einfluss auf die Rechtssprechung haben.

    • Genau aus diesem Grund weigere ich (als Jurastudent) mich meistens, auf Fragen zu antworten, die mit „Sag mal, du bist doch Jurist, ich hab da ein Problem…“ beginnen. Man kann gefährlich daneben liegen xD

      Also generell kann man sagen, dass nur BVerfG-Urteile alle anderen Gerichte direkt binden, so weit bist du noch richtig. Allerdings sollte es im ersten Semester irgendwo eine Vorlesung mit dem Thema „Rechtssicherheit“ oder so geben, wo eine indirekte Bindungswirkung solcher Urteile angesprochen wird. Falls nicht, such einfach nach den beiden Begriffen bei Wikipedia oder so. Im Groben geht es darum, dass der Bürger aufgrund vorangegangener Urteile auf eine gewisse Tendenz der Rechtsprechung vertrauen können soll. Die Frage ist dann aber immer, wann genau eine „ständige Rechtsprechung“ anfängt, denn nach einem Urteil kann man wohl kaum von einer Regelmäßigkeit ausgehen.

      Das Thema ist komplizierter, als es aussieht. Also bitte sei vorsichtig mit solchen Aussagen (insbesondere nach einem Jahr, in dem man gerade das Subsumieren und die Benutzung des Idiotenverzeichnisses im StGB gelernt hat), das führt nur zu den Vorurteilen, die sowieso schon alle über Juristen haben^^

  4. Bin zwar auch kein Jurist, habe mich aber mit dem Thema erst kürzlich auseinander gesetzt.

    Für mich heisst das, dass bei Filesharing-Fällen, wie von so vielen „Abmahn-Kanzleien“ praktiziert, einfache 0-8-15 Abmahnungen nicht mehr ausreichen, sondern eben wie bei anderen Tatbeständen auch der Weg der normalen juristischen Arbeit gegangen werden muss, soll heissen konkrete „Beweise“ für Zeit, Ort, Anzahl usw des Verstosses erarbeitet werden müssen.
    Was natürlich zu erheblich mehr Zeitaufwand und Kosten führt und somit den Nutzen solcher Abmahnungen für die Betroffenen erheblich schmälert.

  5. Gibts auf Satzzeichen auch schon ne Gebühr? Ist ja schrecklich zu lesen.

    Ich persönlich finde das Urteil gut, da von den bisher Abgemahnten eh ~90% unschuldig waren und sie sich einfach nur im falschen Adressverzeichnis einer dubiosen Anwaltskanzlei wiedergefunden haben.

    Und ganz ehrlich, genau wegen solcher Aktionen der GEMA wird es immer Leute geben die es nicht einsehen für eine Leistung mehrfach und in nicht angemessener Höhe zu zahlen. Und diese werden sich ihre Musik dann im Netz besorgen.

    Und was macht unser Verbraucherschutz bei den erhöhungen der GEMA? Die schaun auch nur zu!

    • Die Statistik hätte ich gerne bewiesen. Alles andere ist Verleumdung.
      Es ist genau umgekehrt. So gut wie alle sind schuldig. Abgemahnte werden i.d.R. gezielt überwacht und geloggt. Da gibt es selten Zweifel, auch wenn dir das irgendwelche Internet-Kids anders erzählen. Die Praxis sieht anders aus.

  6. Ich muss dich leider enttäuschen, Steve, aber ich habe mir mal den Text der OLG-Entscheidung angesehen, und danach hat hier wohl ein „Amateur“ abgemahnt.

    So ungefähr: „Sie haben 304 Audiodateien zum Download angeboten, ich mahne Sie ab!“

    Das ist natürlich zu wenig. Es müssen konkrete Titel genannt werden und zumindest auch die Filesharing-Plattform. Das ist aber bei allen „professionellen“ Abmahnungen, die mir in diesem Bereich bereits begegnet sind, ohnehin der Fall:

    „Sie haben den Film Hassenichgesehen auf der Plattform Werweiß am 37. März von drölf bis sonstwann zum Download angeboten …“

    Der Beschluss sagt im Grunde nur eines: Wenn du jemand abmahnen willst, solltest du es wenigstens richtig machen.

  7. Ich persönlich finde die Entscheidung nicht wirklich gut aus dem einfachen Grund das jetzt viele sich folgendes denken: Oh fein jetzt kriegen sie uns nicht mehr so schnell dran.

    Dadurch wird die Filesharing geschichte doch nur noch mehr gepusht und verbreitet dann kommt wieder einer auf die Idee so nen GEMA schmarn oder ACTA, etc. aufzutischen um so ans Geld zu kommen.

    GEMA hats da richtig gemacht wollen von den Club´s bis zu 1400% mehr haben kurz bevor es beschlossen wird, werden wegen der ganzen Proteste und Co. von GEMA die Ansage kommen ok wir kommen euch entgegen wir nehmen nur (in den raum geschmissene % Zahl) und alle sind Ihnen dankbar und denken super sie kommen uns entgegen, dannn haben sie genau das bekommmen was sie wollen,

    Lang lebe unser Rechtsstaat

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