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„Im Rahmen eines Fußballspiels der vierten Kreisklasse am 25.11.2018 zwischen dem SC Elite II und dem FC Can Mozaik stand es in der 80. Spielminute 1:5, als ein Spieler der unterlegenen Mannschaft ein Frustfoul beging […] Sodann traf er ihn mit ausgestrecktem Bein und offener Sohle unterhalb des Unterschenkels. Der Gegenspieler erlitt einen Bruch des Schien- und Wadenbeins. Er befand sich vier Tage stationär in einem Krankenhaus und war insgesamt acht Wochen arbeitsunfähig. Die Staatsanwaltschaft sah ein vorsätzliches Verhalten gegeben und erhob Anklage gegen den Spieler.“

Das Landgericht Hannover ging von einem minder schweren Fall aus und setzte die Strafe mit 120 Tagessätze zu je 40,00 EUR (insgesamt 4.800,00 EUR) fest. Auf der einen Seite denkt man sich: Ja, wer so ein böses Foul begeht, hat das nicht anders verdient. Auf der anderen Seite muss man sich fragen: Sind wir jetzt schon so weit gekommen, dass wir Fouls/Unfälle beim Sport und Anzeige/Klage bringen? Wo zieht man hier die rote Linie? Stehen bald Anwälte am Spielfeldrand und notieren sich alle Fouls, die man zur Anklage bringen möchte? Ab wann ist ein Foul schlimm genug? Öffnet man hier nicht die „Büchse der Pandora“? Was meint Ihr?



Quelle: Vereinfacher.de


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18 KOMMENTARE

  1. Die juristische Grenze ist tatsächlich unscharf. Grundsätzlich geht man wohl davon aus, dass jeder Spieler von Kontaktsportarten bis zu einem gewissen Punkt eine Art Einwilligung zur Körperverletzung erteilt; diese Einwilligung wird, solange es Folge des sportlichen Geschehens ist, auch nicht als sittenwidrig erachtet.

    Soll heißen: Jeder Spieler nimmt im Prinzip in Kauf, gefoult zu werden. Aber eine solche Körperverletzung ist typischerweise fahrlässig. In eine vorsätzliche Verletzung willigt kein Fußballspieler ein.

    Man kann also – zumindest beim Fußball – eine ungefähre Grenze beim Vorsatz ziehen. Wobei auch diese Grenze nicht wirklich trennscharf ist, denn es gibt ja den sogenannten bedingten Vorsatz: „wenn ich die Verletzung billigend in Kauf nehme“, während Fahrlässigkeit ein „ich hoffe, es wird nicht passieren“ ist. In letzter Zeit kennt man diese Diskussion bei den illegalen Autorennen. Hoffen die Fahrer, dass sie niemanden totfahren werden? Dann Fahrlässigkeit. Oder nehmen sie den Tod von Fußgängern billigend in Kauf, ist er ihnen egal? Dann Vorsatz. Mit der Unterscheidung kann man Bücher füllen.

    Bei anderen Sportarten kommt man mit der Unterscheidung Vorsatz/Fahrlässigkeit erst gar nicht weiter. Man denken nur an den Boxsport. Dort geschieht jede Körperverletzung, jeder Schlag, jeder Haken, zweifellos vorsätzlich. Wo man dort die Grenze zieht, weiß ich nicht, ich kenne mich im Boxsport nicht aus.

    Aber fürs Fußball können wir uns wohl merken:
    – fahrlässige KV im Rahmen eines Fouls -> in der Regel von der Einwilligung umfasst.
    – direkt-vorsätzliche KV -> strafbares Verhalten.
    – Grauzone: Abgrenzung von bewusster Fahrlässigkeit und bedingtem Vorsatz.

    • wäre dann aber nicht jede Rote Karte durch Foulspiel so eine Fahrlässigkeit? Die Bedingung ist doch, dass dsaa Fouspiel so hart ist und man eine Verletzung des Gegners billigend in Kauf nimmt

  2. So sehr wie Fußballspiele im Amateurfußball teilweise eskalieren find ich hier ein Einschreiten richtig und wichtig! Teilweise trauen sich die Schiedrichter ja nicht mal mehr auf den Platz, gegen Problemmannschaften.
    Auch der Fußballplatz ist kein rechtsfreier Raum. Natürlich sollte man hier aufpassen, nicht jede Beleidigung oder jedes Foul im Spiel ist gleich eine Körperverletzung oder Nötigung. Aber hier denke ich, dass die Absicht durchaus ersichtlich war.

  3. Also, wenn das Foul vorsätzlich war – kann ich nicht beurteilen, war nicht dabei – ist das schwere Körperverletzung. Um jemandem mit einem Tritt das Schien- UND Wadenbein zu brechen, ist eine ziemliche Kraftanstrengung nötig, anders als zB bei einem Tritt gegen das Kniegelenk, welches vergleichsweise „leicht“ bricht, sowas passiert eher selten, wenn man aus Versehen in jemanden reinschlittert.
    Der Fußballplatz ist halt keine rechtsfreie Zone. Jemandem während des Spiels einen Faustschlag zu verpassen, ist auch nicht nur ein böses Foul, sondern eben auch Körperverletzung.
    Ich habe sowieso den Eindruck, dass es beim Fußball mehr Aggressionen gibt, als bei anderen Mannschaftssportarten – wenn man mal von Eishockey oder American Football absieht, wo der Körpereinsatz ja zum Sport dazugehört, sich die Beteiligten also vorab darüber im Klaren sind. Ich habe jahrelang Basketball auf Amateurniveau gespielt und einige Freunde, die aktiv im Handball und Fußball waren/sind. Beim Basketball und Handball gab es selten bis nie Auseinandersetzungen, die mit schwereren Verletzungen einhergingen. Vielleicht mal ein Cut an der Stirn, wenn zwei Spieler im Sprung ineinandergekracht sind oder ein paar Prellungen durch Stürze, natürlich noch die üblichen Sportverletzungen, die ohne äußere Einflüsse zustande kommen, Kreuzbandrisse zB.
    Beim Profibasketball in Deutschland stehen auch oft die Fans konkurrierender Mannschaften in ein und demselben Block, ohne dass es Probleme gibt, beim Fußball undenkbar.

  4. Finde ich sehr gut. Kann mir schon genau vorstellen was für ein Typ das war, der da mutwillig gefoult hat. Alles richtig so !

    • Und wie sieht er aus? Hab kein Foto in der News gefunden. Aber ich muss schon sagen, du hast anscheinend krasse Fähigkeiten aus 5 Sätzen ein perfektes Täterprofil zu kreieren. Bist du Colambo, der Mentalist oder sogar ein Precog aus Minority Report?

  5. Naja hier handelte es sich um klaren Vorsatz und nicht um einen Unfall. Selbiges Ja mit den Rasern die seit einigen Jahren gerne mal wegen Mordes angeklagt werden. Es handelt sich nicht um Unfälle wenn man bewusst jegliche Verkehrsregeln bricht und andere Personen vorsätzlich in Gefahr bringt

  6. Spiele selsbt aktiv Fussball und es gab schon Spieler die angekündigt haben den Gegenspieler absicht zu foulen und ggf. auch zu verletzten und das aus puren Frust oder weil man sich ungerecht behandelt fühlt.
    wie schon andere schrieben der Fussballplatz ist kein rechtfreier Raum.

  7. Andersherum gesehen, wenn sowas nicht angeigt wird, könnte man das auch als Rechtsfreien Raum sehen, wo man jemandem den man nicht mag einfach mal die Beine brechen darf, ohne bestraft zu werden. Ich denke auch das das von Foul zu Foul unterschiedlich ist. Aber gerade in den unteren Liegen und mit voller absicht sollte das schon ausserhalb vom Platz bestraft werden.

  8. Strafrecht im Sport:

    […] Verfolgt wird die fahrlässige Körperverletzung nach § 230 StGB nur auf Antrag des Verletzten (§ 232 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 77 Abs. 1 StGB), es sei denn, die Strafverfolgungsbehörde hält wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten (§ 232 Abs. 1 Satz 1 StGB). Möglichkeiten der Einstellung des Ermittlungsverfahrens bestehen nach §§ 153, 153 a StPO. Die Anwendung dieser Vorschriften ist in der Praxis stark von der Vorstellung geprägt, dass die Ahndung von Körperverletzungen im Sport regelmäßig der Sportgerichtsbarkeit überlassen werden sollte. Gleiches gilt für die Entscheidung, ob die Staatsanwaltschaft öffentliche Anklage erhebt (§ 376 StGB). Der Verletzte selbst kann im übrigen an Stelle der Staatsanwaltschaft Klage erheben (sogen. Privatklage; § 374 Abs. 1 Nr. 4 StPO).

  9. Der Fußballplatz ist kein rechtsfreier Raum um seine unter der Woche angestaute Wut am Gegenspieler auszulassen! Und wenn es auch noch mutwillig war, dann kann ich das Urteil schon verstehen. Schiedsrichter darf man auch nicht ungestraft vermöbeln.

  10. *Kein Plan von Fußball* *Guck ab und zu mal WM*

    Man müsste das Flau sehen aber!
    Wenn bei den Foul klar zu erkennen war. Das es Absicht war, eine Verletzung des Gegenspielers zu erzielen bzw. klar im kauf genommen wird.
    Ja dann sollte eine Straftat auch als Straftat behandelt werden.
    Auch ein Fußballplatz/spiel ist kein Rechtsfreier Raum.

  11. Das ist ein Klassiker im Jurastudium, also keineswegs „neu“. Es gibt und gab diese Abgrenzung schon immer, nur ist natürlich stets strittig, wo genau die Linie zu ziehen ist.

    Grundsätzlich handelt es sich natürlich bei jeder foulbedingten Verletzung tatbestandlich um eine Körperverletzung. Genau so wie jede Spritze beim Arzt eine Körperverletzung darstellt. Man willigt in diese aber beim Arzt und auch beim Sport ein – das jedoch nur in dem Umfang, der typischerweise für diesen Sport gilt. Also: nur weil du auf dem Fußballplatz stehst, kannst du ja nicht plötzlich vogelfrei sein und straflos zB vom Gegner geschlagen werden. Komplizierter wird es im Graubereich wie zB bei Grätschen. Das ist aber die ureigenste Aufgabe der Gerichte in diesem Sinne Rechtsfindung zu betreiben und abstrakte Gesetze einzelfallgerecht auszulegen.

  12. juristisch ist der fall klar: ein foul ist eine körperverletzung und demnach hat der gefoulte auch anspruch auf ein schmerzensgeld. mitunter haben fouls schlimme gesundheitliche folgen und bewirken das karriereende mit verdienstausfall etc pp. und damit auch wirtschaftliche folgen die den gefoulten in den wirtschaftlichen ruin treiben. dagegen gibt es rechtliche ansprüche und der schuldige muss zur verantwortung gezogen werden – natürlich streng im rahmen der geltenden gesetze.

    auch hat er keine einwilligung zur körperverletzung gegeben, daher denke ich ist es gut wenn hier die geschädigten durch juristische beratung zu ihrem recht kommen.

  13. Ich denke, dafür müsste man das Foul gesehen haben. Normalerweise fällt sowas ja unter „Berufsrisiko“ und wird deswegen nie zur Anzeige gebracht. Aber irgendwann ist man eben in einer Situation, wo es einfach nicht mehr unter „ups“ fällt.
    Denke gerade in niedrigeren Spielklassen könnte das ganz gut sein.

    • 4te Kreisklasse kann man halt nur nicht mehr Beruf nennen ;). Hier tritt man sich auf Hobbyebene wieder und so kann ich beim Tennis am Netz nicht auch „unabsichtlich“ dem Gegner den Schläger auf den Kopf hauen.

      Wie aber schon einige geschrieben haben, müsste man das Foul sehen. Gerade auf dem Niveau kann da auch schon ein recht stümperhaftes Tackling die Ursache sein. Wir werden es ohne VAR wohl nie herausfinden…

      • Mir ist kein besserer Begriff eingefallen. „Hobbyrisiko“ klang halt so dämlich. Um deinen Vergleich zu bestätigen: Wenn du beim Tennis einen Ball in die Fresse kriegst, kann das halt passieren. Wenn dir dein Gegner den Schläger über den Schädel zieht…eher nicht.

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