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Ein denkbar schlechtes Zeugnis stellt eine neue Studie dem Distanzunterricht während der Coronakrise aus. Forscher der Frankfurter Goethe-Universität hatten sich dafür Daten aus aller Welt angesehen – mit ernüchterndem Ergebnis […] »Die durchschnittliche Kompetenzentwicklung während der Schulschließungen im Frühjahr 2020 ist als Stagnation mit Tendenz zu Kompetenzeinbußen zu bezeichnen« […] Der Erfolg des Distanzunterrichts »liegt damit im Bereich der Effekte von Sommerferien«. (Via)

Glaube ich ehrlich gesagt sofort. Liegt in Deutschland vor allem daran, dass es keine richtigen Konzepte gab und wir Lehrer größtenteils von den Behörden und Politikern im Stich gelassen wurden. Dass man bei der ersten Corona-Welle noch überrascht wurde, kann ich ja noch verstehen, aber bis zur zweiten Wellen im Herbst 2020 hatte man quasi ein halbes Jahr Zeit, sich darauf vorzubereiten und Konzepte zu entwickeln. Die Lehrer und Schulen waren in der Corona-Krise größtenteils auf sich allein gestellt und haben das Beste im Rahmen ihrer Möglichkeiten daraus gemacht. Lagende Plattformen voller Bugs bereitzustellen, die hinten und vorne nicht funktionierten, sich aber trotzdem vor die Presse zu stellen und sich für seine Initiative und Performance in Sachen Distanzunterricht zu feiern, war leider alles, was einige Bildungsminister während der Corona-Krise zu bieten hatten…


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11 KOMMENTARE

  1. Die Studie sollte nicht das Papier wert sein auf dem sie steht, wenn sie als Einordung für den digitalen Unterricht gedacht ist. Es lag gar nicht erst ein funktionierendes System für Digitalunterricht vor. Wie sollte dann das Ergebnis überhaupt positiv ausfallen? Dann auch noch „weltweite“ Daten… haben sie Kinder aus chinesischen Dörfern mit Elite-Internaten in USA und Europa verglichen? Wie soll das vergleichbar sein, wenn es hier schon dramatische Unterschiede von Schule zu Schule, von Land zu Land gibt.

    Klingt für mich alles erstmal nach einer sehr fragwürdigen Studie bzw. sehr fragwürdigen Interpretation der Studie.

    • Man hat sehr viele Daten darüber, wie sich die Kompetenzentwicklung im Normalfall verhalten hätte. So 70 Jahre sind da relativ gute Datenlage. Jetzt vergleicht man dies mit der Kompetenzentwicklung der Schüler im digitalen Unterricht. Eh Voila man hat einen sehr validen Vergleich zwischen den beiden Konzepten. Dafür ist ein Vergleich mit anderen Ländern sogar extrem Kontraproduktiv, da die Bildungssysteme zum Teil extrem unterschiedlich sind. Dadurch entstehen maximal Fehlvorstellungen und eben keine vergleichbaren und validen Resultate. Die Fragestellung der Studie war ja die Veränderung der Schüler in Deutschland und nicht die Schüler im internationalen Vergleich.
      Die Studie in sich ist sehr gut gemacht und hat für pädagogische Verhältnisse ausgesprochen gute empirische Grundlagen (die sind normalerweise Katastrophal).
      Zu deiner anderen Frage: Ein positives Ergebnis hätte in diesem Falle bedeutet, dass die Schüler besser gelernt hätten als in Präsenz. Dies ist eben wegen des fehlenden Konzeptes hinter dem System doch eher unwahrscheinlich… eine normale Entwicklung wäre hier sicherlich das erstrebenswerte Ergebnis gewesen. Stattdessen fand man im besten Falle eine Stagnation. Das ist gleichbedeutend mit: Macht man es oder nicht ist eigentlich egal. Das Ergebnis ist Brutal

  2. Am Ende wirds darauf hinauslaufen, dass sich die Kultusminister darauf einigen, dass alle Schüler das betreffende Jahr wiederholen. Daraufhin wird sich der Bund irgendeine komplizierte Regelung ausdenken, wie das fehlende Jahr anno 2065 beim Renteneintritt anzurechnen ist, dann werden drei Bundesländer aus dem Beschluss ausscheren, das Chaos ist komplett, und man streiten monatelang darum, wer daran Schuld trägt.

    Dient prima dazu, vom Totalversagen in der Bildungspolitik abzulenken.

  3. Ich bin für mehr Plagiate in der Politik, allerdings nicht bei Doktorarbeiten von Politikern, sondern bei politischen Konzepten. Man muss ja nicht bei jedem Thema das Rad neu erfinden, man könnte sich auch einfach Länder anschauen bei denen ein bestimmtes Thema außerordentlich gut funktioniert und dann deren Handlungsstrategien kopieren.

    Beim Thema Digitalisierung an Schulen wäre das Dänemark. Das ist ein Nachbarland von Deutschland und ist sicherlich in vielen Punkten vergleichbar mit Deutschland. Nur haben die Dänen bereits 2 Jahrzehnte früher als Deutschland mit der Digitalisierung ihrer Schulen begonnen. Das Ergebnis ist, dass in Dänemark heutzutage fast alles Online funktioniert, Zeugnisse, Noten, Klausuren, Fehlzeiten, Unterricht. In Dänemark bekommen über 90% der Lehrer von der Schule ein Gerät (Laptop, Tablet) gestellt, zum Vergleich: in Deutschland liegt die Zahl bei 3%. Außerdem ist das Verständnis dänischer Schüler und Lehrer für Informatik und digitale Technik deutlich höher als in Deutschland, es gibt da extra Fächer für diese Themen.

    Das Schlimme ist, das war auch schon alles vor Corona bekannt. Dieser Artikel aus der Zeit aus dem November 2019 fasst die ganze Sache sehr schön zusammen: https://www.zeit.de/2019/46/digitale-bildung-schulen-digitalisierung-kompetenzen-daenemark

    • Man sollte nicht einfach ein Konzept kopieren. Meist ist es auch gar nicht so durchsetzbar, weil andere politische Systeme vorliegen. Hier müssten sich in Sachen Bildung alle Länder einzeln auf das neue System einigen, da Bildung Ländersache ist. Wie lange hat es gedauert bis die Abiprüfungen gleich waren? Und das ist nur eine Prüfung… Lehrpläne, Schulkonzepte und —formen sind immernoch Kraut und Rüben…

      Aber auch bundespolitisch kann man nicht einfach Systeme kopieren, weil sie nicht auf die Bevölkerung und deren Akzeptanz abgestimmt sind. Und letztlich würde es schaden, weil man nichts selbst entwickelt. Auch das ist ein wichtiger Prozess.

      Daher kann ich zB der Partei Volt nichts abgewinnen. Mit Ideenlosigkeit Wahlkampf machen, kam bei mir nicht gut an.

  4. „Dass man bei der ersten Corona-Welle noch überrascht wurde, kann ich ja noch verstehen, aber bis zur zweiten Wellen im Herbst 2020 hatte man quasi ein halbes Jahr Zeit, sich darauf vorzubereiten und Konzepte zu entwickeln.“
    So wie ich das lese bezieht sich die Studie auf Frühjahr 2020, ergo auf die 1. Welle.

      • Okay, die Schulen in BaWü hängen zu nicht unerheblichen Teilen im BelWü Netz. Dieses wurde zum größten Teil bis dahin von den 9 Hochschulen/Universitäten genutzt

        Dann kam Corona und die drei bis vier Administratoren (die dort soweit ich weiß arbeiten) sollen also in einem halben Jahr Mal neben dem Alltagsgeschäft noch die neue Herausforderung stemmen?

        Die Schul-IT hier im Landkreis hatte zeitgleich mit Corona den Medienentwicklungsplan für den Digital-Pakt eingereicht – ja, wir sind einer von gefühlt 5 Kreisen, welchen Gelder daraus bekommen haben – für deutlich mehr als 10 Schulen.

        Daraufhin entsprechend iPads nach Absprache bestellt, lange vor den Massenbestellungen der meisten anderen Kreise, aber trotzdem schon nach „Wir kriegen keine Hardware mehr aus Asien“, was schon Februar 2020 kritischer wurde als ausserhalb der IT bekannt war

        Vor allem wurde den Schulen erlaubt, den Schülern nach eigenen Messen die iPads auch für Home Schooling bereitzustellen. Vielleicht die Hälfte haben das ermöglicht – die anderen betreuenden Lehrer und SL hatten Angst, dass die dann kaputt gehen, unabhängig, dass sie versichert sind. Lagen dann halt Monate originalverpackt im Schullager, mitten in einer Welle

        Es gab sogar Konzepte, seit 1-2 Jahren Apps nach Wahl der Schulen. Die ersten Monate hat Schule A dann diskutiert, dass die eine Schule B drei Landkreise weiter aber dieses dürfte, warum die nicht (ausreden wie anderes Bundesland gelten da nicht), jetzt doch diese Geräte und nicht mehr iPads, etc.

        Und im Grunde war es für viele Schulen bereits nach der ersten Welle zu spät noch Handware zu besorgen, selbst wenn Infrastruktur bestand. Die Schule meiner Schwester haben vor 2-3 Monaten die Laptops gekriegt, die letzten Juni bestellt wurden als Reaktion auf die erste Welle. GG.

        Dazu Personal: Obwohl wir seit über einem Jahr suchen, ist der Markt leer; Leute haben teilweise 3stellige Überstunden und wurden gebeten, die Ferien zum abfeiern zu nutzen. Die Ferien. Bei Betreuung von Schulen… Es wurde sehr lange gelacht.

        Bevor es heißt, dann soll der ÖD besser zahlen: Auch die extern eingekauften, sind bis zum Ende aller Tage ausgebucht. Und wie gesagt: Wir hier haben nicht einmal erst mit Corona mit der Infrastruktur angefangen,…

        So ein Schulkonzept schüttelt man selbst mit ausreichend Personal nicht in 6 Monaten aus dem Ärmel und selbst wenn, dann fehlt es allein an der Hardware, wenn die ganze Welt zeitgleich bestellt und zwar nicht nur ein paar tausend Schulen und noch mehr Unternehmen für HO in Deutschland, sondern überall auf der Welt

      • Unsere Schule hat ein richtiges Konzept. Es gibt einen Stundenplan, die Lehrer sitzen in WebEx Räumen in die die Schüler sich einwählen.

        Es funktioniert trotzdem nicht. Weil es eine fucking Grundschule ist. Weil 8 Jährige Kinder einfach nicht so funktionieren, dass man sie den ganzen Tag vorm Rechner parkt und das dann alles irgendwie wird.

        Wie gesagt: wir hatten den bestmöglichen Distanzunterricht und extrem engagierte Lehrkräfte. Aber ALLE wirklich alle Kinder in der Klasse meines Sohnes waren derart happy als sie endlich wieder in die Schule durften.

        Distanzunterricht – zumindest in der Grundschule – kann Präsenzunterricht niemals ersetzen. Egal wie gut das Konzept ist und egal wie top motiviert die Lehrer sind.

        Ich hoffe, dass es bis zum Herbst flächendeckend Lüftungsanlagen in den Schulen gibt und zumindest die über 12 Jährigen geimpft werden können. Sonst gehts in dritte Katastrophen-Schuljahr…

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