Die DSGVO die ab 25.Mai 2018 den Datenschutz in der gesamten Europäischen Union einheitlich regeln soll, sorgt dafür, dass bei sämtlichen IT- und Datenschutzanwälte derzeit „Ausnahmezustand“ herrscht […] Nun bringt mich aber auch die DSGVO bzw. eigentlich das ganze diesbezüglich im Internet verbreitete, gefährliche Halbwissen dazu, mich hier im Blog ein wenig aufzuregen und einigen DSGVO Mythen den Garaus zu machen.
Spannend! Irgendwie schreibt gefühlt jeder Politiker und/oder Anwalt aktuell etwas Anderes zum Thema DSGVO. Anscheinend gibt es viele verschiedene Interpretationsmöglichkeiten. Dieser Jurist hier schreibt auf seinem Blog zum Thema DSGVO über „Clickbaiting“ und „Aufreger setzen“ – sprich einer Panikmache, die aktuell zu dem Thema betrieben wird. Außerdem relativiert er viele Punkte und klärt in Sachen DSVGO auf. Er ist eher ein Vertreter der „alles bleibt, wie es ist“-Fraktion. Lest mal rein, ist echt spannend!
Quelle: Rechtzweinull.de
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Über Mythos 1 und 2 herrscht relativ wenig Streit. Weitestgehend lässt sich die Sache folgend herunterbrechen: Soweit die Datenerhebung für Unternehmen notwendig ist (Kundenkartei, Kontaktformulare etc.), bleibt sie erlaubt.
Das ist aber nicht das wesentliche Steitthema, sondern das kommt in Mythos 3, nämlich die Frage, wie – ich verkürze – das Verhältnis zwischen DSGVO und KUG (Kunsturhebergesetz) aussieht. Denn diese Frage entscheidet, ob ich nach dem 25. Mai noch, einfach gesagt, meine Handykamera in der Öffentlichkeit benutzen darf.
Der Kollege Dr. Ulbricht vertritt hier dieselbe Ansicht wie die beiden Europajungs, die Steve vor einigen Tagen geantwortet haben, dass nämlich Deutschland die Öffnungsklausel des Art. 85 DSGVO dadurch genutzt haben, dass das KUG existiert. Danach geht das KUG der DSGVO vor.
Die gegenteilige Ansicht, die auch ich vertrete, orientiert sich am Wortlaut der Vorschrift. Art. 85 Abs. 3 lautet: „Jeder Mitgliedstaat teilt der Kommission die Rechtsvorschriften, DIE ER AUFGRUND VON ABSATZ 2 [Öffnungsklausel] ERLASSEN HAT, […] mit.“
Das KUG wurde aber nicht – entsprechend dem Wortlaut – aufgrund von Absatz 2 erlassen, denn es ist viel älter, stammt von 1907. Zuletzt wurde es 2001 geändert. Anno 2001 wurden aber definitiv keine Vorschriften erlassen AUFGRUND eines Gesetzes, welches 2018 in Kraft treten würde.
Heißt nach meiner Rechtsauslegung: Die neueren Vorschriften ersetzen zunächst einmal die älteren Vorschriften. Deutschland KÖNNTE eine Rechtsvorschrift erlassen: „Das KUG geht der DSGVO vor.“ Solange Deutschland dies aber nicht tut, gilt die gegenteilige Priorität.
Zumindest aber kann kein Kristallkugelbesitzer zum jetzigen Zeitpunkt sagen, wie der Bundesgerichtshof in einigen Jahren, wenn die Rechtsstreite durch die Instanzen gegangen sind, die Sache beurteilen wird.
Ich bin mir zu 80% sicher, dass der BGH zunächst nach dem Wortlaut urteilen wird, also meiner Auffassung zustimmt. Aber selbst wenn ich mir nur zu 20% sicher wäre, wäre mir das deutlich zu viel Unsicherheit, um noch unbefangen Fotos von fremden Personen zu knipsen.
„Viele verschiedene Interpretationsmöglichkeiten“
Dieser Punkt ist für mich als Laie das „Problem“ an diesem Gesetz bzw. an allen Gesetzen. Natürlich betrifft dass nicht alle gleichermaßen, einige sind vielleicht sogar absolut eindeutig, aber als jemand der kein Fachmann ist, steht man vor einem riesigen „Graubereich“, einem Graubereich der weitreichende Konsequenzen haben kann.
Rechtssicherheit hat man so meiner Meinung nach als „Normalsterblicher“ jedenfalls nicht, denn Klarheit und Vorhersehbarkeit sind für so jemanden nicht gegeben.
Was meinst du warum uns die EU im öffentlichen Auftragswesen von Bauleistungen jedes Jahr Milliarden kostet…
Jeder öffentliche Auftrag ab einer gewissen Summe muss inzwischen von einem Juristen begleitet werden der Ahnung von EU Recht hat und die haben Stundensätze jenseits der 300€ 😉
Anwalt kostet bald mehr als der planende Ingenieur 😉
Im speziellen Fall hilft dir der 300€-Anwalt aber auch nichts, weil er genauso wenig wie ich voraussehen kann, wie die höchsten Gerichte die Rechtslage letztlich auslegen werden.
Selbst die politischen Aussagen widersprechen sich: Einerseits sagen die zwei grünen Europäer: „Das KUG geht vor“. Und von anderer Seite hört man die Aussage „die Auslegung wollte der deutsche Gesetzgeber bewusst der Rechtsprechung überlassen“. Wie man es dreht und wendet: Eine von beiden Seiten sagt schonmal bewusst die Unwahrheit. Die Aussagen schließen sich aus.
Und der Bürger, vom Handybesitzer bis zum DAX-Vorstand, wird letztlich von der Politik im Stich gelassen, denn diese entscheidet sich bewusst für Rechtsunklarheit, wobei es ein leichtes gewesen wäre, in die eine oder andere Richtung für Rechtsklarheit zu sorgen.
Ich dachte ja erst, dass es um meinen Lieblingspodcasts aus Bremen geht.