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Die zwei Varianten des Schreibens, oder warum das Ende von Game of Thrones sich anders anfühlt (Spoilerfrei)

Schriftsteller kann man in zwei Kategorien aufteilen. Dabei gibt es kein gut oder schlecht, es sind einfach unterschiedliche Herangehensweisen.

1.Die Plotter

Sie legen den Fokus auf die Handlung. Das Ende/Ziel steht von Anfang an fest und die Figuren dienen dazu die Handlung voran zu treiben. Vorteile sind ein klarer Handlungsverlauf, aber die Figuren verkommen zu reinen Plotdevices ohne Persönlichkeit. JRR Tolkien war so ein Plotter und tatsächlich laufen in seinen Büchern echt blasse Charaktere herum. In der Verfilmung wurde das überwiegend korrigiert.

2.Die Nach Gefühl Schreiber

Sie erschaffen Charaktere und arbeiten sie bis ins kleinste Detail aus. Dann lassen sie sich überraschen wie diese Charaktere auf die Situationen reagieren in die der Schreiber sie wirft. Vorteil dieser Art ist es, dass jede Tat der Figuren absolut nachvollziehbar ist, da sie sich nie unnatürlich verhalten. Natürlich kann dabei ein Hauptcharakter schnell mal sterben und man arbeitet dann mit den Reaktionen der anderen darauf weiter. Das ganze wirkt sehr organisch, der Schreiber muss aber ab und zu ein bisschen nachhelfen, damit die Handlung nicht zu sehr zerfasert.

GRRM Ist der Gott dieser Schreibart.

Bei der Adaption der ersten drei Bücher strafften D&D anfangs nur das absolut nötigste, behielten aber das organische Figurengefüge bei. In Staffel 1 sieht man noch die Ansätze des „Dritten Targaryen Plots“ zum Beispiel ein geheimes Treffen von Varys mit Ilyrio Mopatis, dass von Arya beobachtet wird.

Nun hatte GRRM ursprünglich geplant am Ende des dritten Buches einen Zeitsprung von mindestens 5 Jahren zu machen. Das heißt Aryas Training wäre übersprungen worden. Sansa hätte sich offscreen mit Littlefinger versteckt und Tyrion wäre einfach verschwunden während Jon die Nachtwache neu aufbaut und Sam Jahre der Maester Lehre durchläuft.

Irgendwie schaffte GRRM es aber nicht diesen Zeitsprung in seinem Stil zu vollbringen. Also entschloss er sich, sich durch diese 5 Jahre durchzuschreiben. So wurden aus den geplanten 5 Büchern 7 und Band 4 und 5 enthalten mehrere Sackgassen. Ein Beispiel: Quentin Martell. Point of View Charakter und daher vom gleichen Gewicht wie Tyrion in der Handlung. Ist sauer über den Tod seines Bruders Oberyn und will die Lannisters fallen sehen. Er kommt auf die Idee: Ey ich fahre zu Danerys, heirate sie und komme mit Drachen wieder und äscher alles ein. Die Drachen hören auf mich, da ein Vorfahr ein Tagaryen war. Er schippert ausführlich beschrieben nach Mereen, schleicht sich in die Stadt, hört, dass Dany auf Drogon weggeflogen ist und entschließt sich die zwei Drachen im Kerker zu klauen. Wie Medievel Batman schleicht er sich in den Kerker, löst die Ketten der Drachen…..und endet als Brikett.

Der Leser verbrachte ein gutes Dutzend Kapitel mit dieser Figur und alles was sie machte, war die Ketten zu lösen. Klar haben D&D den Knilch gestrichen und Tyrion die Ketten lösen lassen (Ich habe bei der Szene ECHT geschwitzt und Angst um Tyrion gehabt). D&D kürzten also Buch 4 und 5 auf eine Staffel zusammen nachdem sie Buch 3 erst auf zwei Staffeln ausgedehnt hatten. Prinzipiell eine gute Entscheidung, sie haben nur etwas übertrieben und dann den Eiseninselstrang, der zeitlich an den Anfang von Staffel 5 gehört nach Staffel 6 verschoben. Daher ist ab Staffel 6 die Zeitlinie nicht mehr zu 100% nachvollziehbar. Und hier war auch der erste Knackpunkt wo einige Leute anfingen zu meutern. Der Ausgefeilte Dornestrang wurde ersetzt durch Figuren, die völlig irrational handelten. Ellaria und die Sandschlangen handelten einfach völlig random und pochten nur auf die Rache. Dazu die Sprünge in der Zeit. Das machte dieses Gefühl wirklich lebende Figuren zu beobachten zunichte und jetzt schaute man nur noch eine Geschichte.

Die Plotter D&D hatten mitten in der Serie plötzlich den Kurs geändert. Sie produzierten zwar noch absolute Highlights in Staffel 6 aber trotzdem fühlte es sich nicht mehr so ganz rund an insgesamt. GRRM fummelte derweil an seinem immer weiter ausufernden Figurenkarussel herum und D&D wollten einfach nur noch so schnell wie möglich diese Mammutaufgabe beenden.

In Staffel 7 wurde organische Figureninteraktion auf ein absolutes Minimum reduziert und von vielen Seiten kamen Stimmen wie: das fühlt sich nicht mehr wie mein geliebtes Ensemble an. Die Erklärung ist einfach, dass D&D den Plot weit über die Figuren gestellt haben und die wichtigen Punkte wie eine Checkliste abarbeiteten. Der muss jetzt das und das machen. Passt nicht zu ihm? Dann passiert ihm eben erst das um das zu erklären.

Ist das schlecht? Nicht zwingend. Zum einen sind uns solche Blindgänger wie Quentin erspart geblieben zum anderen haben wir überhaupt das Ende gesehen. GRRM scheint sich in seinen Büchern durch seine Entscheidungen in Schwierigkeiten geschrieben zu haben. Andererseits müssen wir in den letzten zwei Staffeln mit etwas übereilten Storyverläufen leben und die Figuren handeln oder reden öfter gegen ihre Natur.

Ich hatte sehr viel Spaß an der Serie bis zum Ende, nur dass ich in den letzten 2 Staffeln Manchmal das Gefühl hatte, das passt nicht zum Charakter oder ganz besonders bei der vorletzten Folge, das die Folge selber fantastisch war, ich aber das Gefühl hatte, ich habe eine Folge verpasst.

Am Ende bleibt aber immer noch die wohl ambitionierteste Serie die je über die Fernsehschirme flimmerte. War sie die beste? Sie wird bei mir einen sicheren Platz in meinen Top 5 haben!

Geschrieben von Community-Mitglied Steffen.


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20 KOMMENTARE

  1. Witzig finde ich ja das Little Finger im Buch sagt er dachte er hätte noch etwas länger Zeit das sich Cersei bei der Regierung jedoch so Dumm anstellt das er jetzt schneller handeln muss als gedacht um seine Pläne zu ende zu bringen. Spielt wohl auf den nicht umgesetzten 5 Jahre Timeskip an kam mir beim lesen wie ein 4th wallbreak vor.

    Nur mal so nebenbei ich könnte schwören ich hätte den Text schon mal auf englisch gelesen.

    • Weil es diesen Text genau so in amerikanischen Zeitungen gab.
      In den USA kam die letzte Staffel in der Presse nicht gut weg.

  2. Lustig, ich hatte dir einen ziemlich ähnlichen Text per Mail geschickt in dem ich wie viele Andere auch zu einem ähnlichen Schluss gekommen bin.

    Es geht in diesem Text nicht um Logiklücken, ob Game of Thrones nun schlecht ist, oder ob das jetzt gutes oder schlechtes Schreiben war und ob jemand Schuld hat. Es geht darum warum die letzten beiden Staffeln für einige Zuschauer anders sind, und wie diese Geschichte sich eigentlich entwickelt hat.

    Das Problem, dass sich die letzten beiden Staffeln für einige GoT Fans so komisch anfühlen, liegt in der Art wie Charaktere und Geschichte geschrieben wurde. Es gibt zwei Arten eine Geschichte zu verfassen, wie ein Architekt ein Gebäude zu Planen und dabei von außen nach innen vorzugehen. Die zweite Variante ist wie ein Gärtner einen Samen zu pflanzen und zu schauen wie sich die Pflanze entwickelt, es bleibt natürlich die Pflanze jedoch sind die Anzahl an Zweigen, Blüten usw. nicht vorauszusehen, man findet es erst heraus wenn es wächst.

    GRR Martin ist ein extremer Gärtner, durch sein stetes Weiterentwickeln der Charaktere anhand ihrer Geschichte ihrer Motivationen und Gedanken, wurde jedes neue Buch komplizierter und dauerte meist das Doppelte an Zeit wie das vorhergegangene, da man jeden gewachsenen Zweig beachten und berücksichtigen muss.

    Die ersten 6 Staffeln wurden anhand GRR Martins gewachsener Geschichte erzählt und ergaben diese krassen Schicksale die alle auf die Entscheidungen und Entwicklungen der Charaktere zurückzuführen sind. Diese erzählerische Wucht verlangsamte jedoch auch das narrative Momentum und streckt somit die Geschichte. Nach den ersten Büchern wollte GRR Martin eigentlich 5 Jahre vergehen lassen um dann mit dem nächsten Buch einzusteigen. Jedoch schaffte er es nicht diese Lücke befriedigend zu erzählen und der Charakterentwicklung in dieser Zeit gerecht zu werden. So entschied er sich, diese bisher nie geplanten 5 Jahre zu schreiben und zu entwickeln. Das bedeutete noch mehr Wachstum, neue Pflanzen und eine immer komplexere Welt. Nachdem er nun diesen Weg geplant hatte, schaffte er es nicht befriedigend zu erzählen warum einige Personen z.B. Dany sich in eine bestimmte Richtung entwickeln oder Orte (Meereen) verlassen. Also erhöhte er die Anzahl an Büchern die für diese Saga geplant waren. Dies hatte zur Folge das die Showrunner, welche die Geschichte für die Serie adaptierten, kein Material mehr zur Verfügung hatten.

    Viele Menschen denken das Problem wäre das sie nicht mehr sein Material zur Verfügung hatten, weil sie nicht gut genug waren selber den Plot zu entwickeln. Das ist jedoch nicht der Fall. Für 1,5 Seasons (ein Teil von 5 und 6 ) übernahmen D&D den Versuch das gärtnerische Erzählmuster zu übernehmen, mit teilweise beachtlichen Folgen und Entwicklungen (Hardholme, Battle oft he Bastards + Vorgeschichte) und einigen wenigen herben Enttäuschungen (Dorne). Jedoch entschied man sich im Nachgang der Staffel 6 die Serie einem Ende zugehen zu lassen und sie innerhalb der nächsten 13 Episoden zu beenden. Um dies zu erreichen änderte man das Vorgehen massiv und entwickelte die Geschichte nun vom bekannten Ende her. Man ließ es sich nicht mehr narrativ entwickeln, sondern setzte ein Ziel und begann Punkte zu setzen die erreicht werden müssen um dieses Ziel zu erreichen. Sie waren nunmehr nicht nur Architekten statt Gärtner sondern Architekten welche mit der Innenausstattung anfingen und das Gebäude dann diesem anpassten.
    Um den Zuschauern zwei ultimativ zufriedenstellende Staffeln zu geben fragten sie sich, Was für große Momente wollen wir bringen? Wo sollten die Charaktere am Ende stehen? Was möchten die Zuschauer noch sehen bevor die Serie endet? Also wurden alle Entscheidungen und Wendungen anhand dieser Liste abgearbeitet um in einer sehr geringen Anzahl an Folgen möglichst viel davon zu verwirklichen. Die Charaktere, welche sich zuvor ihrer Umgebung angepasst entwickeln und wachsen konnten, mussten nun anhand strenger Vorgaben handeln um diese Ziele zu erreichen.

    Und dies führte dazu das sich Game of Thrones für einige Zuschauer anders anfühlt als zuvor. Eine Geschichte die von den, Lasten und Entscheidungen der Vergangenheit lebte, wurde zu einer Geschichte die zu besonderen Momenten hingeführt wurde. Wer wie bisher die Zukunft der Geschichte aus den Momenten der Vergangenheit erraten und bestimmen wollte manövrierte sich schnell in Sackgassen, da die Personen nun Zielfixiert handelten und teilweise auch gegen ihren bisherigen Charakter und ihre Geschichte.

    Man darf also niemanden einen Vorwurf machen, die Geschichte wie GRR Martin zu erzählen ist mühsame und harte Arbeit, er selber scheint derzeit daran zu scheitern. Diese Pflanzen auch noch in ein engeres Korsett einer Serie zu packen ohne sie dabei zu beschädigen, wie es die Showrunner jahrelang schafften ist mindestens genauso kompliziert. Das man auf der Zielgeraden nun eine einfachere und weniger komplexe Vorgehensweise nutzte ist nach all den Jahren verständlich. Aber dennoch birgt solch eine Veränderung der Erzählmuster, dass die Zuschauer es fühlen selbst wenn einige nicht genau sagen können wo genau das Problem zu liegen scheint. Sie haben sich in eine andere Art der Erzählung verliebt und fühlen jetzt als wäre dies nicht der richtige Weg.

  3. Dieser Kommentar enthält Spoiler zu GoT.
    In den alten Staffeln wurde sich immer die Zeit genommen, alles sinnvoll einzuführen. Das war nun nicht mehr so. Ich fand es sehr verwirrend, dass nach der Dany-Todes Szene direkt zu den Zusammentreffen dieses Rats gekommen ist. Es sind nicht mal alle diese Lords bekannt. Dany Tot ist noch nicht mal verdaut, während Commedy Einlagen aller Sam will Wahlen für alle oder Edmund will König werden. Dabei werden soviele Fragen nicht geklärt:

    Wer hat dieses Treffen veranlasst?
    Wie hat Person xy auf diese Ereignisse reagiert?
    Warum hat Grauer Wurm Jon nicht direkt umgebracht? Er hatte schließlich kein Problem damit gehabt Lennister-Soldaten umzubringen.
    Warum erklären Dorn und die Eiseninseln nicht ihre Unabhängigkeit?
    Was ist mit den Doraikis? (Müssten sich eigentlich alle selbst umgebracht haben, da sie Danys Blutreiter waren).
    All diese Fragen werden nicht geklärt.

  4. Gute Zusammenfassung, ich komme allerdings zu einer anderen Konklusion. Der Wechsel der Schreibvariante führt dazu, dass sämtliche Fans, die GoT aufgrund der Charaktere und der organischen Handlung mochten, bleiben zwangläufig auf der Strecke. Das erklärt doch auch ganz gut, wieso viele die letzte Staffel noch feiern konnten, obwohl sie die Probleme auch sahen, während viele andere es eben nicht mehr genießen konnten.
    Mir persönlich wurde die Serie ziemlich ruiniert weil es mir bei GoT nie um epische Schlachten und bombastische Aktion ging. Klar ist es so ziemlich das beste, was man in dem Bereich bisher gesehen hat, aber mich und viele andere konnte es leider nicht erfolgreich abholen.

  5. Schöne Zusammenfassung.
    Ich weiß nicht, ob es diese klare Trennung in den Schreibstilen gibt. Da kenne ich mich nicht aus.
    Nur auch wenn man so arbeitet wie D&D, sollte man doch sein Drehbuch trotzdem irgendwie so aufbauen, dass Übergänge von Szene zu Szene, Motivationen und Entscheidungen von Charakteren, Geographie, äußere Gegebenheiten und die Zeit eine Rolle spielen. Gerade wenn die Story in den ersten Staffeln genau darauf fußt.

    Ich hatte in den letzten Folgen zunehmend das Gefühl, die oben genannten Punkte waren D&D völlig gleichgültig und man ist immer nur gesprungen von einem ikonischen Bild zum nächsten, völlig egal ob es zur Story oder den handelnden Personen passt.
    Hinzu kommt, dass man im Zweifel immer die Schock- oder Überraschungsmomente der Logik vorgezogen hat.

    Darum wird halt aus dem nichts Rhaegal abgeschossen, darum steht die Golden Company vor der Stadtmauer, und nicht dahinter oder darauf. Darum zeigt man Bran so wenig, damit ihn keiner auf dem Zettel hat. Darum wählte man Arya als NK-Slayer. Man könnte pro Episode dutzende Punkte aufzählen, wo man die allermeisten mit ganz kleinen Änderungen viel organischer in die Handlung hätte einbauen können. Meist aber halt auf Kosten des Überraschungsmoments. Nur ist es das wert? Ich weiß es nicht, nur mich hat es halt gestört.

    Wenn man dann noch die Interviews mit D&D in den inside the episode Videos sieht, ist man einfach nur ernüchtert.

    Steve hatte im podcast das XXXL Targaryenbanner angesprochen. Ja es ist mir im Moment wo ich es sehe, auch durch den Kopf gegangen. Wo kommt das auf einmal her?
    Ging mir auch bei der Einnahme Winterfells in der 6. Staffel so, wo man auf einmal drölfzig Stark Banner hervorholt. Das sind keine schlimmen Sachen, aber es geht mir halt durch den Kopf, wenn ich es sehe, da bin ich nicht darauf aus Fehler zu notieren.

  6. Vorweg: Zwar habe ich als Autor so meine Erfahrungen gesammelt, aber dennoch bin ich natürlich absoluter Amateur, also kein Vergleich zu einem GRRM (auch wenn ich oft über ihn spotte) oder Tolkien. Kann mich ja aktuell nichtmal dazu aufraffen, mein neues Buch „vorzeigefertig“ zu machen. Ich maße mir also auch keinesfalls an, Wissen auf dem Niveau dieser Erfolgsautoren zu haben.

    Trotzdem sammelt man natürlich seine Erfahrungen. Ich habe jetzt in ~7 Jahren vier Bücher (im weitesten Sinne) geschrieben. Aber schon davor habe ich bestimmt ~5 Jahre lang versucht, irgendwas in dem Bereich zusammenzukriegen. Und eine Sache, die mMn jeder Hobbyautor sehr schnell lernt ist es, ein Storyboard zu erstellen. Wer weiß, wie viele gute Ideen im ersten Kapitel verendet sind, weil viele einfach drauflosschreiben und keine Ahnung haben, wie sie ihr episches Ende erreichen wollen.
    Trotzdem habe ich immer einen sehr freien Stil beibehalten. Das Storyboard ist Hilfe, nicht Gefängnis. Meistens habe ich meine Kapitel mit nur 1-3 Sätzen pro Abschnitt „geplant“, der Rest passiert beim Schreiben, was aber auch an meiner Arbeitsweise liegt, da ich in der Regel alles im Kopf habe, was ich brauche.

    Derzeit mache ich mich, so als Langzeitprojekt, daran eine wirklich große Fantasywelt zusammenzubasteln. Ursprünglich sollte es ideentechnisch eine Art Crossover zwischen Warhammer 40K und dem Legendarium von Tolkien werden, sprich eine erzählte Welt. Doch schon im immer ausufernderen Planungsprozess merke ich, dass ich (um der Unterteilung von Steffen zu folgen) eher Autor der Kategorie 2 bin: Ich schreibe Charakter-basiert, was auch dazu führt, dass mein Dialoganteil immer viel zu hoch ist.
    Und jetzt komme ich nach dieser VIEL zu langen Einführung endlich zu meinem Punkt: Schon jetzt fällt auf, dass ich die Charaktere nicht einfach „frei“ lassen kann. Denn wenn die Story davon abhängig ist, wie die Charaktere sich entscheiden und nicht umgekehrt, wird man nie zu einem befriedigenden Ende kommen. Es muss ein „Endziel“ geben. Der Grund dafür ist schlichtweg der, das keine Buchreihe jemals eine echte Welt entwickeln wird. Jede „Geschichte“, jede „Storyline“ der Menschheitsgeschichte hat ein Endziel. Dieses Endziel ist aber nicht von den Personen der Zeit gesetzt worden, sondern von Historikern. Gaius Julius Caesars „Storyline“ endet an den Iden des März und ist mittlerweile hundertfach verarbeitet worden in allen Medien. Aber das ist doch nicht das Ende der Geschichte Roms, sondern sie geht ja unmittelbar mit Augustus weiter. Und auch das Ende Roms schließt nicht natürlich ab, sondern geht weiter in die zwei Reiche usw. usf.
    Und das ist der Knackpunkt: Als Autor ist man der Historiker seiner eigenen Welt, aber eben immer noch ein Historiker. Die Geschichichte muss ein Endziel, einen Endpunkt haben, an der man den „Break“ setzt. Und diesen Endpunkt wählt der Historiker, nicht die handelnde Person. Mit nichts wird man im Studium mehr traktiert als der Vorgabe, sich vernünftige und realistische Eckdaten zu setzen, wozu auch ein klares Ende gehört. So macht es der Historiker und so muss es auch der Autor machen und zwar bevor er sich in tausende Charaktere verzettelt. Wenn GRRM das nicht gemacht hat, hat er sein eigenes Werk vom ersten Tag an dem Untergang geweiht, so hart das klingt. Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass man das mit sovielen veröffentlichten Büchern noch „retten“ kann, auch wenn ich es den Buchlesern natürlich von Herzen wünsche.

    Tl;dr:
    Ich kann mich nicht kurzfassen und GRRM hätte vllt. zwei Tage seiner Zeit für ein Storyboard aufwenden sollen, dann wäre er schon vor fünf Jahren fertig gewesen. Außerdem war GoT S8 kickass.

    • „Wenn GRRM das nicht gemacht hat, hat er sein eigenes Werk vom ersten Tag an dem Untergang geweiht, so hart das klingt. Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass man das mit sovielen veröffentlichten Büchern noch “retten” kann, auch wenn ich es den Buchlesern natürlich von Herzen wünsche.“

      Na dann sind wir ja dem Untergang geweint wenn nicht mal du dir vorstellen kannst wie man das noch „retten“ könnte *facepalm*.

      Das GRRM Eckdaten für seine Geschichte hat ist doch bekannt. Das Problem an S07 und S08 sind ja auch nicht diese Eckpunkte. Würde man mir nur die Story Eckpunkte der 8 Staffel aufschreiben wäre echt großteils ja auch zufrieden.

      – Die große Schlacht in Winterfell mit dem Tod des Nightkings durch Arya
      – Dany dreht durch und verbrennt Kings Landing.

      Ich nehme mir jetzt mal nur die 2 Punkt damit dieser Post nicht ewig lang wird.
      Das der Nightking früh stirbt und das auch noch durch Aryas Hand ist nicht das Problem der Folge 03. Die Probleme liegen wo anders. In Kurzform.
      – Das Hero Shield war zu krass im Zusammenhang mit den gezeigten Szenen.
      – Die Konsequenzen sind zu niedrig ( Unsullied und Dothraki „sterben“ nur um 2 Folgen später quasi wieder eine komplette Armee dazustellen).
      – Jon wirkt „nutzlos“ (er hätte den Nightking ja nicht killen müssen aber zumindest einen großen Teil in der Folge dazu beitragen können).
      – Der Nightking und Bran bleiben komplett Blass (all die Andeutungen führen ins nichts).
      All diese Punkte sorgen dafür das sich die Story unrund anfühlt.

      Nun zum Thema Dany. Es ist nicht schlimm das sie zur Mad Queen wird aber solch eine riesige Charakter Entwicklung braucht Zeit und die wurde sich nicht genommen. Man setzt ehr auf billige und unlogische Schockmomente (wie der Tod von Rhaegal). Dazu machten gerade viele Schlüsselmomente einfach keinen sinn. Beispiel Missandei. Das sie gekidnappt wurde spielt eine große und Entscheidende Rolle. Passiert aber völlig sinn frei und wird ja auch nicht mal gezeigt.

      Ich will jetzt nicht nochmal alles wiederkauen aber man hätte GoT mit etwas mehr Zeit zu einem würdigen (wenn auch nicht perfekten) ende bringen können. Für ein „perfektes“ Ende hätte man wohl mehr Story aus den Büchern mit in die Geschichte einbauen müssen. Das ein Puzzle mit Fehlenden teilen kein Perfektes Bild ergibt sollte jedem klar sein.

      • Ich hab von den Büchern geredet und warum dieser meiner Vermutung nach nicht bis niemals fertig werden. Weil schlichtweg die Planung nicht klar genug war oder zu irgendeinem Zeitpunkt zu stark aus dieser ausgebrochen wurde. Das ist schon im kleinen nur schwer zu korrigieren.
        Um dir ein konkretes Beispiel zu geben: Ein Freund von mir hatte eine Geschichte geschrieben, wo es grob darum ging, das ein Mädchen einen mächtigen Dämon beherbergte. Zu irgendeinem Zeitpunkt tötete dieser Dämon ihren Vater in einem Blutrausch.
        2-3 Kapitel später stellte er fest, dass er die Geschichte damit an die Wand gefahren hatte, weil es einfach keinen realistischen Moment mehr gab, wo die beiden wieder hätten zusammenarbeiten können. Also musste er die Szene umschreiben, das jemand anderes den Kill macht und natürlich musste er danach auch die nachfolgenden Kapitel wieder bearbeiten.
        Das ist im Schreibstadium kein Problem und passiert eben, aber was wenn dir so ein Schnitzer passiert in einem veröffentlichten Buch und du kriegst es im Verlauf der Serie nicht mehr korrigiert, weil du dich mit einer Entscheidung in eine Sackgasse manövriert hast?
        Und genau wegen sowas sollte man nicht random drauflosballern, besonders wenn man mit so vielen Charakteren und Handlungssträngen arbeiten.

        Zu den Kritikpunkten an der letzten Staffel mag ich nun eig. auch nicht mehr viel sagen. Denke meine Meinung hab ich oft genug dargelegt um sagen zu können „ich teile eigentlich einen Großteil deiner Punkte nicht“.

        • Ich halte es schon für gewagt GRRM zu unterstellen das er das einfache 1mal1 eines Schreibers nicht beherrscht nur weil seine unfassbar riesige Story länger dauert als erwartet.

    • Ich weiß nicht wieso, aber ich hätte gedacht, du wärst eher ein Plotter und kein Pantser, Balnazza. 😀

      Tatsächlich sind die meisten Autoren eher eine Mischung aus beiden Formen und es müssen auch nicht immer Charaktere sein, die Ausgangspunkt der Pantser sind. Bei mir sind es zum Beispiel immer Charaktere in einer bestimmten Szenerie und ausgehend davon entwickle ich dann das weitere Geschehen mit mehr oder weniger Planung.

      Oft wird in Bezug auf Pantser übrigens davon gesprochen, dass sie mit ’seeds‘ also Samen arbeiten, die zu etwas größerem wachsen. Ich meine sogar, dass GRRM die Pantser als Gärtner und die Plotter als Architekten bezeichnete.

      Und wenn wir schon einen Gott der Pantser ernennen, dann wäre das wohl ja eher Stephen King. 😛

    • Woher soll ich den Anfang meines Buches kennen, wenn ich das Ende noch nicht geschrieben habe?

      Ich gebe dir in allen Punkten recht. Einzig die Entscheidungsfreiheit meiner Charaktere Schränke ich nicht ein. So wurde mit der Zeit aus einem Nebencharakter einer meiner drei Hauptcharaktere und am Ende die Antagonistin aus Buch eins, was erst das Ende und dann natürlich den Anfang völlig verändert hat.

      • 1)Ich hab die Bücher nicht gelesen, ich beziehe mich nur auf das, was z.B. Steffen und Georg so erzählen. 2)“Der Nightking“ ist kein adäquates Endziel. Man muss wissen, welche Charaktere zum Zeitpunkt des Endes in welcher Verfassung sein müssen. Mit der Prämisse „am Ende gibt es einen Kampf mit dem Nightking und ich guck dann mal, welche Charaktere bis dahin noch leben“ kann man mMn nicht arbeiten.

    • In den Büchern (und natürlich auch der Serie!) findet viel zu viel foreshadowing statt, als dass man jetzt pauschal sagen könnte er lässt die Charaktere die Situationen einfach komplett ausspielen ohne Ziel. Da wird es schon Ziele und Etappenziele geben oder zumindest mal gegeben haben.

      GRRM hat ja ein Endziel, ich vermute das Problem ist eher die vielen Personen und Handlungsstränge „auf natürliche Weise“ zu diesem zu führen. Ob dies jetzt der Grund ist oder ob er ne Schreibblockade hat, fürchte ich auch nicht ein einziges ASoI&F Buch mehr lesen zu dürfen.

      Ein Satz zur S8: visuell natürlich fantastisch, storytechnisch küsse ich hier keine Augen und als Dany fanboy bin ich natürlich geknickt aber … einfach alte Interviews vom Cast anschauen und dann kommt das lächeln und die Erinnerung an die vielen guten Jahre zurück.

  7. Sehr gut geschrieben und beschrieben.

    Jedoch ein kleiner Schnitzer war dabei, Quentyn Martell ist nicht der Bruder von Oberyn Martell sonder der Sohn von Doran Martell und er handelte auf seinen Befehl.

    Der Dorne Part ist der einzige den ich D&D ein wenig übel nehme, weil ich ihn in den Büchern geliebt hatte. Ansonsten hat mir die Serie im gesammten trotzdem sehr gut gefallen.

    • An die Dorne Storyline in der Serie denke ich auch nur mit schaudern zurück. *schüttel*

      Doran Martell: „Who fears to walk upon the gras… but it is the gras that hides The Viper from it’s enemies; and shelters him until he strikes.“

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