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Mitten in der Nacht bricht der Staudamm Kachowka im Süden der Ukraine durch. Gewaltige Wassermassen überfluten Dutzende Orte. Haben die Russen die Anlage in die Luft gesprengt? Oder war es eine Sabotageaktion der Ukraine, wie der Kreml behauptet? (via)

In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch ereignete sich in der seit über einem Jahr von Russland attackierten Ukraine eine weitere Katastrophe. Zu diesem Zeitpunkt ist nämlich der in dem von Russland besetzten Gebiet im Süden der Ukraine vorhandene Kachowka-Staudamm zerstört worden. Dadurch ergossen sich gewaltige Wassermassen in das umliegende Gelände, die weite Strecke der Landschaft überfluteten und viele Menschenleben in Gefahr brachten.

Laut der Ukraine befinden sich durch diese Katastrophe rund 16.000 Einwohner in Gefahr. Im Verlauf des heutigen Tages wurden mehrere Dörfer komplett überflutet und in ca. 80 Orten besteht eine extreme Überschwemmungsgefahr. Die vor Ort vorhandenen Einsatzkräfte bemühen sich zumindest auf der ukrainischen Seite des Flusses Dnipro mit der Evakuierung von gefährdeten Menschen. Der russischen Regierung auf der anderen Seite des Flusses zufolge sieht man keine Notwendigkeit für solch eine Maßnahme.

Neben den Auswirkungen der Wassermassen hat das Ganze natürlich auch noch weitere negative Auswirkungen. Der Stausee versorgte mehrere Kraftwerke wie beispielsweise das AKW Saporischschja mit Wasser für die Kühlung. Zusätzlich dazu beziehen mehrere Städte in der Region und die von Russland annektierte Halbinsel Krim ihr Süßwasser aus dem Kachowka-Stausee und ca. 200.000 Hektar Ackerland werden damit bewässert. Die Zerstörung des Damms dürfte diese Punkte in Zukunft ordentlich stören und negativ beeinflussen.

Bei solch einer Katastrophe fragen sich natürlich viele Menschen auf der ganzen Welt, was genau passiert ist. Schließlich muss es einen Grund dafür geben, dass der Kachowka-Staudamm plötzlich zerstört wurde und seine Wassermassen in das umgebende Gelände ergoss. Zum aktuellen Zeitpunkt gibt es in der Sache zwar viele Theorien, aber bisher konnte wohl noch niemand eindeutige Beweise vorlegen.

Russland macht für die Zerstörung des Staudamms eindeutig die Ukraine verantwortlich. Laut Gouverneur Wladimir Saldo hat die Ukraine den Damm gesprengt, um von ihrem Scheitern bei einer Gegenoffensive im Ostenm abzulenken. Die Regierung der Ukraine macht natürlich Russland für die Katastrophe verantwortlich. Die Regierung in Kiew geht davon aus, dass die russischen Truppen den Damm absichtlich gesprengt haben, um den Vormarsch der Ukraine zu bremsen und Menschenleben zu gefähren. Sie stufte das Ganze als einen Akt des Terrors und ein Kriegsverbrechen ein.

Beide Parteien hätten den Damm absichtlich zerstören können. Allerdings befand sich Russland in einer deutlich besseren Position dafür. Das Land kontrollierte die Region rund um den Damm, sie hatten bereits Minen vor Ort angebracht und die Wassermassen wirken sich weniger schlimm auf ihre Seite des Wassers aus. Die Ukraine hätte dafür in besetzte Gebiete vorrücken müssen und ihre Artillerie dürfte nicht ausreichen, um solch einen Damm unbemerkt zu zerstören. Das Land hätte dafür einen Mehrfachraketenwerfer aus den USA verwenden müssen, der ihnen scheinbar noch immer zur Verfügung steht. Trotzdem wäre das Ganze ein extremes Risiko gewesen.

Die dritte aktuell untersuchte Option in dieser Sache ist eine Zerstörung des Staudamms durch schlechte Wartung und zuvor verursachte Schäden. Laut US-Journalist Geoff Brumfliel hat sich Russland möglicherweise nicht ausreichen stark um den Damm und die vor Ort vorhandene Technik gekümmert. Der Ort wurde bereits im vergangenen Herbst durch Konflikte geschädigt und einige Zeit später zerstörte Russland einige Bereiche der Laufbahn über dem Damm. Vor einigen Tagen sind Teile der Laufbahn wohl bereits weggespült worden, was für strukturelle Probleme mit dem Damm spricht.

Laut einem Bericht der US-Regierung ist Russland für die Sprengung des Damms verantwortlich. Dabei beruft das Land sich auf angebliche Geheimdienstinformationen, die darauf hindeuten, dass Russland den Kachowka-Staudamm gesprengt hat. Diese Information wurde von NBC-News verbreitet und der Sender beruft sich dabei auf zwei US-Beamte und einen nicht näher genannten westlichen Beamten. Angeblich arbeitet die US-Regierung derzeit bereits daran, die entsprechenden Dokumente freizugeben. Im Moment gibt es aber keine Beweise für die Behauptung.

Trotz einer gewissen Unsicherheit gehen die meisten Menschen aktuell davon aus, dass Russland für die Schäden am Damm zuständig ist. Die Ukraine hatte sich gerade zu einer erfolgreichen Gegenoffensive aufgerafft und diese neue Katastrophe unterbindet diese Pläne recht eindeutig. Die Truppen sind aktuell mit der Evakuierung von Menschen beschäftigt, was sie aus direkten Konflikten heraushält. Zusätzlich dazu dürfte der erhöhte Wasserstand im Fluss dafür sorgen, dass sich dort erst einmal kein Kriegsgerät mehr auf die andere Flussseite bringen lässt. Russland profitiert von diesem „Unfall“ deutlich stärker als die Ukraine. Ansonsten würde solch eine dreckige Taktik laut vielen Menschen auch einfach gut zu der russischen Vorgehensweise passen.

Ich persönlich halte es durchaus für realistisch, dass Russland hinter dieser Sache steckt. Dem Land traue ich derzeit jede Übeltat zu und die USA scheint sich ihrer Sache sicher zu sein. Für die Ukraine ist dieser „Unfall“ natürlich eine schreckliche Sache. Das Land befindet sich seit über einem Jahr im Krieg und jetzt kommt auf noch eine Flutkatastrophe dazu. Die Menschen dort müssen sich so langsam ziemlich von Glück im Stich gelassen fühlen.


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8 KOMMENTARE

  1. Militärisch spielt das ganze den Russen schon in die Karten. Der Fluss bildet ja nun seit Monaten die natürliche Frontlinie der Provinz Cherson. Das die Ukrainer auf Lange sich das Ziel haben, mit Offensivoperationen den Fluss zu überqueren und nach Süden vorzustoßen ist auch bekannt.
    Dafür wurden ukrainische Pionieren im Westen ausgebildet, wie man provisorische Brücken errichtet, es wurden amphibische Fahrzeuge und Boote beschafft usw.

    Das die Ukraine jetzt den großen Sturm über den Dnepr plante, davon gehe ich nicht aus. Aber das vorrücken Ukrainischer Einheiten auf Inseln im Flussdelta und dem umliegenden Marschland deutet darauf hin, dass sie dieses Gebiet zumindest nutzen möchten um die russischen Streitkräfte zu binden oder die Gegnerische Logistik zu überfordern.

    Besagte, in den letzten Monaten eroberte Inseln, mussten nun aufgrund der Überschwemmungen wohl aufgegeben werden.
    Das übrigens auch einige russische Einheiten am Südufer des Flusses überrascht wurden und nun zum Rückzug gezwungen sind halte ich für keinen Beweis gegen die Ukraine.

    Der russichen Führung sind die eigenen Soldaten vollkommen egal. Kann gut sein, dass die sich gesagt haben, wenn ein paar unserer Leute mit absaufen siehts glaubwürdiger aus.
    Auch sehr interessant, dass das ganze zeitlich perfekt zum scheinbaren beginn der ukrainischen Offensive passt.
    Da gab es ja in den letzten Tage mehrere Gefechte in Donezk sowie in Gebiet Saporischschja.
    Wobei Experten davon Ausgehene, dass es sich dabei noch sogenannte „Shaping operations“ handelt. Vorbereitung/ Bindungs- oder Ablenkungsangriffe.

    Auch die Meldung des russischen Verteidigungsministeriums, dass die Ukraine von einer zurückgeschlagenen Offensive in Donezk ablenken möchte, ist doch sehr unglaubwürdig.
    Da gab es ja in den letzten Tage von russischer Seite die Meldung, man habe bis zu 140 ukrainische Fahrzeuge vernichtet ( Darunter 8 Leopard 2) und bis zu 1500 Soldaten.

    Das Problem ist, dass die Russchen mit Ihren grotesken Lügen auch immer so dermaßen übertreiben müssen, dass sie sich selber jegliche Glaubwürdigkeit nehmen. Das die Ukraine binnen weniger Stunden derartige Verluste einfährt ist nahezu ausgeschlossen. Offensivoperationen von dieser große dauern meist Tage bis die wirkliche Lage und der Erfolg / Misserfolg überhaupt zu bewerten ist, und nicht 5 stunden. Wagner Chef Prigoschin ( der leider selber auch viel Unsinn erzählt ) stellte die russischen Behauptungen ebenfalls als falsch da.

    Den Russen scheint wohl momentan der Arsch so richtig auf Grundeis zu gehen. Sollten Sie hinter der Sprengung stecken wäre das übrigens auch eines der größten Kriegsverbrechen die wir seit Jahren gesehen habe, das international einer Antwort bedarf.

  2. Da Russland den Damm hat relativ voll laufen lassen 17 m anstatt 15 m hat wohl der Wasserdruck und die mangelnde Wartung, dazu geführt das der Damm eingestürzt ist.

  3. Mit großer wahrscheinlichkeit war es Russland. Durch die Überflutung müssen sie die kommenden Wochen mehrere hundert km nahezu gar nicht mehr bewachen, weil dort alles unter Wasser steht und die Ukraine nichts machen wird.

    Außerdem stand der Damm in von Russland besetztem Gebiet. Wie soll da jemand anderes unmengen an Sprengstoff zum einsatz gebracht haben? Raketen haben kaum genug Sprengkraft, es hätte davon so einige gebraucht, um so einen großen Schaden anzurichten. Außerdem wären die auf den Überwachungskameras zu sehen. Und ins Gebäude bekämen wohl nur die Russen so viel Sprengstoff.

    Die Begründung von Russland, wieso die Ukraine es gewesen sein soll, ist auch so ultra dämlich. „Um von der gescheiterten Gegenoffensive abzulenken“. Eher ein weiteres Motiv von Russland, um von von ihrem Scheitern auf ganzer Linie abzulenken.

    Es widert einfach nur noch an. Da wünscht man sich, es gäbe doch so etwas wie die Hölle.

  4. Sprengung für Russland macht nur sinn wenn die Ukraine zwischen Damm und Cherson eine Amphibische-Anlandung über den Flussdelta gemacht hätten, was nur ein relativ kleiner abschnitt ist.

    die interessantesten abschnitte für eine Offensive liegen viel weiter im Osten ab Saporischschja bis Donezk.

    die Überschwemmung hat für das Südufer größeren schaden als für den Nördlichen, da dass Nördliche überwiegend höher liegt. auf GoogleMaps auch gut zu erkennen.

    Der Damm war schon beschädigt durch Ukrainischen Beschuss 2022.
    laut berichten gab es ein großen Knall… deswegen das der Damm von sich aus nachgegeben hat ist unwahrscheinlich.

    Ukraine Vorteile für die Sprengung:
    -Russische Stellungen liegen Niedriger.
    -Krim Wasser zufuhr unterbrochen/gestört
    -Ablenkung A) damit die Russen sich dort neu organisieren müssen und wo anders zuschlagen.
    -Ablenkung B) nach dem Hochwasser eine große Amphibische Operation durchzuführen da die Russischen Verteidigungsstellungen und Minenfelder weggespült wurden. (Unwahrscheinlich da sehr Schwer durchzuführen)
    -noch mehr Aufmerksamkeit zu generieren, für mehr Hilfe des Westen und Sanktionen gegen Russland oder Anerkennung als Terroristenstaat usw.

    Vorteile Russland:
    -……kein Vorteil

    • Die Verkürzung des möglichen Angriffsbereichs um 90 Km während die Anzeichen recht eindeutig auf ein baldiges Starten eines größeren Ukrainischen Angriffs hindeuten ist kein Vorteil für Russland ?
      Auch das Wegspülen von Minenfeldern funktioniert nicht annähernd so einfach.
      Viele Typen von Antipersonen / Antifahrzeugminen sind wasserdicht und sogar dazu geeignet in niedrigem Wasser eingesetzt zu werden.

    • Vorteile Russland:
      -……kein Vorteil

      Nur das schweres Gerät wie Leopard Panzer in dem Bereich nun nicht eingesetzt werden können, die schon vor Wochen noch Probleme mit Schlamm hatten, da sie schwerer sind als russische Panzer. Zudem wird nun massig ukrainisches Personal zwecks Evakuierung und Versorgung gebunden. Russland ist eben sehr verzweifelt, da sie militärisch nichts mehr erreichen können und statt dessen zivile Ziele mit Raketen und Drohnen beschießen und nun auch die Gebiete fluten.

      • p.s. Seit gestern feuert Russland mit Artillerie in die überflutete Gebiete, was die Rettung ein bisschen erschwert. Russland ist das Leben der Menschen dort einen Dreck wert.

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