{"id":11334,"date":"2012-02-03T22:05:08","date_gmt":"2012-02-03T21:05:08","guid":{"rendered":"http:\/\/stevinho.justnetwork.eu\/?p=11334"},"modified":"2013-08-24T15:20:13","modified_gmt":"2013-08-24T13:20:13","slug":"leuchtturm-der-verrat-meines-autos","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/stevinho.justnetwork.eu\/2012\/02\/03\/leuchtturm-der-verrat-meines-autos\/","title":{"rendered":"Leuchtturm: Ein perfekter Morgen"},"content":{"rendered":"
Wie an jedem Freitag Morgen klingelt mein Wecker um kurz nach sechs und rei\u00dft mich aus einem tiefen und zufriedenen Schlaf. Im Prinzip ist es wie immer: Ich mache den Wecker aus, richte mich auf und denke ernsthaft dar\u00fcber nach, krank zu sein. Fr\u00fcher hat das mit dem selbst-bel\u00fcgen irgendwie besser geklappt. „Ich kann mich einfach nicht mehr selbst verarschen“, denke ich und stehe auf. Ebenfalls wie immer, blockiert die Frau das Bad. Ich h\u00f6re sie in der Badewanne vor sich hinschnarchen, spreche einige leise Fl\u00fcche vor mich und gebe mich mit dem G\u00e4ste-WC zufrieden. Anschlie\u00dfend erwische ich mich dabei, dass ich massiv tr\u00f6dele, was meiner pers\u00f6nlichen Analyse nach daran liegt, dass ich gerade aus dem Fenster geschaut habe. Es hat in der Nacht mal wieder geschneit und nach meiner Sch\u00e4tzung sind es aktuell minus 20 Grad drau\u00dfen. Bin ich noch im Halbschlaf, oder lese ich da in Tiffanys Handschrift „Kr\u00f6mer, Dich krieg ich noch“ in den Schnee geschrieben?<\/p>\n
Ich packe mich warm ein, ziehe mir meine dicken Winter-Boots an und eile zu meinem Auto. Dabei f\u00e4llt mir mal wieder auf, dass die Gehwege aller anderen Reihenh\u00e4user in unserer Stra\u00dfe bereits freigeschaufelt sind – und das um kurz nach sieben. Ich startet meinen geliebten 3er BMW und freue mich, dass er ohne Probleme anspringt. Ein Gro\u00dfteil meiner Kollegen kam gestern zu sp\u00e4t zum Unterricht, da ihre Autos erst nach kurzer Aufw\u00e4rmphase ansprangen. Amateure, tse! <\/p>\n
Ich fahre gem\u00fctlich auf der B75, unserer sch\u00f6nen Landstra\u00dfe, in Richtung Arbeit. Dabei singe ich, wie jeden Morgen, laut die Lieder meines Lieblings-Radiosenders Radio Bremen 4 mit. Ich \u00fcberhole nervige Omas, die ziemlich offensichtlich vom Land Niedersachsen als zus\u00e4tzliche Verkehrshindernisse engagiert wurden – ich meine, wohin sollen die denn sonst morgens um sieben mit 30 Km\/h unterwegs sein. Gerade als ich das Altersheim an der Landstra\u00dfe erreiche und mich nach Opa Rolf umschauen will, fangen pl\u00f6tzlich alle Warnlichter in meinem Auto an zu blinken. Mein erster Gedanke ist: „Geil, Space-Invaders“. Leider scheint mein Auto das Spiel nicht so toll zu finden und geht einfach mal w\u00e4hrend der Fahrt komplett aus. Gerade so lenke ich die Kiste mit dem letzten bisschen Schwung auf den Geh-\/Fahrradweg. In den paar Sekunden vor meinem innerlichen Zusammenbruch, klopfe ich mir selbst auf die Schulter, da ich das Auto trotz des Verlustes der Servolenkung und jeglicher technischer Hilfsmittel brillant auf den Gehweg geparkt habe, und das ohne dabei dem Stra\u00dfengraben zu nah gekommen zu sein. <\/p>\n
In den kommenden zwei Minuten durchlaufe ich folgende Phasen: Hoffnung (ich drehe den Schl\u00fcssel wie geisteskrank immer wieder und versuche, die olle Kiste wieder zum Laufen zu bekommen); Panik (ich halte mir die Ohren zu und schreie lauthals); Pflichtbewusstsein (ich rufe in der Schule an und berichte, dass ich nicht p\u00fcnktlich kommen werde); Verzweiflung (ich beschimpfe w\u00fcst und lauthals mein Auto und verfalle nebenbei in leichte Weinkr\u00e4mpfe); Verdr\u00e4ngung (ich rufe meine Freundin an und will mir ihr \u00fcbers Abendessen reden – sie legt einfach auf!); Kampfgeist (ich verlasse meine Auto und latsche los).<\/p>\n
Der perfekte Start in den Tag: Ich stapfe morgens um halb acht bei Rekordk\u00e4lte durch den Schnee – unn\u00f6tig zu erw\u00e4hnen, dass erneut ein starker Schneefall eingesetzt hat. Gl\u00fccklicherweise habe ich mich warm angezogen. Ich latsche am Altersheim vorbei, dr\u00fccke kurz meine Nase an die Scheibe und schaue Opa Rolf sehns\u00fcchtig beim Fr\u00fchst\u00fcck zu. Anschlie\u00dfend laufe ich weiter und komme ca. zwanzig Minuten sp\u00e4ter v\u00f6llig durchgefroren bei der \u00f6rtlichen Werkstatt an. Der Vorteil, wenn man auf dem Land wohnt, ist eindeutig der wesentlich nettere Umgang miteinander. Der Chef der Werkstadt h\u00f6rt sich meine Geschichte an, unterst\u00fctzt meinen Frust mit einigen „Oooohs“ und „neeeeees“ und verspricht mir schlie\u00dflich, meine Kiste umgehend abzuschleppen. Er bringt mich sogar zur Schule, wo mich meine besorgten Kollege unter Tr\u00e4nen willkommen hei\u00dfen. Sie haben mir tats\u00e4chlich einen Tee zubereitet, und die geile neue, blonde Referendarin wartet mit einer Decke auf mich…<\/p>\n
Wen verarsche ich hier eigentlich? Es wartet niemand auf mich, und als ich meinen Kollegen von dem Vorfall berichte, lachen sie mich aus: „Haha Kr\u00f6mer, das haste jetzt davon, dass Du Dich immer \u00fcber unsere Autos lustig machst“, gr\u00f6lt mir Christian entgegen. Irgendwie hat er Recht, das geht so nicht. MEIN Auto darf nicht versagen. MEIN Auto muss so sein wie ich – stark, zuverl\u00e4ssig und immer vorne. Und all diese Attribute passen nicht mehr zu meinem alten BMW. Die verdammte Kiste war in diesem Jahr mehr in der Werkstatt, als unter meinem Hintern. Ich hab die Schnauze voll, ich kauf mir ein neues Auto. <\/p>\n
Aber ich habe schon eine gute Inschrift f\u00fcr seinen Grabstein: „Nachdem mein alter, treuer BMW an diesem Freitag-Morgen ein weiteres Mal versagt hat, wird es wohl Zeit, die gro\u00dfe Tafel mit seiner Nummer hochzuhalten und ihn vom Spielfeld zu nehmen. Kopf hoch Junge, irgendwann muss jeder mal gehen!“<\/p>\n
Mehr kann ich nicht mehr f\u00fcr ihn tun!<\/p>\n
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