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Ich war heute nach dem Fitness-Training beim Friseur. Wie jede Woche hat er meinen Bart in Form gebracht und rasiert. Und während wir nett small-talken und über unsere jeweils anstehenden Urlaube sprechen, fragt er mich plötzlich, ob ich am Samstag, wenn ich das nächste Mal vorbeikomme, nicht meinen Bart auch färben wollen würde. Ich erwische mich dabei, wie ich ihm fast schon entrüstet ein scharfes „Nein?“ entgegen schmettere. An meiner Reaktion merkt mein netter Friseur, dass ich ein wenig beleidigt bin und wechselt das Thema. Er weiß halt nicht, wie gerne ich meinen graumelierten Bart an mir selbst mag.

Kennt Ihr das? Ihr schaltet den Fernseher ein, zappt wild herum und bleibt irgendwann auf einem bedeutungslosen TV-Shopping-Sender hängen. Warum man nicht weiterschaltet? Weil der Typ, der den Omas überteuerten Schmuck verkauft, einen auf „smarten Sunnyboy“ macht und sich extra für sein cooles Verkäufer-Gesicht den Bart und/oder die Haare schwarz gefärbt hat. Nicht nur, dass man das SOFORT auf den ersten Blick sieht, nein, es sieht auch einfach unfassbar dämlich aus. Warum tun Menschen sowas? Warum kommt man heutzutage nicht damit klar, dass man irgendwann alt wird?

Neulich hat mich Groknak ernsthaft gefragt, ob ich nicht schon mal darüber nachgedacht hätte, mir Haare auf meinen „Hubschrauberlandeplatz“ transplantieren zu lassen. Wie ich ihn kenne, wollte er mich nur verarschen oder ärgern, aber ganz ehrlich: Sowas würde für mich niemals in Frage kommen. Klar würde man manchmal gerne auf die Platte, die Falten und vielleicht auch auf die grauen Haare verzichten, aber irgendwie machen einen diese Merkmale doch auch aus. Und seien wir mal so neutral wie möglich: Dieser ganze krankhafte Schönheitswahn nimmt doch langsam sehr skurrile Züge an. Hat den ganzen „Schönheits-OP-Opfern“ eigentlich noch niemand gesagt, dass es in 90% der Fälle nach der OP wesentlich schlimmer aussieht als vorher? Es steht einfach niemand mehr auf überdimensionale Schlauchboot-Lippen.

Versteht mich nicht falsch, ich verurteile niemanden dafür. Jeder Mensch soll sich so gestalten und von mir aus auch verunstalten, wie er es für richtig hält. Ganz besonders verstehe ich Menschen, die aufgrund eines „Schönheitsfehlers“ einen Nachteil für sich und ihren Alltag mit sich herumtragen. Wenn ein ehemals dicker Mensch sein Leben in die Hand nimmt und ordentlich abspeckt, bleibt meist ein größerer Hautlappen am Bauch davon zurück. Sport allein reicht dann leider oftmals nicht aus. Wenn so ein Mensch sich dann diesen Lappe wegoperieren lässt, hat er mein vollstes Verständnis.

Meine (Gesellschafts)Kritik geht eher in Richtung der „ich komme nicht damit klar, alt zu werden“-Klientel. Früher waren es überwiegend ältere Menschen, die sich haben liften oder Falten wegspitzen lassen. Heutzutage kommt es immer mehr in Mode, bereits in jungen Jahren den Schritt zum Schönheitschirurgen zu wagen. Wenn ich mir beispielsweise Gina-Lisa anschaue, war das mal ein echt schönes Mädchen, und was hat sich die Frau optisch mit den ganzen OPs angetan? Wieso haben solche Promis keinen Berater, der so einer Hohlbratze evtl. mal verklickert, was sie sich damit gerade selber antut.

Lange Rede, kurzer Sinn: Ich werde in ca. zwei Monaten 43 Jahre alt. Ich habe schon einige graue Haare auf dem Kopf und im Bart. Hinzu kommen auch schon ordentlich Falten hier und da. Außerdem habe ich eine hohe Stirn und hinten einen Hubschrauberlandeplatz. Muss ich mich damit irgendwie schämen? Muss ich krampfhaft versuchen, diese Zeichen des Alter zu verstecken? Bin ich dadurch weniger attraktiv oder optisch nicht vorzeigbar? Ich denke nicht. Ich bin nun mal keine 20 mehr und muss daher auch nicht so aussehen.

P.S: Und ja, ich ziehe gerne Hollister-Sachen an, wo der ein oder andere Klugscheißer auch mal anmerkt, warum ich kleidungstechnisch krampfhaft einen auf „junger Surferboy“ machen würde. Ich ziehe diese Sachen nicht an, um mich irgendwie jünger zu machen. Ich ziehe sie an, weil ich sie schön finde und den Stil mag. Ich bin halt nun mal eher der sportliche Typ und lehne es ab, nur weil ich Lehrer bin, immer ein Jackett zu tragen.


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18 KOMMENTARE

  1. Bin 48, hab von Natur aus keine Glatze. Ich rasier mir seit 15 Jahren die Rübe. Hab nen grauen Vollbart. Glatze is fresh, seit 15 Jahren kein Frisör ;), was ich mir bis jetzt schon gespart habe. Das alles weil es vor 15 Jahren im Urlaub geregnet hat und meine Frau und Ihre Schwester sagten uns ist Langweilig wir rasieren dir jetzt ne Glatze.

  2. Hallo Steve,
    ein toller Leuchtturm! Ich finde deine Leuchtturm-Reihe auf dem Blog sowieso am Besten.
    Was mich, allerdings sehr privat, interessieren würde: Wie geht der 43 Jährige Stevinho mit einem möglichen Nachwuchs um? Treiben einem die Gedanken in dem Alter in die Richtung?
    Viele Grüße

  3. Man wird mit einem Gesicht geboren und ab 40 hat man dann das Gesicht, was man sich verdient hat – arbeiten wir also an mehr Lachfalten.

  4. Ich habe durchaus Verständis dafür, wenn sich manche Männer mit ihrem schwindenen Haar unwohl fühlen und würde dies auch nicht mit den gängigen Schönheitsoperationen vergleichen.

  5. Werde im August 40 hm,habe auch eher jüngere Klamotten an und meine Haare sind eh schon seit Kindheit dünn.
    Also was solls,et kütt wie et kütt nicht wahr^-^

  6. Ich habe ein faszinierendes Buch gelesen, dessen Titel ich vergessen habe, aber eine These daraus war, dass „die Jugend“ momentan das Idealbild der Gesellschaft darstellt. Schulkinder schminken sich, um älter, jugendlicher zu wirken. Leute, die grade aus dem Alter raus sind, interessiert es entweder fast nicht oder sie kommen in die quarter-life-crisis der Realisierung ihrer Sterblichkeit und des Verfalls. Und ältere Menschen dürfen nicht mehr alt aussehen, daher so Begriffe wie „Best-ager“ und der Antifaltencreme-wahn/ das unsägliche Färben.
    Das Bild der Jugend wird zum Teil von den Personen selbst gesteuert, zu einem guten Teil aber auch von den Medien und der dahinter steckenden Industrie.

    Ich könnte mir dich tatsächlich in wenig anderem als Hollister gut vorstellen. Mach weiter damit.

    Und von meiner genetischen Veranlagung her bekomme ich bestimmt auch später eine Pläte, so lang mach ich noch mit meinen Haaren was geht. Meine Hoffnung ist, dass ich dann irgendwann Patrick Stewart ähnlich bin. 😀

  7. Arthas hatte als Lichkönig auch graue Haare, das gehört sich so !

    Bei mir ist mit 23 der Haaransatz relativ hoch aber man lernt irgendwie damit zu leben. Ich bin da auch der Meinung man kann sofern man möchte nachfärben wobei ich das persönlich nicht machen würde (es sei denn meine Haare sind so weiß und mein Bart so lang, dass ich sonst für den Weihnachtsmann gehalten werde, bis dahin ist aber noch Zeit). Man sollte sich kleiden, sodass man sich persönlich wohlfühlt, sofern es nicht komplett unpassend für die Situation ist, sofern man nicht krampfhaft versucht ein Image zu verbreiten was nicht wahr ist sollte man so akzeptiert werden.

  8. Wenn bereits in der Schule (Klasse 11) das Knie durchkommt, haben alle außer dir was zu lachen… man fängt an, die Haare aus Prinzip kurz zu halten. Irgendwann wagt man dann den Schritt zum Rasierer und voila! Problem gelöst^^

    Und das mit die grauen Haare hör ich auch immer wieder von meiner Bartfrisörin. Das ist normal mit 29^^ Das wirkt erhaben und weise 😀

  9. Da bin ich absolut bei dir.

    Gerade bei den C-Promis, die sich völlig verunstalten. Zwei tolle Beispiele sind – eins hast du schon gesagt – Gina-Lisa und diese Sophia Wollersheim. Steinigt mich, aber die waren beide mal so mega süße Mädels. Es ist einfach (und das empfinde ich wirklich so) _ekelhaft_ wie die jetzt aussehen. Das ist echt wie n Unfall … man kann nicht weggucken.

    Ansonsten bin ich 28 und habe bereits zur guten Hälfte graue Haare, da ich das von meinen Eltern/Großeltern geerbt habe. Für mich würde halt auch mit 30 niemals Färben in die Tüte kommen … schon alleine, weil ich für sowas einfach mal viel zu faul bin xD Ist mir da auch egal, was andere denken – ist wies ist. Ich denke, damit sollte man sich so früh wie möglich einfach abfinden. So lange man jetzt nicht gerade Mega Depri ist oder wirklich Probleme hat (wie du das schon ausgeführt hast, bestätigen natürlich Ausnahmen die Regel).

  10. Irgendjemand mochte mal Schlauchbootlippen? Hässlichster Trend, sogar noch vor „Enge Jenas bis zum Bauchnabel“.

  11. 34 und schon schön grau an den Schläfen, jedoch volles Haar *lucky me*
    aber meine Frau liebt es an mir und ich sah mit 20-28 einfach immer zu jung aus für mein Alter. Ich bin mit mir ähnlich wie du total im Reinen mit meinen Alterserscheinungen, da sie mich im Alltag 0 beeinträchtigen.

    • Geht mir ähnlich. Mit jetzt 30 auch Geheimratsecken und leicht Gräulich werdenden Stellen. Stört mich wenig, mittlerweile.

      Anekdote am Rande: Am krassesten wars bei mir jedoch am Ende des Studiums, da ich immer nebenbei gearbeitet hab und noch Bundeswehr hatte, war ich ‚erst‘ mit 28 mim Master fertig. Und durch Gremien Aktivitäten usw. kommt man dann auch immer mit den jüngeren in Kontakt.. An dem Punkt wo man sich dann denken muss.. ok, in 2 Jahren bist du 30 – auf der OPhasen-Veranstaltung sind die Mädels 18-19, finger weg… da merkt man, a) man wird alt und b) man ist nicht ganz so im reinen damit. Hat sich aber schnell nach der Uni geregelt.

  12. ich bin knapp 30, bekomm aber auch jedes mal beim friseur „alpecin für die haare“ angelabert.
    ich hab ehrlich gesagt auch nie verstanden warum der mensch nicht mit dingen leben kann die einfach unvermeidlich sind. ich glaub die hauptkunden von so zeug (egal welcher art) sind leute die angst davor haben etwas nicht mehr in der hand zu haben.

  13. Habe schon seit ich ca. 20 bin eine Halbglatze (noch viel mehr als du) und in dem Alter überlegt man sich halt schon, ob man sich Haare transplantieren soll… Ist halt nur leider viel zu teuer

    In nem Alter so ca. ab 40 kommt das halt bei sehr vielen, da ist es aber auch nicht mehr so „schlimm“, nachdem es einige in dem Alter haben ist es zumindest für andere nicht mehr so befremdlich (und ja, ich merke deutlich, dass mich Gleichaltrige bzw. etwas ältere Leute anders behandeln und ansehen wenn ich mein Cap trage, was ich meistens tue, und wenn ichs nicht aufhabe).

    Das Wichtigste an der Sache ist halt, dass man sich selber wohl fühlt 😉

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