Folgenden spannenden Leserbrief erhielt ich in den letzten Tagen von Community-Mitglied Kinki, der darin eine anstehende Gesetzesänderung innerhalb der Straßenverkehrsordnung beschreibt. Lest unbedingt mal rein!
„Weitestgehend unbemerkt soll unsere Straßenverkehrsordnung geändert werden, insbesondere soll das „Handyverbot“ (welches ich für schwachsinnig halte, aber das ist ein anderes Thema) drastisch ausgeweitet werden.
Der betreffende Paragraf soll zukünftig wie folgt lauten:
(1a) Wer ein Fahrzeug führt, darf ein elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist, nur benutzen, wenn
1. hierfür das Gerät nicht aufgenommen oder nicht gehalten wird und
2. entweder
a) nur eine Sprachsteuerung und Vorlesefunktion genutzt wird oder
b) zur Bedienung und Nutzung des Gerätes nur eine kurze Blickzuwendung zum Gerät bei gleichzeitiger Blickabwendung vom Verkehrsgeschehen erfolgt oder erforderlich ist, die einen Zeitraum von einer Sekunde nicht überschreitet.
Geräte in Sinne des Satzes 1 sind auch Geräte der Unterhaltungselektronik oder Geräte zur Ortsbestimmung, insbesondere Mobiltelefone oder Autotelefone, Berührungsbildschirme, tragbare Flachrechner, Navigationsgeräte, Fernseher oder Abspielgeräte mit Videofunktion oder Audiorekorder. Handelt es sich bei dem Gerät im Sinne des Satzes 1, auch in Verbindung mit Satz 2, um ein auf dem Kopf getragenes visuelles Ausgabegerät, insbesondere eine Videobrille, darf dieses nicht benutzt werden. Verfügt das Gerät im Sinne des Satzes 1, auch in Verbindung mit Satz 2, über eine Sichtfeldprojektion, darf diese für fahrzeugbezogene, verkehrszeichenbezogene, fahrtbezogene oder fahrtbegleitende Informationen benutzt werden. Absatz 1c und § 1b des Straßenverkehrsgesetzes bleiben unberührt.
(1b) Absatz 1a Satz 1 bis 3 gilt nicht für
1. ein stehendes Fahrzeug, im Falle eines Kraftfahrzeuges vorbehaltlich der Nummer 3 nur, wenn der Motor vollständig ausgeschaltet ist,
2. den bestimmungsgemäßen Betrieb einer atemalkoholgesteuerten Wegfahrsperre, soweit ein für den Betrieb bestimmtes Handteil aufgenommen und gehalten werden muss,
3. stehende Linienbusse an Haltestellen (Zeichen 224).
Das fahrzeugseitige automatische Abschalten des Motors im Verbrennungsbetrieb oder das Ruhen des elektrischen Antriebes ist kein Ausschalten des Motors in diesem Sinne. Absatz 1a Satz 1 Nummer 2 Buchstabe b gilt nicht für
1. die Benutzung eines Bildschirms oder einer Sichtfeldprojektion zur Bewältigung der Fahraufgabe des Rückwärtsfahrens oder Einparkens, soweit das Fahrzeug nur mit Schrittgeschwindigkeit bewegt wird oder
2. die Benutzung elektronischer Geräte, die vorgeschriebene Spiegel ersetzen oder ergänzen.
https://www.bundesrat.de/drs.html?id=424-17
Zu den elektronischen Geräten gehören offensichtlich auch das eingebaute Radio oder das eingebaute Navi. Wenn du also am Lautstärkeknopf drehst und dafür mehr als eine Sekunde den Blick von der Fahrbahn nimmst, begehst du eine Ordnungswidrigkeit. Wenn du länger als eine Sekunde auf das Navi schaust (es „benutzt“), begehst du eine Ordnungswidrigkeit. Es sei denn, du schaltest den Motor vorher aus. Und nein, die Start-Stopp-Automatik an der Ampel gilt zukünftig auch nicht mehr!
Ich stelle mir die zukünftigen Bußgeldverhandlungen lustig vor, wenn der Polizist darlegen soll, dass der Delinquent garantiert mindestens 1,1 Sekunden aufs Navi geschaut hat, aber auf gar keinen Fall nur 0,9 Sekunden. Als Anwalt freue ich mich auf die Gesetzesänderung, sie ist eine tolle Arbeitsbeschaffungsmaßnahme!
Ach ja, linke Hand Kippe, rechte Hand Coladose, plaudern mit der Beifahrerin, lenken mit den Knien, während du ihr in den Ausschnitt schaust, ist übrigens immer noch erlaubt. Es sei denn, im Ausschnitt befindet sich ein elektronisches Gerät …!
Gruß mit Facepalm!
Kinki“
Was sagt Ihr dazu?
Anzeige
„Ach ja, linke Hand Kippe, rechte Hand Coladose, plaudern mit der Beifahrerin, lenken mit den Knien, während du ihr in den Ausschnitt schaust, ist übrigens immer noch erlaubt. Es sei denn, im Ausschnitt befindet sich ein elektronisches Gerät …!“
Gott sei dank! Ich hab mir schon Sorgen gemacht.
Ist auch schon wieder zurückgezogen, ohne Angabe von Gründen, siehe
hier.
Ich sehe hier eine dicke Abmahnung an Tesla. Wer schon einmal das Bedienpanel von einem Tesla gesehen hat, weiß was ich damit meine. An dem Teil kann man während der Fahrt so viel rumspielen, dass es sehr wohl unter 2. fällt.
Ich sehe hier schon tolle Diskussionen über Mobiltelefonhalterungen an der A-Säule. „Ich hatte ja das Telefon nicht in der Hand, habe nur alle 2 Sekunden für 1 Sekunde gescrollt“.
Hier eine gute Zusammenfassung von Udo Vetter: https://www.lawblog.de/index.php/archives/2017/07/05/wer-sein-autoradio-leiser-drehen-will-muss-kuenftig-anhalten/
Wichtig ist sicherlich der „Nachtrag“ am Ende … das ganze wurde ohne Begründung beerdigt …
Da ist der liebe Kinki wohl schlecht informiert, wenn die Mail erst vor ein paar Tagen kam. Die Bundesregierung hat den Entwurf nämlich bereits im 05.07.2017 zurückgenommen: http://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2017/0401-0500/zu424-17.pdf
Würde dass dann auch für Videokamers gelten? Also Vlogs im Auto sind erlaubt, aber nur wenn man immer maximal 1 Sekunde in die Kamera schaut?
Sicher, genau wie die Tussi, welche vor kurzem auf die Gegenfahrbahn gerutscht ist und einen Bus mitnahm, weil sie alle 2 Sekunden auf ihr Handy auf ihren periscope stream geschaut hat.
Wie wärs mit ein wenig Eigenverantwortung und Hirn einschalten, vollkommen unabhängig irgendwelcher Regeln von Mutti?
Der wirkliche Hammer an dieser Regelung ist doch, dass Benutzung schon rechtswidrig ist, wenn nicht nur eine „kurze Blickzuwendung…erforderlich ist“. D. h., es kommt laut der Begründung gar nicht darauf an, ob man etwas tatsächlich länger als eine Sekunde benutzt hat: Wenn ich beispielsweise geblitzt werde, während ich wegen der Uhrzeit auf ein Zielort-Menü vom Navi blicke, ist das nach meinem Verständnis schon ausreichend für eine Ordnungswidrigkeit. Und in der Begründung wird auch noch offen zugegeben, dass damit Beweisschwierigkeiten umgangen werden sollen…
„Entgegen der Empfehlun-
gen des Verkehrsgerichtstages bleibt die Voraussetzung, dass eine kurze Blickzuwendung
zum Gerät und kurze Blickabwendung vom Verkehrsgeschehen erforderlich ist, als Alter-
native erhalten. Denn sollte es nur auf die tatsächliche Dauer ankommen, müsste von der
Polizei eine längerfristige Blickabwendung beobachtet werden, was bei einer in der Regel
kurzen Vorbeifahrt oder gar auf einem Überwachungsfoto nicht möglich ist. Im Rahmen
der Überwachung erfolgt seitens der Polizei zumeist lediglich eine Momentaufnahme. Eine
tatsächliche Blickabwendung über mehrere Sekunden kann nur in seltenen Fällen nachge-
wiesen werden. Bei Abstellung auf die Erforderlichkeit der nur kurzen Blickabwendung
bleibt das Lesen von Kurznachrichten oder die Nutzung anderer Multimediaangebote (z.B.
Internet, Fernsehen) verboten, da diese Tätigkeiten grundsätzlich eine längere Blickab-
wendung erfordern. In diesen Fällen ist die Beobachtung einer auch nur kurzen Blickab-
wendung seitens der Polizei für die Verfolgung grundsätzlich ausreichend“
Verstehst du hier evtl. etwas falsch?
Dir “kurzer Blick“-Regelung ist dafür gedacht, dass ein Polizist im Vorbeifahren nicht messen kann, was 1 Sekunde ist. Damit nicht jeder pauschal angehalten wird, der im Vorbeifahren dabei erwischt wird, auf das Handy zu schauen, gibt es die Alternative “kurzer Blick“, welche erlaubt ist. Wer also beim Blitzen kurz aufs Radio schaut, kann sich mit der “Kurzer Blick“-Regelung rechtfertigen. Sollte er ein Handy in der Hand haben, kann er dies nicht.
hm, also wenn ich mein Handy beim fahren bedienen, ist das immer in der Halterung und ich sehe da keine halbe Senkunde am stück drauf, dafür aber sehr sehr oft hintereinander. Wie bitte will man das erkennen?
Auch das mit Start-Stop-Automatik, wie will man das erkennen? Oder sagen die sich, dass wenn man behauptet an der Ampel den Motor ausgemacht zu haben, man eigentlich „Hält“ und nicht „Wartet“ und dafür ein Bußgeld bekommt? Was mich zu der Witzigen frage bringt ob es überhaupt unter strafe steht an der Ampel zu „Halten“ und nicht nur zu „Warten“.
Nachdem der Leserbrief von mir bereits runde 2 Wochen alt ist, kann ich als Update – soweit ich mitbekommen habe – vorläufig Entwarnung geben, denn nach meinen Informationen hat der Bundesrat die Änderung einstweilen gestoppt. Weitere Einzelheiten, Pläne usw. sind mir aber nicht bekannt.
Soweit hier manche Kommentatoren meinen, dass das Beispiel mit dem Autoradio überspitzt ist: Ja, das ist es. Alleine dürfte es so sein, dass die meisten Autos inzwischen eine Radiosteuerung am Lenkrad haben. Aber das ist nicht das Thema.
Ich bin der Auffassung, dass Vorschriften a) eindeutig sein und b) einen Sinn haben müssen. Und sollte das herkömmliche Autoradio nicht gemeint bzw. nicht gewollt sein, dann ergibt sich das nunmal nicht aus dem Text der Vorschriften. Dann ist der Entwurfstext Schrott.
Und den Sinn kann man auch nicht wirklich erkennen, wenn man nämlich nach Gegenbeispielen sucht. Was kann ich alles im Auto machen, was kein „elektronisches Gerät, das der Unterhaltung usw. dient“ erfordert?
Denkt mal drüber nach. Ich darf problemlos 20 Sekunden in den alten Autoatlas starren, um die Route zu finden, aber ich darf nicht das Navi bedienen. Ich darf eine Minute lang im Handschuhfach nach Zigaretten oder Wurstbrötchen kramen, aber ich darf nicht auf meinem MP3-Player den nächsten Song anklicken.
Beachtet bitte: Wir reden über abstrakte Gefahren. Wir reden nicht über Fälle, in denen ich tatsächlich einen Unfall baue, denn sobald was passiert, habe ich in allen Fällen grob fahrlässig gehandelt, bin meinen Versicherungsschutz los und habe ein strafrechtliches Verfahren am Hals, und zwar egal, ob ich telefoniert oder ne Cola getrunken habe.
Wenn mir jemand erklären kann, warum es – solange nichts passiert – gefährlicher ist, am Navi rumzufummeln als im Autoatlas nach der richtigen Seite zu blättern, gebe ich gerne meine Kritik auf.
Bis dahin aber erlaube ich mir, solche Vorschriften, auch das bereits existierende Handyverbot, als sinnlosen Aktionismus zu brandmarken, damit der Verkehrsminister behaupten kann, er habe was für die Sicherheit getan.
Ich habe außer beim Schalten beide Hände am Steuer.
Wenn mir da ein Depp dann reinfährt, weil er „upsidupsi“ abgelenkt – egal ob Karte oder Navi – und ich danach am Ende noch bleibende Schäden habe, breche ich so einen A* definitiv die Nase.
VOR der Fahrt alles vorbereiten.
Wer dann Trinken oder sein Wurstbrot essen will, aht ds Fahrzeug abzustellen.
So einfach könnte eine einfache, eindeutige Regel doch sein.
Das dauernde Erfinden von Ausnahmen bringt aber in der Tat nichts.
Punkt 1: Über den Depp, der dir reinfährt, habe ich explizit gesprochen. Nochmal: Wenn tatsächlich was passiert, geht es nicht um die Frage, WODURCH ich abgelenkt war, sondern DASS ich abgelenkt war. Und da ist JEDE Ablenkung grob fahrlässig.
Punkt 2: Natürlich könnte man die einfache Regel fassen, dass du abgesehen vom Schalten jederzeit beide Hände am Steuer haben MUSST, sonst Ordnungwidrigkeit. Aber dann bedenke bitte jedes mögliche menschliche Verhalten, und zwar vom Naseputzen bis zum Sackkratzen. Wenn ich nämlich alle 2 km auf der Autobahn rechts ran fahren muss, um mich zu schneuzen, könnten diese Fahrmanöver durchaus in der Summe gefährlicher sein als eine konstante Fahrt, bei der ich kurzzeitig eine Hand an die Nase halte. Andererseits könntest du natürlich auf dem Standpunkt stehen, dass eine Erkältung meine Fahrbefähigung grundsätzlich aufhebt.
Der Punkt ist folgender: Wenn du eine generelle Regel „beide Hände am Steuer“ einführen willst, dann wirst du um solche Ausnahmen nunmal nicht herumkommen. Da ist nichts, was ich mal eben „erfinde“, sondern das sind einfach Tatsachen.
Wenn du die Ausnahmen weglassen würdest, wärst du quasi beim „Overblocking“, das man aus anderen Problembereichen kennt: Du würdest nicht nur wirklich gefährliches Verhalten verbieten, sondern auch völlig normales, situationsadäquates Verhalten.
Naja, man darf auch nicht während der Fahrt 20s in den Autoatlas starren. Und wenn das ein Polizist beobachten würde (was praktisch halt nicht möglich ist), dann bekämst du sicher Ärger für einen Verstoß gegen §1 (1) „Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.“
Darum (wegen der schlechten Überprüfbarkeit der Dauer der Blickabwendung) auch der Text mit den „nicht mehr als 1 s erforderlich ist…“ Im Normalfall sollte in der Sekunde jeder den scheiß Lautstärkeregler vom Radio gefunden haben. Wenn nicht wäre das halt grob fahrlässig .
Meep! Guck mal in § 49 StVO. Ordnungswidrig ist ein Verstoß gegen § 1 Abs. 2 StPO, andere nicht zu gefährden usw.
Ein Verstoß gegen § 1 Abs. 1 „ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht“ stellt KEINE Ordnungswidrigkeit dar.
Ich muss also nicht „vorsichtig“ sein, solange ich andere dadurch nicht gefährde. Anders ausgedrückt: Eine Selbstgefährdung durch 20sekündiges Lesen des Autoatlanten auf einsamer Landstraße wäre mir durchaus erlaubt!
Klar, wir treiben es jetzt auf die Spitze, denn im Zweifel würde ich auch dann mindestens den Polizisten gefährden, der ja dann offenbar am Straßenrand steht und mich beobachtet. Es sei denn, er beobachtet mich von einem Helikopter aus …!
Auf der einen Seite ist der Schaden, der durch solceh Ablenkungen entsteht, enorm. Auf der anderen Seite sind das real nicht vernünftig durchzusetzende Regelungen, ergo sinnlos. Ich gebe Kinki da in seiner Einschätzung Recht, dass es eher eine ABM für Anwälte ist, als irgendwas sinnvolles.
Trotzdem sollte man nicht vernachlässigen, dass eine Sekunde Ablenkung im Strassenverkehr extrem viel ausmachen kann. Also sollte jeder, in seinem Interesse, sowie im Interesse anderer, solche Momente vermeiden – egal ob Ordnungswidrigkeit, Straftat oder nichts.
Ich habe fachlich keine Ahnung soviel vorweg. Aber für mich klingt das etwas überdramatisiert, ich denke in erster Linie geht es um ein Verbot von neuen elektronischen Geräten wie Tablets etc. Die meines Wissens zur Zeit in einer Grauzone liegen bzw. benutzt werden dürfen. Ich persönlich kann ein „Geräte-Verbot“ während der Fahrt nur befürworten, die Ablenkung ist einfach zu groß. Kein Polizist wird die Zeit stoppen wenn man das Radio lauter stellt.
Aber da ich täglich auf der Autobahn arbeite habe ich vllt. auch eine andere Sicht wenn es darum geht.
PS. : Steve in 3 Monaten ist der 15.10 dann müssen alle Lkws wieder bereit für den Winterdienst sein und man kann wieder hören das alle drauf vorbereitet sind und es trotzdem nicht funktioniert …. 😛
Wer muss denn bitte nachschauen und länger draufschauen, um die Lautstärkte beim Radio zu ändern?!
Die Gesetzesänderung ist absolut richtig. Viel zu oft sehe ich Leute auch auf der Autobahn, während sie am Handy scrollen.
Aber die Gesetzgebung ist ohnehin jetzt schon da – es gibt saftige Geldstrafen und Punkte. Die werten Damen und Herren bei der Polizei müssten sich nur mal bequemen, die Gesetze auch anzuwenden.
es ist wie immer am ende einer legislaturperiode kommt der ganze scheiss konzentriert…
siehe auch „verkauf“ der autobahnen.
wir haben übrigens mit unserer abgeordneten gesprochen. selbst im persönlichen gespräch: das übliche bla bla bla… alles ganz anders gemeint; es ist nicht so, wie es aussieht, blaaa….