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Ich war gerade einkaufen. Am Ausgang stand eine Frau, die mir eine Broschüre mit dem Titel „Reise ohne Rückkehr“ in die Hand drücken wollte. Ich lehnte zunächst ab und trug meinen Einkauf zum Auto. Dort angekommen gingen mir einige Ideen im Bezug auf einen potentiellen Vlog durch den Kopf, und ich beschloss, die Frau anzusprechen. Ich ging davon aus, dass es sich dabei um die „Zeugen Jehovas“ handeln würde.

Als ich die Dame ansprach und sie fragte, ob sie Mitglied bei den Zeugen sei, war sie fast ein wenig beleidigt. Sie sei eine Evangelin, entgegnete sie mir. Aus der Sache entwickelte sich ein höchst interessantes Gespräch, welches bestimmt eine Dreiviertelstunde dauerte. Darin berichtete sie mir vom nähernden „Jüngsten Tag“, an dem wir alle Rechenschaft abzulegen hätten. Sie zeichnete ein Bild von einem Gott, der von uns erwartet würde, dass wir unser Leben nach ihm und seinen Lehren ausrichten. Sie definierte den Begriff der Sünde völlig neu: Denn es gäbe nicht nur die zehn Todsünden, sondern es sei alles Sünde, was sich um uns und unseren Egoismus drehen würde. Wir hätten zwar einen freien Willen, sollten aber keinen eigenen Willen haben.

Ein Großteil aller Menschen würde in einem Zustand des „geistlichen Tods“ leben – sprich abgewandt von Gott. Ich zitiere einfach mal aus meiner Broschüre:

Im Augenblick des Sündenfalls fiel der Mensch in den „geistlichen Tod“, d.h. er war damit abgetrennt von der Gesellschaft mit Gott. In diesem Zustand leben auch heute alle Menschen, die nicht an ihren Schöpfer glauben. Sie bestimmten eigensüchtig ihr Leben und geben den Leidenschaften und Verlockungen der Sünde nach. Sie führen ihr Leben in einer Weise, als gäbe es Gott gar nicht. Sie haben keine persönliche Beziehung zu Jesus Christus und lehnen die Botschaft der Bibel ab. In den Augen Gottes sind sie geistliche Tote, obwohl sie körperlich sehr lebendig sein können.

Und was droht uns „geistlichen Toten“, die ihr Leben nicht Gott opfern wollen, nach dem Tod? Natürlich direkt die Hölle. Leider haben wir auch nur unser jetziges Leben für diese Entscheidung Zeit. Wenn wir uns selbst und unseren eigenen egoistischen Willen nicht aufgeben, werden wir also alle in der Hölle landet, egal wie gut oder barmherzig wir unser Leben gelebt haben.

Nach diesen düsteren Aussichten fragte ich die Dame, wie ich denn wissen würde, was ich tun soll, bzw. wie ich mein Leben in den Dienst Gottes stellen würde? Darauf fragte sie mich, ob ich denn auf der Suche sei. „Sind wir das nicht alle?“, antwortete ich. Sie führte weiter aus: Die Sünde würde zwischen uns und Gottes Wort stehen. Er würde mit uns sprechen und uns seine Wünsche mitteilen, sobald wir der Sünde und unserem Egoismus abgeschworen hätten.

Ihr werdet jetzt sagen: Warum hast Du denn mit der „Verrückten“ so lange gequatscht? Ganz einfach: Weil ich Menschen generell gerne zuhöre. Man kann Ihr einfach nicht absprechen, dass sie an das glaubt, was sie tut und es leidenschaftlich ausübt. Vor sowas habe ich immer Respekt.

Zum Abschluss sagte ich zu Ihr: Ich glaube nicht, dass Gott so ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Gott auf der einen Seite Barmherzigkeit predigt und verkörpert, aber auf der anderen Seite jeden Menschen in die Hölle wirft, der einen eigenen Willen hat und das Leben nach seinen Vorstellungen lebt. Bin ich denn kein Gewinn für diese Welt, wenn nett zu meinen Mitmenschen bin und versuche, ein guter Mensch zu sein? Jeder muss selbst herausfinden, was ihn glücklich macht – für mich ist das der Sinn des Lebens. Wenn man etwas findet, was einen aufüllt und was man mit großer Leidenschaft tut, wird man damit zwangsläufig das Leben anderer Menschen bereichern.

Wenn ich mich selbst nehme, dann liebe ich es, kreativ zu sein und Dinge zu schaffen (wie Videos oder Hörspiele, etc). Ich bilde mir ein, dass ich damit anderen Menschen Freude mache. Bereichere ich damit nicht automatisch auch ihr Leben? Ist nicht genau das das größte Geschenk, was ich Gott machen kann? Das Talent, was er Dir mit auf den Weg gegeben hat, so zu leben, dass Du anderen Menschen damit Freude machst? Sieht man nicht gerade Gottes Schönheit in solchen Dingen? Meinst Du nicht, dass er stolz lächelt, wenn Du auf so eine Art und Weise „Danke“ sagst?

Wenn es einen Gott gibt, kann Gott aus meiner Sicht einfach kein rachsüchtiges Wesen sein. Gott steht für mich für Hoffnung und Liebe. Nur weil ich mich nicht selbst aufgeben will und mein Leben nur für ihn lebe, wird er mich dafür nicht in die Hölle werfen. Er wird sich anschauen, ob ich ein guter Mensch war. Das ist meiner Meinung nach alles, was zählt.

Am Ende ist es aber total spannend, dass jede Religion oder „Unterreligion“ denkt, dass sie allein die Einzigen sind, die alles richtig machen und damit dem „Ende aller Tage“ und dem Zorn Gottes entgehen werden – und auch ohne den geringsten Zweifel davon überzeugt sind.

Wie seht Ihr die ganze Sache?


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35 KOMMENTARE

  1. Oha, das ist mal ein Thema. Erschlägt einen ja richtig, da es so viel gibt über was sich zu diskutieren lohnt, in diesem Bereich. Wird dies ein sehr langes Kommentar? Ich überlege noch, denn meinen Standpunkt dazu, kann ich kaum in ein paar Zeilen quetschen, ohne dass zu viel Raum für Fehlinterpretation bleibt. Ich versuche es dennoch:

    These 1: Die Essenz von dem was die Frau sagt und aus der Broschüre zitiert wurde ist, dass der Mensch nicht mehr an Gott glaubt und dem purem Egoismus frönt, was wiederum sein Untergang sein wird.
    Standpunkt zu These 1: Im Kern bin ich ganz bei der Frau. Jedoch verknüpfe ich das nicht mit Gott und dem Glauben an Gott oder irgendeiner Religion. Für mich ist diese These sogar wissenschaftlich belegt. Klimawandel, Desozialisierung der Gesellschaft. Und ich glaube auch daran, dass wenn es keinen radikalen Wandel in der Gesellschaft gibt, dass meine potentiellen Enkelkinder kein schönes Leben auf dieser Erde haben werden. Leider glaube ich das. Ich wünschte ich würde das nicht glauben, sondern vielmehr an einen positiveren Verlauf denken und glauben. Zudem nervt mich der Egoismus in der Gesellschaft sowieso sehr hart. Ich hatte Steve einmal einen Leserbrief geschickt in dies durchaus auch ein Teil des Themas ist. Ich will in einer solchen Gesellschaft nicht leben aber das nur am Rande.

    These 2: Es ist nicht Gott oder die Angst vor der Hölle welche die Frau dazu bewegt ihre „Aufklärungsarbeit“ zu leisten und Menschen auf diese Problematik aufmerksam zu machen.
    Statement zu These 2: Ich glaube dass die Frau dies macht, weil sie das potentielle Ende der Geschichte nicht hinnehmen möchte und erreichen möchte dass sich die Menschen anders verhalten. Mehr nicht. Diese Verknüpfung mit Gott oder Religion ist mir sehr zuwider. Denn diese erzeugt eine gewisse Abhängigkeit. Diese Abhängigkeit ist in der Psychologie sogar bekannt. Der Fachbegriff fehlt mir gerade. Abhängigkeit erzeugt Macht. Macht die jemand anderes, in diesem Fall Gott oder die Regeln meiner Religion, über mich haben. Und das ist der Grund warum ich Religion verabscheue, Glaube aber nicht. Denn wenn ich lediglich an etwas Glaube, mag es schlichtweg etwas nicht greifbares sein was aber da ist und uns begleitet, dann gibt es diese Abhängigkeit nicht und auch die potentielle Macht die ich beschrieben habe gibt es dann nicht.

    Ich bin gespannt auf weitere Kommentare. Die meisten bisherigen war eigentlich erstaunlich bereichernd. Andere Sichtweisen usw. Danke für das Thema!

  2. Warum ich an nen gott glauben möchte:
    Kurz gesagt zb. weil mir persönlich die vorstellung das alles zufall oder im besten fall ne aneinanderreihung von umständen war/ist, irgentwie richtig angst macht.

    Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

    Ich halte nicht viel von religionen den es muss ja einen grund geben warum er nicht direkt und unanzweifelbar mit uns kommuniziert.
    Und was auch immer der grund ist, am ende läuft es sofern da was wares dran ist immer auf nen „menschlichen filter“ hinaus und was da für nen schwachsinn bei rauskommen kann, das kann sich jeder selbst denken.

    Das ist grob alles was ich dazu denke.

    • Naja grob gibt es ein, oder zwei einfache Prinzipien: Aktion/Reaktion, sowie Try/Error (man könnte es auch eigentlich gleichsetzen).

      Dafür braucht es keinen Gott… Auf alles was man tut, gibt es eine Reaktion, aus der man lernen KANN / auf jede Begenheit gibt es etwas, an das man sich anpassen KANN / muss… und so ist meiner Meinung nach die Evolution aufgebaut (SEHR, SEHR GROB).

      Keine Ahung, ob ein SO BARMHERZIGER GOTT es geplant hat, dass der mit vielen Waffen und viel Geld Gewaltsam und tötend in Länder einmarschiert, welche Ölquellen oder andere Ressourcen bereithalten, nur damit dieser sich noch mehr bereichern kann…

      es gibt halt viel zu viele Widersprüche in der Religion, bzw in den entsprechenden Schriften

      • Der Widerspruch in einer Religion löst aber nicht einfach die Existenz eines Gottes auf. Religionen unterliegen Interpretationen, kaum eine mehr als der katholische Glaube. Wie viel von der göttlichen Nachricht dann später noch umgesetzt wird, steht auf einem anderen Blatt. Wie schon unten gesagt: Man sollte nicht versuchen, die Moralvorstellungen eines Gottes zu verstehen oder seine Denkmuster zu antizipieren.
        Sollte es einen Gott geben habe ich nicht die geringsten Zweifel, dass seine Form der Wahrnehmung und des Denkens jeden Menschen überfordern wurde.

        Was die Kausalität angeht: Die wird auch von den meisten Philosophen und Theologen nicht angezweifelt (obwohl das einige Probleme im Bereich Freier Wille aufgibt). Descartes beschreibt Gott z.B. als die erste Ursache, die eine Ursache ohne Wirkung. Gott steht also quasi am Anfang der unendlich langen Kausalkette, die bis heute reicht und auch noch in alle Ewigkeit weitergehen wird.

  3. Ich weis nicht, ob es einen Gott gibt und ich werde es zu Lebzeiten auch nicht herausfinden können, daher ist es mir eigentlich ziemlich egal. Sollte es einen Gott geben, der allwissend, unsterblich und allmächtig ist, so bezweifel ich, dass sich irgendein Mensch auch nur in Ansätzen seine Motive oder Gedanken begreifbar machen kann. Ergo halte ich die ganzen Religionen für Humbug und es für nahezu ausgeschlossen, dass die Bibel (oder ein beliebiges anderes heiliges Buch) das Wort irgendeines höheren Wesens enthält. Dementsprechend kann ich mit niemandem etwas anfangen, der sich anmaßt, mir die Gedanken von irgendeinem Gott zu erzählen – egal ob der nun gütig oder rachsüchtig sein soll.

  4. Ich persönlich kann mich nicht entscheiden, ob ich Agnostiker oder Atheist bin.

    Ich persönlich glaube nicht an einen Gott, wenn überhaupt, dann machen für mich die nordischen Götter am meisten Sinn (da ist halt nicht nur EINER für alles zuständig. Allerdings dreht es sich beim Thema „ableben“ am Ende um’s gleiche – egal ob man es Goldene Hallen, Paradies, Himmel oder sonstwie nennt). Aber ich habe generell das Problem, dass ich sehr analytisch unterwegs bin, weshalb ich dann z.B. auch gerne mal Probleme in meiner Beziehung bekomme. Ich sehe halt fast alles sehr nüchtern und Faktenorieniert…

    Ich möchte aber auch allen Gläubigern ihren Glauben auch nicht absprechen, da ich denke, dass dies für viele ein wichtiger Teil ihres Lebens ist und das gönne ich ihnen genauso wie ich Dir Deine Leidenschaften gönne, wenn sie Dich erfüllen.

  5. Das Glaubenskonstrukt dieser „Evangelin“ scheint unter anderem aus klassischen Zutaten von religiösem Fundamentalismus zusammengebraut: Die Anspruchshaltung ist so totalitär wie die Erklärungsmuster diffus. Eine als Erklärung hingehaltene „Erleuchtung“ wird erst all jenen zuteil, die ihr Leben verwerfen und es auf ein jenseitiges Heilsversprechen hin ausrichten.
    Es muss tiefe Verbitterung sein, aus der sich manche Leute in solch lebensverachtenden Weltbildern verfangen, wenn sie denn schon in ihrer Sinn- und Identitätssuche in irrationalem Gelände unterwegs sind. Hier wird ein scheußlicher Gott gezeichnet der seinen Anhängern ein scheußliches Leben abverlangt damit sie nicht in einem noch scheußlicherem Nicht-Leben enden mögen. Nein danke, da ist mir ja sogar der Cthulhu-Mythos sympatischer…

  6. Ich hatte vor 2 Monaten ein recht ähnliches Gespräch, mit einer Person die ebenfalls einen Flyer dabei hatte und nicht zu den Zeugen gehörte. Die Frau wirkte gerade zu Fanatisch und völlig überzeugt. Sie erzählte mir, das ihr Sohn vor Jahren gestorben ist und sie todunglücklich darüber war. Durch Gott hat sie wieder zum Glück gefunden. Aus der Perspektive ist Gott, ob es ihn nun gibt oder nicht, eine sehr gute Sache. Sie gibt dem Menschen ein Gefühl nicht alleine zusein. Er gibt dem Menschen eine Erklärung für den Verbleib der Verstorbenen und kann leicht verständlich die Welt erklären. Dazu vermitteln die verschiedenen Religionen in großen Teilen sehr gute Werte die das zusammenleben schöner machen können. Von daher verstehe ich es nicht, das es so viele gibt die Menschen die an Gott glauben für Dumm halten, nur weil sie selbst diesen Glauben nicht brauchen.

    Naja jedenfalls habe ich sie dann ausgefragt über Dinge die ich im Christentum für widersprüchlich halte. z.b. die Tatsache, dass es so viele verschiedene Gruppen gibt die alle die Bibel anders interpretieren. Die Zeugen Jehovas nehmen ja auch für sich in Anspruch erleuchtet zu werden, während alle anderen in die Hölle kommen. Welche dieser extrem vielen Spaten ist denn nun der sichere Weg in den Himmel. So wie es aktuell ist weiß doch keiner mehr welche Regeln er jetzt befolgen muss und welche nicht um in den Himmel zu kommen. Darauf konnte sie natürlich keine wirkliche Antwort geben. Ich habe dann noch einige andere Dinge gefragt worauf sie mir keine konkrete Antwort geben konnte. Das ist ihr aber egal sie ist so zufrieden und das ist doch das wichtigste.

    Ich habe eine recht Ähnliche Position wie Steve was das angeht. Ich denke auch, dass jeder Mensch selbst versuchen muss so gut wie möglich zu leben. Ich denke aber das wir alle die wir hier in der westlichen Welt leben nicht so leben wie wir leben müssten. Während wir hier im Wohlstand leben gibt es Menschen die Hunger leiden. Aber sich wirklich dagegen aufzulehnen tun die wenigsten auch ich nicht. Dennoch können wir wenigstens versuchen möglichst so zu leben, das es unseren Mitmenschen gut geht. Ich selber habe auch einen gewissen Glauben der mir Kraft gibt. Ob es jetzt gut und richtig ist, dass ich so lebe wie ich lebe weiß ich nicht aber bisher habe ich auch noch von keinem Gott ein Zeichen bekommen, das ich etwas falsch machen würde.

  7. Mehrere Dinge, die mir dazu einfallen:
    – freien Willen geben, aber wir sollen den freien Willen nicht leben?
    – Laut Bibel: Wozu ist Jesus gestorben?
    – göttliche Barmherzigkeit und doch wird man bestraft, wenn man sündigt?
    – Gnade gegen gute Taten? Ist das dann nicht „Lohn“?
    – Was ist mit den Menschen, bevor es die Bibel gab? Pech gehabt?
    – Was ist mit allen Menschen, die sich nicht als Christen bezeichnen? Pech gehabt?
    – Trolley-Problem (googlen): Wie kommt man Sündenfrei aus dieser (und ähnlicher) Situationen heraus? Auch hier: Pech gehabt?
    – Wenn jemand anderen Menschen hilft, weil man sich damit besser fühlt – tut man es nicht dann auch für sich und seine (egoistischen) Gefühle?
    – Als Erzieher für Kinder zwischen drei und sechs Jahren: In den ersten Lebensjahren sehen sich Kinder als Zentrum des Universums (bei Unfälle hat das andere Kind es auch „mit Absicht gemacht!“) Haben Kinder hier auch Pech gehabt oder gibt es eine „magische“ Grenze, ab wann es ok ist zu sündigen und ab wann es verboten ist?
    – Zum Thema „Sintflut“ (aus der Bibel): Erst den Menschen den freien Willen geben, sich dann aufregen, weil sie diesen ausleben, dann 99% der Menschheit umbringen, um am Ende zu merken, dass es wohl doch zu viel war und sich mit einem Regenbogen entschuldigen?

    Ich sag immer: jedem sein Fetisch und jeder soll denken, was er will – solange er anderen Menschen damit nicht auf den Sack geht!

    • Sind gute und schlüssige Argumente. Ich glaube nicht das es darauf klare und logische antworten von religiösen Amtsträgern geben wird. Genau diese fragen stelle ich mir auch, vor allem beim freien Willen und deinem bsp. mit den Kindern.

      Vor allem dein letzter Satz finde ich wichtig und richtig.

    • Bin leider kein religiöser Amtsträger, werde mich aber dennoch mal an Antworten versuchen 🙂
      Ich bitte zu beachten, dass ich nicht für irgendeine Religion oder „Kirche“ spreche, sondern nur versuche, meinen persönlichen christlichen Glauben zu erörtern. Religiöse Aussagen und deren Anspruch an Allgemeingültigkeit sind das folgende also nicht. Ich will dich hier von garnichts überzeugen, sondern nur meine Überzeugungen erläutern, weil mich als Christen das Thema (logischerweise) sehr bewegt und es antworten auf diese Fragen/Argumente gibt, die politischen institutionen „Kirche“ sie aber nicht liefern können. Und weil mir ehrlich gesagt diese permanente Dogmatik von Kirchen, Freikirchen, Sekten und Pseudochristen mit ihren altmodischen Vostellungen total auf den Sack geht. Ich habe erst versucht, dass ganze chronologisch zu beantworten, bin daran allerdings gescheitert, da du mit den komplexesten Fragestellungen angefangen hast^^. Also ordne ich das ganze mal ein wenig um.
      1.“ In den ersten Lebensjahren sehen sich Kinder als Zentrum des Universums (bei Unfälle hat das andere Kind es auch “mit Absicht gemacht!”) Haben Kinder hier auch Pech gehabt oder gibt es eine “magische” Grenze, ab wann es ok ist zu sündigen und ab wann es verboten ist?“
      Ich denke, wir sollten erst einmal klären, was das Konzept von „Sünde“ ist. Die urchristliche Defintion von „Getrenntsein von Gott“ dürfte dir als Atheist/Agnostiker wahrscheinlich im besten Fall garnichts bringen und im schlechtesten Fall wie das Postulat einer Sekte klingen, die versucht sich selbst einen Sinn zu geben. Also versuche ich mal, das ganze etwas aufzubrechen.
      Ein Grundprinzip aller menschlichen Interaktion – mit mir selbst, mit anderen menschen, meiner umwelt, und für einen Christen mit Gott – ist das prinzip der Verantwortung. Die ist natürlich hoch individuell. Während es die einen nicht einmal als ihre Verantwortung wahrnehmen, beim autofahren nicht alkoholisiert zu sein, halten es andere für unverantworlich, nicht die Hälfte ihres Gehaltes für die Schulbildung ihrer Kinder zu investieren. Ich denke, wir können uns jedoch darauf einigen, dass es einige prinzipielle Verantworlichkeiten gibt, die essentiell für das menschliche „humane“ Zusammenleben sind (und die leider viel zu oft nicht eingehalten werden), wie bspw. das wir und nicht gegenseitig die Köpfe einschlagen oder ehrlich zueinander sind. Und genauso, wie wir menschen alle individuell sind, ist auch das Ausmaß der Verantwortung, die wir wahrnehmen können, unterschiedlich. Ein kleines Kind kann wie du ja selbst sagst, das Ausmaß seiner Taten nicht überblicken und deshalb auch keine Verantwortung dafür übernehmen. Ich denke, bis hierhin sind wir uns (hoffentlich) einig.
      Ich als Christ bin der Überzeugung, dass Gott (warum auch immer er Lust dazu hatte) uns Menschen als Wesen geschaffen hat, die in der Lage sind, prinzipiell ein gewisses Grad an Verantwortung wahrzunehmen (anders als bspw. eine Fliege). Was ja auch was feines ist, weil mit Verantwortung auch die Genugtuung verbunden ist, seiner Verantwortung nachgekommen zu sein (z.b.: jeder, der als Schüler seiner Verantwortung zum lernen nachgekommen ist und dafür mit einer guten Note belohnt wurde, weiß wovon ich rede).
      Ich merke jetzt schon, dass dieser Text viel zu lang wird, deshalb mache ich jetzt mal eien Schritt zum Sündenbegriff. Ich hoffe, dass er trotzdem nachvollziehbar ist. Ich persöhnlich würde Sünde so definieren, dass „der Sündiger“ seiner Verantwortung nicht nachgekommen ist (daher ja auch der allgemin genutzte begriff „Schuld an etwas sein“). Diese Verantwortung ist – anders als Kirchen es gerne darstellen – nicht rein auf Gott bezogen. „Du sollst nicht stehlen“ hat erstmal überhaupt nichts mit Gott zu tun, sondern mit zwischenmenschlicher Beziehung. „Du sollst dir keine Zeichen unter die Haut brennen“ sogar nur was mit der Vermeidung von selbstverletzendem Verhalten und „ein Laken, das die lenden einer Frau während ihrer Blutung berührt, ist als unrein zu betrachten“ ist eine simple Hygieneregel des 4.Jahrtausend vor Chr. und hat nichts mit Diskriminierung zu tun. Es geht also NICHT um einen selbstsüchtigen Gott, der dich in die Hölle steckt, wenn du ihm nicht 24/7 auf knien fürs Atmen dankst, sondern um die Formulierung der Verantwortung eines Menschen sich selbst, anderen und Gott gegenüber. Sünde ist das Nichteinhalten dieser Regeln.
      Jetzt haben wir schon 80% geschafft.
      Ein weiteres von vielen Christen und Kirchen geprägtes Bild ist das von Gott als Richter. Ich persönlich habe so meine Probleme mit dieser Darstellung. Nicht weil sie generell falsch ist, sondern weil sie von Nichtchristen oftmals falsch interpretiert wird (der „alles abstrafende Gott“) und auch die Regeln der Bibel als unabdingbare, allgemingültige Gesetze deklariert (was für eine Kirche natürlich politisch sehr praktisch ist, stichwort Ablasshandel). Ich will jetzt nicht auch noch das Fass „Vergebung“ aufmachen, deshalb nur kurz was zu diesem Richterding. Der Gott, an den ich persönlich glaube und der sich mir in der Bibel vorstellt, ist kein Gott, der mit den Zehn Geboten vor dem Richterpult steht und Menschen nach kurz und allgemein formulierten Prinzipien in ewige Höllenqualen schickt. Ganz im Gegenteil. Menschen sind individuell, Situationen noch viel individueller. Und ich traue meinem Gott zu, Verständnis für die individuelle Situation eines Menschen zu haben, wenn er darüber entscheidet, ob dieser Mensch seiner Verantwortung nachgekommen ist (so wie ein guter Richter es tun sollte). Was mich zu deiner Frage bringt: Der Gott, an den ich glaube, wird kein vierjähriges Kind für irgendwelche Sünden verurteilen, schlicht und ergreifend, weil dieses nicht in der Lage ist, seine Taten in dieser Konsequenz zu begreifen, dass man von Verantwortung sprechen könnte. Puh, langer Text, ich hoffe ich hab dich noch nicht verloren. Wird hoffentlich leichter ab jetzt.
      2.“ Wenn jemand anderen Menschen hilft, weil man sich damit besser fühlt – tut man es nicht dann auch für sich und seine (egoistischen) Gefühle?“
      -> Ich weiß nicht, wo dieses Dogma herkommt, dass der chrisliche Gott alles verurteilt, was damit zu tun hat, dass ich mir selbst was gutes tue. Ist nämlich Quatsch. Ja, Egoismus ist was schlechtes, auch laut bibel. Aber ich denke, da geht es um die Form von Egoismus, die wir Menschen auch meinen, wenn wir dieses Wort normal verwenden. Also jemand, der NUR an sich selbst denkt, und an nichts anderes. Wenn ich jetzt meiner Frau die Tür aufmache, einem Obdachlosen 2€ gebe oder sont irgendwie nett zu anderen bin, fühle ich mich besser und mache das natürlich auch deswegen. Ist ja auch praktisch, weil Win-Win-Situation. Das jetzt als Egoismus abzutun, ist meines erachtens nach philosophisch überhöht. Und warum Gott damit irgendein Problem haben sollte, kann ich mir nicht erklären. Es sei denn natürlich, ich fange an, mich dadurch zu profilieren was für „ein guter Mensch“ ich doch bin. Aber ich denke, mit logischem Menschenverstand können wir da doch alle recht gut differenzieren.
      3. Trolley-Problem (googlen): Wie kommt man Sündenfrei aus dieser (und ähnlicher) Situationen heraus? Auch hier: Pech gehabt?
      -> Wenn Gott ein Prinzipienreiter wäre, hättest du dann Pech gehabt. Ist er glücklicherweise nicht. Eines der wichtigsten Bibelzitate ist „Gott sieht das Herz des Menschen an“. Wenn du dich im Trolley-Dilemma befindest, wirst du dich vermutlich sehr unwohl fühlen, egal wie du dich entscheidest (hoffe ich zumindest^^). Und wenn dich jemand fragen wird, warum du dich für Option A oder B entschieden hast, wirst du vermutlich argumentieren, dass du den Weg des geringsten Schadens genommen hast (wie auch immer der für dich ausgesehen haben mag). Meinem glauben nach würde Gott genauso vorgehen. Er würde dich fragen, warum du dich so entschieden hast, bei deiner Antwort (hoffentlich) feststellen, dass du eine gute intention hattest und dich dementsprechend nicht zu den hundert jahren fegefeuer verurteilen, die dir lt. kath. Kirche drohen. Das ist ja das schöne an Gott. Er sieht die wahren Beweggründe der Menschen und urteilt danach. Und als Mensch, der kein interesse daran hat, gezielt Menschen durch Züge umzubringen, musst auch nach einem Trolley-Dilemma keine Angst vor dem letzten Gericht haben 🙂
      Hier mache ich erstmal einen Cut. Ich habe übrigens auch deine anderen Fragen beantwortet, das ergebnis ist nochmal dieselbe Länge an Text. Wenn du Interesse daran hast, frag nach. Ist ziemlich viel und ziemlich kompliziert, aber wenn man solch komplexe Fragen ernsthaft stellt, sollte man auch eine ernsthafte Antwort erwarten.

  8. Ich habe noch nie verstanden warum (heute noch) Menschen an etwas wie Gott glauben.
    Ich lebe mein Leben ohne einen Gott und es läuft super und ich brauche keine Religion, die mir sagt, ich soll kein Ars**loch sein. Das sagt mir mein „gesunder Menschenverstand“.
    Ich habe früher schon auf diversen Metal Festivals versucht mit solchen Menschen zu reden aber da kommt man nicht weiter. Wir waren für sie Ungläubige und sind vom Rechten Weg abgekommen…

    • Für „manche“ ist es aber leider nicht selbstverständlich zu versuchen ein „guter Mensch“ zu sein. Und da kann dann u.a. das Christentum unterstützen und einem vorgeben, wonach man zu leben hat immer im Glauben, wenn man was böses tut dafür auch früher oder später büßen zu müssen.

      Nur manche interpretieren das aber leider ins Extreme

  9. Wenn es einen Gott gibt, dann hat er sich seit rund 13 Milliarden Jahren nicht mehr eingemischt. Vielmehr hat er den Urknall fahren lassen und den Rest der Physik überlassen.

    Sicher gibt es Dinge, die wir heute noch nicht verstehen; generell dürfte es den wenigsten von uns gelingen, ein 11dimensionales Quantenuniversum zu verstehen. Ebenso wenig verstehen wir das, was wir als Bewusstsein bezeichnen. Diese Verständnislücken sollten jedoch als Anreiz verstanden werden, das Wissen zu erweitern. Wer alles mit einem Gott auffüllt, verliert diesen Anreiz. Das ist mit ein Grund dafür, dass sich sämtliche Religionen immer im wesentlichen als Fortschrittsbremse erwiesen haben.

  10. Ich unterhalte mich im Sommer oft mit diversen Gläubigen die sich in die Kölner Innenstadt stellen und dort ihre Broschüren/Korane/Bibeln/ Sonstiges verteilen. Hauptsächlich um zu Ergründen: „Warum macht man das freiwillig?“ Aber auch so. Mir macht es Spass über Glauben und Gott zu diskutieren. So hab ich im Sommer vor 3 Jahren mal knapp 2 Stunden mit einem Zeugen verbracht und etwa ne Woche später nochmal bei nem Kaffee. Was viele nicht verstehen: Diese Menschen sind nicht Verrückt. Sie sind Indoktrinierte, die oft entweder von Geburt an das was wir als Blödsinn ansehen eingetrichtert bekommen haben, oder die von der Religion an einem sehr empfindlichen Moment in Ihrem Leben abgeholt werden (weils sonst keiner macht.) Davon mal ganz abgesehen ist noch etwas was diese Leute eint: Sie nehmen die „heiligen Texte“ ernst und zwar alles. Auch die widersprüchlichen und wahrhaft grausamen Teile.

    Ich persönlich bin für mich zum Schluss gekommen: Es gibt höchstwahrscheinlich keinen Gott und das ist in Ordnung für mich. Das Universum ist auch ohne Gott spannend genug. Ich hab jedenfalls noch kein gutes Argument dafür gehört das es einen Gott gibt. Was mich interessieren würde Steve: Was hat dich davon überzeugt das es einen Gott gibt? Und was lässt dich glauben/hoffen das er/es/sie so ist wie du glaubst?

    „Am Ende ist es aber total spannend, dass jede Religion oder “Unterreligion” denkt, dass sie allein die Einzigen sind, die alles richtig machen und damit dem “Ende aller Tage” und dem Zorn Gottes entgehen werden – und auch ohne den geringsten Zweifel davon überzeugt sind.“

    Alle Gläubigen haben Zweifel. Gerade solche in Sekten mehr als viele Andere , ist mein Eindruck gerade weil Sie die Religion und ihre Quelltexte sehr ernst nehmen. Allerdings sind es oft die Sozialen Kontakte die sie in diesen Sekten/Kleinreligionen/Religionen ganz Allgemein dem Glauben drinnen halten. Z.B. bei den Zeugen dürfen Eltern nicht mal mehr mit Ihren Kindern kommunizieren wenn eine der Beiden Parteien die Zeugen verlässt. Wer glaubt das ist halb so Wild: schaut euch mal Berichte oder Interviews mit Aussteigern an. Wenig ist für ein soziales Tier wie den Menschen schlimmer als von jetzt auf gleich alle Bezugspersonen zu verlieren.

    • Gläubige, die die Schrift ernst nehmen, sind tatsächlich eher was positives. Schlimm wird es, wenn wir Auswüchse wie in Amerika haben, wo Leute nur die Teile der Bibel akzeptieren, die ihnen gerade in den Kram passen (als Beispiel: „Homosexualität ist Sünde“ ist richtig, „kein Sex vor der Ehe“ aber Quatsch).
      Das war im Mittelalter (und auch danach) ja so ein großes Thema: Mit der Schrift argumentieren. Deswegen waren Inquisitoren z.B. eher Mänche (Dominikaner oder Franziskaner), weil die sich mit der Schrift auskannten. Unter den Kardinälen hingegen haben wir maximal 10% Theologen, der Rest sind Juristen.

      Was die Zweifel angeht: Zweifeln gehört zur Religion dazu und ich sehe daran auch nichts verwerfliches. Jesus selbst hat doch gezweifelt, oder nicht? Wenn selbst der Sohn Gottes an seiner Mission zweifelt, sollte das auch jedem anderen Gläubigem zustehen.
      Schlimm sind eher die, die nicht Zweifeln.

      • Einen gewissen Respekt – wenn auch auf verdrehte Weise – muss man an dieser Stelle vor den Islamisten haben. Denn denen spreche ich zu, dass sie tatsächlich ohne den geringsten Zweifel an ihre Schrift glauben. Wer sich einen Sprengstoffgürtel umschnallt, der weiß auf einer rationalen Ebene, dass er sein (diesseitiges) Leben beenden wird, ohne jede Chance auf einen anderen Ausgang. Folglich muss er vom jenseitigen Leben jenseits jeden Zweifels überzeugt sein, ansonsten würde er sein diesseitiges Leben nicht freiwillig beenden.

        Ich möchte an dieser Stelle nicht über Motive, Jihad und die Gemeingefahr der Religion diskutieren, sondern ich beziehe mich ausschließlich auf den einzelnen betreffenden Gläubigen.

        So gesehen ist das Selbstmordattentat doch eigentlich die reinste, die vollendetste Version des (jeweiligen) Glaubens.

        Du sagst: „Schlimm sind eher die, die nicht zweifeln“. Falls du dich auf genau diese Islamisten beziehen solltest: ja, zweifellos! Aber eben nur aus der Perspektive derer im Detonationsradius. Der Betreffende hat aber keinen Glauben, sondern er hat eine Überzeugung. Und das hat er den meisten von uns voraus.

      • Das Problem ist nicht so sehr das ernst nehmen, als der „dann daran Glauben teil“. Und es ist halt nicht nur in Amerika das sich aus der Bibel jeder raussucht was er gerade geil findet. Wann wurde denn das letzte mal in der Katholischen Kirche der Teil vorgetragen wo es Tipps und Tricks zum Sklavenkauf gibt? Wann wurde in der Geschichte von Moses das letzte mal vom Pastor/Pfarrer gefragt: „Liebe Gemeinde, wie findet ihr eigentlich den Massenmord von Gott an den Ägyptischen Erstgeborenen Kindern für etwas was der Pharao nicht getan hat, weil Gott ihn nicht gelassen hat?“ oder wann hat der Pastor das letzte mal an die Steinigung nach der Predigt erinnert für die Kinder die ungezogen waren? Ich meine man findet immer Mittel und Wege sich den Quatsch schön zu reden. Mit der Schrift argumentieren auch hier in Deutschland immer noch viel zu viele Leute. Nimm nur mal die bereits angesprochenen Zeugen, oder die Charismatischen Evangelikalen. Nicht zu vergessen viele Muslime.

        Lange Rede kurzer Sinn:“Gläubige, die die Schrift ernst nehmen, sind tatsächlich eher was positives“ Nein. Das sind Leute denen man wirklich helfen muss. Denn das sind auch Leute die (im besten Fall) an sowas wie Kreationismus glauben, (oder im schlimmsten Fall) die Getränke die Ihnen von James Jones gerreicht werden Ihren Kindern einflössen oder Ihre Kinder elendig verrecken lassen weil Transfusionen nicht Gott gewünscht sind.

        Zweifel ist in der Tat nichts verwerfliches. Im Gegenteil. Zweifel ist eine Qualität die ich in Gläubigen bzw. im Glauben am meisten schätze.

        • Auch hier: Ich bin kein Theologe, aber alles, was du zitiert hast, kommt aus dem Alten Testament. Dieses ist -meines Verständnis nach- eher als historischer Teil der Bibel zu verstehen und ist zumindest für das Christentum nicht so bindend, wie das Neue (wie genau die Gewichtung ist, kann ich dir allerdings nicht sagen).
          Davon ab ist Christentum ja nicht nur = Bibel, sondern es gibt noch den katholischen Canon, der eigentlich viel wichtiger ist.

      • Was Juristen ? Im ernst ?
        Ach du scheisse das rüttelt gerade an meinem Weltbild xD

        Hast du da nen guten Link/Beitrag wo man sich einlesen kann ?

        • Wie das heute ist kann ich dir natürlich nicht sagen, dass sind Angaben für das späte Mittelalter und besonders die frühe Neuzeit. Der Papst brauchte halt Verwaltungsfachmänner am seinem Hof und keine Theologen.

          Link kann ich dir da leider nicht geben, dass sind so Bemerkungen, die im Seminar nebenbei fallen^^ Einer meiner Profs hat ein Buch über das Leben eines Kardinals geschrieben, müsste mal den Titel suchen (wollte ich selbst noch lesen).
          Man merkt es aber auch anderweitig: Wir lesen aktuell die Tageszettel des Prager Erzbischofs und Kardinal Harrach (Tagzettel = frühneuzeitliches Twitter). Der Typ schreibt über alles mögliche und quatscht den ganzen Tag mit anderen Kardinälen etc., aber wir haben noch nicht einen Satz darüber gefunden, dass er mal eine theologische Diskussion mit irgendwem geführt hätte. Der redet über Politik, Wirtschaft, das Wetter oder Inneneinrichtung, aber nicht über Gott.

    • bzgl. den zeuge: meine oma war bei dennen meine tante meine mutter, ich nicht meine mutter mittlerweile auch nicht mehr, trotzdem durfte und darf ich auch heute nich mit meiner tante reden, sie treffen etc. auch mit meiner mutter durft ich noch reden.. glaube nicht alles was du in interviewst siehst.. es ist selbstverständlich nicht auszuschliessen das es auch solche radikalen gibt aber meine erfahrung waren da ganz anders und ich war 15 jahre in dem verein.

      hatte auch keine probleme da raus zu kommen.. mit 16-17 hatte ich gesagt das ich es nicht mehr möchte bin auf keinen kongress mehr gegangen.. 2x waren leute da die mich überzeugen wollten.. hab offen und ehrlich gesagt wie ich das sehe und das war dann auch in ordnung.. auch für meine mutter..

      wie gesagt sicherlich wirds au krasse fälle geben.. in meinem Umfeld und das was ich gesehen habe war das aber sehr unkompliziert (auch von anderen aussteigern)

      • Freut mich für dich 🙂 Aber nach allem was ich so mitbekommen habe ist das eher die Ausnahme als die Regel. Dann ist da auch immer noch die Frage nach Richtlinien vs ob sie Lokal umgesetzt werden. Und was natürlich auch entscheiden sind: Hast du dich aktiv Taufen lassen oder bist du vorher ausgestiegen.

  11. Ich bin natürlich kein Theloge, im Studium der Geschichte und Philosophie ist es aber nahezu unmöglich, nicht auch mit theologischen Regeln in Kontakt zu kommen (long story short: 90% der Vorurteile über die katholische Kirche bezüglich des Mittelalters sind Grütze!). Im Zuge des Themas „Freiheit/Freier Wille“ haben wir uns damals z.B. mit Augustinus und seiner Ansicht des Sündenfalls beschäftigt. Vllt. erklärt, was der Sündenfall ist: Der „Fall“ Adam und Evas aus dem Paradies.
    Nimmt man nun den Katholizismus als Grundlage, stellt sich die Situation wie folgt dar: Wenn wir eine Sünde begehen, entsteht eine Sündenschuld und eine Sündenstrafe. Ich meine mich zu erinnern, dass Jesus Christus durch sein Opfer die Sündenschuld von uns genommen hat, dass können wir seitdem über die Beichte erledigen. Die Sündenstrafe hingegen beschreibt die Zeit, die wir nach dem Tod im Fegefeuer verbringen müssen, bis das Böse „aus uns gebrannt“ ist. Denn „straight down to hell“ kommen die meisten eben nicht (aus der Hölle kommt man btw auch nicht mehr raus). Ein Bischof kann die Sündenstrafe um eine handvoll Tage (21? 71? Weiß es nimmer) verringern, der Papst kann sie einem Menschen ganz erlassen.
    Der Protestantismus hat dazu natürlich wiederum gänzlich andere Ansichten. Ironischerweise (da ich selbst Protestant) bin, kann ich gar nicht genau erklären, wie der Spaß bei uns abläuft. Gibts überhaupt Sündenstrafen? Keine Ahnung!

    Ich hab das Konzept hier jetzt etwas aufgedröselt, weil es ein krasser Kontrast ist zu dem, was die Frau darstellt. Bei ihr ist der freie Wille scheinbar die ultimative Versuchung (kommt mir bekannt vor, ist das auch Augustinus?) und nur die Abkehr davon ist gottgefällig. Aus philosophischer Sicht fielen mir da eine Menge Kritikpunkte ein, aber das führt zu weit und ist vermutlich eher langweilig für die meisten hier.
    Deswegen nur Fix meine Sicht dazu: Sollte es einen Gott geben (ich kann und will die Möglichkeit nicht ausschließen) bezweifel ich stark, dass er sich so ein böses Trickspiel ausdenken würde. Stattdessen würde ich die Sache eher mit Kant und Platon sehen: Salopp gesagt sollten wir uns nicht anmaßen, die Denkmuster und Moralvorstellungen von Göttern oder anderen höheren Wesen zu verstehen. DAS wäre Sünde.
    Ansonsten halte ich es gern mit Sartre: Die Vorstellung, dass es keinen Gott gibt, ist beängstigend, denn mit ihm wäre das Leben sehr viel einfacher. Da wir diese Frage aber nicht beantworten können, sollten wir uns die Welt so denken, als gäbe es keinen.

    • „Kant und Platon sehen: Salopp gesagt sollten wir uns nicht anmaßen, die Denkmuster und Moralvorstellungen von Göttern oder anderen höheren Wesen zu verstehen. DAS wäre Sünde.“

      Exakt meine Gedanken, immer wenn ich Gläubigen zuhöre. Frei von Zweifel und ein Stück Größenwahn, die vermeindlichen Beweggründe eines potenziellen göttlichen Wesens zu kennen und deuten zu können. Was wäre, wenn genau das die Sünde wäre? 🙂

    • Als Theologiestudent kann ich dazu nur sagen: Bravo, schöne Zusammenfassung. Falls du dich noch weiter in das Thema einarbeiten willst empfehle ich dir dich einmal mit der Irenäischen Theodizee nach John Hick zu befassen. Für mich ganz klar das beste Modell in den Bereich Sünde und freier Wille, eben weil es sich im Gegensatz zur klassischen (augustinischen) Theodizee nicht massiv mit aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen beißt.

  12. Es gibt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keinen Gott.
    Damit ist alles Gott was ich über Gott und seine Regeln denke. Sie existieren nicht.

  13. Es gibt nicht DIE EINE Religion, bzw. DEN EINEN Glauben, der richtig ist. Ich bin fest davon überzeugt, dass es am wichtigsten ist an was man selbst glaubt. Und genau daraus resultiert, das für einen selbst, der eigene Glauben am richtigsten ist. Und aber auch, dass für alle anderen Leute auch ihr eigener Glaube für sie richtig ist. Ich glaube, wenn man das versteht, dann wird man sich schnell von dem Gedanken verabschieden, dass nur die eigene Religion dir richtige ist.

    • Tut mir leid aber das ist ganz offensichtlich Falsch. Zum einen schon weil die Religionen bzw. auch schon die einzelnen Gottesbilder höchst widersprüchlich sind. Zum anderen selbst wenn ich glauben würde das du deinen glauben als richtig ansiehst, dein Glauben immer noch Falsch ist wenn er nicht der gleiche Glauben ist wie ich Ihn habe 😉 (bzw. in meinem Fall nicht habe.)

      • Das ist ja nur meine eigene Meinung 🙂
        Klar wird ein streng Gläubiger, der so denkt wie die Frau vor dem Supermarkt, mir nicht zustimmen. Aber ich selbst sehe das ganze halt so, dass es eben nicht die eine Religion gibt.

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