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Nach den militärischen Rückschlägen könnte Russland weitere Gebiete der Ukraine annektieren. Putins Scheinreferenden markieren eine neue Eskalationsstufe. (Via)

In der vergangenen Woche konnte die Ukraine in ihrem Krieg mit Russland einige Siege erzielen und in Richtung Osten vorrücken. Dadurch hat das Land einige zuvor vom Feind kontrollierte Regionen zurückerobert und gleichzeitig sogar etwas Kriegsgerät von Russland erlangt. Als Reaktion auf diesen Vormarsch der Ukraine hat Russland in dieser Woche mehrere Maßnahmen getroffen.

Erst einmal wurden in dem Land am Montag einige neue Gesetze verhängt, die Strafen und Regulierungen für den Kriegsfall verschärfen. Dadurch kommen auf russische Bürger ziemlich lange Gefängnisstrafen zu, wenn sie Befehle verweigern, sich im Kampf ergeben oder sich vor der Musterung in die Armee drücken. Die Wortwahl der neuen Regeln ist dabei interessant, weil sie explizit den Krieg und den Kriegsfall erwähnen. Damit bereitete das Land sich recht eindeutig auf eine Verschlimmerung des Konflikts und einen Wechsel von einer reinen Übung zu einem tatsächlichen Krieg vor.

Zusätzlich dazu wurden im Verlauf des gestrigen Tages plötzlich Referenden in den selbsternannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk und den noch immer von Russland gehaltenen Gebieten Saporischschja und Cherson angesetzt. Diese Abstimmungen werden wohl schon ab Freitag beginnen. Dabei sollen diese Referenden scheinbar herausfinden, wie viele der dort lebenden Bürger sich Russland anschließen möchten und ob die Regionen sich dafür entscheiden sollten.

Selbstverständlich lassen sich diese geplanten Abstimmungen in keinster Weise ernst nehmen oder realistisch betrachten. Die Region befindet sich noch immer im Krieg und ein Großteil der dort lebenden Einwohner ist geflohen. Die Referenden sind also nur Scheinabstimmungen, die Russland eine Ausrede dafür liefern sollen, um die besetzten Gebiete komplett zu übernehmen. Damit könnte Russland dann auch die Verteidigung der Region und den Einsatz von noch schlimmeren Waffen auf eine durchaus verstörende Weise rechtfertigen.

Für die Welt zeigen diese kurzfristig angesetzten Abstimmungen und die Maßnahmen der russischen Regierung eigentlich nur, wie verzweifelt Russland im Moment ist. Scheinbar hat die Gegenoffensive der Ukraine den Angreifer durchaus überrascht und etwas Panik in diesem Lager verursacht. Anders lässt sich nicht erklären, warum man diese eindeutig nutzlosen Abstimmungen ausgerechnet jetzt veranstaltet. Zumindest die in den besetzten Gebieten vorhandenen Separatisten dürften auf diese Weise reagieren, weil die Ukraine sich ihnen immer weiter nähert und sie im Gegensatz zu den richtigen russischen Truppen nicht einfach fliegen können.

Wie es nicht anders zu erwarten ist, reagiert die Ukraine nicht unbedingt gut auf diese Abstimmungen. Laut dem Leiter des ukrainischen Präsidialamts kann man diese Bedrohung durch Russland nur mit Gewalt abwenden. Für die Ukraine sind die Referenden einfach nur eine Erpressung durch Russland, die durch die anhaltende Angst vor einer plötzlichen Niederlage in der Region getrieben wird.

Passend zu den Anpassungen an ihren verschärften Gesetzen hat Russland im Verlauf des Vormittags am 21. September den nächsten Schritt in dem Konflikt eingeleitet. Putin ordnete vor einigen Stunden wohl eine Teilmobilmachung der russischen Truppen an. Dafür sollen insgesamt 300.000 Reservisten eingezogen und für den Krieg bereitgemacht werden. Diese neuen Truppen werden laut Putin den gleichen Status und die gleiche Bezahlung wie normale Soldaten erhalten und es steht vor dem tatsächlichen Einsatz noch einmal eine weitere Schulung an.

Diese Truppen werden wohl einberufen, um russische Gebiete zu verteidigen und die in der Ukraine besetzten Gebiete zu erobern. In seiner Rede sprach Putin direkt über die anstehenden Abstimmungen und den Willen, die Ergebnisse dieser Volksumfragen mit allen Mitteln zu unterstützen. Das Ganze ist dabei dann natürlich nur ein Vorwand dafür, um Teile der Ukraine komplett zu erobern. Gleichzeitig schiebt Putin die Schuld aktuell mal wieder auf den Westen. Angeblich möchten die westlichen Länder keinen Frieden in der Ukraine sehen und sie arbeiten gezielt darauf hin, ganz Russland zu zerstören.

 


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6 KOMMENTARE

  1. Der Witz ist ja, dass gerade Putin jetzt „demokratische“ Wahlen abhalten will. Die meisten Ukrainer sind eh schon aus den seit 2014 besetzten Gebieten geflüchtet und dort leben jetzt nur noch russische Fürsprecher. Das Ergebnis der Wahl kann man leicht mit 96%-100% vorhersagen.

  2. Damit hat sich das Thema „Spezialoperation“ wohl erledigt, auch wenn es nicht viel Fantasie braucht, wie die weitere Propaganda-Entwicklung sein wird:
    1)Russland annektiert ganz demokratisch und auf Wunsch dieser „Länder“ die Seperatistenrepubliken.
    1.5)Möglicherweise wird die Spezialoperation damit sogar als beendet und Erfolg erklärt.
    2)Die Ukraine versucht weiterhin eine Rückeroberung.
    3)Putin erklärt, dass die Ukraine Russland den Krieg erklärt hat, weint vielleicht ein paar Tränen, dass die Spezialoperation doch nicht so geil gelaufen ist, und bestätigt, jetzt im Krieg zu sein…natürlich als Verteidiger. Und dementsprechend kann jetzt auch frei mobilisiert werden.
    4)Der Westen steckt hinter allem, böse NATO!

  3. 300.000 …..das ist mehr als Verdoppelung der jetzigen Kräfte. Schon heftig, somit geht die Kriegsspirale ein Schritt weiter!

    Die Bundesregierung kann auch schon mal Reservisten einziehen und Ausbilden. Weil….Jetzt fehlen nur noch die Mittelstreckenraketen der NATO an die Ukraine…… und dann geht es Richtig mit einem Einwegticket richtung WW3!

    • Jau…ooooder Russland zieht sich einfach auf sein Staatsgebiet zurück und gut ist? Niemand bedroht Russland, Russland ist der Aggressor, also kann auch nur Russland diese Spirale beenden.

    • Wie kommt es eigentlich, dass Putin 300.000 Reservisten einziehen muss, wo du uns letztens noch erzählt hast, dass die Ukraine eigentlich keine Fortschritte macht, weil sie soviele Verluste an der anderen Front hat?

    • Diese Teilmobilmachung ist weniger eine akute Lösung für die militärischen Probleme der Russen als das übliche übernehmen der rhetorischen Initiative. Ist eigentlich mal irgendjemandem aufgefallen das dir Russen immer gewisse propagandistische „Verteidigungslinien“ aufbauen hinter die Sie sich dann jedes mal mehr oder weniger erfolgreich zurückziehen.

      Als der Krieg ausbrach spielten sie die Atomkarte bereits ein erstes mal. Das Thema „Eskalation“ dominierte dann vor allem in Deutschland wochenlang die Medien. Als Ergebnis konnten die Russen verbuchen, dass die hiesigen Zauderer erfolgreich Hilfs Lieferungen blockierten. Zumindest für eine gewisse Zeit.
      Als die Atomdrohung langsam zum Kalten Kaffee wurde und sich abnutze, schwenkten die Russen auf Gas/Energiedrohungen um. Das Ergebnis: Nukleare Untergangsfantasien juckten so ziemlich niemanden mehr für Monate und die leidigen Debatten über Gasfüllstände und Nordstream 1 dominierten den Diskurs.

      Wenn die Russische Führung eines perfektioniert hat, dann ist es das provozieren gewünschter Reaktionen im Westen. Ich würde sogar sagen, dass Deutschland hier die Priorität hat, da derartiges gerade hier besonders auf fruchtbaren Boden trifft. German Angst gemischt mit einer, bis vor Kriegsausbruch, großen politischen Russlandlobby, dazu noch jahrelange Bearbeitung, von Teilen der Öffentlichkeit, durch RT Deutsch, Sputnik usw.

      Ich denke die beste Lösung für dieses Problem ist das konsequente Ignorieren dieser Drohgebärden. Sich überhaupt nicht auf eine politische Schlammschlacht einlassen. Der russischen Führung mitteilen, dass man Ihre Aussagen zur Kenntnis genommen hat und nun unbeeindruckt sine Agenda fortsetzen werde.

      Russlands militärische Kapazitäten sind begrenzt und ich wage zu bezweifeln, dass das überstrapazieren der ohnehin schon überlasteten Logistik wirklich den gewünschten Effekt bringt. Es sollte auch klar sein, dass diese Soldaten, wenn sie überhaupt ausgerüstet werden können, nicht nächste Woche an der Front stehen. Sollten Sie eine umfängliche Ausbildung erhalten wird das ganze sicher 6 Monate dauern. Sollte die Ausbildung auf wenige Wochen verkürzt werden kann man weniger von echten Soldaten als von Kanonenfutter sprechen.

      Ich kann mich irren aber Putins potemkinsche Reservisten werden eventuell schneller zu Putins politischem Sargnagel als es ihm lieb ist.

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