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Wie Ihr meinem letzten Video (Guide zu Open Source Videokonferenz-Software Jitsi Meet) bereits entnommen habt, versuche ich aktuell, meine Schüler digital über solche Konferenzen zu unterrichten. Ich bin hier sicher kein Pionier, denn so wie ich höre, gibt es eine Menge Kollegen in Deutschland, die aktuell oder bereits vor der Osterferien erfolgreich damit arbeiten. Ich weiß aber von genauso vielen Kollegen, dass sie Berührungsängste mit dieser Technologie haben. Dabei stehen viele Fragen im Raum: „Kriegen das überhaupt alle Schüler aus meiner Klasse hin?“, „kann ich überhaupt Inhalte vermitteln, wenn ich nicht persönlich vor der Klasse stehe?“, „was mache ich, wenn alle durcheinander reden?“ oder „ist das den Eltern überhaupt recht?“.

Ich habe jetzt die erste Woche Digital-Unterricht hinter mir und möchte meine Erfahrungen mit Euch teilen…

1. Die Software (Jitsi Meet): Jitsi ist definitiv nicht für eine große Menge an Personen ausgelegt. Trotz der Tatsache, dass wir (Edur) extra dafür einen eigenen, leistungsstarken Server aufgesetzt haben, kriegt man bei ca. 20 Leuten Probleme. Es kommt dabei immer wieder zu Verbindungsabbrüchen. Daher haben wir am zweiten Tag zwei 13er-Gruppen gebildet und ich habe die Klasse dann hintereinander unterrichtet. Eine andere Software wäre möglich, allerdings sind beispielsweise die Microsoft-Produkte nicht DSGVO-Konform. Auch wir haben den neuen Videokonferenz-Modus im iServ, allerdings ist dieser aktuell den Abschlussklassen vorbehalten.

2. Wie lief der Unterricht? Sehr gut! Die Schüler haben überraschend gut mitgearbeitet. Wichtig ist meiner Ansicht nach, dass die Schüler sich alle stummschalten, weil man sonst aufgrund der ständigen Hintergrund-Beschallung wahnsinnig wird. Ansonsten hatte ich das Gefühl, dass die Schüler wahnsinnig glücklich waren, sich alle überhaupt mal wiederzusehen.

Der Unterricht an sich lief gut. Dadurch dass man einen seiner Monitore freigeben kann, ist es jederzeit möglich, den Schülern Bilder, Videos oder Grafiken zu zeigen.



3. Wie lief die technische Seite bei den Schülern? Man hat in jeder Gruppe so 1-3 Schüler, die es nicht hinbekommen. Das liegt teilweise an der eigenen Hardware oder der eigenen Internetleitung. Trotz Hilfestellung, Guide und Bildern/Screenhsots funktioniert das einfach nicht bei allen. Ich kann von den Eltern natürlich nicht verlangen, sich einen neuen Computer zu kaufen oder die eigene Internet-Geschwindigkeit upzugraden. Da das Angebot aber eh nicht bindend ist und man den vermittelten Stoff nicht für potentielle Klassenarbeiten nach Corona verwenden darf, ist das zu verschmerzen. Von meinen 26 Schülern waren 23 aktiv dabei – drei von den 23 hatten allerdings mit Abbrüchen zu kämpfen.

4. Wie sehen das die Eltern? Auch wenn das ein oder andere Elternteil technisch ein bisschen überfordert war, wissen „meine“ Eltern die Initiative sehr zu schätzen. Ich bekam für meine Bemühungen großen Zuspruch. In einer Online-Umfrage, ob ihnen das überhaupt recht ist, dass ich jetzt 3-4 Mal die Woche (je nachdem ob ich für die Abschlussklassen zur Schule muss) mit ihren Kindern Online-Unterricht mache, waren um die 90% der Eltern damit einverstanden.

Ich fühle mich also in meinem Tun bestätigt, werde genauso weitermachen und versuche, die Sache noch weiter auszubauen und zu perfektionieren. Wenn die Schulen weiter geschlossen bleiben, weil in den nächsten Wochen die Infiziertenzahlen explodieren, werden wir uns eh neue Wege für den Unterricht suchen müssen. Vielleicht spielen dann auch endlich der Bund/die Länder in Sachen Ausstattung und Ausbau digitaler Medien mit.




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11 KOMMENTARE

  1. @Tobias:
    GoTo Meeting ist nicht DSGVO Konform, GoTo Webinar schon. Der Unterschied liegt unter Anderem in der Teilnehmerliste, welche bei dem einen komplett frei zugänglich ist, beim anderen bspw. nicht. Gibt, glaube ich, noch ein paar andere Kleinigkeiten. Ich find GoTo nur sehr teuer, mit 100 Euro+ pro Moderator.
    Kostenpflichtige, aber günstigere, Alternativen im Webinar Bereich wären auch noch SabaMeeting und Edudip, welche beide auf dem Prinzip des virtuellen Klassenzimmers aufbauen und aus der eLearning Szene kommen. Also spezialisierte Software für den Bereich des virtuellen Unterrichts sind.

    LG

  2. Ich bin, mehr durch Zufall, in die Arbeitsgruppe unserer Stadt mit reingerutscht, die sich mit Digitalisierung beschäftigt. Es wurde das MS Office365 A3 Paket für alle LuL und SuS eingekauft. MS hat uns schriftlich bestätigt, dass alle Daten innerhlab der EU und damit im Einflussbereich der DSGVO liegen. Ich kann von daher die Kritik an diesem Punkt nicht nachvollziehen. (Ja, was heimlich im Hintergund läuft, weiß keiner – könnte aber teuer werden für MS)

    Aktuell die größten Probleme machen zum einen die ganzen Drittanbieter-Apps, welche sich in Teams nachinstallieren lassen und die verfluchten Apple-Tablets. Wobei hier auch technisch viele Hürden zu nehmen sind.

    my 2 Cents, Bleibt gesund.

  3. Habe letztens dazu einen Beitrag gesehen. 6 Köpfige sozialhilfebedürftige Familie mit 4 Kindern, die schulpflichtig waren. Die ganze Familie besitzt 1 fucking Smartphone an technischer Hardware sonst nix und alle 4 Kinder haben versucht immer abwechselnd mit dem Lehrer die Stoff zu besprechen. Das ist echt traurig, wie die eh schon zurückgelassenen noch mehr angehängt werden. Ich finde hier sollte der Staat sowohl was Internet als auch Hardware betrifft nachhelfen, damit die Schüler eine Chance haben was aus ihrem Leben zu machen.

  4. also punkt 2 verwundert mich schon ganz schön.
    ich dachte die heutige jugend leben so connected wie nie eine generation zuvor.

  5. Bei uns wird aktuell (halb erfolgreich) Alfaview für Online-Vorlesungen verwendet. Der Grund für die Anwendung hatte glaube ich auch was mit bestimmten aktuellen Angeboten für Bildungseinrichtungen zu tun. Ich sag halb erfolgreich, weil ich nicht genau weiß, ob Verbindungsprobleme wirklich nur auf die Internetleistung unserer Profs zurückzuführen ist, oder ob das Programm an sich nicht damit klar kommt.
    An sich gibt’s da bei uns „Räume“, in denen meist 50, aber auch bis zu 100 Teilnehmer passen.
    Wirklich gut umgesetzt habe ich es aber in der ersten Vorlesungswoche noch nicht erlebt.

  6. Schade das Jitsi etwas an seine Leistungsgrenzen kommt. Hab jetzt auch erst in der aktuellen cT vom 11.4 gelesen das Jitsi ab ca. 10 Leuten am Limit ist. :/

    Aber Hut ab und ein großeses Lob an Edur und dich für das Engagement! Es ist beruhigend zu wissen das es Lehrer wie dich gibt, die so einen Einsatz für ihre Schüler geben! 🙂

  7. Keine Ahnung, ob das DSGVO-konform ist, aber hast Du dir evtl. mal GoToMeeting und/oder Adobe Connect angeschaut? Bei Ersterem passen 250 Leute rein, bei Zweiterem 100 (in der jeweiligen Bezahl-Variante). Wir haben regelmäßig Veranstaltungen mit GoToMeeting mit ca 40 Teilnehmer. Klar, wir haben auch DAUs dabei, denen man das bis in’s Kleinste erklären muss. Bei Adobe Connect haben wir regelmäßig Veranstaltungen mit bis zu 80 Teilnehmern.

    Auch da gibt es ab und zu mal vereinzelt Verbindungsabbrüche, wobei ich das auf den/die Teilnehmer/in schiebe – bei 59 läuft’s gut, und bei dem Einen, der übrig bleibt, sind’s dann doch wir bzw. der Server? Unwahrscheinlich.

    Wollte ich nur mal loswerden. Kannst ja mal bei Interesse reinschauen. 🙂

    LG

  8. Beim DiVoc (Digital Verteiltes Online-Chaos) … so ein Art rein digitaler Probelauf für einen CCC Congress, gab es auch Self-organized Sessions, wo die Leute einen Vortrag zu einen Thema im kleinen selbst organisieren müssen.

    Und das lief auf jitsi meet und bbb Instanzen. Und da zeigte sich, dass die beste Möglichkeit Jitsi zu optimieren, ist, bbb (Big Blue Button) zu verwenden. BBB ist eigentlich für den Unterricht gedacht, also wäre für dich sowieso besser als Jitsi. Vielleicht kannst du Edur überreden, dass er sich das ansehen kann.

    Sie haben auch ein paar Notizen zusammengetragen, wenn man den selbst hosten muss/will.
    https://di.c3voc.de/user:bigbluebutton

  9. Daumen hoch! Deine Schüler können sich glücklich schätzen, dass sie ihrem Lehrer nicht am Allerwertesten vorbeigehen. Wenn ich an meine Lehrer zurückdenke, schätze ich mal, dass die Mehrheit davon „Corona-Ferien“ gemacht hätte.

    Technische Frage: Ist der Flaschenhals bei größeren Konferenzgruppen der Server oder die individuelle Internetleitung des Teilnehmers? Haben – im ersteren Fall – die Schulen überhaupt ansatzweise genug Serverrechenleistung, um größere Zahlen von Klassen/Konferenzen zu managen?

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