In dieser Woche hat der Verein Digitalcourage eine interessante Onlinepetition gestartet. Damit soll der Deutsche Bundestag offiziell dazu aufgefordert werden, das Recht auf ein Leben ohne Digitalzwang in das deutsche Grundgesetz aufzunehmen. Die Petition betont die Ziele der Gruppe auf die folgende Weise:
„Die Wahrnehmung der Grundrechte und der Daseinsvorsorge, die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben und die Nutzung der öffentlichen Infrastruktur (z. B. Post, Bahn, medizinische Versorgung) darf nicht davon abhängig gemacht werden, dass Menschen das Internet, ein Smartphone oder bestimmte Software benutzen.“
Der Verein kritisiert im Grunde, wie viele Elemente des modernen Lebens mittlerweile auf dem Besitz eines Smartphones basieren. Dieser Zwang würde viele alte oder kranke Menschen aus dem modernen Leben ausschließen, zu noch mehr Überwachung führen und ein allgemeines Risiko für viele Menschen darstellen. Daher fordert man mit der Petition jetzt die Option frei entscheiden zu dürfen, wofür man sein Smartphone verwendet, was für ein Betriebssystem es verwendet und ob man überhaupt ein Gerät dieser Art verwenden möchte.
Auf den ersten Blick klingt diese Petition etwas albern und unnötig. Schließlich wirkt es so, als würde sich diese Gruppe das Recht auf Rückständigkeit und die Fortschrittsverweigerung sichern wollen. Nach etwas Recherche kann aber zumindest ich verstehen, worauf dieser Verein hinaus möchte. Schließlich nervt es auch mich mittlerweile ein wenig, dass es für wirklich jede Kleinigkeit eine App gibt und Menschen teilweise nicht mehr ohne ihr Smartphone existieren können. Manche Menschen wollen oder können sich halt einfach nicht an diese Lebensweise anpassen und sie sollten diese Freiheit auch besitzen. Ob man das Ganze direkt ins Grundgesetz aufnehmen muss, ist eine andere Sache.
Vermutlich würde ich es vorziehen, wenn diese Handys irgendwann eine vom Staat anerkannte Notwendigkeit darstellen und ähnlich wie Wohnraum, Wasser und Strom gehandhabt werden. Wer kein Geld für ein Smartphone hat oder den Umgang damit lernen muss, der sollte die entsprechende Hilfe erhalten.
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Als jemand der fast alles was er kann digital erledigt sage ich: Gut so!
Ich erinnere mich sofort an Fälle in der Bahn wo es keinen Strom gab (um sein Handy aufzuladen) und die Kunden die Tickets nur auf dem Handy hatten. Dazu kam das die Kontrolleure dann noch mega unverschämt wurden.
Ich bin durchaus dafür, dass man weiterhin analoge Alternativen anbietet. Nicht nur wegen den höheren Altersgruppen!
Ein aktuelles Beispiel von meiner Uni: Seit diesem Semester ist es nicht mehr möglich bzgl. des Semestertickets eine pdf-Datei zu erstellen, um es ausdrucken zu können. Es ist nur noch über eine App verfügbar. Mehrere Kommilitonen hatten in letzter Zeit das Problem, dass sie das Ticket aufgrund technischer Probleme bei einer Kontrolle nicht vorzeigen konnten und mussten später die Bearbeitungsgebühren bezahlen. Durch diese „Verschlimmbesserung“ hat man also ein Problem, dass man mit einem Stück Papier nicht hatte… Übrigens waren viele Studierende dagegen, dass das Ticket nur noch in digitaler Form abrufbar ist.
Wenn es keine Alternativen gibt, kann dies eben auch Abhängigkeiten schaffen.
Und wie oft ist es vorgekommen, dass jemand sein Papierticket nicht dabei hatte, weil im Stress vergessen, aber sehr wohl das Handy eingesteckt gehabt hätte? Sicher auch öfters mal.. Alleine wie oft ich damals mein Ticket vergessen habe..
Auch zeigt das hier – wie du schon sagst – eine unnötige Digitalisierung. Niemand spart etwas dabei, wenn man den QR Code oder sonst was nicht ausdrucken kann. Oder minimalst. Spätestens wenn das nem Jus Student passiert der sich weigert die Bearbeitungsgebühr zu zahlen ist die Ersparnis dahin.
Wenn ich aber Behördengänge rein Online erledige und mich mit digitaler Signatur Authentifiziere spare ich sehr wohl in der Verwaltung. Jetzt nur als Beispiel.
Kein Recht auf „wir machen alles offline wie vor 50 Jahren“ ist nicht das gleiche wie „wir müssen alles mit Apps machen, egal wie sinnfrei“.
Es zu vergessen ist etwas völlig anderes, als nicht die Möglichkeit zu haben das Ticket überhaupt vorzuzeigen. Das ist eigentlich selbsterklärend. Dieses Beispiel sollte u. a. auch aufzeigen, dass durchaus jüngere Menschen – entgegen der Vermutungen in den Kommentaren – weiterhin Alternativen beibehalten wollen.
„Wenn ich aber Behördengänge rein Online erledige und mich mit digitaler Signatur Authentifiziere spare ich sehr wohl in der Verwaltung.“
Ist das so? Was sich verkürzt ist die Übermittlung der entsprechenden Daten; ob damit auch die Verwaltung in den jeweiligen Behörden effizienter und weniger komplex wird, ist eine völlig andere Frage. Dahingehend wäre ich nicht so optimistisch.
Es ist nicht etwas völlig anderes, einmal bist du selbst schuld, einmal ein Unternehmen. Im Endeffekt ändert es aber nichts am Outcome, außer dass du einmal auf andere schimpfen kannst, und einmal auf dich selbst sauer sein musst.
Ad Behörden: Kontakt mit Menschen ist zeitaufwenig, wenig effizient, und Daten müssen durch das Personal digitalisiert werden. Das fällt alles weg. Dazu fallen Leute weg die nur zum Amt gehen, um dort Angestellte zu ärgern, einfach nur mit jemand Labern wollen, oder sonst wie Beamte mit nutzlosem scheiß nerven.
Deutschland: „Wir brauchen mehr Digitalisierung und weniger Bürokratie!“
Auch Deutschland:
Wer sagt den das mit der Digitalisierung die Bürokratie aufhört?
Ob du nun zig Anträge Digital einreichst oder per Post einschickst bzw vorbeibringst hat doch nichts mit der Entbürokratisierung zu tun.
Das ist nur der Faktor Zeit der verkürzt wird wo die Anträge unterwegs sind.
Umfang,Sinnhaftigkeit und Bearbeitung werden durch die Art wie man etwas einreicht nicht geändert.
Dann hätte ich auch gerne das Recht auf ein Leben ohne unnötigen Papierkram.
Jetzt mal ehrlich, was soll diese Fortschrittsverweigerung immer?
Fordern wir demnächst noch dass es möglich sein muss ohne Lesen und Schreiben alleine alles regeln zu können?
Wie auch da, wer Hilfestellung braucht holt sich Hilfe von anderen Menschen. Das kann der Sohn, der Anwalt oder der Sachbearbeiter sein.
Das einzige was solche Petitionen erreichen ist, die gesellschaftliche Entwicklung weiter zu verlangsamen.
Wer heute 60 ist, war im Jahr 2000, also mitten als PC, Internet und all das böse Zeug aufkamen, ca. 35 – also mitten im Berufsleben. Wer also in diesem Alter oder jünger ist, und dem das alles „zu kompliziert ist“ und „Teufelszeug“ ist absolut selbst schuld. Für alle Älteren: Bis wirklich in D alles ausschließlich digital funktioniert sind die schon unter der Erde…
Man muss nur mal nach USA schauen, da ist wirklich alles Digital. Und auch die kommen damit zurecht, und Amis sind ansonst zu unflexibel auf das metrische System zu adaptieren und haben ihr Wahlsystem immer noch auf berittene Wahlmänner ausgelegt.
wollte mein neues gebrauchtes Auto zulassen, stehe bei der Stadt, sagt man mir nur noch über online Terminplan möglich. Man war ich da sauer a. Wartezeit auf Termin und b. muss ich nochmal hin da. Da hätte ich doch gerne einen Tag mit Bürgerservice wo man einfach so hinkann. Dabei erfahren das meine Region Hannover auch die Führerscheine nicht mehr neu macht, sondern ich zur weis noch nicht wo hin muss.
Ich kann es ein Stück weit nachvollziehen, aber das gehört nicht ins Grundgesetz (zusammen mit „will in Naturalien bezahlen können und fiktive Angriffe von Polen straffrei zurückschlagen dürfen“).
Die Idee kann ich schon verstehen, aber albern ist es trotzdem irgendwie. Außerdem überspringt es doch ein paar Schritte. Gäbe ja noch so Dinge wie das Grundrecht auf ein Leben ohne Auto, ohne Arbeit oder ohne Wespen.
Insgesamt aber ist klar, dass wir die Digitalisierung vorantreiben müssen. Wobei ich damit gar nicht so sehr die Quantität, sondern eher die Qualität meine. „Wir haben da eine App“ ist keine Digitalisierung ansich.
Die ewig Gestrigen werden in den nächsten Jahrzehnten nicht mehr da sein. Für die das Grundgesetz anzupassen ist maßlos überzogen. Wer nicht mit der Zeit geht, muss mit der Zeit gehen.
Gab schon früher immer wieder Menschen, die den technischen Fortschritt aufhalten wollte. Sei es das berühmte Zitat „Weltweit wird es einen Markt für 5 PCs geben“ oder die Stimmen, die damals das Internet in Frage gestellt haben.
Die digitale Welle wird keiner aufhalten, sie wird einfach kommen. Die Frage ist nur, verschwendet man Lebenszeit, um dagegen anzukämpfen oder richtet man sich bestmöglich mit den neuen Gegebenheiten ein.
Finde ich höchst problematisch. Ich würde mir eher das Gegenteil wünschen, nämlich dass die Angebote des Staats vorwiegend digital angeboten werden.
Kein Anstellen mehr vor dem Meldeamt, da (Teil-)Automatisierung der Antragsbearbeitung möglich und zusätzlich wird weniger Personal in der Verwaltung benötigt = Steuergelder sparen.
Quasi jeder hat ein Handy und/oder Internet Zuhause oder am Arbeitsplatz, wer keins hat, kann in die nächste öffentliche Bücherei gehen.
Und mal ernsthaft… Die Leute, die schon fast neurotisch das Internet ablehnen, sind vermutlich innerhalb der nächsten 20+ Jahre eh vorwiegend nicht mehr da.
Dem Grunde nach kann ich’s verstehen; in’s Grundgesetz finde ich aber überzogen.