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In 2021 haben das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) und der Verein „Mein Grundeinkommen“ eine Langzeitstudie über das bedingungslose Grundeinkommen gestartet. Seit dem Start der Studie durften sich 122 ausgewählte Teilnehmer jeden Monat über komplett bedingungslose 1200 Euro auf ihrem Konto freuen. Die Gruppen wollten herausfinden, wie die Menschen dieses Geld verwenden, wie sie durch das Grundeinkommen in ihrem Alltag beeinflusst werden und was passiert, wenn Leute das Geld eigentlich nicht brauchen.

Offizielle Ergebnisse zu der Studie sollen wohl erst im Januar 2025 mit der Öffentlichkeit geteilt werden. Es dauert also noch etwas, bis wirklich alle wichtigen Informationen aus diesem Projekt bekannt sind. Allerdings konnten Forscher und Teilnehmer bereits in Interviews erste Fazite zu dieser Studie ziehen. Das Team scheint schon jetzt von einem Erfolg auszugehen, der wertvolle Daten geliefert hat. Dadurch muss man sich in Zukunft vielleicht nicht mehr auf Gefühle oder Schätzungen verlassen, wenn man das Thema bespricht.

Das kommt darauf an, wie man Erfolg definiert. Für mich ist das Projekt schon jetzt ein Erfolg. Denn wir haben ein Bewusstsein dafür geschaffen, dass es in der Politik mehr evidenzbasierte Entscheidungen geben muss. – Susann Fiedler (Via)

Was die Teilnehmer betrifft, so fühlen sie sich durch das Grundeinkommen wohl etwas freier, entscheidungsfreudiger und deutlich weniger gestresst. Zumindest ging es dem in einem Interview befragten Rettungssanitäter Dominic Schiffer so. Er arbeite auch trotz der 1200 Euro im Monat jeden Tag weiter und lag entgegen der Annahmen einiger Menschen nicht einfach nur faul herum. Schiffer beendete zwar zwei seiner vorhandenen Nebenjobs, aber diese extrem stressigen Tätigkeiten waren sowieso nur wegen vorhandener Schulden notwendig.

„Durch das Grundeinkommen musste ich endlich nicht mehr nachdenken: Habe ich überhaupt das Geld, etwas zu machen? Ich bin entscheidungsfreudiger geworden, lebensfroher, gehe mehr raus“ – Schiffer (Via)

Das Ganze klingt doch schon einmal gut. Ich bin gespannt, was genau die Daten im Januar 2025 dann aussagen und zu was für Ergebnissen die Forscher kommen. Unter gewissen Umständen wäre ich persönlich wohl auch für ein bedingungsloses Grundeinkommen in Deutschland. Durch neue Technologien sinken mit der Zeit einfach die vorhandenen Arbeitsplätze und ein Grundeinkommen erscheint mir irgendwann einfach wie die beste Lösung. Manche Leute würden solch eine Zahlung zwar automatisch als unfair einstufen, aber ich neige nicht zu so viel Neid.


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23 KOMMENTARE

  1. Ich halte das ganze Experiment für wenig aussagekräftig. Wenn ich zeitlich begrenzt auf meinetwegen 3 Jahre 1200€ mehr bekomme, natürlich arbeite ich dann weiter, weil ich ja weiß nach dem Zeitraum habe ich die Zahlung nicht mehr. Aussagekräftig wäre wie sich Menschen verhalten, wenn sie wüssten, dass sie bis zum Lebensende 1200€ im Monat für nichts bekommen. Dann würden sicherlich einige, besonders wenn sie bereits eine Immobilie haben dafür entscheiden gar nicht mehr zu arbeiten. So ist das quasi nur eine Lohnerhöhung über eine gewisse Zeit.

  2. „Durch neue Technologien sinken mit der Zeit einfach die vorhandenen Arbeitsplätze“

    So die Theorie. Im Jahr 1800 gab es 1 Milliarde Menschen. 200 Jahre später sind es 8 Milliarden und so gut wie alles wird im Vergleich zu damals mit Maschinen erledigt. Die große Arbeitslosigkeit ist aber ausgeblieben.

    Kann mir denn mal jemand vernünftig erklären, woher das Geld kommen soll? Man kann ja gerade mal so den Rentnern 1200 Euro überweisen, wie soll das dann mit jedem Erwachsenen passieren?

    • Es gibt mehrere Ansätze. Beispielweise eine Erhöhung der Einkommenssteuer. Dadurch werden hauptsächlich die Reichen belastet, was wiederum die Schere zwischen Arm und Reich verkleinert. Man kann aber auch Unternehmen stärker besteuern. Durch das höhere Einkommen steigt immerhin auch deren Umsatz.
      Abgesehen davon, das BGE wird von Steuern bezahlt, die Rente von der Rentenversicherung. Es sind also komplett unterschiedliche Töpfe, weswegen ein Vergleich keinen Sinn ergibt.

      • Wenn ich das schon lese. Die Wirtschaft ist ein Gleichgewicht, in dem jeder Dollar ein Gegengewicht in Leistung haben muss. Wenn Geld aus dem nichts erschaffen wird, gibt es ein Leistungsdefizit im System. Das heißt, jeder muss nun für die gleiche Kaufkraft mehr arbeiten. (=Inflation). Wird jemandem Geld weggenommen und jemand anderem gegeben, gibt es ein Leistungsungleichgewicht wie ein gespanntes Gummiband und der „Betrogene“ holt sich das Geld wieder zurück (z.B Lohn-Preis-Spirale). Das sind einfache Mechanismen, die seit es Wirtschaft gibt existieren. Wir können mit politischen Mitteln nur Spielregeln definieren aber nicht in das Gleichgewicht eingreifen. Deshalb wird es diese Welt, die sich das linke Spektrum so sehr wünscht nie geben. Leistungsträger, Unternehmen und Verbündete können nur bis zu einem bestimmten Grenzwert belastet werden und dann sind sie weg. Und das wird ganz bestimmt passieren, wenn die Einkommensteuer oder die Besteuerung der Unternehmen weiter erhöht wird. Ohne zu politisch werden zu wollen, halte ich es für einen Skandal, dass in einem Land mit solch einer Abgabenlast gefühlt alle Töpfe ständig leer sind. Hier gibt es viele viele andere Stellschrauben als Steuern.

        • „Das sind einfache Mechanismen, die seit es Wirtschaft gibt existieren.“

          Was Historisch gesehen nicht stimmt alleine das mittelalterliche Zunftwesen der im Mittelalter spricht dagegen.

  3. Ich verstehe das „konzept“ nicht ganz.
    Oder sagen wir , wie das auf eine ganze Nation Funktionieren soll.
    Klar wenn mir jetzt jemand sagt „Kaddus , du kriegst jeden Monat einfach so 1,2k mehr, egal ob Job oder welcher Job“. Klar würd ich die auch nehmen, klar fühlt sich das gut an.
    Aber wie soll das bei gut 48 Mio erwerbstätigen Menschen im Monat klappen?
    Bei selben betrag sind das ja in etwa 60 Milliarden PRO MONAT, die der Staat raus geben muss (oder Täsuche ich mich da?).
    Erster gedanke „wo soll das geld her kommen?“ und zweiter gedanke, was würde das ändern ?
    Denn das Geld bekommt ja nun mal jeder (so verstehe ich es zumindest). Damit würde sich doch unterm strich dann absolut nichts ändern oder ?
    Reich bleibt reich , arm bleibt arm. Denn bei jedem Menschen im Land wurde der Betrag um die selbe summe angehoben.
    Okeay, Arm kann jetzt vielleicht erstmal „entspannter“ einkaufen. Stand heute, wenn es heute jeder bekommt.
    Aber vielleicht bin ich zu negativ dem Kapitalismus gegenüber, aber wie lang würden preise bei dem wissen das menschen jetzt pauschal mehr geld haben im Land, wirklich gleich bleiben ?
    Ich glaube auf mittel lange sicht bereis schießt einfach jeder preis von allem hoch, schlcih weil die leute es sich leisten können und am ende sind wir beim selben wie jetzt auch.

    Aber ich bin auch nur ein Dulli ausm netz … vielleicht übersehe ich da ganz ganz viel was sehr kluge menschen aber sehen …

    • Es gibt dann keine staatliche Pension mehr, keine Unfall oder Krankenversicherung und keine Arbeitslose. Ebenso all die Verwaltungen für eben diese Dinge werden eingespart. Dazu müssten sich natürlich die Steuersätze stark ändern. Aber dass sowas prinzipiell funktionieren kann – gewisse Annahmen natürlich gegeben – lässt sich schon durchrechnen.

    • Ich sehe das ganz ähnlich. Mathematisch ausgedrückt wären das auf beiden Seiten der Gleichung +1200. Ändert inhaltlich also nichts.
      Aber nicht vergessen, dass wir in Deutschland leben. Einem Land, in dem man je nach Bundesland ab einem BruttoHAUSHALTSeinkommen von etwa 2800€ per Tabelle den Höchstsatz für die Kinderbetreuung in der Krippe bezahlen muss.
      Sollte sich das Grundeinkommen durchsetzen, wird es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Staffelsystem geben, bei dem wie immer der Bodensatz durchgefüttert wird.

    • 1. Als ob kleinere Stichproben nur bei soziologischen Studien vorkommen würden…
      2. Lässt sich dieses Experiment wohl kaum ausschließlich dem Feld Soziologie zuordnen.
      3. Nahmen insgesamt 1500 Proband:innen an diesem Experiment teil; die 122 sind nur diejenigen, die das Grundeinkommen erhalten haben. Die Übrigen stellen die Vergleichgsgruppe dar.

      • Als ob es das besser macht. So kleine Stichproben sind immer ein Problem. Auch 1500 sind ein Problem. Man denke an die knapp 50k beim Corona Impfstoff und selbst da (50k find ich durchaus Okay) wurde von manchen rumgeheult.

        • Hä? Bei medizinischen Studien geht es ja auch u.a. darum Nebenwirkungen zu finden, die nur bei jedem Tausendsten, Zehntausendsten,.. auftreten. Was ist das denn für ein unpassender Vergleich.

    • Ich halte den zu erwartenden Erkenntnisgewinn sowieso für überschaubar.
      Hey, du lebst bislang am Existenzminium und hast deswegen weder Freizeit noch kannst du dir was leisten? Lass uns dir Geldschenken und sehen, was passiert.
      Hey, du verdienst so will, dass du bereits jetzt einen signifikanten Teil deines Einkommens sparst oder in Aktien investieren kannst? Lass und dir noch mehr Geld schenken, dass du nicht „brauchst“.
      Vielleicht kann mich hier ja jemand aufklären, was das Ganze soll.

  4. Also dass man mehr als 2 Nebenjobs haben muss, um über die Runden zu kommen zeigt schon sehr gut, wie kaputt unser System ist.

    • Ohne die Details in diesem Fall zu kennen: Es gibt genug Menschen, die in ihrem Leben dumme Entscheidungen treffen und dann halt dafür gerade stehen müssen. Es ist nicht immer das System schuld.

      • Ohne die Details in diesem Fall zu kennen: Es gibt genug Menschen, die in ihrem Leben keine dummen Entscheidungen treffen und für die dummen Entscheidungen anderer gerade stehen müssen. Es ist nicht immer der Einzelne Schuld

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