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Ich habe diesen Tweet von einem Community-Mitglied verlinkt bekommen und er hat mich tief bewegt. Wunderschön, sowas zu lesen (selbst wenn es ein Fake wäre). Ich wünschte mir nicht nur, dass alle Schulleiter solche Briefe verschicken würden, sondern ich wünschte mir auch, dass alle Eltern sie lesen und VERSTEHEN würden. Die Botschaft ist unglaublich wichtig: Kinder sind mehr als ihre Noten… VIEL MEHR!


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23 KOMMENTARE

  1. Da fehlt noch ein Satz:
    „PS: Kein Personaler wird sich für irgendetwas von dem was ich hier schreibe interessieren, wenn sie Pech haben, dann haben Sie das Balg bis 24 an der Backe, viel spaß :)“

  2. Ich habe einmal wiederholt und bin einmal sitzen geblieben. Nächstes Jahr habe ich nach erfolgreicher Ausbildung inkl. der Nachholung der mittleren Reife und anschließendem Fachabi ziemlich wahrscheinlich meinen B. Eng. in der Tasche, Masterstudium wird wohl folgen. Die schlechte Schulleistung kam bestimmt nicht, weil ich nicht intelligent genug war. Aufgrund familiärer und persönlicher Probleme hatte die Schule einfach keine Priorität. Später, hatte ich in ausnahmslos jedem Fach gute bis sehr gute Noten.

    Ich halte es für fatal Kinder in der Entwicklung mit Zahlen zu benoten. Natürlich ist Feedback sehr wichtig, dieses System sorgt jedoch dafür, dass ein bisschen schwächere Kinder noch mehr demotiviert werden. Ebenso können sich Kinder (und ihre Eltern) überschätzen, wenn sie gute Noten haben und später ganz böse Scheitern.

    Die Lösung ist einfach die individuelle Förderung und gutes Feedback für die Schüler. Einen Chef interessiert es meist nicht, wenn man in einzelnen Fächern aut dem Abschlusszeugnis nicht so gut ist. Schlecht kann es natürlich sein, wenn dadurch der NC deutlich verschlechtert wird.

  3. Liest sich ja erstmal ganz rührend, aber gibt es nicht eh notenfreie alternative Schulmodelle auch in Deutschland? Das hat doch sicher gute Gründe dass die sich keiner größeren Beliebtheit erfreuen.

  4. Das ist so richtig und auch so extrem falsch.
    Gerade direkt nach der Schule gucken doch alle nur auf die Noten und nicht auf „ein Talent“.

    Habe mich selber fast wortwörtlich durchkämpfen müssen mit einem Schlechten Schulabschluss dank LRS um überhaupt eine ordentliche Ausbildung zu bekommen. 😒

  5. Sounds good, doesnt work.

    Unser Schulsystem läuft leider so, dass man eben in allen Fächern gut sein muss.

    Ich hatte Latein als 2. Fremdsprache. Konnte ich nie. Einmal wegen Latein fast sitzen geblieben und nur durch Nachprüfung durchgekommen.

    Heute bin ich Bauingenieur und brauchte Latein natürlich nie in meinem Leben. Trotzdem hätte mir Latein fast das Leben versaut.

    Wer Abi machen will und freie Berufswahl möchte, der muss eben auf allen Ebenen halbwegs gescheite Noten erreichen. Und wer sowas wie Jura oder Medizin machen möchte, der braucht dank NC auch gute Noten in Sport, Musik, Kunst, Mathe und auch sonst fast allem.

  6. Das ist aber schon ein bisschen Schönfärberei von der Lehrerbrille auf die Elternbrille. Ich vermisse halt irgendwo den Absatz „… und wenn Ihr Kind tatsächlich ein Totalversager ist, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Sie als Erzieher daran auch eine gewisse Mitschuld tragen. Dennoch findet in diesem Land jeder Topf seinen Deckel; ermuntern Sie Ihre Hohlfrucht zu der Erkenntnis, dass sie zwar keine Karriere als Raketenwissenschaftler, sondern als Regalputzer anstreben soll!“

    „Ihr Kind ist für höheres bestimmt“ ist doch üblicherweise der letzte Strohhalm, um sich zu erklären, warum das Balg zu einem Soziopathen herangewachsen ist … hochbegabt und so!

    Sollte der Zweck des Briefes allerdings nur darin bestehen, elterliche Gewaltausbrüche nach Präsentation der Zeugnisse möglichst zu minimieren, so würde ich ihn sogar unterschreiben!

    • Ach und nur weil das eigene Kind eine „Hohlfrucht“ ist, muss man es ihm als Elternteil dann auch noch ständig auf die Nase binden? Und nur weil ein Kind Sechsen in Mathe mit nach Hause bringt, bedeutet das nicht, dass es am Ende nicht ein berühmter Künstler werden kann. Leistungen und Noten sind relativ und sagen absolut nichts über wahre Begabung aus.

      Und genau deshalb ist unsere Schulsystem dringend reformbedürftig, weil genau solche Leute immer wieder durchs Raster fallen…

      • Ich sage ja nicht, dass der Inhalt des Briefes falsch sei; natürlich sage Noten in einzelnen Fächern nichts darüber aus, ob ein Kind nicht auf einem anderen Gebiet etwas leisten kann.

        Mit dem Zusatz geht es mir um die Exemplare, die – böse gesagt – einfach zu gar nichts taugen. Solche dürfte es eben auch geben.

    • Es hängt auch immer davon ab, wann und an wen so ein Brief geschrieben wurde. Mal angenommen, so ein Schriftstück geht raus an die Eltern der Fünfklässler, die ihre erste Prüfung schreiben.
      Bist du wirklich der Meinung, man sollte sein Kind, frisch auf einer neuen Schule, durch den Fleischwolf drehen, weil die Mathenote nicht so geil war? Gerade beim, öh, „gutbürgerlichen“ Klientel nimmt das ja manchmal echt ungesunde Formen an, die ein lebenlang nachwirken. Gruß geht da raus an eine gute Freundin von mir, die eine exzellente Schülerin war, aber aufgrund ihrer Eltern, die bei Abischnitt 1,2 massiv enttäuscht waren, mittlerweile gewaltige Minderwertigkeitskomplexe mit sich rumschleppt.

      • Gibt es in den unteren Stufen überhaupt noch Noten heutzutage? Jedenfalls hatte ich so eher den Stand Hauptschulabschluss im Hinterkopf. Und bei Figuren, die selbst den nach drei Ehrenrunden nicht erreichen – falls es die heute noch gibt! -, da fehlt mir dann in der Tat der Glaube, dass da noch irgendeine unentdeckte Inselbegabung vorhanden sein könnte.

        Die schulischen Bewertungen sind sicher nicht der Weisheit letzter Schluss, aber „more than nothing“ Aussagekraft haben sie dann schon!

    • Mit jedem Post wirst Du mir unsympathischer. Und hängt wohl von der Perspektive ab, was man als „Hohlfrucht“ bezeichnet. Für mich sind das alle die, die trotz der ganzen Lügen weiterhin Parteien wählen, die einem versprechen, dass alles so weiter laufen kann wie bisher und wir an uns und dem naturfeindlichen Lebensstil nichts ändern müssen. Parteien, die mit Lug und Betrug bestimmte Wähler anziehen und diesen erzählen, dass es einen Klimawandel oder Covid nicht gibt bzw. nicht menschengemacht ist.

      Dass die wirtschaftliche Tauglichkeit und Effizienz alles ist, was in unserer Leistungsgesellschaft eine Norm ist. Alles andere sind dann Versager für diese Menschen. Typen wie Du sind schuld an unserer Misere. Weil in Eurem Weltbild nur eins Platz hat. Das liebe Geld und der möglichst leistungsstarke Mensch. Dass dabei dann auch oft betrogen und gelogen wird, aber dieser dann auch als erfolgreich gilt, sieht man am besten an Beispielen wie einem Trump, Bolsonaro, Weidel, Gauland etc.

      Ich trage hier extra was dick auf, weil das die Gegenseite leider sehr erfolgreich bei den Grünen schafft. Nix für ungut, wenn ich Dich als Menschen da etwas plakativ deformiert darstelle. Aber, ich beurteile hier nur die Summe Deiner Posts. Und die sind weit weg von mir und meinem Weltbild.

      Trotzdem würden wir uns bei einem Bier evtl. ganz gut unterhalten können. Denn ich mag Kontroversen. Vor allem mit Menschen, die mir etwas neues aufzeigen können. Also, alles gute Dir.

      • Wenn man die Worte hört „als die Dummheit verteilt wurde, hat er/sie ‚hier‘ gerufen!“ hat jeder von uns irgendeine Person vor dem geistigen Auge, darauf wette ich. Jemanden, den man ebenso von scharfen oder spitzen Gegenständen wie von geistigen Aufgaben fernhalten will! Egal, wo man diese Person kennengelernt hat – nicht notwendigerweise in der Schule -, aber es gibt sie! Und genau diese Person(en) meine ich!

        Ich weiß nicht, warum du an dieser Stelle die aktuelle Parteienpolitik ins Spiel bringst, aber um dich zu beruhigen: Annalenchen ist NICHT die Person, an die ich denke!

        Ich möchte dann doch allerdings zurückfragen, welches Menschenbild dir vorschwebt, insbesondere vor dem Hintergrund, da du jede Form von Leistungsprinzip ja offenbar ablehnst. Sicher, die Leistung mag nicht der Weisheit letzter Schluss sein, aber ich frage mich, wo wir wohl wären, wenn aber auch alles, vom Bundeskanzler über die Firmenleitung, über Künstler, Lehrer bis hin zu besagten Regalsortierern nicht nach Leistung besetzt, sondern … ja was eigentlich? … ausgewürfelt werden würde?

        Vielleicht habe ich auch dich nur falsch verstanden oder du mich, insbesondere falls du mich in irgendeine Ecke von wertem und unwertem Leben hineindrängen wolltest … selbstverständlich gibt es keine Wertigkeit, vom reinen O2-Verbraucher bis zu Albert Einstein! Aber eben deshalb würde mich schon interessieren, wie du auf die Menschheit blickst.

        • Also, dass immer nur die Leistung zählt, bezweifele ich sehr stark. Sind nicht oft auch die am Ruder, die sich und ihre vermeintliche Leistung mit allen Ellenbogen durchsetzen vermögen gegenüber aller Konkurrenz? Zum Glück nicht immer, denn natürlich gibt es Bereiche, wo das nicht funktioniert, aber oft genug sind auch Blender am Werke.

          Deine Wortwahl von Annalenchen für eine gestandene Frau bis hin zu O2-Verbraucher empfinde ich als zumindest despektierlich. Ich unterstelle Dir aber mitnichten irgendwelche rassischen Wertebilder. Dafür halte ich Dich tatsächlich für zu schlau.

          Mein Weltbild würde ich platt als humanistisch umschreiben, wo die Menschen Leistung bringen dürfen, aber nicht müssen und sich ihren Lebensweg völlig frei aussuchen können ohne einen wirtschaftlichen Druck. Ich glaube z.B. an ein bedingungsloses Grundeinkommen und das dies funktionieren könnte, wenn wir nicht akzeptieren würden, dass es Superreiche gibt, die mal eben in das Weltall abdüsen oder sonstige Spielereien auf Kosten der Allgemeinheit betreiben dürfen. Nein, kein Mensch braucht Milliarden. Will mir nicht in den Kopf.

          • OK, jetzt kann ich deinen Standpunkt zumindest halbwegs nachvollziehen. (Und man muss sich nicht immer gleich ankacken, wenn man einen Standpunkt nicht nachvollziehen kann.) Ich persönlich bin davon überzeugt, dass ein BGE der menschlichen Natur widerspricht und deshalb zumindest so lange nicht funktionieren kann, bis wir in einer Art Startrek-Utopie ohne Mangel leben, aber das wäre eine Diskussion für einen anderen Thread.

            Übrigens, falls du es damals nicht gelesen hast, ich habe mich vor kurzem mal für eine Vermögenssteuer ausgesprochen. Das würde auch innerhalb des kapitalistischen Systems funktionieren. Nur am Rande zum Thema der Superreichen.

          • Das Märchen von Leistungsgesellschaft und Chancengleichheit, basierend auf dem Grundsatz: „Expect the worst and hope for the best“ bzgl. der „menschlichen Natur“. Eine gesellschaftliche Position hat nicht allein mit Fleiß, Disziplin und Leistungsbereitschaft zu tun.

            Ich bin dagegen eher geneigt zu sagen: Der Mensch sucht nach Sinn und Anerkennung. In einer unfreien Welt, geprägt durch wirtschaflichen & gesellschaftlichen Druck und Vorurteile, haben nicht alle bzw. mit Blick auf die Vermögensverteilung nur wenige die Chance und das Glück das zu überwinden und sich vermeintlich frei für den eigenen Weg zu „entscheiden“. Ein Ansatz zur Lösung könnte das BGE sein, um die Sinnfrage für jeden mindestens unbeschwerlicher zu machen. Würden vielleicht andere gesellschaftlich wertvollere Aufgaben in Bezug auf Mensch und Gesellschaft statt auf Wirtschaftswachstum und materiellen Konsum davon profitieren? Es ist meiner Meinung nach schon bedenklich, wie geringgeschätzt weite Berufsfelder werden, die dem Menschen und der Gesellschaft unmittelbar dienen(Sozialarbeit, Pflege, Lehrer, etc).

          • Celvin, ich bin da argumentativ im Grunde voll bei dir, mit dem einzigen Unterschied, dass ich den menschlichen Ansatz, dein „expect the best“ (sozusagen), nicht für realistisch bzw. praktisch halte.

            Ohne dass ich das BGE-Modell jetzt mit dem Sozialismus gleichsetzen wollte, so habe doch sämtliche Sozialismus-Experimente der Vergangenheit jedenfalls eines deutlich gezeigt: Es wird immer welche geben, die sich für „gleicher“ handeln als alle anderen. Immer hat es eine Funktionärsclique gegeben, die sich auf Kosten der Masse bereichert haben.

            Ja, genau wie im Kapitalismus! Genau das ist doch mein Punkt: Wenn dieser Effekt in zwei so grundverschiedenen Wirtschaftsmodellen gleichermaßen auftritt, dann liegt doch die Annahme nahe, dass er aus unserer menschlichen Natur herrührt. Nenn es eine Tendenz, das jeweilige System höchst egoistisch zum eigenen Vorteil auszunutzen. Und das ist der Grund, weshalb ich nicht an das BGE glaube: Wir haben bereits jetzt zu viele, die zu unserem Wohlstand nichts beitragen. Denk an große Teile des öffentlichen Dienstes, die nur „verwalten“, denk an die ganzen „Geschwätzwissenschaftler“, alle, die letztlich nichts dazu beitragen, dass die Maggi-Tütensuppe im Supermarktregal steht. Dazu noch die Millionen Arbeitslose und Geringverdiener (freiwillig oder unfreiwillig), die wir jetzt bereits durchfüttern. Wenn die Notwendigkeit, etwas zum eigenen Auskommen beizutragen, komplett wegfällt … mir fehlt einfach die Vorstellungskraft, wie das auf Dauer funktionieren soll.

            Aber ich bin sicherlich nicht unfehlbar, ich kann hier komplett falsch liegen. Nur bis mich jemand vom Gegenteil überzeugt bzw. es mir vorführt, halte ich unseren Kapitalismus – mit all seinen Macken und Fehlern – für das am wenigsten schlechte in der Realität funktionierende System.

          • Das sollte auch keine Überzeugungsrede für das BGE sein. Es gibt sicherlich Vor- und Nachteile. Ich bin nur nicht der Meinung, dass es der menschlichen Natur widerspricht und Lösungsansätze für einige Probleme bieten kann.
            Das BGE schafft auch nicht den Kapitalismus oder Erwerbsarbeit ab. Im Gegenteil könnte dadurch ein freierer Markt unabhängig von unterdrückenden Bedingungen und Machtstrukturen möglich sein und Berufe ermöglichen, die heute nicht möglich oder unterrepräsentiert sind. Wirtschaftlicher Aufstieg und Abstieg auf Fallhöhe des BGE inbegriffen.
            Ich bin kein Verfechter, aber auch kein Gegner. Ich finde es könnte ein Lösungsansatz für einige Probleme sein, die sich in Zukunft durch steigende Lebenserwartung und fortschreitende Automatisierung und Rationalisierung auch weiter verschärfen werden.

          • Sorry kinki aber man merkt das du dich mit dem BGE nicht wirklich beschäftigt hast. Das Konzept ist schon wesentlich älter und wurde in den 60ern schon mal unter dem Begriff der negativen Einkommenssteuer konkretisiert. Im Prinzip kann das BGE höher liegen als das lokale Existenzminimum, muss es aber nicht. Entscheidend ist ein ganz anderer Unterschied. Während alle heutigen Sozialleistungen an 1000 Bedingungen und einen riesigen Verwaltungsapparat gekoppelt sind, dem eine ganze Industrie für völlig sinnfreie Beschäftigungsmaßnahmen folgt, wäre das BGE mit absolut gar keiner Verpflichtung verbunden und wäre damit nicht nur drastisch günstiger, sondern würde der Entwürdigung von Millionen mit einem Streich ein Ende setzen.

            Wer sich mit der fortschreitenden Technisierung und dem demografischen Wandel beschäftigt wird zu dem Schluss kommen müssen, dass wir heute schon ein Problem hätten tatsächlich allen einen Job anzubieten von dem man leben kann. Wir schaffen das hier und heute bei fast 11 Mio Erwerbstätigen und Hartz 4 Empfängern nicht.

            Die BGE Gegner sprechen immer von Leistungsverweigerern und Unfairness gegenüber denen die mehr Leistung erbringen, aber das sind halt Halbwahrheiten. Mit dem BGE kannst du nicht loslaufen und dir nen 65 Zoll OLED und Designermöbel in dein Loft stellen. Nach wie vor wird der Löwenanteil des Lohns der für „Luxus“ ausgegeben werden kann auf Transferleistungen (Arbeit gegen Geld) beruhen. Aber wenn man das BGE bzw die negative Einkommensteuer so ansetzt, dass bis zu einem Jahreseinkommen (Steuerklasse 1) von sagen wir zusammen (BGE und Job) 50.000€ brutto alles anrechnungsfrei bleibt, hat man plötzlich fair bezahlte Pflegeberufe usw. während dir als Anwalt absolut nichts weggenommen wird. Erwerbstätige mit mehr als 60.000€ brutto bekämen rein rechnerisch kein BGE mehr und könnten das imo auch gut verkraften.

            Jetzt ist nur die Frage hält das Ego der heute Besserverdienenden das aus?

          • Ich versuche, mich kurz zu halten: Bürokratie rund ums Hartz IV entrümpeln? Bin ich voll bei dir, da steige ich als Jurist kaum durch, wie soll das Otto-Normalbürger schaffen?

            Ebenfalls stimme ich zu, dass Vollbeschäftigung (im Sinne von Erwerbstätigkeit, nicht von Kippenaufsammeln) eine Illusion ist (hat aber – am Rande – mehr damit zu tun, dass im Vergleich zu den 60ern heute doppelt so viele Arbeitnehmer zur Verfügung stehen, die Technologisierung verstärkt diesen Trend nur).

            Und jetzt 2 Szenarien: Setzen wir das BGE mal auf Grundsicherung; runde 1000 Euro inkl. Wohnkosten. Was ist dann der Unterschied zu heute? Es würden lediglich die Sanktionsmöglichkeiten für die wegfallen, die gar nicht arbeiten WOLLEN bzw. nichtmal bereit sind, Bewerbungen zu schreiben etc. Das heißt aber, dass das Heer der Grusi-Empfänger eher noch verfestigt wird.

            Setzen wir das BGE auf 1500 Euro, plötzlich sind die ganzen Pflege- und sonst schlecht bezahlten Berufe noch unattraktiver. Würdest du 40 Stunden die Woche Ärsche abwischen, wenn du dafür vielleicht 100, 200 Euro mehr hast im Monat? Oder fremde Haare schneiden? Oder unseren Müll wegfahren?

            Das ganze hat nämlich einen Haken: Wenn du jetzt sagst „ja, die Pfleger haben dann ja 1800 Euro PLUS BGE“, dann prophezeihe ich dir, dass sich die Löhne ganz schnell auf deutlich niedrigerem Niveau einpendeln werden, ausgehend von Angebot und Nachfrage: Das Angebot, auch für niedrigere Löhne zu arbeiten, wird steigen, weil man ja zumindest das BGE hat. Und wenn du andererseits auf den Mindestlohn verweist und sagst „damit verhindern wir Lohndumping“, dann rechnen wir mal überschlägig die Kosten durch: Nehmen wir mal 10-15 Millionen Nicht- und Geringverdiener, dazu nochmal 10 Millionen, die unterhalb 4.500 Euro brutto bleiben (Anrechnungsgrenze), und das ist schon konservativ gerechnet: Das kostet also 25 Millionen mal 1000 Euro BGE monatlich, das sind 300 Milliarden jährlich. Mal eben 60% des Bundeshaushaltes zusätzlich.

            Dass essentielle Berufe von unserer Gesellschaft zu wenig gewürdigt werden, besonders im sozialen Bereich, ist ein Missstand. Ich fürchte aber, mit dem BGE lässt sich der nicht beseitigen.

          • Korrektur: 2 Rechenfehler! Ich war ja von 1500 Euro ausgegangen, nicht von 1000 Euro, also +50%. Dafür darf ich die heutigen Hartzer natürlich nur zu 1/3 rechnen (von 1000 hoch auf 1500). So ungefähr stimmt also die Summe, nur der Rechenweg war zu einfach.

          • Die Rechnung ist ein wenig merkwürdig, denn Hartz 4, Grusi und Aufstocker kosten uns heute ja schon Geld, das in deiner Rechnung gar nicht vorkommt. Allein die BA wendet jedes Jahr 30-60 Milliarden auf (Arbeitslosengeld, Kurzarbeit etc) und die Verwaltung von Hartz 4 kostet 7 Milliarden. In Weiterbildungen und Fördermaßnahmen werden weitere 12 Milliarden verballert. Imo sind 1500€ auch zu hoch gegriffen, aber ich bin da keine Experte. Es sind verschiedene Modelle durchgerechnet und seriöse Ökonomen sagen dass es prinzipiell geht.

            Mit Sicherheit müsste man klein anfangen und das Ganze in einem begrenzten Rahmen erproben und bestimmt vieles nachjustieren. Bestimmt wird es kein allgemeingültiges System geben und jedes Land wird auf andere sinnvolle Zahlen kommen. Es ist allerdings so, dass sich bestimmt ein Mittelweg finden lässt zwischen Arsch abwischen für BGE+200€ und unbezahlbaren Hirngespinsten.

            Man stelle sich nur mal vor ein heutiger Hartzer käme mit BGE auf das gleiche Grundeinkommen, dürfte aber die 450€ eines Minijobs behalten und je nach Einkommensstufe dann ein Friseur oder eine Krankenschwester dann einen gewissen Prozentsatz mehr. Damit würde sich Arbeit aber auch unterschiedliche Jobs generell lohnen und natürlich ein Aufstockerjob mehr als ein Minijob und ein besser bezahlter als dieser noch mal mehr. Der Leistungsgedanke wird mit dem BGE nicht völlig ausgesetzt und soll es auch gar nicht. Arbeitnehmer die über einer gewissen Gehaltsgrenze liegen würden auch gar nicht vom BGE profitieren so lange sie ihren gut bezahlten Job haben, hätten aber ebenfalls immer die Sicherheit des BGE.

            Es ist durchaus möglich dass es durch das BGE auch Anpassungen an der Rente und den Steuern geben müsste. Zumindest die Arbeitslosenversicherung müsste wohl den neuen Gegebenheiten angepasst werden. Aber wie gesagt ich bin kein Experte, nur ein großer Freund dieser Idee.

          • In Sachen Rente wäre natürlich auch eine Altersarmut nach heutiger Definition per sé unmöglich. Tarifverträge, Mindestlohn etc wären soweit ich weiß immernoch gültig und würden das Lohnniveau sichern. Irgendwoher müssen schließlich auch die Steuern für die Finanzierung des BGEs herkommen.
            Zusätzlich hat jeder Arbeitnehmer nicht den wirtschaftlichen Druck, sich das Lohndumping gefallen zu lassen. Man rüttelt hier sehr stark an bisherigen Machtstrukturen, das darf man nicht vergessen. Im derzeitigen Machtsystem haben wir Jahrzehnte und Jahrhunderte Erfahrung, wie sich die Veränderungen auswirken, kann man nicht vollständig vorraussagen.
            Bin gespannt, wie sich die Modellversuche entwickeln.

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