Wenn man im Webforum eines kommerziellen Anbieters beleidigt wird, kann man vom Forenbetreiber Schadensersatz fordern – selbst dann, wenn der die entsprechenden Posts auf Wunsch bereits entfernt hat. Dies entschied am Dienstag der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg. Das Urteil wird vermutlich weitreichende Folgen für europäische Internetnutzer und Unternehmen haben.
Okay, mit anderen Worten: Wenn Ihr Euch in den Comments gegenseitig beleidigt, ist es meine Schuld und ich hafte dafür. Klingt logisch!
Quelle: Spiegel.de
Danke an Sebo für den Link!
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Nochmal ein kleiner Hinweis insbesondere für Steve, der relativ unabhängig von der EGMR-Entscheidung zu verstehen ist:
Generell müssen sich Forenbetreiber, Blogger etc. die Frage stellen, wie sie mit möglichen rechtswidrigen Kommentaren umgehen. Es gibt im wesentlichen vier Möglichkeiten:
1. Kommentarfunktion deaktivieren.
2. Kommentare nicht moderieren und erst auf Zuruf prüfen und löschen.
3. Kommentare durch entsprechende Software nach Schlüssenwörtern filtern.
4. Kommentare generell moderieren und nach eigenem Studium freischalten.
Steve nutzt die Möglichkeit 4, und diese ist unter Haftungsgesichtspunkten paradoxerweise die gefährlichste! Nach der Entscheidung „Marions Kochbuch“ des BGH macht sich Steve nämlich jeden Kommentar zu eigen, den er freischaltet. Heißt folgendes: falls ihm etwas strafbares oder beleidigendes „durchrutscht“, haftet er, denn er hat den Kommentar manuell freigeschaltet.
Würde Steve dagegen nicht moderieren, würde er erst dann haften, wenn er durch „Zuruf“ Kenntnis von einem rechtswidrigen Inhalt erhält und diesen dann auch nicht sofort löscht.
Stevinho „talkt“ ja immer mal wieder darüber, wieviele Kommentare er nicht freischaltet bzw. dass dies schon eine ganz erkleckliche Anzahl ist. Ich möchte also lieber nicht sehen, welche Flamewüste diese Seite ohne seine Moderation wäre. Aber es bleibt dabei: erst durch die Moderation setzt sich Steve selber einem Haftungsrisiko aus.
#Servicepost
Spiegel.. wie immer.
1. In dem Urteil geht es NICHT um die Kommentare. Es ging um die Beschneidung der „Meinungsfreiheit“ durch die Geldstrafe. Egal wie die Entscheidung ausgefallen wäre: Die Geldstrafe wäre rechtens.
2. Auf der Betreiberseite kann man ohne Registrierung kommentieren, wodurch die Ermittlung der eigentlichen user nahezu unmöglich gemacht wird.
Die Betreiber verdienen indirekt Geld durch diese Kommentare und dessen Aktivität.
3. Dem Betreiber wurde nachgewiesen, dass sie tagelang nicht auf Löschhinweise reagierten.
4. In der ganzen EU gibt es kein Präzedenzfallsystem, es ändert sich rein garnichts.
„Okay, mit anderen Worten: Wenn Ihr Euch in den Comments gegenseitig beleidigt, ist es meine Schuld und ich hafte dafür. Klingt logisch!“
Nein, einfach nein. Was hier die Medien mal wieder aus einem Urteil rauslesen, hat mit der Realität wenig zu tun. Der EGMR hatte nur eine Frage zu klären: „Ist es eine Verletzung der Menschenrechte, wenn ein Staat den Forenbetreiber verpflichtet, Kommentare selbständig zu prüfen?“ Und dies hat der EGMR mit nein beantwortet.
Nur: Das ist nicht die Rechtslage bei uns. Die deutsche Rechtsprechung beinhaltet eine Prüfpflicht nur auf Zuruf, und das schon seit einigen Jahren. Wenn Dir, Steve, also ein Kommentar gemeldet wird, ist es Deine Verpflichtung, ihn auf eine mögliche Beleidigung oder sonstigen rechtswidrigen Inhalt zu prüfen und ggfs. schnell zu löschen. Da du sowieso alle Kommentare vorfilterst, ist ein solcher Fall doch eher unwahrscheinlich.
Und diese deutsche Rechtslage stand vor dem EGMR überhaupt nicht auf dem Prüfstand. Für Blogger und Forenbetreiber hierzulande ändert sich genau gar nichts.
Mal wieder mediale Panikmache vom Feinsten. Nicht mehr.
Diese Rechtslage trifft so auch in Estland (und soweit ich im Bilde bin, überall in der EU) zu.
Es wurde dem Betreiber aber nachgewiesen, dass sie eben nicht reagiert haben.
Um Kinki – als Jurastudent mein großes Idol hier 😉 – zu unterstützen, verlink ich direkt mal Udo Vetter dazu:
https://www.lawblog.de/index.php/archives/2015/06/16/nicht-das-ende-des-internets/
Tja wenn man als Gesetzgeber nicht die Zensurkeule schwingen will, zwingt man halt die Forenbetreiber dazu…
Nein, du haftest nur, wenn du Beleidigungen nur nach schuldhaftem Zögern entfernst. Da du die Kommentare aber ohnehin manuell freigibst, betrifft dich das gar nicht.
Und in 2 Monaten klagen sie gegen Zensur/Einschränkung der Meinungsfreiheit weil jeder einzelne Post moderiert wird.
Urrrggghhhhh…. ich hasse die Menschheit -.-
Hier sagt der liebe Udo Vetter etwas dazu.
https://www.lawblog.de/index.php/archives/2015/06/16/nicht-das-ende-des-internets/
tl;dr Urteil gilt für ein großes Unternehmen, welche eine wirkliche „Redaktion“ haben. Auf kleine Foren, Blogs etc. ist das nicht 1:1 übertragbar. Und die Strafe gabs nur, weil das Unternehmen nicht eigentständig eine „krasse“ Beleidigung mit Gewaltandrohung gelöscht hat bzw. erst nach ~6 Monaten.
Auch war es für ein großes Unternehmen „nur“ 320€ Schadensersatz. Bei einem Blog wie Steves wirds daher schon mal schnell Vier-stellig. Also pass mal lieber auf Steve 😉
man möge mich korrigieren, aber kann in deutschland nicht sogar derjenige, der den text verfasst hat, drangekriegt werden, weil seitenbetreiber im falle einer straftat zur herausgabe der ip des nutzers gezwungen sind? ich nehme mal stark an, dadurch ist das für uns sowieso irrelevant…
im übrigen wurden die hasskommentare im obigen fall lt urteil „nicht schnell genug“ entfernt. interessant wäre mal, welcher zeitraum da vorliegt
Gezwungen ist relativ, weigern kann man sich immer. Allerdings sollte man dann seinen Anwalt anrufen. Wenn relevant kann man das ganze vermutlich so weit hinauszögern, dass die Daten der Autolöschung zum Opfer fallen.
Siehe auch: http://www.internet-law.de/2013/02/beugehaft-um-die-herausgabe-von-nutzerdaten-zu-erzwingen.html
Habe den Artikel gerade nochmal gelesen:
„Das Gericht betont in einer Mitteilung zu dem Urteil, dass es hier um ein kommerzielles Nachrichtenangebot gehe, und nicht um „andere Foren im Internet, wo von Dritten Kommentare verbreitet werden können, zum Beispiel ein Internetdiskussionsforum, ein Bulletin Board oder eine Social-Media-Plattform“.“
Es geht also eher um die Kommentar-Funktion wie beispielsweise auf spiegel.de, klassische Foren sind nicht gemeint.
Finde ich eigentlich okay, auf Seiten wie spiegel.de & Co erwarte ich schon, dass es gesittet zugeht.
Möchte mich jemand beleidigen? Würde dann 50/50 mit demjenigen machen! Gerne auch mehrere!
Wieder ein Urteil das einen nur den Kopf schütteln lässt. Und ich dachte die Anti-Internet Richter sitzen nur in Köln und Hamburg.
Klar, warum nicht. Schön den ollen Stevie Geld abziehen 🙂
Nicht direkt
Christian Solmecke ist schon darauf eingegangen!!! Das Urteil wird aktuell in den Deutschen Medien falsch komoniziert.
Der Europäische Gerichtshof begründete seine Entscheidung sicher durch investigative Forschung mithilfe von Topmodernen 56k Modems, einem 486DX/4 und einem Grünmonitor (Klingt ja Ökologisch Nachhaltig).
Mal im Ernst, haften Autohersteller für Unfälle die die Fahrer/Käufer verursacht haben? Haftet der HSV Vorstand dafür wenn seine Mannschaft die erbärmlichste Saison überhaupt spielt (und das gleich zwei mal?)? Haftet Steve für Leute die im Larp von einer Brücke springen, nur weil einer davon „Für Hoaaaarst!“ schreit?
Ich weis nicht was für Menschen da sitzen, aber Internet scheint echt Neuland zu sein da oben…
Da müssen halt alle auf eine Kommentar-freigeben-Funktion umsteigen so wie hier.
Nach der Logik kann man also auch den Betreiber einer Bar verklagen, in der man verprügelt wurde.
Kannst du , wenn der Betreiber der Bar nur dabei zuschaut wie du auf verprügelst wirst.
Gilt aber natürlich nicht für Facebook und Twitter, das sind nämlich keine Foren sondern „Social Networks?“
Dann solltest du dein Blog/Forum einfach zum „Social Network“ umtaufen.