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Die Einführung des Bürgergelds ist im Koalitionsvertrag der rot-grün-gelben Bundesregierung fest vereinbart. Doch kaum ist der neue Regelsatz bekannt, hagelt es Kritik vom Zentralverband des Deutschen Handwerks. (via)

Es gibt bereits seit einiger Zeit umfangreiche Pläne dafür, um das bisherige Hartz-IV-System durch ein neues Bürgergeld zu ersetzen. Der entsprechende Gesetzentwurf für diese Änderung wurde heute nun auch endlich vom Bundeskabinett verabschiedet. Das neue Bürgergeld soll jetzt also zum 01. Januar 2023 das bisherige Hartz-IV ablösen und im Grunde eine deutliche Verbesserung für alle betroffenen Personen darstellen. Die Kosten dafür tragen in 2023 dann rund 4,8 Milliarden Euro, deren Zahlungen hauptsächlich aus dem Bundeshaushalt stammen.

Mit der Einführung des Bürgergelds sollen die Regelsätze der Grundsicherung nämlich deutlich steigen. Alleinstehende erhalten pro Monat dann 502 Euro anstelle der bisherigen 449 Euro und Jugendliche werden mit 420 Euro versorgt. Des Weiteren dazu sieht der Gesetzentwurf weitere Erhöhungen für eine andere Reihe von Gruppen vor. Dazu gehören unter anderem volljährige Partner und Kinder in verschiedenen Altersgruppen. Zusätzliche Vorteile sind die Übernahme von Wohnkosten in den ersten zwei Jahren und kein Eingriff auf die Ersparnisse einer Person bis zu 60.000 Euro.

Ansonsten steht recht eindeutig im Fokus der Regierung, dass man den Druck auf Arbeitssuchende etwas reduzieren möchte. Aktuell ist das Jobcenter an eine Reihe von Anforderungen und Sanktionen gebunden, die es Arbeitssuchenden oft schwer machen, eine wünschenswerte oder passende Stelle zu finden. Das Bürgergeld soll mehr Rücksicht auf die hilfsbedürftigen Personen und ihre jeweiligen Umstände nehmen.

„Mit der Einführung des Bürgergelds setzen wir ein starkes Signal für Sicherheit und Respekt“ Bundesarbeitsminister Hubertus Heil

Wie es bei solchen Entscheidungen natürlich immer der Fall ist, gibt es schon jetzt heftige Kritik an dem geplanten Bürgergeld. Einer der Kritiker ist der Zentralverband des Deutschen Handwerks. Für diese Organisation ist das Bürgergeld kein guter Weg, weil es die Menschen nicht für die Suche nach einer Arbeit motiviert. Laut dem als Präsidenten der Gruppe fungierenden Hans Peter Wollseifer würden Menschen sich keine Arbeitsstelle mehr suchen, wenn sie durch das Bürgergeld beinahe genauso viel Geld bekommen. Zusätzlich dazu sieht er den Wegfall der Sanktionen als einen weiteren Punkt zum Untergraben der Motivation.

„Viele fragen sich, warum soll ich morgens um 7 Uhr schon arbeiten, wenn derjenige, der das Bürgergeld bezieht, fast das Gleiche bekommt“ Hans Peter Wollseifer

Bundesarbeitsminister Heil verteidigt sich aktuell heftig gegen diese Kritik und die Beschwerden der Kritiker. Was die Erhöhung der Gelder und die fehlende Motivation betrifft, so verwies der Politiker auf die kommende Steigerung des Mindestlohns. Zusätzlich dazu können auch Geringverdiener ein Wohngeld beantragen und das Bürgergeld soll die Menschen für die Suche nach Arbeit belohnen. Es bleibt abzuwarten, ob diese Einschätzung der Sache korrekt ist und wie sich die Sache bis zum Januar 2023 entwickelt.

Meiner Meinung nach ist die Kritik stellenweise berechtigt. Wenn es für die Arbeitslosigkeit genauso viel Geld wie für die Arbeit gibt, dann werden einige Menschen diesen Umstand natürlich ausnutzen. Solche Leute gibt es aber immer und das ist kein Grund, die Hilfesuchenden nicht ausreichend zu unterstützen. Die beste Lösung ist das meiner Meinung nach das für die Arbeit gezahlte Geld zu steigern. Dadurch hat man mehr Motivation in der Arbeitslosigkeit und die Geringverdiener stehen plötzlich besser dar. Ein erhöhter Mindestlohn liegt genau auf diesem Weg.


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11 KOMMENTARE

  1. Ich bin tendentiell gegen das neue Bürgergeld; eine abschließende Meinung habe ich mir noch nicht gebildet. Ganz allgemein: Vermutlich hat Hartz 4 dafür gesorgt, dass der Sozialladen nicht schon längst implodiert ist. Und dabei konnte Schröder nicht ahnen, dass seine Nachfolgerin Jahre später den Sozialladen für die ganze Welt öffnen würde.

    Oberstes Prinzip muss sein: Versorge dich selber, der Staat soll nur im Notfall dein Überleben sichern. Die berühmte „soziale Hängematte“ muss derart unbequem sein, dass keiner gerne drinliegt. Da war man mit Hartz schon auf einem guten Weg, das Bürgergeld scheint dagegen eher der erste Schritt zu einem bedingungslosen Grundeinkommen zu sein.

    Insbesondere darf eine Sozialleistung nicht so hoch sein, dass sie mit einem Arbeitseinkommen vergleichbar wird. Hier geraten wir allerdings in ein Dilemma, denn der Abstand wird immer kleiner. Allerdings sollte hier hauptsächlich an der oberen Stellschraube gedreht werden: Es kann nicht sein, dass Arbeit so billig ist, dass eine Vollzeitstelle kaum zur Grundsicherung reicht. Wir können einerseits einen Mindestlohn festsetzen, wir könnten aber auch aufhören, der arbeitenden Bevölkerung derart tief in die Tasche zu greifen, dass in der Summe nur jeder zweite verdiente Euro überhaupt vom Bürger konsumiert werden kann. Anstatt immer mehr Steuern einzunehmen und damit immer mehr Sozialleistungen zu verteilen, sollte die Sache verschlankt und die Eigenverantwortung gefördert werden.

    Gut, die ganzen Betrachtungen halte ich für sowieso theoretisch, weil ich der Überzeugung bin, dass uns der ganze Laden im Winter ohnehin um die Ohren fliegt. Die Leute werden zu Millionen ihre Heizkosten nicht mehr bezahlen können, die Lebensmittelpreise werden ihnen davonlaufen – wenn die gerechnete Inflation bereits bei 9% liegt, dann dürfte die reale Inflation eher im Bereich von 27% liegen – und zu allem Überfluss wird es im besten Fall Stromabschaltungen, im schlechtesten Fall einen Blackout geben. Die Industrie wird verrecken und weitere Millionen „Bürgergeld“-Aspiranten auf die Straße schwemmen. Wir sind absolut im Endgame angekommen, und ich bin gespannt, was nächstes Jahr von unser Gesellschaft noch übrig ist; ein funktionierendes Sozialsystem wird es jedenfalls nicht sein.

  2. Rund 1/4 arbeitet schon, verdient nur trotzdem so wenig, dass sie zusätzlich HartzIV beantragen müssen. Immer diese Unterstellung von Faulheit.

    Klar gibt es Ausnahmen, aber die krasse Mehrheit will arbeiten und einem Sinn nachgehen.

  3. Dann sollte man den Niedriglöhnern vielleicht mal mehr zahlen.
    Und nicht die, die eh wenig haben gegeneinander ausspielen.
    Aber das ist ja auch das einzige was die Gewerkschaften und Arbeitgeber gut können. Das alte römische Spiel von Devide et impera. Teile und herrsche.

  4. Es ist ein leidiges Thema… Unsere Wirtschaft und Sozialsystem ist eigentlich darauf ausgelegt, das man arbeiten gehen „muss“. Sprich der Mindestlohn reicht eigentlich gerade so (wenn überhaupt, je nach Stadt/Gebiet reicht es sogar eigentlich nicht). Wenn man nun Leute im Unglück auffangen möchte, dann ist es fast notwendig, diese auf Mindestlohn ähnliches Niveau zu heben.
    Und dann fängt halt genau die Frage an… Warum soll ich mich 40h in der Woche abmühen um dann vielleicht 100EUR mehr zu bekommen, wenn ich den Tag auch chillen kann. Natürlich würde man sich selber sagen, ohne eine fixe Arbeit hab ich auch keine Aufstiegschancen um mehr zu bekommen. Aber das schaffen wie viele von 100 in der Situation? 0,1? oder weniger? Wo bekommt man denn den Mindestlohn? Gibt es da auch wirklich eine Aufstiegschance? Und auch da, für wie viele?
    Das Problem ist halt, es ist alles ans Geld gekoppelt. Wenn man andere Anreize schaffen könnte, damit man sich in die „Gesellschaft eingliedert“ – wie einen gewissen Wohnstandart, usw…
    Aber selbst dann hat man immer eine gewisse Schicht, die mit dem Minimum sich zufrieden zeigt.
    Und abschieben oder sterben kann man diese Leute halt auch nicht lassen, auch wenn Sie selber dagegen nicht viel von alleine dagegen tun.

    Und diejenigen, die halt doch abrutschen, sollen ja auch ihre Hilfe erhalten. Jedoch sollte auch hier der antrieb gegeben werden, dass der Zustand nicht Jahre andauert. Wie das passieren soll, das wäre eigentlich Job der Politik und jedes System das mir dazu einfällt, ist wohl nicht bis zum Ende durchdacht und muss auch durch keine Koalition *hust*.

  5. Gute Sache, freut mich. Allerdings jetzt wo die inflation so hoch ist sollte man den Betrag deutlich erhöhen noch. Zumindest bis es wieder besser wird. Sonst wird man sich von dem Geld eh kaum was kaufen können

  6. Wie soll das denn mit 5 Mrd funktionieren?
    Warmmiete ist je nach Lage 500-1000 Euro für 40 qm, evtl durch die Gaskrise eher noch mehr. Nehmen wir im Schnitt 750 Euro an.
    5 Mrd / 500+750 / 12 Monate sind rund 330000 Bürgergeldberechtigte die versorgt werden können.

  7. Bürgergeld bzw. Hartz-IV 2.0 weil mehr ist es nicht.
    Lächerliche 50€ mehr bei der Inflation zur Zeit ist das nix.
    An den Sanktionen hat sich auch nichts geändert. Wird dir ein lächerlicher Mindestlohn Job angeboten, dann muss man ihn annehmen wie auch schon bei Hartz-IV sonst droht eine Sanktionen von -30% wie auch schon bei Hartz-IV.

    Auch der neue Mindestlohn von 12€ ist einfach nur ein Witz und reicht zum leben und Private Rentenvorsorge hinten und vorne nichts aus.

    Das rumheulen vom Handwerk zeig wie wenig die Bezahlen wollen und wie viel die Firmen bei Aufträge einstecken und sich bereichern an ihren Angestellten Mindestlohnsklaven.

    Das das Handwerk daher einen „Fachkräftemange“ hat, braucht sich daher auch keiner Wunder, der Lohn reicht hinten und vorne nicht. Wer heute aus der Schule geht und so einen Beruf anfängt muss bis 70+ arbeiten und für eine Private Rentenvorsorge reicht der Lohn nicht aus. Die Altersarmut ist somit schonmal garantiert.

  8. Eine absolute Katastrophe das Ganze.

    Grüne und SPD werden es schaffen dieses Land völlig zu ruinieren.

    Im nächsten Jahr werden wir alle ca. 500-1000€ im Monat nur für Heizung und Strom bezahlen müssen bei einem 3-4 Personen Haushalt.

    Bei einer normalen Familie die zwei Vollzeitverdiener mit Median Einkommen hat, werden dann je nach Ortslage nach Miete, Nebenkosten und Lebenserhaltungskosten die Geldmittel erschöpft sein. Man steht dann also mit 0 Euro da, arbeitet aber 40 Stunden pro Woche.

    Der Bürgergeldempfänger steht am Ende vermutlich auch mit 0 Euro da, weil das Bürgergeld für die maßlos steigenden Lebensmittel draufgeht, aber der arbeitet dafür dann keine 40 Stunden in der Woche 🙂

    Mindestlohn ändert da nichts, denn die Mindestlohnempfänger werden sowieso alle aufhören müssen zu arbeiten oder in die Privatinsolvenz gehen müssen, denn das was 2023 für Strom und Heizung fällig wird, kann mit dem Mindestlohn garnichtmehr erwirtschaftet werden.

  9. Also ganz ehrlich. Ich bin nicht faul und gehe gerne arbeiten. Wenn ich allerdings garnichts (!) oder nur minimal (!), ka..vlt bis 200 euro, mehr verdienen würde als Bürgergeld??? Na klar, dan würde ich auch nicht arbeiten gehen, ist doch logisch. Es muss sich schon „verdient“ machen, als Arbeitender auch einen gewissen „Bonus“ zu haben.

    Zudem die meisten Leute ja dann noch etwas nebenher verdienen, genug Zeit ist ja da und volah…..mehr Geld teilweise dann als ein 40 Stunden Arbeiter.

  10. Das muss man sich mal durch den Kopf gehen lassen. Die Hauptkritik am Bürgergeld ist, dass die läppischen 500 Euro zu nah am Mindestlohn sind? Wirklich jetzt? Also sollen die Leibeigenen … pardon … Mindestlohnarbeiter schön weiter als abschreckendes Beispiel dienen. Kritik gibt es genug an dem System, aber dieses Strohmannargument widert mich einfach an.

  11. Heil und seine sozialistischen Genossen sind auf dem Ohr taub und beantworten jede Kritik mit affiger Polemik.
    Wenn wir im Bereich Ungelernte oder Niedriglohn, Hilfsjobs ect mal was suchen ist schonmal die Quote von vom Jobcenter angeschriebenen und tatsächlich ankommenden Bewerbungen ein Witz. Vollständige Bewerbungen sind dann nochmal unter 10%.
    Es ist nunmal so, das da viele nicht arbeiten wollen, egal was mancher Politiker da in seinem Ministersessel sagt.
    Schön das die nun alle mehr bekommen und es ihnen auch noch leichter gemacht wird, sich gar nicht für einer Arbeit zu interessieren.

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