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Ein Mann hat einen besonders intensiven Traum: Darin besucht ihn eine dunkle Gestalt, die sich selbst als Tod bei ihm vorstellt. Er berichtet dem Mann davon, dass er jemanden ins Jenseits mitnehmen müsse. Da der Mann aber ein guter Kerl sei und ein ehrliches Leben geführt habe, überlasse er ihm die Wahl: Entweder er selbst oder seine Lebensgefährtin würde zeitnah an Krebs erkranken.

Der Mann überlegt. Aus Angst vor dem Tod redet er sich selbst ein, dass er seine Freundin ja eh nicht so intensiv lieben würde und ja noch gar nicht wisse, ob er sie überhaupt heiraten wolle. Also teilt er dem Tod mit, dass sein Freundin die „Auserwählte“ sein soll.

Am nächsten Morgen wacht der Mann auf und ist erleichtert, da es wohl nur ein schlimmer Alptraum gewesen sei. Leider wird bei seiner Freundin einige Wochen später ein schwere Krebsform diagnostiziert. Obwohl sie zusammen alles versuchen, stirbt seine Freundin ein halbes Jahr später.

Der Mann gerät danach in eine Art Lebenskrise: Er macht sich selbst für ihre Krankheit verantwortlich, verfällt dem Alkohol und nimmt sich kurze Zeit später das Leben.

Und nun die Frage: Wäre es im Nachhinein nicht schlauer gewesen, weniger egoistisch zu sein und sich selbst für die Krankheit zu entscheiden? So wäre wahrscheinlich nur der Mann gestorben, weil die Frau ja nichts von seiner Wahl gewusst hätte, oder?

Wie hättet Ihr entschieden, wenn Ihr selbst vor diese Wahl gestellt worden wärt? Ist es bei so einer lebenswichtigen Entscheidung okay, egoistisch zu sein? Oder muss man dabei immer selbstlos sein, weil man am Ende sonst evtl. nicht mit der eigenen Entscheidung leben kann?


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21 KOMMENTARE

  1. Wenn man mit der eigenen Mortalität in Kontakt kommt und sich dieser bewusst wird, kann von „Wahl“ kaum noch die rede sein.

  2. In solchen ethischen Dilemmata greife ich gerne auf Kant zurück, funktioniert hier nur leider nicht sonderlich gut, weil Kant nur das Gebot des Lebens vertritt. Allerdings ist ein gewisser Selbsterhaltungstrieb bei ihm nachzuweisen, dementsprechend wäre die Antwort wohl klar „ich lebe“.
    Natürlich ist das in einer reinen, emotionsbefreiten Atmossphäre zu sehen. Wahrscheinlich würde ich mich also eher für das Leben meiner Freundin entscheiden. Allerdings ist es ein bisschen wie mit Trumps Blabla, das er ja in das Gebäude gerannt wäre: Es ist leicht, selbstlos zu sein, wenn der eigene Kopf nicht in der Schlinge liegt.

  3. Oh Steve… es wird philosophisch…find ich gut 😀

    Vor allem gefallen mir aber die meisten Kommentare hier. Größtenteils bleibt jeder bei sich, was mal ganz schön ist.

    Zum Thema:
    Ich würde mich dafür entscheiden dass meine Frau ihr Leben weiter leben darf. Und das nicht aus einem political corectness getriebenen pseudo ethisch-moralischen Grund. (Ich sage nicht dass ich irgendeines der Kommentare als einen solchen Grund klassifiziere) Sondern um es persönlich zu machen, ich mit der dann entstehenden Narbe in meiner Seele nicht leben könnte. Ich spreche aus Erfahrung wenn ich sage dass der Tod eines sehr geliebten Menschen schlichtweg alles ändert. Ich habe vor 2 Jahren meinen Bruder auch an Krebs sterben sehen müssen. Das berührt einen auf so vielen Ebenen. Und es macht einen vor allem eines. Unfassbar traurig, im wahrsten Sinne des Wortes. Wenn ich nun meine Fantasie nutze und zu diesen Gefühlen auch noch meine eigene Schuld addiere… ufff… No way. Dazu kommt dass ich es für besser wenn sie weiterlebt, zwar auch mit einer seelischen Narbe, aber ohne Schuld, jedoch vor allem mit der Aussicht noch etwas hinterlassen zu können. Kinder zum Beispiel. Aber ganz ehrlich, besser fühle ich mich nicht mit der Entscheidung wenn ich es in meiner Fantasie weiter spinne. Denn ich bürde ihr auch ungefragt einiges auf. Eigentlich darf ich diese Entscheidung nicht treffen. Aber in dem Szenario, muss ich leider.

    Gott ist das tiefgründiger Shit 😀
    LG an alle

  4. Also, ich wäre mit dieser Situation garantiert überfordert und würde schweigen, weshalb ich wahrscheinlich auf der Stelle sterben würde.

    Aus logischer Sicht würde ich allerdings wirklich mich selbst wählen, da ich mich auf das kommende entsprechend vorbereiten könnte und den Krebs vielleicht sogar besiegen kann, da er frühstmöglich entdeckt werden würde. Ich wüsste nicht, wie ich meiner Lebensgefährtin sagen sollte, dass sie bald schwer krank werden würde – sie würde es mir auch garantiert nicht glauben.

  5. Für mich ist das recht einfach.

    „Er berichtet dem Mann davon, dass er jemanden ins Jenseits mitnehmen müsse. Da der Mann aber ein guter Kerl sei und ein ehrliches Leben geführt habe, überlasse er ihm die Wahl: Entweder er selbst oder seine Lebensgefährtin würde zeitnah an Krebs erkranken.“

    Das ist für mich der entscheidende Satz.
    Der Mann bekommt vom Tod gesagt „guter Kerl, ehrliches Leben“.
    Das ist in meinen Augen eine Prüfung. Er „müsste“ also selbstlos sein. Sonst kann er kein „guter Kerl“ mehr sein und kein „gutes Leben“ mehr führen, denn er hat über den Tod eines Menschen entschieden, was keinem von uns so leichtfertig Zusteht.
    Des weiteren hat er seiner Freundin 6 Monate Qualen und Leiden beschert und einen meisst qualvollen Tod. Wenn man also an den Tod glaubt muss man auch an Himmel und Hölle glauben und nach der Nummer wird er sicher nicht mehr im Himmel landen.

  6. Meine Mutter ist an Krebs gestorben. Wie könnte ich das meiner Frau antun?
    Ich würde in der verbleibenden Zeit Unterstützung für sie und ihr späteres Leben mit unseren Kindern suchen.

    Knackpunkt ist hier für mich aber die Entscheidung, ob man sein Leben mit der Frau verbringen will. Bevor ich diese Entscheidung getroffen hätte, hätte ich mich bei deiner Geschichte anders entschieden.

  7. Konfrontiert mit einer plötzlichen definitiv existierenden übermenschlichen Kraft, würde ich erstens meine jetzige Einstellung zum Glauben nochmal in Frage stellen und zweitens dem Tod die Antwort schuldig bleiben. Mach dein Job, du widerlich armseeliger Kerl..

  8. Das ist eine schwierige Frage. Nur weil der „Tod“ das Töten übernimmt haftet nicht weniger Blut an den Händen desjenigen, der sich dafür entscheidet, dass der Partner sterben soll. Weißt du wie ich meine? Deshalb würde ich mich dafür entscheiden, dass ich sterben soll.
    Ich hätte kein Interesse daran für einen Mord verantwortlich zu sein, egal wie übernatürlich er auch sein mag. Außerdem wer sagt, dass alles nachdem sterben schon vorbei ist? Vielleicht geht die wahre Reise dann erst los. ??

  9. Kommt auf die Beziehung an oder ?

    Bei meiner Lebensgefährtin würde ich ohne zu zögern mich selbst wählen. Ich möchte auf dieser Erde nicht einen Tag ohne sie sein.

    Bei meiner vorherigen Beziehung hätte ich vermutlich nicht mich selbst gewählt.

    Als Gedankenspiel ist sowas immer relativ einfach. Keiner weiß aber wie er selbst reagieren würde, wenn es mal so weit kommt.

    Aber das es „Helden“ gibt sieht man immer wieder, zuletzt erst der Football Trainer in der Highschool in Florida der sich vor seine Schüler gestellt hat als der Mörder auf sie geschossen hat.

  10. Nunja da alles biologische Leben auf Weitergabe der eigenen Gene ausgelegt ist, hat der Überlebensinstinkt eine wahnsinnig stark ausgeprägte Rolle im Unterbewusstsein. Man wird solang keine Kinder im Spiel sind sich im Zweifelsfall immer selbst am nächsten stehen oder eben die eigenen Nachfahren. Eine neue Möglichkeit der Fortpflanzung lässt sich ja neu finden. Ehrenhaft sind Behauptungen das man seinen Partner davor bewahren würde im Falle einer Wahl sie oder ich, wirklich Hand und Fuss hat so eine Aussage in der Wirklichkeit nicht.

    • Sorry aber das ist Schwachsinn. Klar Spielt der Überlebensinstinkt eine Rolle aber es gibt jeden Tag genug Beispiele für Menschen die sich für andere Opfern oder in Lebensgefahr begeben und selbstlos sind.

  11. Der Mensch ist nunmal egoistisch. Parolen raushauen kann jeder, aber wenn’s drauf ankommt, ziehen wir alle unseren Schwanz ein und sind nur auf uns selbst bedacht.

    Fragt sich nur, ob das im Traum auch so ist.

  12. Ich würde ohne zu zögern mich selbst wählen. Der Gedanke, meinen Partner unter Schmerzen leiden oder gar sterben zu sehen, würde mir das Herz brechen. Da kann ich auch direkt selbst gehen.

  13. Interessantes Setting

    Sowas kann man aus meiner Sicht vorher nicht vollständig rational beurteilen, deine Emotionen und ausgeprägten Instinkte haben da einen großen Einfluss…mir fehlt in dem Szenario die Möglichkeit sich nicht (aktiv) zu entscheiden, was passiert dann???

    Wer sagt, dass die Frau sich hinterher nicht trotz Ahnungslosigkeit auch umgbracht hätte, weil sie Ihren Mann verloren hat…

    Vereinfacht gesagt: Wenn ich gerade unzufrieden mit meinem Leben wäre und die Frau mein einziges großes Highlight ist, würde ich mich beispielsweise selbst „wählen“…wenn ich auf dem aufsteigenden Ast bin und die Dame mich tierisch nervt sieht es wieder anders aus

  14. Gibt sicher Leute, die sich so einen teuren, dreckigen, traumatisierenden (Kinder etc) und lebensvernichtenden Scheidungskrieg ersparen würden.
    Und so ist es alles nur eine Sache der Vorgeschichte, „gute“ und „böse“ Entscheidungen können dabei ganz unabhängig von der letztendlichen Entscheidung sein.

    Btw: Wer würde mit dem Wissen über das Ende des Mannes nun nicht sich selbst wählen?! Hätte die Geschichte ein anderes Ende, etwa dass nach dem Tod herauskam, dass die Frau fremdgegangen war oder die gemeinsamen Kinder terrorisiert oä hat. Ich glaube da wären so einige mit einem „Good Choice!“-Gedanken aus dieser Geschichte gegangen.

  15. Mit den persönlichen Erfahrungen kann ich nur zustimmen.

    Ich habe in meinem Leben so viel bereits erlebt, dass ich ruhigen Gewissens mich wählen würde.
    Davon ab, wann hat man schon die Chance, selbstgewählt abzutreten. (Suizid mal ausgenommen)

    Was ich mich eher frage:

    Würde das mein Leben verändern? Wenn man wüsste, man hat noch n halbes Jahr und weiß nicht wielange man noch „fit“ ist… würde man etwas anders machen, oder nicht?

    Und wenn man das würde… warum dann nicht jetzt schon?

  16. Stimmt, wenn es nicht gerade um unsere Kinder geht, zeigt der Mensch ja immer, dass er kein egoistisches Wesen hat.

    Ich wär natürlich auch so nobel und würde mich anstatt meiner Freundin nehmen. Und danach würd ich den Welthunger besiegen, und noch ein paar obdachlose Kinder adoptieren.

    Nimm die Fragestellung mit den eigenen Kindern, und die Sache schaut schon ganz anders aus, aber beim Partner…

  17. Ich würde diese Entscheidung – wenn es geht nicht selber treffen wollen – und dem Tod die Antwort überlassen. It’s his job.

  18. Ich denke es kommt immer auf die Persönlichen Erfahrungen und auf die Intensivität der Liebe an. Ich z.b. würde NIEMALS meine jetzige Freundin weggeben. Lieber würde ich selber sterben. Ehrlich gesagt würde sich mir persönlich nicht mal die Frage stellen weil die Antwort so klar ist.

    Dennoch ich kann mir durchaus vorstellen das Menschen die vielleicht schon deutlich mehr Beziehungen hinter sich haben anders entscheiden würden.

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