{"id":2018,"date":"2009-06-04T19:41:59","date_gmt":"2009-06-04T17:41:59","guid":{"rendered":"http:\/\/stevinho.justnetwork.eu\/?p=2018"},"modified":"2009-06-04T19:41:59","modified_gmt":"2009-06-04T17:41:59","slug":"thema-nachhilfe","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/stevinho.justnetwork.eu\/2009\/06\/04\/thema-nachhilfe\/","title":{"rendered":"Thema Nachhilfe"},"content":{"rendered":"
Einen wirklich spannenden Diskussionsansatz hat mir heute Community-Mitglied Alek<\/strong> geschickt. Lest einfach mal rein:<\/p>\n Da du gerade dabei bist, soziale Mi\u00dfst\u00e4nde und kommerzielle Ausbeutung anzuprangern, h\u00e4tte ich eine kleine Frage an dich und wom\u00f6glich ebenfalls an die Community:<\/p>\n Es geht ums Thema Nachhilfe als neuer „Neuer Markt“ und dessen exploitation durch gro\u00dfe „Massensch\u00fclerhaltung“. Ich selbst habe bis vor kurzem f\u00fcr eine Organisation gearbeitet, die sich selbst als Experte f\u00fcr Nachhilfe tituliert und eine intensive Betreuung mit garantierter, merklicher Leistungssteigerung des Sch\u00fclers verspricht. Nachgeholfen wurde dann in Gruppen, die mit bis zu f\u00fcnf Sch\u00fclern angef\u00fcllt waren und sich in den meisten F\u00e4llen durch extreme Heterogenit\u00e4t der Klassenstufe, des Leistungsniveaus und der spezifischen Fachanforderungen auszeichneten. Mir pers\u00f6nlich ist der Extremfall untergekommen, dass in einer Stunde (eigentlich einer anderthalben) f\u00fcnf Sch\u00fcler\/innen aus f\u00fcnf verschieden Klassenstufen in f\u00fcnf verschieden F\u00e4chern Nachhilfe erteilt werden sollte. Wenn man nun von den sich st\u00e4ndig ereignenden Schwangung im Bereich der Motivation abstrahiert und die optimalsten Bedingungen f\u00fcr die geleistete Nachhilfe annimmt, die man sich vorstellen kann, so l\u00e4sst sich doch nicht \u00fcber das mathematische Faktum hinwegsehen, dass dem Nachhelfenden nur 18 Minuten pro Sch\u00fcler verbleiben (90 min : 5 Sch\u00fcler), wenn er jedem einzelnen das gleiche Ma\u00df an Aufmerksamkeit angedeihen lassen m\u00f6chte.\u00a0 Und f\u00fcr eine solche Durchschnittszeit zahlen die Eltern dann 15 Euro. Zudem mussten sie bei der Anmeldung ihres Kindes einen Vertrag unterzeichnen, der eine obligatorische Grundzeitspanne der Nachhilfe voraussetzte, nur mit einer zwei monatigen Frist k\u00fcndbar ist und sich bei verstreichen der Rahmenfristen automatisch um einen weiteren Monat verl\u00e4ngert. Durch Krankheit oder unverschuldetes Fernbleiben vers\u00e4umte Stunden wurde finanziell nicht erstattet, sondern im Stile von „Warengutscheinen“ kompensiert, sprich mit einer kostenlosen Stunde ausgeglichen. Wenn keine hinreichenden Gr\u00fcnde f\u00fcr ein Vers\u00e4umnis glaubhaft gemacht werden konnten, gab es noch nicht mal diese.<\/p>\n Was stand diesen Umst\u00e4nden nun an geschulter Qualit\u00e4t gegen\u00fcber? Ich muss an dieser Stelle vorausschicken, dass ich zwar Akademiker bin, jedoch nicht auf Lehramt studiert habe. In einem l\u00e4cherlichen Vorstellungsgespr\u00e4ch betonte ich diese Tatsache und verwies ebenfalls auf meine limitierte Fachkompetenz in einigen F\u00e4chern und meine mangelnde p\u00e4dagogische Bildung. Mit einem L\u00e4cheln, einigen Frasen und einem halbherzigen Blick in jene Unterlagen, die ich zur Unterst\u00fctzung meiner Bewerbung mitgebracht hatte, wurden diese Dinge jedoch schnell abgetan und mir wurde versichert, dass ich mit meinem derzeitigen F\u00e4higkeitsniveau eher die Regel als die Ausnahme auf dem Nachhilfemarkt darstellen w\u00fcrde und man mich nicht einstellen w\u00fcrde, wenn man auch nur den leisesten Hauch eines Zweifels bes\u00e4\u00dfe. Ein 15 min\u00fctiges Gespr\u00e4che, welches durch st\u00e4ndige Anrufe, bestimmte acht Mal unterbrochen wurde und welches zu 3\/4 nur durch Fragen meinerseits bestritten wurde, gen\u00fcgt also um einem Menschen die Kompetenz und seine F\u00e4higkeit mit Kindern umgehen zu k\u00f6nnen, anzusehen. Eine Woche sp\u00e4ter unterzeichnete ich einen Vertrag, der in einigen Punkten gegen geltendes Arbeitsrecht verstie\u00df und auch sonst einen eher befremdlichen Eindruck erweckte.<\/p>\n Wenig sp\u00e4ter wurde ich dann auf die Sch\u00fcler losgelassen; Die ersten paar Stunden unterrichtete ich, wie abgesprochen, in jenen F\u00e4cher, in denen ich mich im Stande sah, Sch\u00fcler weiter zu bringen: dies waren Naturwissenschaften (hierzu z\u00e4hle ich, wie Kant, Mathematik nicht) und besonders Englisch (hier sah ich mein gr\u00f6sstes Kompetenzpotential). Nach all diesem langen Vorgepl\u00e4nkel nun meine Frage: <\/em>„Initiative comes to thems that wait.“<\/p>\n Danke f\u00fcr deine Zeit.<\/p><\/blockquote>\n Mir als Lehrer war \u00fcberhaupt nicht bewusst, dass sich dieser Bereich mitterweile auch schon in „Callcenter-Zust\u00e4nden“ befindet. Hat jemand da drau\u00dfen bereits \u00e4hnliche Erfahrungen gemacht, wie Alek<\/strong>?<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":" Einen wirklich spannenden Diskussionsansatz hat mir heute Community-Mitglied Alek geschickt. Lest einfach mal rein: Da du gerade dabei bist, soziale Mi\u00dfst\u00e4nde und kommerzielle Ausbeutung anzuprangern, h\u00e4tte ich eine kleine Frage an dich und wom\u00f6glich ebenfalls an die Community: Es geht ums Thema Nachhilfe als neuer „Neuer Markt“ und dessen exploitation durch gro\u00dfe „Massensch\u00fclerhaltung“. 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\nAls sich jedoch L\u00f6cher in der Personalversorgung auftaten, wurde mir angetragen, mich auch in Bereich dienlich zu machen, in denen ich mir selbst keine \u00fcbersteigerte Kompetenz zugestand. Auch dies, so f\u00fcrchte ich, ist ebenfalls eine g\u00e4ngige Praxis. Dies schlie\u00dfe ich daraus, dass ich h\u00e4ufiger gefragt wurde, ob ich nicht „irgendwelche“ Kommolitonen kennen w\u00fcrde, die ebenfalls Nachhife geben wollen. Im Laufe meiner halbj\u00e4hrigen Gelegenheitst\u00e4tigkeit bei der in Rede stehenden Organisation, bekam ich mehr und mehr den Eindruck, dass eher der monetarisch Aspekt eine prim\u00e4re Rolle einnahme, als die redliche Bestrebung hilfesuchenden Jugendlichen einen besseren Start in ihre Zukunft zu erm\u00f6glichen.Dies wurde mir umso bewusste, als mir gut gemeinte Hinweise gegeben wurden, dass ich die „Sch\u00fcler“ bei Laune halten und meine Anforderungen an den von ihnen zu leistenden Arbeitsbetrag senken sollte. Gerade im sprachlichen Bereiche ist es jedoch schwierig, ohne eine nachhaltige Besch\u00e4ftigung mit der zu erlernenden Sprache, wirkliche Verbesserungen zu erzielen.<\/p>\n
\nWie sind solche Organisationen, wie etwa der Studienkreis oder die Sch\u00fclerhilfe\u00a0 aus deiner p\u00e4dagogisch geschulten Sicht zu bewerten? Sind diese nur auf das Geld aus oder k\u00f6nnen sie wirkliche Hilfe leisten? Und was meinst du \u00fcberhaupt zum Nachhilfemarkt? Mir pers\u00f6nlich scheint es, als w\u00fcrde dort eine sehr finanztr\u00e4chtiges Dienstleistungssegment heranreifen. Vielleicht kennst du ja jemanden, der andere und bessere Erfahrungen gemacht hat, als ich.<\/p>\n