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Zu hoher Druck, die Familie oder fehlender Ansporn: Die Gründe für einen frühen Rücktritt als Profifußballer können vielfältig sein – und stoßen am Ende selten bei allen Fans auf Anerkennung. (Via)

Wahnsinn, dass man sich heutzutage für persönliche Entscheidungen im Bezug auf seine eigene (Profi-Sportler-)Karriere rechtfertigen muss. Benedikt Höwedes hat vor einigen Wochen mit 32 Jahren seinen Rücktritt als Profi-Fußballer verkündet. Auch wenn der ein oder andere Spieler nach 2-3 Jahre länger spielt, ist das durchaus ein angemessenes Alter für so einen Schritt.

Es ist schon ein wenig auffällig (gerade durch die Ankündigung des Karriereendes der beiden Weltmeister Höwedes und Schürrle), dass einige Spieler halt nicht bis 36 Jahre auf dem Platz stehen wollen. Meiner Meinung nach hat das weniger was mit Faulheit oder fehlender Einstellung zu tun, sondern einfach damit, dass der Druck als Profi-Fußballer so gigantisch groß sein muss, dass einige Menschen dies ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr ertragen wollen.

Wenn man mal ehrlich ist, sind wir (deutschen) Fußball-Fans auch irrsinnige Heuchler: Wenn jemand auf hohem Niveau spielt, jubeln wir ihm zu, kaufen seine Trikots und beten ihn förmlich an. Sobald er aber mal in einer Leistungskrise steckt, spucken wir ihn an und verhöhnen ihn und sein fußballerisches Können (bei Schürrle war’s extrem).

Wir Deutschen haben seit jeher ein sehr gestörtes Verhältnis zu unseren ehemaligen Sporthelden. Überlegt doch mal, was Höwedes und Schürrle für eine geile WM 2014 gespielt haben. Schürrle gab sogar die Vorlage zum 1:0-Siegtreffer im Finale gegen Argentinien. Und wie dankt man es ihnen? „Du spielst scheiße, verpiss Dich!“

Ich kann einfach zu 100% verstehen, dass sich das keiner zu lange antun will. Und diesen Satz hier kann jawohl eh jeder Vater da draußen verstehen, oder?

Ich will nicht länger aus dem Koffer leben, während mein Sohn das Sprechen lernt. Seine ersten Schritte habe ich nur via Facetime mitverfolgen können. (Via)

Danke für alles, Bene. Danke für eine unvergessliche WM 2014 und die vielen schönen Stunden, die Du mit Deinen Leistungen auf dem Platz Millionen von Fans beschert hast (und das sage ich als Bremer und Werder-Fan, der Schalke nicht mal besonders mag). Du hast Dir Deinen „Ruhestand“ verdient. Viel Spaß mit Deinem Sohn und Deiner Familie!





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7 KOMMENTARE

  1. Wieso er hätte doch nach China oder die Türkei gehen können oder Russland .Da hätten ihn alle zugejubelt wenn er sein Laufbahn mit paar Millionen auslaufen lässt.

  2. Bene war der einzige Spieler der WM 2014, der jede Minute gespielt hat.
    Linksaußen war alles andere als seine Stammposition noch besonders geliebt von ihm.
    Ach was haben Leute wie Berthold ihn als Schwachstelle ausgemacht. Für mich war er einer der größten Leistungsträger bei der WM (zu mindest defensiv). Und ja ich bin Schalkefan.
    Ich kann Bene auch nur alles gute Wünschen und seine Entscheidung nicht nur respektieren, sondern auch gut heißen.

  3. Hatte neulich auch mal eine längere Diskussion zu dem Thema, weil ein Bekannter nach dem Motto argumentierte: „Die haben doch eh so viel Kohle und müssen nur ein bisschen Fußball spielen, ich hätte da kein Problem mit.“
    Was viele offenbar übersehen: Profisport ist, physisch gesehen, Extremsport. Ich würde mich als ziemlich sportlich bezeichnen und mache idR 4 mal die Woche Sport. Aber die Profis trainieren fast täglich in einer Intensität, bei der uns „Normalos“ wahrscheinlich schlecht werden würde. So was macht ein Körper halt nur eine bestimmte Zeit lang „klaglos“ mit. Steffi Graf und ihr Mann brauchten auch beide mit Anfang 40 schon neue Knie, was in dem Alter keineswegs normal ist. Insgesamt haben ehemalige Leistungssportler auch eine geringere Lebenserwartung, da man einfach Raubbau am eigenen Körper betreibt.
    Dazu kommt noch der enorme psychische Druck. Es gibt ja nicht umsonst zahlreiche Leistungssportler mit Burnout, Angsterkrankungen oder Depressionen.

    • Hint: Gibts genauso in allen anderen Branchen und die bekommen keine Millionen. (Unter-)Tagebau, Möbelschlepper, Politiker, etc etc. Und wir können sogar beim Profisportler bleiben und einfach nur die Sportart ändern: Was ist mit zB HandballerINNEN, VolleyballerINNEN, LeichtathletINNEN etc? Ach da fällt mir durchs gendern noch was auf… „komischerweise“ sind besonders Frauen davon betroffen nicht entsprechend entlohnt zu werden…
      Profi-Fußballer zu sein ist ein Privileg. Punkt. Die Welt ist kein Ponyhof.

  4. Toller Sportler! Ich sehe es ähnlich wie bei Andre Schürrle, Marcel Jansen, Bastian Schweinsteiger und Sandro Wagner.

    Die Jungs haben genug verdient um sich damit außerhalb vom Sport selbstständig zu machen. Alleine diese Entscheidung zeigt mehr Weitsicht, als einem gelb vor Neid lieb sein kann. Ich gehe davon aus, dass Mario Götze es ebenfalls so machen wird, weil denen einfach klar ist, dass nochmal 3 Millionen mehr dich nicht unbedingt glücklicher machen, sobald du einen gewissen Vermögensstand erreicht hast. Zur Erinnerung: Götze hat 12 Mio pro Jahr da verdient.

    Geht in „Rente“ und haltet euch von politischen Meinungsäußerungen fern (Thomas Berthold…) und alles ist super.

  5. Ganz ehrlich, ich würde bei den Gagen viel früher aussteigen, wenn mein Zenit überschritten ist. Wieso mich der Häme aussetzen, wenn nicht aus „Geldgier“? In Sachen Leistungsdruck habe ich allerdings eine andere Meinung: Bei allem Verständnis für den Stress bei Leistungsdruck, aber die Bezahlung macht das mMn auch wieder mehr als gut, wenn man auch den Rest der Beschäftigten im Auge hat. Auch wenn zB Ärzte nicht so schlecht bezahlt sind, wirkt es nahezu lächerlich im Vergleich, um nur ein Beispiel zu nennen. Der psychische Druck in der Selbstständigkeit und Management ist sicher auch vergleichbar hoch. Und der gesellschaftliche Nutzen eines Fußballers im Vergleich sei dabei auch mal in Frage gestellt…

  6. Vor Jahren hat mal ein Sportwissenschaftler gesagt, dass der Typ Spieler, der bis 38 noch auf dem Platz steht, zeitnah aussterben wird. Grund dafür ist zum einen der hohe Druck „von unten“. Man kann nicht mehr wie früher „mit Erfahrung“ ausgleichen, weil die Jugend so gut ausgebildet ist.
    Aber ein weiterer, vllt. sogar noch gewichtigerer Grund ist, dass die Körper der Sportler das nicht mehr hergeben. Im Endeffekt werden die heutigen Fußballer doch schon zwischen 9 und 14 durch den Fleischwolf gejagt, mit einem nie da gewesenen Pensum. Physisch und mental werden diese Kinder durchstrapaziert, bis dann mit ~30 nach und nach der Körper dicht macht. Nicht nur sind es heute sehr viel mehr Spiele als je zuvor, sondern man wird ja auch schon mit 17/18 in die Profikader geworfen, wo man dann instant funktionieren muss. Wenn dann noch Misserfolg und/oder ein Karrieretief (wie bei Schürrle) dazukommt, warum sich das noch länger antun?

    Was Bene angeht: Er hatte ja auch nicht immer den allerstabilsten Körper, aber hat in seiner Karriere trotzdem mit einem Dödelverein wie Schalke viel erreicht. Weltmeister, Pokalsieger und für alle Ewigkeit mit dem Wunder von Mailand verbunden, glaub mehr geht nicht. Dazu einfach ein toller Charakter, der sich immer den Arsch aufgerissen hat.
    Ich hoffe wirklich sehr, dass wir ihn irgendwann wieder bei uns begrüßen können. Die Position des Sportdirektors ist ja nicht besetzt worden, vllt. ist das in ein paar Jahren ja immer noch so.

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