Noch acht Tage bis zum Weltuntergang!

Liebes Tagebuch,

in acht Tagen geht die Welt unter. Es gibt aber eine Sache, die noch wesentlich schlimmer ist als der Weltuntergang. Ich weiß, was Du jetzt sagen willst, liebes Tagebuch, und natürlich ist der HSV auch echt nervig – aber den meine ich in diesem Fall nicht. Ich rede hier über Besuche beim Arzt. Gibt es irgendwen in diesem Universum, der halbwegs normal ist und gerne zum Arzt geht? Gut, wenn mein Hausarzt weiblich wäre, Mitte Zwanzig, blond und eine Körbchengröße von… aber ich schweife ab!

Das Blöde am krank sein, ist die Tatsache, dass man sich irgendwann krankschreiben lassen muss. Wenn es nach mir ginge, würde ich allein und verlassen zu Hause bleiben und langsam vor mich hinleiden und -sterben. Also ganz allein natürlich nicht, meine Frau müsste den ganzen Tag leicht bekleidet… aber nein, das hatten wir hier schon. Also, lange Rede, kurzer Sinn: Ich musste am Dienstag zum Arzt.

Termin oder nicht Termin, das ist hier die Frage – also nicht nur hier, sondern generell. Telefonisch einen Termin auszumachen, bedeutet immer, zu den bescheidensten Zeiten aufzustehen zu müssen. Bei mir laufen diese Dialoge immer so ab:

Arztpraxis: Gemeinschaftspraxis Dr. Bla, Dr. Blabla und Dr. Blablabla. Wie kann ich Ihnen helfen?
Ich: Hallo, sind Sie weiblich, blond, Mitte Zwanzig und haben Körbchengröße…
Ich: Hallo, ich bin krank und hätte gerne einen Termin bei Dr. Blabla!
Arztpraxis: Kommen Sie morgen um 7 Uhr!
Ich: 7 Uhr??? Geht es auch ein bisschen später!
Arztpraxis: 7:10 Uhr kann ich Ihnen auch anbieten!
Ich: Was spricht gegen das gute, alte 15 Uhr?
Arztpraxis: Da ist schon alles voll!

Man stellt sich extra den Wecker am Montag-Morgen, um wirklich früh anzurufen (7:30 Uhr), und es sind IMMER nur Termine am nächsten Tag, Mitten in der Nacht frei. Wie ist das möglich? Campen die Leute vor der Arztpraxis, wie beim Release eines Apple-Produkts, nur um sich alle Nachmittagstermine zu reservieren? Ich möchte gerne ausschlafen, wenn ich krank bin, da ich mit einer Erkältung erfahrungsgemäß eher unruhige Nächte habe. Ich kann mich aber nicht daran erinnern, in den letzten fünf Jahren mal einen Nachmittagstermin bekommen zu haben…

Einfach so ohne Termin zum Arzt gehen, ist allerdings ein „Spiel mit dem Feuer“: Manchmal hat man Glück und alles ist leer – dies ist allerdings eher im Sommer der Fall. Im Winter bedeutet „einfach so hingehen“ eine Wartezeit von mindestens zwei Stunden in Kauf zu nehmen – zusammengepfercht in einem Wartezimmer voller kranker Menschen, von denen Dich jeder Zweite anhustet (das gute, alte „Hand vor den Mund“ scheint irgendwie voll aus der Mode gekommen zu sein).

Ich mache also einen Termin und betrete Dienstag Morgen um 7:10 Uhr im Halbschlaf die Praxis. Gemeinschaftspraxen sind übrigens super: Im rechten Bereich der Kinderarzt, wo einem schon am frühen Morgen panische Mütter entgegenrennen, die diesen „oh mein Gott, mein Kind wird auf jeden Fall sterben“-Gesichtsausdruck mit sich herumtragen. Besonders bei frischgebackenen Müttern mit Babys fällt mir das immer wieder auf. Sind die evtl. wegen des Schlafentzugs so hysterisch? Ich bin echt froh, liebes Tagebuch, dass der Kinderbereich da ein eigenes Wartezimmer hat. Da herrscht nämlich Krieg – und nein, ich übertreibe nicht: Jede Mutter in diesem Wartezimmer ist 100% davon überzeugt, dass sie sofort (ohne zu Warten) drankommen müsste, weil ihr Kind die schlimmste von allen Krankheiten hat. Dementsprechend rennt auch alle zwei Minuten irgendeine Mutter zum Empfang und beschwert sich, warum sie immer noch nicht dran ist, schließlich würde man doch sehen, wie schlecht es ihrem Kind ginge…

Wenn ich im Wartezimmer Platz nehme, habe ich immer ein schlechtes Gewissen. Die Empfangsdame fragt mich jedes Mal laut (gefühlt per Megafon), ob ich immer noch Privatpatient sei. In diesem Moment habe ich immer das Gefühl, dass sich die Augen der anderen Patienten verengen und sie mich mordlüstern anschauen. Das Wartezimmer ist so voll, dass manche Leute keinen Sitzplatz mehr bekommen. Zwei Minuten, nachdem ich den Raum betreten habe, werde ich aufgerufen, und ein leises Raunen geht durch das Zimmer. Vielleicht bilde ich mir das aber auch nur ein. Auf dem Weg aus dem Wartezimmer brülle ich eine Oma an, dass ich doch nichts dafür könne, ich würde die Regeln ja nicht machen. In diesem Moment fällt mir auf, dass die gute Dame eingeschlafen war – nun ist sie wach und kreidebleich. Und ja, ich glaube, ich bilde mir das doch nur ein…

Mein Arzt kommt rein, schüttelt meine Hand und stellt freundlich fest, dass wir uns lange nicht gesehen haben. „Ja, ich habe mich den Sommer über gut ernährt und viel Sport gemacht“, antworte ich stolz. Eigentlich mag ich meinen Hausarzt. Das Problem ist, er will mir IMMER Antibiotika verschreiben. Wenn ich eines von meiner Mama gelernt habe, dann, dass Antibiotika Gift für den Körper sind und mehr zerstören, als dass sie helfen. Manchmal habe ich das Gefühl, dass mein Hausarzt ein Mitarbeiter irgendeiner Firma ist, die Antibiotika vertreiben und er am Verkauf beteiligt ist. Ich bin mir sicher, dass er mir selbst bei Durchfall dazu raten würde…

Auch heute führen wir wieder denselben Kampf:

Arzt: Was haben Sie denn genau, Herr Krömer?
Ich: Das Übliche: Erkältung, Halsschmerzen und Schnupfen.
Arzt: Gut, dann schauen wir uns das mal eben an genauer an…
(Fasst mir an den Hals, guckt mir in die Ohren und in den Rachen)
Arzt: Da würde ich Ihnen dringend zu Antibiotika raten. Da ist schon ein wenig Flüssigkeit in den Ohren, nicht dass daraus noch eine Mittelohrentzündung wird…
Ich: Ich habe alles, was ich brauche. Eigentlich bin ich nur wegen der Krankschreibung hier…
Arzt: Damit ist aber nicht zu spaßen, Herr Krömer! Ich würde Ihnen dringend dazu raten…
Ich: Oh, ich sehe gerade, dass sich da in ihrem Computer ein Fehler eingeschlichen hat: Ich bin gar kein Privatpatient, ich bin Kassen…
Arzt: Alles klar, ich schreibe Sie bis Freitag krank. Einen schönen Tag noch *summ* (Lichtgeschwindigkeit)

So, liebes Tagebuch, jetzt habe ich Dich aber genug vollgelabert. Du willst sicher Deine letzten Tage auch noch genießen. Solltest Du morgen Langeweile haben, darf ich Dir die zweite Ausgabe von „Schlag den Paap“ empfehlen. Das geht um 20 Uhr los und wird Dich gut unterhalten. Bis die Tage…

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