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Viele Jugendliche zweifeln weiterhin an der Chancengleichheit im deutschen Bildungssystem – und halten den Einsatz von digitaler Technik im Unterricht für eher unwichtig. Auf die Inklusion, so meint ein Großteil, sind die Schulen nicht gut vorbereitet. Zu diesen Ergebnissen kommt eine repräsentative Umfrage unter Schülerinnen und Schülern im Auftrag des Stifterverbandes, der SOS-Kinderdörfer und der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung.

Interessanter Artikel. Dazu zwei Gedanken: Dass viele Jugendliche den Einsatz von digitaler Technik im Unterricht für unwichtig halten, liegt an mehreren Faktoren. Zum einen sind viele Schulen nur unzureichend mit zeitgemäßer Technik ausgestattet. Dazu fehlt es vielen Lehrern (vor allem älteren) an der nötigen Kompetenz, damit umzugehen. Leider kommt es auch durchaus vor, dass sich diese Kollegen weigern, sich in diesem Bereich fortzubilden („das muss ich in meinem Alter nicht mehr lernen“). Ich schreibe hier von persönlichen Erfahrungen aus dem Schulalltag. Schlechte Ausstattung (schlechte Wartung) plus mangelnde Kompetenz führt dazu, dass Schüler neue Medien als „entbehrlich“ wahrnehmen. Hier muss dringend der Digitalpakt greifen!

Was Inklusion angeht: Hier werden Lehrer und Schulen schlicht und einfach von der Politik im Stich gelassen. Ein Großteil der Lehrer an öffentlichen Schulen ist dafür nicht ausgebildet. Nach dem Urteil vor einigen Jahren, dass Sonderschulen für Jugendliche stigmatisierend seien und daher geschlossen werden müssten, wurde die Inklusion mehr oder weniger übers Knie gebrochen. Die Schulen und Kollegen waren darauf einfach nicht vorbereitet. Wir wurden mehr oder weniger ins kalte Wasser geworfen, frei nach dem Motto: „Hier, nehmt Ihr mal die ehemaligen Sonderschüler und differenziert bitte auch noch in Eurem Unterricht. Wir wissen zwar selber nicht, wie das gehen soll, aber macht einfach mal“. Und dann wundert sich irgendwer, dass die Schulen auf Inklusion nicht vorbereitet sind? Meiner persönlichen Ansicht nach gibt es durch die Schließung der Sonderschulen nur Verlierer: Lehrer sind chronisch überfordert, weil sie (zusammen mit DAZ-Kindern) in ihrem Unterricht x-fach differenzieren müssen. Leistungsstarke Schüler bleiben hierbei auf der Strecke, da die Lehrer mit den schwächeren Schülern alle Hände voll zu zu tun haben. Die ehemaligen Sonderschüler und jetzigen Inklusionsschüler bleiben ebenfalls auf der Strecke, weil sie die benötigte Aufmerksamkeit und die Arbeit in kleinen Gruppen nicht mehr bekommen.

Für mich und viele Kollegen ist Differenzierung mittlerweile zu einem regelrechten Reizwort geworden. Inklusion an allgemeinbildenden Schulen funktioniert meiner Meinung nach nicht. Es ist schlicht und einfach unmöglich, allen Schülern und Leistungsstufen gemischt in einer Klasse gerecht zu werden.

Quelle: News4Teachers.de


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12 KOMMENTARE

  1. Seit ich in der Hochschule bin, kann ich mir keinen nicht-digitalen Unterricht mehr vorstellen. Ich nutze selbst ein Surface Pro, um all in der Vorlesung mitzuschreiben, in ausgeteilten Skripten zu schrieben oder Skizzen zu machen. Der größte Grund dafür war für mich, immer alles, was ich jemals gemacht habe, dabei zu haben, ohne großartiges Gewicht.
    So ziemlich jede Vorlesung, die bei uns gehalten wird, nutzt digitale Medien; dazu ist selbstverständlich in jedem Raum ein Beamer und Dokumentenkamera.
    Allerdings ist hier die Frage, ob das alles in einer allgemeinbildenden Schule so notwendig ist. Wenn ich mir anschaue, was ich mit meinem Tablet mache, dann merke ich, dass ich in der Schule nicht das volle Potential hätte nutzen können. Daher bin ich der Meinung, dass ein persönliches Tablet in diesem Bildungsabschnitt absolut nicht notwendig ist. Zentral verteilten Tablet-wägen, so wie es bereits Laptop-wägen gibt, sollte allerdings nichts im Wege stehen, wenn ein Lehrer in einer Unterrichtsstunde mal etwas spezielles machen will.
    Die Ausrüstung der Schulräume finde ich allerdings sehr wichtig. Es ist viel Wert, ein Tafelbild zu entwickeln, aber mit tatsächlichen Bildern, kann man viele Dinge viel besser erklären. Das geht mit nichts besser als mit einem Beamer; eine in schlechter Qualität ausgedruckte Overhead-Folie kann nicht der Weisheit letzter Schluss sein. In meiner alten Schule konnten die Lehrer Beamer-Koffer ausleihen, aber das hat eigentlich immer Probleme gemacht. Zum einen mussten die Lehrer sich rechtzeitig eintragen und es gab immer die Möglichkeit, dass der Koffer zum gewollten Zeitpunkt gebucht ist. Zum anderen ist es einfach eine große Hürde die Technik zu benutzen, wenn man einen 10 kg schweren Koffer quer durch das Schulhaus tragen muss. An diesem Punkt sollte man finde ich zuerst ansetzen.

  2. „Viele Jugendliche zweifeln weiterhin an der Chancengleichheit im deutschen Bildungssystem“

    Es gibt schlichtweg keine Chancengleichheit.
    Die Forderung für mehr Chancengleichheit ist außerdem die völlig falsche Strategie. Es müsste vielmehr darauf Aufmerksam gemacht werden, dass es Sie nicht gibt. Anstatt zu suggerieren: es gäbe Sie ja schon fast.

    Der ein oder andere Schüler, der von seinen Eltern keinen Nachhilfeunterricht bezahlt bekommt, hat einfach nicht die gleichen Chancen und muss mehr tun. Nur ein Bewusstsein dafür, wird ihn ernsthaft zur Einsicht bewegen und dafür sorgen, das er entsprechend, mehr tut.

    Allerdings passt es den ein oder anderen mit Gewissheit nicht, diese „Ungerechtigkeit“ zu akzeptieren. Fragt sich wem, dem mit schlechteren Chancen oder jene die eventuell Schwierigkeiten haben, sich Ihren eigenen Vorteil einzugestehen.

  3. Leider kommt es auch durchaus vor, dass sich diese Kollegen weigern, sich in diesem Bereich fortzubilden (“das muss ich in meinem Alter nicht mehr lernen”).

    Wenn ich das nur lese, mit so einer Aussage in der Privatwirtschaft bist so sowas von sofort raus… Manche Lehrer sind schon sehr gedacht dem Ruf der Lehrer an sich zu schaden..

    • Ja genau sowas kommt in der freien Wirtschaft nicht vor. So ein Quatsch! Ich habe als Juniordepp meinem damaligen Verkaufsleiter die E-Mails ausgedruckt und mit Prios versehen, weil der mit 58 keinen Bock mehr auf nen PC hatte. Er hatte ein Telefon, ein Fax(!) und mindestens 300 Pferde unter dem Arsch und mehr brauchte der nicht um jährlich 30-35 mio Umsatz zu generieren. Alte Ponys lernen oft keine neuen Tricks mehr, das bedeutet aber noch lange nicht das sie nicht in ihrer aktuellen Position und mit ihrem Wissen Gold wert sind. Ich habe viel von ihm gelernt, sowohl wie man es macht als auch wie man es heute nicht mehr macht. 😀

  4. Kann man eigentlich genau so stehen lassen!
    Ich bin selbst im Referendariat zum Sonderschullehrer für Menschen mit geistiger Behinderung im schönen Bayern und es hat schon seine Gründe, warum Klassen wie die meine nicht 25, sondern 9 Schüler hat, da man unfassbar viel differenzieren muss, um jeden Kind auf seinem Niveau gerecht zu werden und dabei einen gemeinsamen Lerngegenstand zu schaffen. Wie sollen Regelschullehrer, die nicht mal im Ansatz eine Ausbildung in diesem Bereich erhalten haben, neben 20 Kinder, die ohnehin bereits genug Arbeit machen, noch 3-4 Inklusionskinder berücksichtigen und diesen v.a. gerecht zu werden! Hier findet nur die von Kinki erwähnte Gleichstellung, aber keine Gleichberechtigung statt! Inklusion in seiner Grundidee ist eine tolle Sache und hat auch Chancen. Es gibt auch genug Inklusionsprojekte, die bereits funktionieren, aber dieses übers Knie brechen hat noch keinem geholfen!

    Und das Thema Digitalisierung ist ja genau die gleich Leier. Hauptsache was beschlossen, Material und bissl Geld reingestopft, aber ohne Sinn und Verstand und v.a. ohne jegliche Anpassungen im Bereich der Ausbildung…zumal hierbei die von dir erwähnten unverbesserlichen Sturköpfe hinzukommen, die meinen Schüler bräuchten so etwas nicht. Ich bekomme immer die Kriese, wenn meine Schüler in einem Smartboard o.Ä. nur eine Filmmaschine! Die haben Bauklötze gestaunt, als ich die „Touch-Stife“ ausgepackt habe und wir an dem Board mal ein Memory gespielt haben, um einen Lerninhalt zu wiederholen. Dabei habe ich selbst in diesem Feld eigentlich viel zu wenig Ahnung, aber man muss ich halt auch mal trauen und ein bisschen in die Dinge einfuchsen!

  5. Zum Thema Digital-Unterricht:
    Ohne jetzt unseren aktuellen Lehrer angreifen zu wollen oder die jetzigen Lehramtsstudenten beleidigen zu wollen, bin ich doch eher der Meinung, dass sowas nicht in die Schule gehört, zumindest solange es nicht mindestens ein ganzes Jahr durchgezogen wird und selbst da sehe ich es als kritisch, der eine oder andere Lehrer wird doch bestimmt auf die Idee kommen, dass man den Lehrstoff doch einfach mit Videos von diesem neumodischen Clippfisch abfangen kann.

    Man sollte sowas, vllt über mehrere Klassenstufen verteilt, einfach an Projekttagen abarbeiten und zwar im Zusammenhang mit externen, die auch dementsprechend geschult sein sollten.

    Wir haben damals 2 Mal Dexualkunde bzw. Aufklärung durchgezogen, einmal als Pflichtbereich in der Biologie und einmal als 3 Tage Seminar. Beides gut gemacht, deckte aber doch ganz andere Bereich ab und war teilweise nicht so verkrampft.

    Ich könnte mir einfach nicht vorstellen, dass unser Informatik-LK Lehrer da etwas groß beitragen hätte können, was zB Social-Media, Datenschutz und Co angeht, der war zwar als Dipl.Informatiker und Quereinsteiger super im Programmieren, aber bei neueren Programmiersprachen hatte man doch gemerkt, dass er nicht mehr so interessiert war an neuerungen.

  6. Ich denke digitale Medien können den Schulunterricht wesentlich verbessern.
    Hier an meiner Uni haben die BWL Professoren ihre Vorlesungen alle in Videoformate gefasst. Dort wird einem in 10-20 min Häppchen die Thematik grundlegend erklärt. Verstehe ich mal etwas nicht auf Anhieb, kann ich mir das Thema einfach nochmal anschauen. Durch die Stückelung ist es wesentlich einfacher zu Folgen, und wenn ich später beim lernen für die Klausur nochmal etwas nachschauen möchte schaue ich mir nur das Video zum betreffenden Thema an.
    In der Präsenzveranstaltung, wird der Stoff dann diskutiert, fragen geklärt und vertieft.
    Ich persönlich wünsche mir, dass es in meinen Technikvorlesungen genauso wäre. Verglichen damit, sind diese alt backen, es gibt kaum Lösungen und Material Online. Sehr schade.

  7. Fand es auch eher unwichtig.
    Unser Geschichtslehrer, ein älterer Herr, hat uns oft „selbst recherchieren lassen“ (in diesen Internet) und später dann unsere Ergebnisse ausgewertet und Fokus darauf gelegt, Quellen zu prüfen/Richtig einzuordnen.
    So durchgezogen: Definitiv wichtig und sinnvoll!

    Informatik sollte das auch abdecken, und was über Datenschutz und so lehren, auch wichtig!

    Dass jeder jetzt ein Tablet bekommt, eher unwichtig.

    Kommt drauf an, was mit „Digitalisierung“ genau gemeint ist, bevor man dann sagt „uiuiui, wichtig!“ oder „braucht kein Mensch“

  8. Ja, ich denke man sollte mehr Technik im Unterricht benutzen. Jedoch denke ich das es überflüssig wäre, wenn jeder Schüler sein eigenes Tablet hätte. Ich weiß nicht welche wirklich großen Vorteile es bringt, außer das Schüler nicht mehr 10 Bücher und 100 Blätter mit rum schleppen müssen. Ich mein, wenn ich sehe wir bei mir im Abi Jahrgang die Leute vollkommen überfordert mit den ach-so-tollen grafikfähigen Taschenrechnern waren, will ich nicht wissen wie sie mit Programmen auf Tablets zurecht gekommen wären. Im Mathe LK musste alles fünf mal erklärt werden, bis auch jeder das Ergebnis auf seinem Bildschirm hatte.
    Mir fallen jetzt einfach keine Beispiele ein wo ein technisches Hilfsmittel ein Fach hätte einfacher machen können. Wenn ihr Beispiele wisst, dann immer her damit, würde mich interessieren ^^

    • Naja, in „ach so rückständigen Ländern“ außerhalb der BRD gibt es an weiterführenden Schulen Spinde, da können die Bücher rein. Finde ich auch ganz ok, ohne strg+f sind ja viele heutzutage überfordert, DA will ich die junge Generation irgendwie auch nicht hinerziehen, Mittelwege wären da schon sinnig 😉

  9. Zur Digitalsache gibt es nichts zu ergänzen, Steve hat da alles wichtige gesagt. Bleibt zu hoffen, dass die betreffende Lehrergeneration in den nächsten 10, 15 Jahren ausstirbt bzw. in Rente geht.

    Den Ausführungen zur Inklusion kann ich eigentlich auch nur zustimmen. Für alle, die es nicht merken: Dies ist ein weiteres Beispiel, wo Gleichberechtigung durch Gleichstellung ersetzt wurde, Chancengleichheit durch Ergebnisgleichheit.

    Chancengleichheit ist es, wenn jeder entsprechend seiner Möglichkeiten die bestmögliche Ausbildung bekommt, in einer auf seine Bedürfnisse spezialisierten Schule.

    Ergebnisgleichheit ist es, wenn Forrest Gump neben Albert Einstein sitzt, Forrest Gump 95% der Lehreraufmerksamkeit benötigt, um mit den Fingern Zählen bis 10 zu lernen, während Albert Einstein daneben die Zeitdehnung statt auf die Gravitation großer Massen auf seine gesteigerte Langeweile aufgrund chronischer Unterforderung zurückführt und demzufolge niemals die SRT und ART entwickelt!

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