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Luke Mockridge ist zurück auf der Bühne, und eine Kampagne mit unbelegten Vergewaltigungsvorwürfen holt ihn ein. Der Umgang mit der Unschuldsvermutung und Kritik hat die gesamte #MeToo-Bewegung erschüttert. (Via)

Ich habe gerade diesen Artikel von Antje Hildebrandt über den Fall Luke Mockridge auf T-Online.de gelesen und bin ehrlich gesagt erschüttert. Da ich selbst sehr intensiv Twitter nutze, ist mir nicht neu, dass dort viele User Rufmord betreiben und das Ignorieren der Unschuldsvermutung auf Twitter zum Tagesgeschäft gehört. Aber die in diesem Artikel dargestellten Hintergründe sind schon sehr krass…

Wenn Euch der Fall Mockridge und die Hexenjagd dahinter interessiert, solltet Ihr unbedingt mal reinlesen. Wenn die in dem Artikel geäußerten Vorwürfe den Tatsachen entsprechen, müssen wir langsam mal anfangen, darüber nachzudenken, ob die sozialen Medien nicht zu viel Macht in unserem Land haben. Es kann und darf nicht sein, dass solche inszenierten Shitstorms die Grundlagen unseres Rechtssystems aushebeln, Vorverurteilungen stattfinden und Menschenleben und Karrieren zerstört werden.

Oder wie seht Ihr die Sache?


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15 KOMMENTARE

  1. Im Kern ja, aber Zensur ist da denke ich das falsche Mittel.

    Das Ding müsste juristisch besser zu packen sein. Wenn die Twitter Bubble meint, dass man eine Unschuldungsvermutung einfach ignorieren und Leute schonmal im Vorfeld öffentlich diskreditieren kann, dann sollte das spätestens nach einem Freispruch handfeste juristische Konsequenzen für die Hetzer und Shitstorm-Antreiber haben. Und das gilt sowohl für Privatpersonen, wie auch für entsprechende Medien.

    Anders wird das Problem denke ich nicht zu packen sein.

  2. Irgendwie ist der Artikel aber ziemlich inkonsequent. Bei Luke Mockridge wird die ganze Zeit davon gesprochen, dass ja die Unschuldsvermutung gelten müsse, andererseits wird es aber als großer Erfolg von MeToo gefeiert, dass Dieter Wedel angeklagt wurde, obwohl die Beweislage bei ihm ähnlich aussieht wie bei Mockridge und er deswegen ja auch bis heute nicht verurteilt wurde.

    Das große Problem bei Vergewaltigungen ist halt immer die Beweislage, das wird sich vermutlich in absehbarer Zeit nicht ändern, in den meisten Fällen steht einfach nur Aussage gegen Aussage. Aber warum jetzt Mockridge glaubwürdiger sein soll als z.B. Wedel, erschließt sich mir anhand des Artikels nicht.

    Thema Unschuldsvermutung. Bin ich grundsätzlich auch dafür, aber ich verstehe nicht ganz, warum alle so erstaunt sind, dass die in den sozialen Medien scheinbar nicht gilt. Es ist jetzt ja nicht so, als seien Twitter, Instagram und Co juristische Instanzen, die sich an die gleichen Regeln wie ein Gericht halten müssten.

  3. Ich bin doch etwas überrascht über den Artikel, kenne mich aber zu wenig aus bei dem Thema und habe ehrlich gesagt auch kein echtes Interesse mich tiefer damit zu beschäftigen.

    Nur bisher war das eigentlich in meinem Kopf ein Fall, wo man juristisch Herrn Mockridge zwar nichts nachweisen konnte, aber durch die Aussagen der ehemaligen Freundin und weitere Personen(die sich dann getraut haben was zu sagen?) klar war, dass da auf jeden Fall etwas „gelaufenen ist“.

    Kann nun an der erfolgreichen Kampagne der im Artikel genannten Frau Wiese liegen, aber auf social media hab ich das eigentlich gar nicht verfolgt.

    Mit Vergleichen zu Kachelmann und auch Depp/Heard, wie in den Comments, wäre ich in jedem Fall etwas vorsichtig, da es beides nochmal ganz andere Geschichten sind.

  4. Das Schlimme ist durch Fälle wie Kachelmann, Johnny Depp und wohl auch Mockridge droht die Gefahr, dass echt Fälle von Mißbrauch diskreditiert werden. So oder so ist die Annahme: Frauen sind immer Opfer definitiv falsch. Sie sind auch Täter, die ihre Macht ausnutzen.

  5. Im Englischen heißt es ja „don’t shoot the Messenger“ … wobei dort der Überbringer schlechter Nachrichten gemeint ist. Ich würde das hier mal entsprechend anpassen und sagen „das Papier kann nichts dafür, was auf ihm geschrieben wird“. Ja, der Gedanke ist naheliegend: verbieten/beschränken wir die Plattformen, dann haben wir wieder die gute alte Zeit, in der Gerüchte nur innerhalb der Dorfgemeinde „viral“ gingen.

    Ich halte Zensur (im weitesten Sinne) nach wie vor für den falschen Ansatz. Wir hatten schon immer ausreichend gesetzliche Werkzeuge, und seit dem ganzen Gedöns um „Hassrede“ und das Netzwerkdurchsetzungsgesetz sind diese Werkzeuge nicht weniger geworden. Mein Eindruck ist nur, dass sie zu wenig bzw. zu selektiv angewandt werden. Heutzutage geht es mehr denn je um Gesinnung statt um Fakten: Wer die „richtige“ Gesinnung hat, bleibt unbehelligt, wer die „falsche“ Gesinnung hat, wird gecancelt. Das machen sich alle möglichen (gesellschafts-) politischen Strömungen zunutze, hier eben das metoo-Umfeld. Und da hilft es auch nichts, jetzt darüber zu jammern „ja so hatten wir uns das aber nicht vorgestellt“ … ihr habt den Geist aus der Flasche gelassen.

    Langfristig hilft nur eine konsequente, rechtsstaatliche Rechtsverfolgung. Wie gesagt, die Werkzeuge dafür haben wir. Ich denke hier an üble Nachrede, falsche Verdächtigung, Verleumdung und ähnliches. Nur muss die Strafverfolgung eben auch stattfinden, auch gegen die „richtige“ Gesinnung.

    Das gilt für Leute, die Ölpipelines beschädigen, für Leute, die sich auf die Straßen kleben, aber eben auch für Frauen, die sexuelle Vorwürfe erheben: Die Frau ist kein „besseres“ Opfer als der Mann. Wir haben rechtlich ein gewisses Vakuum in dem Bereich, in dem sich Vorwürfe nicht beweisen lassen: der Beschuldigte hat die (sozialen) Konsequenzen zu tragen, der Anzeiger trägt jedoch keinerlei Verantwortung für seine Vorwürfe.

    Vielleicht müssten wir an dieser Stelle ansetzen: wer mit dem Finger auf einen vermeintlichen Täter zeigt, der müsste ein (rechtliches) Risiko tragen, dass ihm in diesen Finger gebissen wird! Vielleicht eine zivilrechtliche Haftung für nachgewiesene Schäden des Beschuldigten, die dieser durch unbeweisbare Vorwürfe erleidet? Da sollen sich intelligentere Juristen mal drüber Gedanken machen.

    • Grundsätzlich stimme ich dir zu.

      Allerdings sehe ich nicht den Rechtsstaat (Polizei & Justiz) in der Verantwortung dieses Problem zu lösen.

      • Ich denke du hast den Rechtsstaat nicht ausreichend umgriffen. Es ist sehr wohl die Erste Macht im Staate gefragt. Und zudem die wohlbekannte „Vierte“.
        Legislative – der Staat muss entsprechende Gesetze erlassen/ändern
        Medien – dürfen sich nicht an Hexenjagden beteiligen sondern müssen neutral über beide Seiten berichten und dürfen dabei keine Meinungsmache betreiben.

        Imho sollten „Meinungen“ zu solchen Themen sowieso durch einen Medienkodex „verboten“ werden. Damit meine ich nicht einen Blog, auf dem der Meinende frei schalten & walten kann, sondern die Kolumne in der Zeitung oder im TV-Programm, die mit solchen Meinungen Geld verdient.

        • Nein, ich möchte den Bürger mehr in die Pflicht nehmen. Nun könnte man natürlich sagen, dass der Rechtsstaat den Bürger in die Pflicht nehmen muss.

          Aber ich meine Zivilgesellschaft aus sich selbst heraus. Die Zustände im Internet und nicht nur da, sondern in unserer gesamten Gesellschaft sind ein Produkt „unseres“ Benehmens.

          Mir ist zu einfach, immer nach dem Staat zu rufen und das dieser entsprechende Missstände doch bitte beiseitigen solle bzw. wenn er dies nicht tut oder nicht kann, dafür auch noch an den Pranger zu stellen.

    • Zunächst einmal Applaus dafür, dass du nicht in die Falle tappst, hier etwas gänzlich anderes zu fordern als in anderen Kontexten. Ich kenn ja meine Pappenheimer der „SJWs sind wie Hitler, nur halt in schlimm“-Szene, die noch beim Faktencheck durch Twitter Schaum vor dem Mund haben, hier jetzt aber plötzlich die allerschärfste Zensur fordern.

      Ich würde dir ebenfalls Recht geben, dass es Konsequenzen haben muss, jemanden böswillig ins soziale Abseits schießen zu wollen – und mit Vergewaltigung (gerade wenn wir noch Minderjährige reinschmeißen) bist du ja eigentlich so weit im Abseits, weiter geht es nicht. Allerdings ist es natürlich auch ein Ritt auf der Rasierklinge: Du sagst „durch unbeweisbare Vorwürfe“. Damit setzt man die Hürde, tatsächlichen Missbrauch jeglicher Form anzuklagen, natürlich unweigerlich höher, wobei ich bewusst übrigens auch Männer als Opfer hervorheben möchte, die es idR schwerer haben, überhaupt ernst genommen zu werden. Deswegen hasse ich ja auch so Gestalten wie Amber Heard, die den echten Opfern so einen Bärendienst erweisen. Denn wir alle wissen, die nächste bekannte Frau, die von Missbrauch spricht, wird sofort mit Amber Heard in einen Topf geworfen. Team „Frauen sind eh nutzlos und lügen immer #MännerMasterrace“ ist da ja echt gut.

      Eine Lösung für dieses Dilema habe ich leider auch nicht. Man könnte ja darauf hoffen, dass die Menschen ein bisschen besonnener damit umgehen, aber wahrscheinlich fällt einem cleveren Juristen da vorher eine Lösung ein.

      • Auch wenn wir im vorliegenden Fall im wesentlichen einer Meinung sind, finde ich es traurig, dass du mir eine derartige Inkonsequenz zutraust, obwohl wir ja schon so manches Verbalgefecht ausgetragen haben. Du solltest mich besser kennen. Wie kommst du darauf, dass ich mit zweierlei Maß messen würde, nur weil es hier mal gegen links bzw. gegen „woke“ geht? Ich habe seit jeher die freie Rede verfochten bis zur Grenze des Strafrechtes. Ich habe die Freiheit so manchen rechten Deppengeschwafels verteidigt und dafür arge Prügel kassiert, warum sollte ich linke bzw. woke Deppen anders behandeln?

        Im Gegenteil, wie oft habe ich „tu quoque“ eingewandt und gleiche Maßstäbe für rechts und links gefordert? Vielleicht merkst du ja anhand dieses Threads, dass meine damaligen Argumente doch nicht so ganz abwegig waren.

        • Es war unverständlich ausgedrückt, dafür möchte ich mich entschuldigen. Ich hatte dich so nicht unter die besagten ganz rechts außen einsortiert, warst du für mich nie, wirst du wahrscheinlich auch nie werden. Und ich kann dir attestieren, in der Sache „Zensur“ (im weitgefasstesten Sinne) eigentlich immer eine konsequente Meinung zu haben. Da war mein Lob für dich und Kritik an anderen nicht klar genug getrennt.

    • Du willst es Opfern sexualisierter Gewalt also noch schwere machen als es eh schon ist?

      Machen wir uns doch nichts vor, es gibt mit Sicherheit weit weit mehr Vergewaltigungen oder anderweitige sexuelle Übergriffe die nicht angezeigt oder geahndet werden, als das es Falschbeschuldigungen gibt.

      Das soll diese Taten nicht relativieren und sie rechtfertigen auch keinen wilden twittermob, der Selbstjustiz verübt, zumal in deren bubble oft kaum noch einer nach Schuld und Unschuld fragt, da ist jeder Vorwurf automatisch im Recht.

      Nur ich sehe da auch eher kaum eine Lösung. Oft genug muss man sich als Mann ja schon fragen, was mit vielen unserer Geschlechtsgenossen nicht stimmt, wenn man im Netz unterwegs ist und mitbekommt was viele Frauen so erleben.

      • Ich hätte auch gerne eine Welt, in der stets die (objektive) Wahrheit obsiegt. Allerdings kann ich mir nicht wirklich vorstellen, wie das ohne Totalüberwachung der Bevölkerung inklusive elektronischer Fußfessel und Kameraimplantat im Auge funktionieren soll, und SO EINE Welt will ich dann lieber doch nicht!

        Wir stehen also vor dem Dilemma, dass es immer wieder Aussage-gegen-Aussage-Situationen geben wird, und da gehts nicht nur um Sexualtaten, nicht einmal nur um Strafrecht … was meinst du, wieviele mündliche Verträge später zu Rechtsstreiten führen?

        Wenn du aber den Grundsatz „alle Menschen sind gleich“ ernst nimmst, dann kannst du keiner Seite, hier speziell dem „Opfer“, einen Glaubwürdigkeitsvorschuss einräumen. Vielmehr musst du es mit Dr. House halten: „alle Menschen lügen“.

        Und dann hast du – im Strafrecht – nur zwei Möglichkeiten: Unschuldig, bis die Schuld bewiesen ist, oder schuldig, bis die Unschuld bewiesen ist. Und dass letzteres allenfalls zu Diktaturen passt, darüber sind wir uns hoffentlich einig.

        Also bleibt es bei der Unschuldsvermutung, und das heißt eben in der Konsequenz, dass unser Rechtssystem lieber 100 Täter laufen lässt als einen Nichttäter zu verurteilen. Nochmal: das ist nicht aufs Sexualstrafrecht beschränkt, sondern das ist einer der wichtigsten Grundsätze eines jeden Rechtsstaates.

        Wenn ich also sanktionieren will, dass in SM eine Vorverurteilung des Beschuldigten stattfindet, dann ist das die konsequente Anwendung der Unschuldsvermutung. Und übrigens hat das überhaupt nichts damit zu tun, es „dem Opfer noch schwerer zu machen“, denn eine Hexenjagd in den SM ist etwas grundsätzlich anderes als eine Strafanzeige. Liebes „Opfer“, geh zu den Bullen, heul dich dort aus, und dann lass dem Rechtsstaat seinen Lauf. Entweder kommt bei den Ermittlungen was raus oder eben nicht. Fall abgeschlossen.

        Was ich sanktionieren will, ist, dass quasi ein paralleles „Strafverfahren“ in den SM stattfindet. Die Rechtsverfolgung profitiert in keinster Weise davon, dass Straftaten auch in der Timeline „angezeigt“ werden, geschweige denn davon, dass der mutmaßliche Täter namentlich genannt wird.

        Social Media darf kein ersatzweises Strafverfahren darstellen, für den Fall, dass die „blöden Regeln“ des Rechtsstaates keine Verurteilung zulassen.

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