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Fußball ist nicht gerecht – das weiß jeder, der seinen Verein mit derselben Leidenschaft verfolgt wie ich. Ob der Sieg des Hamburger SV am Ende verdient war, darüber kann man streiten. Hätte man mir diese Frage nach ersten Halbzeit gestellt, wäre meine Antwort (trotz Werder-Brille) immer „auf jeden Fall“ gewesen. Betrachtet man aber die gesamten neunzig Minuten, muss man meiner Ansicht nach resümieren, dass der HSV dreißig starke Minuten hatte, aber danach das Fußballspielen eingestellt hat.

Werder wurde zu Beginn dieses 104ten Nordderbys förmlich überrannt. Die Spieler kamen überhaupt nicht in die Zweikämpfe, und man hatte als Zuschauer das Gefühl, als wäre man mit der völlig falschen Einstellung ins Spiel gegangen. So einfach, wie der HSV zu Torchancen kam bzw. seine Tore erzielte, musste man annehmen, dass niemand der Werder-Abwehr erzählt hatte, dass dies kein Freundschaftsspiel war. Aber seien wir mal ehrlich: Ein solch dilettantisches Abwehrverhalten kennen wir von Werder – es zieht sich quasi durch die gesamte Saison.

Der Pokal hat seine eigenen Gesetze – zumindest für Werder. Denn aus irgendeinem Grund war man in dieser Saison in der Lage, dort ein komplett anderes Gesicht zu zeigen als in der Bundesliga. Stimmte am Dienstag in München die Einstellung und die Einsatzbereitschaft noch zu 100%, war davon in Hamburg nichts mehr zu sehen. Man brauchte ca. dreißig Minuten, um überhaupt halbwegs in diese Partie zu kommen.

Beim Stand von 2:0 für den HSV spielte dann quasi nur noch Werder. Der HSV zog sich in den eigenen Strafraum zurück und beschränkte sich aufs Verteidigen, bzw. auf gelegentliche Konterversuche, die allerdings größtenteils verpufften. Und genau hier kommen wir zum großen Knackpunkt, der sich ebenfalls durch die gesamte Werder-Saison zieht: Man ist trotz teilweise drückender Überlegenheit nicht in der Lage, wirklich zwingend zu sein und sich konsequent Torchancen herauszuspielen. Und die Chancen, die man hat, lässt man leider teilweise kläglich liegen.

Bei allem Respekt für Claudio Pizarro, aber was war denn bitte DAS für ein Elfmeter? Wüsste ich es nicht besser, würde ich sagen, dass er gekauft war und diesen Strafstoß absichtlich in Drobnys Arme gejagt hat – so schlecht war der geschossen. Auch in der letzten Chance des Spiels köpfte er aus aussichtsreicher Position knapp neben das Tor.

Lange Rede, kurzer Sinn: Warum hat der HSV dieses Nordderby gewonnen? Weil man seine wenigen Chancen konsequent genutzt hat und Werder eben nicht. Die Bremer hatten über die gesamten neunzig Minuten mehr vom Spiel, waren aber nicht in der Lage, daraus Kapital zu schlagen. Dies lag für mich vor allem an der Spielweise – lange Bälle nach vorne zu schlagen, reicht auf diesem Niveau einfach nicht mehr aus. Da sich auch dies durch die gesamte Saison zieht, sehe ich ehrlich gesagt den Trainer Skripnik mittlerweile als gescheitert an. Die Mannschaft spielte nur wenige Wochen nach seiner Beförderung zum Cheftrainer ein äußerst erfrischendes Kurzpassspiel. Was ist in diesem einen Jahr passiert?

Der HSV muss sich den Vorwurf gefallen lassen, zu früh mit dem Fußballspielen aufgehört zu haben. Teilweise lag man schon arg in den Seilen. Und gegen eine bessere Mannschaft als Werder Bremen wäre dies sicher (wieder) nach hinten losgegangen.

Wohin geht es nun für meine Werderaner? Man hat den Nicht-Abstieg nach wie vor in der eigenen Hand: Siegt man nächste Woche (Montag) im eigenen Stadion gegen den VFB Stuttgart, verlässt man sogar die Abstiegsränge. Da man am letzten Spieltag die Eintracht aus Frankfurt im Weserstadion zu Gast hat, könnte das durchaus noch was werden mit dem Klassenerhalt. Das Problem ist aber leider, dass die „Pralinenschachtel“ Werder Bremen diese Heimspiele noch lange nicht gewonnen hat.


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3 KOMMENTARE

  1. „Man ist trotz teilweise drückender Überlegenheit nicht in der Lage, wirklich zwingend zu sein und sich konsequent Torchancen herauszuspielen. Und die Chancen, die man hat, lässt man leider teilweise kläglich liegen.“ Kann ich leider für meine Eintracht auch nur genau so unterschreiben… einfach traurig. Mal sehen was das Derby gegen Mainz heute bringt.

  2. Für mich als Stuttgarter ein seeehr schweres Spiel.
    Wenn der HSV verliert ist die Relegation noch möglich und der HSV hat verloren, aber Bremen hat eben gewonnen.
    Wenn Bremen gewinnt ist das aus Tabellarischer Sicht schlecht für uns.
    Ein unentschieden ist sowohl schlecht für uns, weil Bremen punktet, als auch schlecht für die Relegation, weil der HSV punktet.
    Riesen große Zwickmühle 🙁

  3. Ich selbst bin ja auch Werder Fan. In Bremen ist man nicht bereit nen Risiko einzugehen. Die Spieler dürfen kaum Geld kosten und man ist einfach nicht bereit mal nen bissl mehr Geld für bessere Spieler auszugeben. Sollte sich dennoch mal nen guter Spieler unter den Bremern entwickeln wird er ruck zuck von nem anderen Verein gekauft weil Bremen nichts zahlen will / kann. Wer oben mitspielen will muss halt Geld investieren. Mit dem Buget mit dem Werder heute noch arbeiten will gehören sie zu recht in die zweite Liga. Bremen muss einfach das Risiko langsam eingehen und Kredite aufnehmen um endlich gute Spieler zu verpflichten und sie dann auch versuchen zu halten.

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