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Darf ein Kunde einen Händler auf ebay zugespitzt oder gar überzogen negativ bewerten? Dies hat der Bundesgerichtshof nun grundsätzlich entschieden – und dem Käufer weitreichende Rechte zugesprochen (via)

In dieser Woche hat der Bundesgerichtshof ein interessantes Urteil darüber gefällt, was für Bewertungen und Kommentare auf der Plattform Ebay und vermutlich auch ähnlichen Anbietern erlaubt sind. Das Ganze startete vor einiger Zeit mit einem Kunden, der vier Metallschellen kaufte und dafür 19,26 Euro inklusive 4,90 Euro an Versand zahlte. In seiner Bewertung schrieb er dann die Worte Ware gut. Versandkosten Wucher!!.

Der Händler stufte das Ganze als Beleidigung ein und wollte veranlassen, dass dieses Kommentar gelöscht wird. Als Grund dafür nannte er die allgemeinen Geschäftsbedingungen von Ebay. Diese Regeln schreiben nämlich vor, dass die Bewertungen von Nutzern alle sachlich gehalten sein müssen und sie keine Schmähkritik beinhalten dürfen. Um diese Forderung durchzusetzen, zog der Händler vor Gericht. Laut seiner Anwältin Brunhilde Ackermann ist die Kritik einfach unsachlich und man muss sich so etwas nicht gefallen lassen.

Weil der Begriff ‚Wucher‘ ein Geschäftsgebaren als unseriös, sogar als sittenwidrig bezeichnet. Und dies ist im hohen Grade abwertend.

In der Vorinstanz, dem Landgericht Weiden in der Oberpfalz, siegte der Händler sogar mit seiner Klage, weil der Richter der Meinung war, dass solche überspitzten Bewertungen einem Anbieter durchaus Schaden zufügen. Der Kunde legte daraufhin dann Revision beim Bundesgerichtshof ein und brachte das Ganze eine Ebene weiter nach oben. Seinem Anwalt Thomas Kofler zufolge sollten natürlich auch etwas überspitzte und übertriebene Kommentare auf Ebay erlaubt sein, wenn sie den richtigen Punkt vermitteln. Das Ganze entspricht unserem Recht auf freie Meinungsäußerung, welches natürlich auch im Netz gilt.

Ich bin der Auffassung, dass es nicht möglich ist, dieses Recht auf freie Meinungsäußerung, noch dazu im Rahmen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, einzuschränken. Solche Äußerungen, solche Rechtsbegriffe, darf man verwenden. Es geht nicht, dass man einen Kunden in irgendeiner Form daran hindert, dieses Grundrecht wahrzunehmen.

Der Bundesgerichtshof hat sich dieser Sache nun in dieser Woche angenommen und ein Urteil gefällt, welches zugunsten des Kunden ausfällt. Bei Bewertungen auf Ebay etc. greift laut dem Gericht erst einmal das Grundrecht auf Meinungsfreiheit, welches sehr weit reicht und viele Punkte abdeckt. Damit ist natürlich auch überzogene oder ungerechte Kritik jeglicher Art erlaubt, sofern sie nicht die Grenze zu Schmähkritik oder anderen problematischen Aussagen überschreitet. Schmähkritik liegt dann vor, wenn eine Aussage nur dazu dient, eine Person zu beleidigen und sie kein Teil einer sachlichen Auseinandersetzung ist.

In dem weiter oben beschriebenen Fall liegt keine Schmähkritik vor. Schließlich geht der Kunde mit seinen Aussagen nicht direkt gegen den Händler vor und seine Kritik bezieht sich nicht auf diese Person. Der Kunde beschreibt mit seiner Aussage recht eindeutig einen Teilbereich der Lieferung, der in diesem Fall auf den seiner Meinung nach zu hohen Kostenanteil der Lieferung betrifft. Das Ganze passiert zwar in einer scharfen und vielleicht auch übertriebenen Form, aber es ist keine Schmähkritik. Des Weiteren müssen Kunden ihre Bewertungen natürlich auch gar nicht begründen oder erklären. Dieses Recht haben sie laut dem BGH.

 Bei der Bewertung „Versandkosten Wucher!!“ steht eine Diffamierung der Klägerin nicht im Vordergrund. Denn der Beklagte setzt sich – wenn auch in scharfer und möglicherweise sogar überzogener Form – kritisch mit einem Teilbereich der Lieferung, nämlich dem Kostenanteil der Lieferung, auseinander.

Das Urteil des Bundesgerichtshofs ist auf jeden Fall interessant und es sollte für alle Nutzer von Ebay relevant sein. Sie haben das Recht darauf, harsche Kritik zu üben und sie müssen ihre Bewertungen nicht zwangsweise höflich formulieren, um mögliche negative Reaktionen zu vermeiden. Händler müssen sich auf Ebay selbst überzogene und zugespitzte Bewertungen gefallen lassen, wenn diese Aussagen auf das Produkt oder den Versand zutreffen und sachlich genug formuliert sind. Händler können nur gegen diese Kommentare vorgehen, sofern solche Aussagen unsachlich sind und es nur darum geht eine Person zu verletzten oder zu demütigen.

Ansonsten würde ich es irgendwie für unnötig halten, wegen eines Kommentars auf Ebay direkt vor Gericht zu ziehen. Aber ich neige auch dazu, solche Sachen nicht zu ernst zu nehmen. Ansonsten hätten wir ohne solche Situationen keine Urteile dieser Art, die genau festlegen, was für Regeln den nun gelten.


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4 KOMMENTARE

  1. Ich bin eher überrascht das jemand von Seriosität labert und wegen spezifisch dieser Kritik vor Gericht gezogen ist. Welch Ironie.
    Noch schlimmer ist das man auch erstmal Recht bekommen hat.

  2. Ich sehe die subjektiven Bewertungsmöglichkeiten im Internet – sei es Google, Ebay oder Amazon sehr kritisch:
    Auf der einen Seite ist es natürlich unser gutes Recht unsere Meinung zu äußern, absolut! Aber gefühlt neigen die Leute dazu aus absurden Gründen Dinge schlecht zu bewerten! Ich habe zum Beispiel einen besten Freund, der in einem kleinen Familien-Restaurant arbeitet. Diese sind natürlich auf relativ gute Bewertungen angewiesen und bekommen teilweise nur 1 Stern und dazu den Text :“Essen gut und kreativ, aber das Weinglas hatte Wasserflecken.“
    Sowas ist dann natürlich geschäftsschädigend: Ich gehe halt lieber in ein neues Restaurant, dass 4,8 Sterne hat, als eines, dass nur 3,9 erreicht.
    Genauso natürlich hier bei dem Ebay Verkäufer.

    Das Beispiel betrifft natürlich die kleinen Anbieter, die wirklich darunter leiden.

    Bei den größeren Anbietern auf Amazon finde ich es vollkommen in Ordnung hart ins Gericht zu gehen: Da lese ich mir lieber die negativ Rezensionen durch und wiege dann ab, ob sich ein Kauf trotzdem lohnt. Denn gerade bei den ganzen Schrottprodukten, die auf Amazon vertickt werden, finde ich es wichtig andere darauf hinzuweisen, wenn jemand billig Müll verkauft, um die Leute vor einer ähnlichen Enttäuschung zu warnen. Und ich glaube diesen Moment der Enttäuschung über ein sich als Müll erweisendes Produkt kennen wir alle.

    Spannendes Thema!

    • Wieso ist eine negative Kritik bei einem kleinen Unternehmen problematisch, bei einem großen nicht? Klar, dem kleineren schadet sie mehr, aber sollte die Kritik bzw. Bewertung nicht da sein um die Kunden zu schützen?
      Klar, wenn ich die Wahl habe und keines der fraglichen Restaurants kenne, gehe ich als Kunde lieber in das ohne Wasserflecken auf dem Weinglas. Es geht ja nicht nur um die Wasserflecken, es geht darum, dass ein Restaurant, was sich nicht die Mühe macht mal einen Blick durchs Weinglas zu werfen, ehe man es dem Kunden hinstellt, womöglich auch in anderen Bereichen schludrig ist.

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