Genetische Veranlagung zur Angst und warum das Leben zu kurz zum Kopf zerbrechen ist
Zu meiner Person vorab, ich bin Student, 26 Jahre alt und führe eigentlich ein relativ normales ödes Leben. Halte mich mit einem Nebenjob über Wasser und studiere so vor mich hin.
Was mich jedoch seit meiner Teenagerzeit begleitet ist eine nicht erklärbare Angst vor dem Tod. In meinem Elternhaus, ging es eigentlich immer sehr gläubig zu bis ich mit dem Thema Religion für mich persönlich nichts mehr anfangen konnte. Es wurde also alles immer mit dem „Großen danach kommt noch was“ abgetan. Ich will auch Niemanden auf den Schlips treten, aber für mich ist Religion leider genau das. Eine Beruhigungspille, die der Angst vor dem Tod entgegenwirken soll.
Es gab also ein paar schlaflose Nächte und ein wenig mehr Kopfzerbrechen über das Thema Tod, als es üblich sein sollte für Jemanden in meinem Alter – auch wenn das Thema irgendwann uns alle betrifft.
Letztes Jahr kam dann ein Todesfall in der Familie dazu (in einem sehr jungen Alter), und von da an ging es bergab. Ich fing an Panikattacken zu bekommen. Herzrasen. Angstmomente. Und immer wieder den Gedanken: „Okay, das war’s jetzt“. Bin dann letztendlich als Notfallpatient bei einem Neurologen dran gekommen. Übliche Wartezeit sind 6 Monate. Was uns zeigt: Anscheinend hab nicht nur ich ne Schraube locker.
Zusammengekauert und mal wieder eine Panikattacke im Anflug saß ich also vor dem guten Herren. Diagnose: Hypochondrie, Angstpatient und Depressionen.
Alles ganz normal eigentlich in meinem Fall. Nächster Punkt Ursache. Auslöser: Todesfall. Aber die Angst sei genetische Veranlagung, da schon mehrere in meiner Familie damit zu kämpfen hatten.
Mein erster Gedanke, was jetzt wie ein Roboter klingt: Liebe, alles nur chemische Reaktion. Angst dasselbe. Fazit: Mein DNA Baukasten hat wohl ein paar Fehlkonstruktionen, die mir jetzt das Leben ganz schön schwer machen. Natürlich gibt es Menschen, die dadurch deutlich größere Nachteile haben und die es auch deutlich schwerer erwischt hat als mich jetzt, trotzdem war ich genervt.
Alles wird durch unsere DNA vorgegeben. Was wir fühlen, wie wir ticken. Und im Endeffekt sogar, wovor wir uns fürchten. Das ist natürlich keine akzeptable Erklärung auf neurobiologischer Ebene – aber kurz zusammengefasst trifft es das wohl sehr gut.
Danach wurde ich dann auf Tabletten eingestellt. Panikattacken habe ich seitdem keine mehr. Die Gedanken jedoch schon, aber das wird sich wohl auch nie ändern. Wie soll man denn die Angst vor etwas überwinden, was unausweichlich ist?
In einem Buch stand dazu etwas Motivierendes wie: „Du bekommst nur dein Leben in vollen Zügen mit, was danach kommt wirst du nicht erleben“. „Mensch, dann ist ja alles gut“, dachte ich mir. Da werde ich wohl irgendwann ne Menge verpassen.
Was diese Textwall hier jetzt soll?
Nunja, vielleicht gibt es ja da draußen Leute, die sich auch schon mit dem Thema befasst haben oder etwas Ähnliches durchstehen. Kurzum: Es kommt nicht darauf an, was wir später verpassen. Es geht darum, was wir alles verpassen, während wir uns über Dinge sorgen, die wir eh nicht ändern können. Selbst die kleinen Dinge gehören dazu, zum Beispiel auch dieser Blog: Ist natürlich ein Beispiel um fünf Ecken, aber wenn all die Hater Steve dazu gebracht hätten, den Blog hinzuschmeißen, gäbe es auch die ganzen schönen Momente nicht. Die hätte man verpasst. Also sollten wir alle mal über schlechte Zeiten hinwegsehen und immer nach vorne schauen. Das wird schon werden. Verpasst nicht die ganzen schönen Momente, weil ein paar schlechte dazwischenfunken.
Dieser Gastbeitrag stammt von Community-Mitglied Kevin. Was meint Ihr dazu?
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Also ich habe keine Angst vor dem Tod, zumindest nicht vor meinem eigenen, viel mehr davor geliebte Menschen zu verlieren. Ich weiß das jeder einmal gehen muss und ich weiß und habe früh aktzeptiert das auch ich irgendwann gehen muss.
Generell kann ich meine Emtionen usw. immer sehr nüchtern betrachten. Manchmal frage ich mich selbst, was mit mir los ist, wenn ich eigentlich traurig sein sollte aber ganz nüchtern und „kalt“ beschließe einfach nicht mehr traurig zu sein, irgendwie funktioniert das bei mir.
Ich kann sowas wie Depressionen auch z.B. gar nicht nachvollziehen oder da irgendeine Empathie entwickeln, weil mir alleine die Vorstellung davon Rätsel aufgibt. Ich denke mir dann, wenn ich wüsste ich bin Depressiv, wieso beschließe ich dann mit meinem Kopf nicht einfach nicht mehr depressiv zu sein ? Ich weiß die Betroffenen können das nicht, aber da ich quasi meine Gefühle auf Knopfdruck steuern kann, kann ich mich in sowas einfach nicht reinfühlen.
Viel mehr Gedanken mache ich mir darüber, ob ich mein Leben auch ausreichend auskoste. Man lebt immerhin nur einmal. Ich bin ein sehr materieller Mensch und strebe nach immer mehr Geld, wobei ich mich dabei oft frage ob es Sinn macht sich einen Ast abzurennen und auf dem Weg zum großen Geld einfach zu viel Zeit zu verschwenden die man kostbar nutzen könnte. Wobei wirklich reicht wird man durch harte ehrliche Arbeit sowieso nicht. Ich versuche es daher jetzt einfach mal gelassener anzugehen und wie gesagt das Leben zu genießen.
YOLO ! 😉
Ich habe eine soziale Phobie, also eine Angststörung. Depressionen und Panikattacken sind mir nicht unbekannt. Vereinfacht ausgedrückt habe ich Angst von Menschen. Das trifft es zwar ziemlich ungenau, aber reicht fürs Verständnis auch. Menschen sind wie der Tod auch irgendwie etwas Unausweichliches – wirklich entziehen kann man sich ihnen nicht.
Wirklich viel sinnvolles werde ich Dir zu Deinem Problem nicht sagen können, da ich eine Angst vor dem Tod in Deiner Dosierung nicht nachempfinden kann. Was ich jedoch im Umgang mit meinen Ängsten festgestellt habe ist, dass eine Therapie bei einem Neurologen mit Pillen nicht ausreicht. Erst nachdem ich eine richtige Psychotherapie und eine Verhaltenstherapie gemacht habe, ging es mir besser. Ich weiß jetzt, warum ich dise Meise habe und wie ich mir mein Leben damit besser gestalten kann. Das gute an Angststörungen ist, dass sie mit am besten zu therapieren sind.
Aus meinen Therapien kann ich Dir auch eines noch sagen: Ängste sind NIE falsch – nur ihre Dosierung kann fehlerhaft sein.
Meine Ärzte haben mir schon in frühen Jahren gesagt, daß ich mit meinem Herzfehler eine Lebenserwartung von 35 Jahren hätte. Das wurde mit jahrelang so eingetrichtert. Jetzt bin ich 43. Das alles lässt mich auch sehr oft über den eigenen Tot nachdenken. Nach einigen weiteren Schicksalsschlägen habe auch ich Depressionen entwickelt. Dazu Brustschmerzen die sich anfühlen als ob ich einen Herzinfakt habe, andere psychosomatische Schmerzen sind dazugekommenn. Nach diversen Panikattacken habe ich mich inzwischen 6x vom Notarzt abholen lassen. Ich habe auch eine Odysse von Ärtzen hinter mir von Hypochonder bist Simulant waren die Diagnosen dabei. Ich denke schon das es auch Vererbung ist. Mein Vater mit 53, Opa mit 56 der andere Opa mit 61 nach 3 Herzinfakten wann bin ich wohl dran?
Hi Kevin,
ich weiß nicht ob dir der Beitrag von mir hilft, aber ich gebe trotzdem mal meine Meinung dazu ab.
Über das Thema denke ich auch oft nach, aber wirkliche Angst habe ich nicht.
Wenn wir mal GANZ vorne anfangen: Du hast dir dieses Leben nicht ausgesucht.
Du wurdest gezeugt, bist nun auf dieser Welt und „musst“ dich zurechtfinden.
Aber du bist ein Mensch. Und du hast einen sehr großen Vorteil anderen Lebewesen gegenüber. Du kannst dich in deinem Leben intellektuell frei entfalten. Wenn du dich im Tierreich umguckst, geht es gefühlt jeden Tag über das nackte Überleben.
Du hast aber die Möglichkeit dich fachlich und menschlich weiterzubilden, was du durch das Studium ja auch tust.
Du hast den Vorteil deinen Mitmenschen Mitgefühl, Liebe und Empathie zu geben.
Du bist eigentlich sehr frei während du lebst. Bis zu dem Moment, an dem es vorbei ist. Aber auch dann bist du auf eine andere Art und Weise frei. Wohin auch immer diese Freiheit dann geht.
Da hilft einem entweder der Glauben, oder das nicht glauben.
Aber dieser Moment des unbekannten Freiseins wird für jeden Menschen auf dieser Welt kommen. Genauso wie für jedes andere Lebewesen. Alles ist ein Kreislauf. Und das ist absolut unreligiös gemeint. Ich kann diese Sprüche wie „Lebe jeden Tag als wenn es dein letzter ist“ allerdings nicht mehr hören.
An den Anfang unseres jeden Lebens kann sich niemand mehr erinnern.
Sorge gut für dich und liebe deine Liebsten.
Dann wirst du dir über das Ende, was sowieso für jeden kommen wird, vielleicht auch nicht mehr so viele Gedanken machen.
Liebe Grüße
Hnix
Ich denke auch häufig über dieses Thema nach.
Extrem war das bei mir mit etwa 20~
Wenn ich doch eines Tages sterbe, warum soll ich dann überhaupt etwas tun?
Schule, Ausbildung, Arbeiten, … etc wenn doch am Ende alles umsonst war?
Gestern hatte ich Geburtstag. 30 Jahre bin ich nun alt.
Noch etwas 30 Jahre werde ich leben. Vielleicht mehr, vielleicht weniger.
Letzten Endes lebe ich nun so wie ich glücklich bin. Ich esse was ich will und auch wenn es mal mehr kostet, lache viel, sehe meine Freunde, Freundin, Kind und bin für Sie da. Wenn dann auch die Arbeit Spaß macht, dass heißt etwas was ich gerne mache, dann ist jede Lebenszeit für mich kostbar und sinnvoll genutzt.
Das ich irgendwann nicht mehr da bin, kann ich nicht ändern. Bis dahin kann ich aber das Beste daraus machen und die Zeit bestmöglich gestalten. Dann rückt diese Angst weit in den Hintergrund.
Ich kann das komplett nachvollziehen. Die größte Angst, die ich habe, ist der Tod. Wenn ich daran denke, kriege ich richtige Panikattacken und fange unter Herzrasen an zu weinen. Meist versuche ich das zu verdrängen, aber wenn ich zum Beispiel abends darüber nachdenke, ist an Schlaf nicht mehr zu denken. Ein Freund von mir sagte mal, man müsse sich vor dem Tod nicht fürchten, denn wenn er kommt, kriegt man es eh nicht mehr mit. Aber das ist für mich nur ein geringer Trost. Ich glaube jedoch nicht an Veranlagung, wie der Autor sagt, sondern einfach an Menschenverstand.
Ich kann das auch als nicht direkt Betroffener total verstehen. Eine kleine Kostprobe davon wie es dem Verfasser gehen muss bekam ich an meinem 40. Geburtstag. In meiner Familie (väterlicherseits) werden die Männer nicht alt. Das ist keine genetische Sache. Bei meinem Vater war es Krebs, Opa kam aus dem Krieg nicht mehr nach Hause, dessen Vater hatte einen Unfall auf dem Bau und bei meinem Ur ur Opa weiß man die Todesursache nicht mehr, aber auch er wurde keine 50. Naja ich wachte auf jeden Fall an meinem Geburtstag auf und hatte irgendwie sofort den Gedanken im Kopf „Wow 40, jetzt hast du wahrscheinlich Bergfest und die bessere Hälfte ist ja wohl mal rum“. Von diesem Gedanken kam ich dann auf die Sache mit meinen allesamt nicht 80 gewordenen Vorvätern und kam echt richtig schlecht drauf. Wie lange hab ich dann wohl noch? 20 Jahre oder nur noch 10? Mensch dein Kind ist 5 und es besteht die gute Chance das du es nicht mehr selbst eine Familie gründen siehst. All dieser Bullshit ging mir nicht mehr aus dem Kopf und ich steigerte mich so rein, das ich mir meinen Geburtstag komplett verdorben habe. Es war dann meine Frau, die nach einem fetzen Streit dann langsam checkte was mit mir los war und mich in den Arm genommen hat. Sie hat damals die richtigen Worte gefunden und mir klar gemacht das keiner Wissen kann wann der Tod an seine Tür klopft, aber man im hier und jetzt noch die Gelegenheit hat sich so viel vom „Guten“ zu greifen wie man nur kann…..und so mach ich es!
Da bist du nicht allein, wenn man es von der rein biologischen Seite sieht, sind Kinder die beste alternative 🙂 , da überlebt zumindest ein teil deines Erbgutes , also auch ein Teil von dir . Um auch mal den berühmten Affen Koko zum Thema Tod zu zitieren : Gemütlich – Höhle – Auf Wiedersehen.
Kurz vorab: Gibt es irgendwelche wissenschaftlichen Fakten, die deine Aussage „Alles wird durch unsere DNA vorgegeben. Was wir fühlen, wie wir ticken.“ stützen?
Mein Studium ist viele Jahre her, aber der letzte Stand den ich habe ist, dass die Wissenschaft nicht mit Sicherheit sagen kann, was an deinen Gefühlen und Verhaltensweisen erlernte Muster, Sozialisation etc. sind und was tatsächlich genetisch vererbt.
Bei mir muss ich gestehen hat der Fokus auf Wissenschaft und das Wegrücken von Glaube und Kirche eigentlich eher das Gegenteil bewirkt. Ich fühle mich wesentlich befreiter und gelöster.
Denn am Ende deines Lebens gibt es keine „Abrechnung“. Dort wird nicht entschieden ob dir ewige Qualen drohen oder himmlische Glückseeligkeit. Das Leben ist nicht erst der Anfang…das Leben ist alles was ist…mehr kommt nicht mehr.
Und dieses Leben ist im weiteren Kontext vollkommen unbedeutend. DU bist vollkommen unbedeutend. Und das meine ich nicht im negativen Sinne. Deine Lebensspanne ist auf das kosmische Ganze gesehen nicht mal eine Nanosekunde, dein Wirkungsgrad völlig zu vernachlässigen.
Ob du 100 Menschen positiv beeinflusst oder 1 Million? Die werden am Ende genau wie du nicht mehr existieren.
Namen „überdauern“ nicht….vielleicht 1 Generation….5 Generationen ..oder sogar 100 Generationen, aber am Ende spielt das alles keine Rolle.
Natürlich: Wenn du der Meinung bist, dass die Menschheit in tausenden Jahren zu den Sternen reisen wird…wie in Star Trek..neue Planeten besiedelt…und Kinder die auf diesen Generationenschiffen geboren werden im Flotten-Unterricht die Denker und Lenker der guten alten Erde durchnehmen, dann vielleicht.
Aber das ist nichts weiter als Fantasy…und hat damit nicht mehr Substanz als irgendeine Religion, die Verdammnis oder ewiges Leben propagiert.
Wir wissen heute noch längst nicht alles, aber die Grenzen dessen was wir irgendwann wissen können und was nicht, können wir perfekt bemessen. Wie hat das mal ein Physiker so schön bildhaft erklärt:
– Wir befinden uns vor einem Gemälde und schauen drauf: Dort erkennen wir einen Obstkorb. Da sind Äpfel, Bananen, Weintrauben…manche Früchte können wir noch nicht erkennen. Es werden im Laufe der Zeit noch neue dazukommen. Aber aus diesem Obstkorb wird kein Elefant mehr. Der wird immer ein Obstkorb bleiben. Und wer diesen Obstkorb dorthin gestellt hat werden wir nie erfahren, denn diese Information liegt außerhalb des Gemäldes und außerhalb dessen was uns zugänglich ist.“
Wir werden nie schneller als Lichtgeschwindigkeit reisen können, wir werden nie „außerhalb“ unseres Universums blicken können, wir werden nie die Frage nach dem „Warum?“ oder der Sinnhaftigkeit beantworten.
Somit: Fokussiere dich mehr auf den Moment und genieße das was du hast.
Wenn du 35 und kinderlos bist? Who cares? Im schlimmsten Fall hast du versäumt ein paar dutzend mehr Menschen auf diesen Planeten zu bringen. Herzlichen Glückwunsch.
Hast du Kinder? SUPER! Genieß die Zeit mit ihnen und erfreu dich daran, dass sie dein Leben bereichern, denn KEINE Kinder zu haben ist auch keine Lösung! 🙂
Hi, ich habe diese Gedanken auch ständig, extrem fing das nach dem Tod meines Vaters an. Eine Lösung habe ich nicht jedoch nehme ich auch bewusst keine Medikamente dagegen.
„Es geht darum, was wir alles verpassen, während wir uns über Dinge sorgen, die wir eh nicht ändern können.“
Schöner Satz. Sollte ich mal häufiger beherzigen. Danke für den Beitrag.