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Community-Mitglied Thies hat mir vor meinem USA-Urlaub folgenden hochinteressanten Leserbrief geschrieben, den ich Euch hier gerne nachliefern würde…

„Vielleicht hast Du es ja mitbekommen, dass die CDU gerade darüber diskutiert, ob Bluttest während der Schwangerschaft von der Krankenkasse übernommen werden sollen. Durch diese Tests können beispielsweise das Down-Syndrom schon früh erkannt werden und das Kind dann abgetrieben werden.

Mein „geistig behinderter“ Bruder wurde dieses Jahr 40 Jahre alt, ich werde Ende Oktober 38 Jahre alt. Ich glaube, ich kann bei dem Thema ziemlich gut mitreden, denn ich habe mein Leben lang mit „behinderten“ Menschen zu tun. Daher habe ich auf Facebook meinen Senf dazu geben.

Die CDU diskutiert darüber, ob die Krankenkassen die Kosten für eine Blutuntersuchung auf Down-Syndrom übernehmen sollen. Ich finde die Debatte schrecklich. Hört und liest man die CDU-Gegner dieser Kostenübernahme, so wird so getan, als wäre es eine Grundsatzentscheidung über das Leben. FAKT ist: Die Blutuntersuchung ist legal. Jetzt wird darüber diskutiert, ob man von der Zwei-Klassen-Medizin abweichen möchte und auch armen Menschen diese Untersuchung ermöglich will oder diese nur für die Mittel- und Oberschicht zur Verfügung stehen soll. Es geht nicht um das Leben, sondern um den Verlust eines Privilegs. Das Privileg ein „behindertes“ Kinder abtreiben zu können.

Bin ich für die Blutuntersuchung? Die Frage ist wirklich schwer zu beantworten. Mein Bruder hat zwar nicht das Down-Syndrom, aber ich bin dankbar dafür das er so ist wie er ist. Denn seinetwegen bin ich auch so, wie ich bin. Ich für mich behaupte, dass ich AUCH wegen meinem „behinderten“ Bruder ein Antifaschist und solidarischer Mensch bin. Da ich aus erster Hand weiß, wie es ist mit einem „behinderten“ Menschen in der Familie aufzuwachsen und wie schwer das für Mütter, Väter, Brüder und Schwestern ist (Ja die Geschwister werden meistens gerne vergessen) kann ich es schon verstehen, dass Menschen so ein Leben nicht führen möchten.

Ginge es in der Diskussion um die Legalität dieser Bluttest, wüsste ich nicht wie mich mich entscheiden würde. Ich bin da zwischen beiden Position zerrissen. Das es aber NUR um die Kostenübernahme geht, bin ich klar FÜR die Kostenübernahme. Denn auch arme Menschen sollten diese Möglichkeit haben. Gerade für arme Familien ist sind die finanziellen „Belastungen“ schwerer zu tragen.

Mein Bruder, meine Schwester und ich hatten das Glück in einer „privilegierten“ Mittelschicht Familie aufzuwachsen. Unsere Eltern konnten meinem Bruder daher vieles ermöglichen. Mit Hartz-4 hätte unsere Familie sicher nicht alle drei Jahre zu einem bundesweiten Treffen einer Familienselbsthilfegruppe reisen können.“

Spannendes und schwieriges Thema. Wir haben diesen Test bei Leo übrigens auch machen lassen (und ihn selbst bezahlt). Ich finde dies auch durchaus legitim. Jedes Elternpaar sollte dies für sich selbst entscheiden dürfen. Und natürlich bin ich auch dafür, dass dieser Test von den Krankenkassen bezahlt werden muss.

Wie seht Ihr die Sache?


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54 KOMMENTARE

  1. Meiner Meinung nach sollten die ganzen „Abtreibung ist Mord“ schreier hier mal darüber nachdenken, ob eine Abtreibung und ein NICHT Schwanger werden nicht das gleiche sind.

    Wie Kinki so schön ausführt sind es nur Zellen und nicht als Mensch zu definieren und wenn es aber ja so unmeschlich ist soetwas abzutreiben da ja jeder ein recht auf leben hat bla bla bla, dann müsste doch auch jede Frau permanent schwanger sein, da jedes nicht Schwanger werden (Pille, Kondome etc.) ebenfall einem Menschen das Leben verwehrt.

    Und ja es ist genau das gleiche!

    • „Meiner Meinung nach sollten die ganzen „Abtreibung ist Mord“ schreier hier mal darüber nachdenken, ob eine Abtreibung und ein NICHT Schwanger werden nicht das gleiche sind.“
      Kannst du mir die „Abtreibung ist Mord“-Schreier bitte zeigen? Habe noch keinen von denen gefunden.

      „Wie Kinki so schön ausführt sind es nur Zellen und nicht als Mensch zu definieren und wenn es aber ja so unmeschlich ist soetwas abzutreiben da ja jeder ein recht auf leben hat bla bla bla, dann müsste doch auch jede Frau permanent schwanger sein, da jedes nicht Schwanger werden (Pille, Kondome etc.) ebenfall einem Menschen das Leben verwehrt.“
      Was macht denn einen Menschen zu etwas anderem als „Zellen“? Kannst du mir da eine wasserdichte Definition liefern?

      „und wenn es aber ja so unmeschlich ist soetwas abzutreiben da ja jeder ein recht auf leben hat bla bla bla, dann müsste doch auch jede Frau permanent schwanger sein, da jedes nicht Schwanger werden (Pille, Kondome etc.) ebenfall einem Menschen das Leben verwehrt.“
      Kannst du auch argumentieren, ohne einen Strohmann aufzubauen? Du attackierst ein Argument, das niemand ernsthaft vorträgt.

      „Und ja es ist genau das gleiche!“
      Nö, es ist sogar ziemlich abwegig.

  2. Sorry, aber wenn hier mit den „finanziellen Kosten für die Allgemeinheit“ argumentiert wird kommt mir die kalte Kotze hoch und der plötzliche Wunsch entsteht in mir, dass jede Abtreibung verboten wäre. Zeigt imo auch sehr deutlich, dass die Verbrechen der NS-Zeit nicht eine historische Anomalie gewesen sind, sondern sich mit den richtigen Vorzeichen jederzeit wiederholen könnten. Entsprechend nötiges Gedankengut scheint ja immer noch in genug Köpfen vorhanden zu sein.

    • Jeder hier hat wohl klargemacht, dass sich die Diskussion nicht um existentes Leben, um den Menschen mit Behinderung dreht. Keiner hat auch nur angedeutet, dass dessen Leben weniger Wert sein könnte, oder gar irgendwelche nationalsozialistischen Lehren vom unwerten Leben rezitiert.

      Wir reden über einen Fötus. Ein Zellhaufen, der außerhalb des Mutterleibes nicht lebensfähig ist. Per Definition ist das kein Mensch. Und deshalb geht es nicht um Menschenrechte.

      Dass du in dieser Diskussion die Nazikeule rausholst, ist hochgradig unangebracht und für alle Diskutanten beleidigend. Du solltest darüber nachdenken und dich dann entschuldigen.

      Eine ganz andere Thematik wäre die Abtreibungsdebatte als solche: Dazu gibt es ja alle Meinungen, von ganz links, die bis zur Sekunde der Geburt abtreiben wollen, bis ganz rechts, die die befruchtete Eizelle schon als menschliches Leben und Rechteinhaber ansehen.

      Diese zwei Diskussionen sollten wir aber nicht miteinander vermischen, sondern vom gültigen Abtreibungsrecht ausgehen. Nur auf dieser (gemeinsamen) Basis ist ein sinnvoller Gedankenaustausch möglich.

      • „Wir reden über einen Fötus. Ein Zellhaufen, der außerhalb des Mutterleibes nicht lebensfähig ist. Per Definition ist das kein Mensch. Und deshalb geht es nicht um Menschenrechte.“
        Dennoch ist es legal, im Falle einer Behinderung auch Föten abzutreiben, die bereits (mit medizinischer Unterstützung) außerhalb des Mutterleibs lebensfähig wären. Und auch solche Föten werden mithilfe dieses Testes diagnostiziert. Die Debatte ist nicht so binär, wie du sie darstellst. Die Frage, wo menschliches Leben beginnt, ist (auch vom jetzigen Abtreibungsrecht ausgehend) sehr, sehr schwierig und aus meiner Sicht sind Begriffe wie „Zellhaufen“ daher deplatziert. Wenn man der (aus meiner Sicht nachvollziehbaren) Meinung ist, dass ein Fötus (und sei es ab einem gewissen Zeitpunkt) ein Menschenleben ist, kann man durchaus der Meinung sein, dass hier Selektion von Menschen nach ökonomischen oder schlimmstenfalls ideologischen Gesichtspunkten stattfindet.

        • Du führst aber jetzt eine andere Diskussion. Wir reden hier über einen Test eindeutig im Fötusstadium, ohne Lebensfähigkeit außerhalb des Mutterleibes. Und nur für diesen Fall gelten auch meine Ausführungen.

          Abtreibungen im 7., 8., 9. Monat aufgrund medizinischer indikation sind ein ganz anderes Thema, das wir gerne mal an anderer Stelle diskutieren können.

          Von daher: nein, es geht nicht um Selektion von MENSCHEN.

      • Es braucht nicht 10 Leute, die sagen, dass das Leben behinderter Menschen nicht lebenswert ist. Wenn aber in 9 Köpfen der Gedanke rumspukt, dass ein behinderter Mensch ein riesiger Kostenpunkt für die Gesellschaft ist und daher schon als Fötus abgetrieben gehört, reicht eine Person, die noch den Schritt weitergeht und die 9 anderen stimmen ihm im Groben zu und/oder nehmen es stillschweigend hin, dass er jegliches Leben behinderter Menschen beendet.
        Übrigens interessiert mich deine Definition von Mensch, wenn ungeborenes Leben „per Definition“ nicht dazu gehört.

        Btw ist das Abtreiben wegen Behinderung für mich sowas wie das Öffnen der Büchse der Pandora. Wenn wir anfangen ungeborenes Leben nach Qualitätsmerkmalen zu filtern, warum dann nicht gleich auch nach Geschlecht, Haarfarbe, Augenfarbe usw nach dem Motto „Och nö, so will ich das Kind nicht also weg damit.“

        • Das Menschsein beginnt mit der Geburt. Ich kann mich da ganz an die Rechtsordnung halten. Der Fötus ist ab der 13. Woche vor Tötung geschützt, außer in medizinisch indizierten Fällen.

          Im übrigen habe ich in meinem allerersten Post bereits folgendes geschrieben:

          „Der Test auf Behinderungen ist aber gleichzeitig die Grenze, die ich bei dieser Thematik ziehen möchte. Es geht „nur“ um gesunden, nicht um „perfekten“ Nachwuchs. Es ist ja auch gesetzlich verboten, den Eltern vor Ablauf der 12. Schwangerschaftswoche das Geschlecht des Fötus‘ mitzuteilen. Genausowenig dürfen jemals Größe, Haut-, Augen- oder Haarfarbe eine Rolle spielen, ob ein Fötus ausgetragen wird.“

          Dass du genau das als Argument nimmst, was ich bereits ausgeschlossen habe, lässt dich nicht besonders redlich erscheinen.

  3. Vorab: ich hab zwei Kinder und wir haben den Test bei beiden Kindern gemacht. Ich finde es richtig den Eltern zu überlassen, ob sie ein behindertes Kind groß ziehen möchten oder nicht. Die Belastung ist eine völlig andere als bei einem nicht-behinderten Kind und von daher ist es aus meiner Sicht völlig in Ordnung diese Entscheidung den Eltern zu überlassen. Deutlich: für ein nicht-behindertes Kind trägst du Verantwortung bis es 18 ist – bei einem Kind mit Behinderung bist es stirbt.

    Ich persönlich hätte auch kein behindertes Kind groß ziehen wollen. Ein ehemaliger Arbeitskollege von mir hatte ein Down Kind. Hatte, weil der Mann mit 67 Jahren gestorben ist (seine Frau 4 Jahre zuvor). Das Kind ist irgendwas um die 40 und ist jetzt völlig allein und versteht überhaupt nicht, was mit ihm grad passiert und warum Papa und Mama nicht mehr kommen.

    Was mir hier überhaupt nicht gefällt ist die Verquickung des Themas mit Kapitalistischer Kostenlogik – frei nach dem Motto „Rechnet mal was so ein Down Kind der Gesellschaft kostet“. Ja, ich bin ein links-grün-versiffter Gutmensch, aber ich finde die kaptitalistische Kosten-Nutzen-Logik kann doch kein Grund sein, ob Leben leben darf oder nicht. Auch die Aufrechnung „Kosten des Tests vs. Kosten eines Down Kindes“ finde ich echt abartig. Das ist absolut nicht mein Menschenbild. Könnte kotzen, wenn ich sowas lese.

    • Es gibt btw mehrere Abstufungen zwischen 100% Verantwortung für behindertes Kind und Abtreibung. Man muss dem Kind nicht zwangsläufig das Recht auf Leben verwehren, nur weil man nicht die volle Verantwortung dafür tragen will oder muss. Dass es fürs Gewissen natürlich schwieriger ist ein Neugeborenes abzugeben statt einen Gesichtslosen Embryo abzutreiben ist verständlich, darf aber nicht maßgeblich für die Entscheidung sein.

    • Grundsätzlich stimme ich dir darin zu, dass (menschliches) Leben keiner Kapitalismuslogik unterliegt. Ich denke, da wird dir/uns auch niemand widersprechen.

      Ich möchte aber zwei Aspekte ansprechen, die die Argumentation für dich vielleicht weniger abstoßend machen:

      1. Wir reden über etwas, was per Definition eben noch kein Mensch ist, kein Träger von Rechten. Im Grunde ist die Ethik ähnlich wie beim Tier, welches einerseits als Sache betrachtet wird, andererseits – dank Tierschutzgesetzen etc. – doch irgendwas anderes – höherwertiges als eine Sache ist. Gleichwohl: Ginge es um die Fortpflanzung von Haustieren, würde die Frage, ob das die Allgemeinheit bezahlen soll, wohl nicht zur Diskussion stehen.

      2. Eine Kosten-Nutzen-Rechnung ist grundsätzlich schon angebracht. Stell Dir einfach vor, die betreffende Behinderung würde bei einer von 100 Millionen Geburten vorkommen und der Test würde 10.000 Euro kosten. Dann würden wir statistisch über eine Millarde Euro Kosten für die Allgemeinheit – ob Steuer oder KV-Beitrag ist jetzt mal egal – reden, um einen pränataldiagnostischen Treffer zu erzielen. Du stimmst mir doch sicher zu, bei einem solchen Szenario wären die Kosten völlig außer Verhältnis. Obwohl die grundsätzliche Motivation dieselbe wäre.

      Wo wir die Kosten-Nutzen-Grenze ziehen, darüber können wir lange diskutieren. Dass es aber eine gibt, solltest du einsehen.

  4. Finde es erschreckend wie viele Menschen es als „verantwortungslos“ sehen, Kinder mit einer Behinderung auf die Welt zu bringen. Natürlich sind Behinderungen nach kapitalistischer Logik so gut es geht zu vermeiden. Wenn der Wert des Menschen von seiner Arbeitskraft abhängt, dann können Menschen mit Behinderungen einfach nicht mithalten. Aber wenn man jetzt Menschen nach dieser Logik aussortiert, gibt man dem System doch die Legitimation so weiter zu machen als wäre dieser Konkurrenzkampf das einzig Wahre.
    Und wo soll das dann aufhören? Jetzt ist es bei einer Behinderung, ist es in 50 Jahren dann „verantwortungslos“ jemand auf die Welt zu setzen, der durch seine Gene eine höhere Vulnerabilität gegenüber Krebserkrankungen besitzt?
    Und hier geht es NUR um die Übernahme der Kosten eines Bluttests. Und ja, Eltern sollten so gut es geht informiert werden können wie es dem Kind geht. Das darf nicht vom Einkommen abhängig sein. Ob Eltern dieses Kind dann abtreiben oder nicht, ist zum Glück immernoch ihre eigene Entscheidung. Wertungen wie „Verantwortungslosigkeit“ haben in dieser Debatte absoulut nichts zu suchen.

    • Naja, grundsätzlich gebe ich dir recht, dass man Menschen nicht nach ihrer Arbeitskraft beurteilen sollte. Man darf aber eben auch nicht die Belastung vergessen, die ein behindertes Kind bei der Familie verursachen kann. Viele Eltern sind ja schon mit ihren normalen Kindern überfordert, wenn ich mir ansehe, wie manche Familien auf der Straße oder im Supermarkt miteinander umgehen – klar, sind nur Momentaufnahmen, aber meine Mutter hätte mich zB nie an der Kasse im Supermarkt mit „Halt jetzt dein dummes Maul!“ angebrüllt, kürzlich erst wieder miterlebt.
      Selbst wenn die Eltern gut für das Kind sorgen, ist es für sie oft eine starke psychische Belastung, denn irgendwann ertappt sich jeder mal dabei, ohne es selbst zu wollen, enttäuscht davon zu sein, dass das Kind sich nicht so entwickelt wie man es erwartet hat. Das führt dann wiederum dazu, dass man sich für schuldig oder ungerecht hält, denn das Kind kann ja nichts dafür.
      Behinderte Kinder sind nicht weniger lebens- oder liebenswert, ich glaube nur, dass nicht alle Eltern in der Lage wären, mit der Einschränkung des Kindes angemessen umzugehen. Und wenn du deinem Kind das Gefühl gibst, ungewollt oder nicht „normal“ zu sein, kann das irreparablen Schaden anrichten.
      Grundsätzlich ist es nicht „verantwortungslos“ ein Kind mit Behinderung auf die Welt zu bringen. Man sollte sich nur sicher sein, worauf man sich einlässt, da sonst das Kind am Ende leidet.

      • Die Frage ist auch, ob man es sich als Gesellschaft anmaßen möchte, zu entscheiden, ob ein Leben voller Schwierigkeiten für ein Kind schlechter ist als gar kein Leben.

  5. Ich fürchte, ich mache mir hiermit keine Freunde, aber ich muss an dieser Stelle sagen, dass ich entsetzt über die Argumentationen hier bin.
    Ob der Test von der Kasse bezahlt werden sollte, ist aus meiner Sicht nur ein Teil der Frage. Der Meinung zu sein, dass eine solche Technologie nicht nur wohlhabenden Menschen zur Verfügung stehen sollte, ist nachvollziehbar.
    Was ich hingegen ausgesprochen problematisch finde, ist der Ansatz, den manche Leute hier betreiben, wenn es darum geht, den Test an sich zu bewerten. Hier werden ohne moralische Schwierigkeiten Argumente vorgebracht wie: „Eine breite Verbreitung dieses Tests ist gut, weil die Gesellschaft dann mit weniger Behinderten belastet wird, die nichts zu ihr beitragen können.“ Diese Argumentationskette verstößt aus meiner Sicht klar gegen die Menschenwürde. Was hier gemacht wird, ist, das Leben von Down-Syndrom-Kranken für minderwertig gegenüber nichtbehinderten Menschen zu erklären. Der Wert eines Menschen berechnet sich aber nicht anhand seiner Produktivität oder seines Beitrags zur Gesellschaft. Wenn man diese Art der Argumentation zu Ende denkt, werden Eltern, die sich entscheiden, ein krankes Kind auszutragen und großzuziehen, diskriminiert und problematisiert werden. Möchtet ihr wirklich in einer Gesellschaft leben, in der gesagt wird: „Der Idiot hat sich tatsächlich entschieden, ein behindertes Kind zu bekommen, wie asozial.“?

    • Ich glaube, dass ist nicht richtig.

      Verhinderung eines behinderten Kindes, was immer ein Nachteil dessen ist: ja.

      ist das Leben von Behinderten minderwertig: nein.

      Ich denke auch, jeder Behinderte und der einen in der Familie hat wird mir zustimmen.

      Man will seinem Kind ja das bestmögliche Leben geben.

      • „Verhinderung eines behinderten Kindes, was immer ein Nachteil dessen ist: ja.

        ist das Leben von Behinderten minderwertig: nein.“

        Das wäre eine Sichtweise, die ich teilen könnte, wenn eine solche Diagnostik eine Therapie nach sich ziehen könnte. Tut sie aber nicht, weil es keine gibt. Die einzige mögliche medizinische Maßnahme ist der Schwangerschaftsabbruch. Man gibt auf diesem Wege (aus meiner Sicht) nicht seinem Kind das bestmögliche Leben, sondern bringt ein anderes Kind zur Welt.

        • „Verhinderung eines behinderten Kindes, was immer ein Nachteil dessen ist: ja.

          ist das Leben von Behinderten minderwertig: nein.“

          Sorry für mich ist das Doublespeak geboren aus Political Correctness. Entweder is das Leben es wert, gelebt zu werden oder nicht. Wie soll ein Mensch mit Behinderung einen Lebenssinn finden, ein Selbstwertgefühl aufbauen oder sein Schicksal als Mensch mit Behinderung annehmen und akzeptieren können, wenn seine Art der Behinderung ein gesellschaftlich anerkannter Grund einer Abtreibung ist?

  6. Zunächst einmal.
    Es gibt bereits eine nicht invasive Methode, um verschiedene Fehlbildungen und Trisomien vorzeitig erkennen zu können und das ist die Nackenfaltenmessung. Sie kann aber nur eine Tendenz abbilden und ist niemals zu 100% aussagekräftig. Sollte sich ein Verdacht einstellen, kann durch eine invasive Methode näher geschaut werden. Solche Methoden sind immer mit einem gewissen Risiko für Mutter und Kind verbunden und es kann auch zu einer Fehlgeburt kommen. Ein Risiko, welches durch den Diskutierten Bluttest gänzlich eliminiert wurde.
    Unter diesem Aspekt gesehen ein klares Plus für diesen Test und sinnvoll, ihn jedem kostenfrei zugänglich zu machen.

    Nun zu dem Teil, der dann ethisch etwas kniffiger wird.
    Ich bin absolut der Meinung, dass Eltern nur für sich die richtige Entscheidung treffen können, ob sie ein Kind mit einer Beeinträchtigung großziehen können oder nicht. Weshalb ich solche Entscheidungen niemals moralisch in Frage stellen würde.

    Ich komme an dieser Stelle aber nicht umhin ein Plädoyer für einen Wandel unserer Gesellschaft zu halten.
    Ich lese hier immer wieder von den „gleichen Chancen“. Es ist vermutlich das größte Argument… Alle sollen die gleichen Chancen haben. Und ein Kind mit einer Behinderung hat nicht die gleichen Chancen.
    Chancen worauf?
    Die gleichen Chancen in unserem Bildungssystem? (meistens ist das damit gemeint)
    … den Beruf auszuüben, den man sich erträumt.
    … die Familie zu Gründen, die man sich erträumt?
    … dahin zu reisen, wohin man möchte?
    … darf individuell ergänzt werden …

    Ich denke dan immer „Bullshit“.
    Ja, es gibt vermutlich Berufe, die man als Mensch mit Behinderung nicht ausüben kann. Die gibt es für jeden anderen aber auch. (Jemand hat Höhenangst, der wird wohl kein Bergretter) Und genauso geht es mit allen anderen Dingen auch.
    Das heißt doch nicht, dass ich deshlab unzufrieden bin und das heißt auch nicht, dass ein Mensch mit Behinderung unzufrieden ist. Und das heißt schon gar nicht, dass ein Mensch mit Behinderung per se unzufriedener im Leben ist, als jemand der keine derartige Beeinträchtigung hat.

    Was tun wir denn mit „Normalen“ Menschen, die einen Traum verfolgen? Wir unterstützen sie in ihrem Tun. Was tun wir denn mit Menschen mit Behinderung, die ihren Traum verfolgen möchte? Wir stecken sie viel zu oft in eine Schublade und sagen: „dass wirst DU niemals schaffen.“
    Warum?
    Wir als Gesellschaft haben die Verantwortung allen unseren Mitgliedern das Maß an Unterstützung zu geben, welches sie benötigen. Der eine braucht dafür einen Hochschulabschluss und jemand anderes eine Ausbildung zum Bäcker und jemand anderes braucht gar keine Ausbildung, weil er als Aushilfe mit Leidenschaft im Restaurant kellnert und jemand anderes kann gar keinen Beruf ausüben, weil er schwer-merfach-behindert ist, es aber liebt Musik zu hören oder auf der Wiese vor dem Haus zu liegen. Wir leben in Deutschland in einem solchen Überfluss, dass wir nicht auf die wirtschaftliche Unterstützung aller Mitglieder angewiesen sind.

    Jeden Menschen macht etwas anderes glücklich und wer bin ich, dass ich meine Maßstäbe anlege?

    Ich habe mit Kindern gearbeitet, die so stark eingeschränkt waren, dass ich nicht mehr sagen konnte, ob dieses Kind Freude am Leben hat. Aber wer bin ich, das zu beurteilen?
    Vielleicht war für diese Kinder der Geschmack von Bananen genauso glückbringend wie für jemand anderen das studieren an der Uni.

    Löst diese Grenzen in euren Köpfen auf. Ihr selbst seid nicht das Maß der Dinge. Seid euch gewiss, dass jemand anderes genauso von euch denkt, wie ihr vielleicht über jemanden mit einer Behinderung. „Wie kann DER noch Freude im Leben haben, wenn DER 6 Stunden am Tag vorm PC hockt.“ (z.b.)

    „normal“ sein gibt es nicht. Mensch sein sehr wohl.
    Mensch sein ist eine Spektrumsstörung

  7. Was eine nutzlose Diskussion.
    Ich gehe mal davon aus, es geht um die Pränataldiagnose bzw. Nackenfaltenmessung.
    Diese kostet wahnsinnige 100€ (manchmal bis maximal 200€).
    Dafür bekommen die Eltern eine gewissen Sicherheit, dass es ihrem Kind gut geht und worauf sie sich eventuell vorbereiten können. Es kann die Stress-Situation Schwangerschaft erheblich erleichtern.
    Es geht dabei nicht um die Entscheidung, ob man besser fix abtreiben soll – das ist ein populistischer Vorwand, um etwas legales und SEHR hilfreiches als Tabu zu betiteln.
    Die 100€ kann die Kasse gerne springen lassen. Die Zeit, die für diese Diskussion aufgewendet wird, hat sicher schon mehr Kosten verursacht als in den nächsten Jahren dafür nötig wäre.

    • Leider irrst du in vielen Bereichen deines Posts.
      Es geht nicht um die Nackenfaltenmessung.
      Bei einer Nackenfaltenmessung bekommen die Eltern eventuell auch eine „negative“ Nachricht, welche aber zu einem hohen Prozentsatz falsch sein kann. Das trägt erheblich zu einer Zunahme des Stresses während der Schwangerschaft bei und hat oft eine invasive Folgeuntersuchung zur Folge. Welche das Risiko einer Fehlgeburt birgt.
      Der angesprochene Test ist dagegen ohne Risiko.
      Die Diskussion dreht sich allerdings nicht nur um Kosten, sondern eben auch um den etischen Aspekt der Früherkennung von Krankheit und Behinderung und eben der Einschätzung auf den Wert des menschlichen Lebens.

  8. Leide selber an einem Gen-Defekt, der mich in absehbarer Zeit in den Rollenstuhl befördern wird.
    Das eine Behinderung einem Steine in den Weg legt ist leider nach wie vor Realität (Antidiskriminierung existiert gerade im Berufsleben nur auf dem Papier).
    Meine Mutter wusste davon nichts, sonst hätte sie sich strikt gegen Kinder entschieden.
    Und hier sind wir beim entscheidenden Punkt. Wenn die Möglichkeit besteht, es vorher zu wissen, sollte man diese auch nutzen. Ich halte es schlicht für verantwortungslos, jemanden in diese Welt zu bringen, der von Anfang an mit schlechten Karten startet.

    • Kann deinen Standpunkt sehr gut nachvollziehen und sehe die Tests auch positiv. Wir hatten dieses Jahr gerade erst Glück das alle Tests negativ ausgefallen sind. Die tatsächliche Entscheidungsdiskussion wäre für uns beide sehr unangenehm geworden.
      Andererseits, finde ich, sollte es jedem selbst überlassen sein, ob er das Risiko eines behinderten Kindes eingeht oder er dieses, ob aus persönlichen oder finanziellen Gründen, ausschließt.

      Zu deinem letzten Standpunkt: „Ich halte es schlicht für verantwortungslos, jemanden in diese Welt zu bringen, der von Anfang an mit schlechten Karten startet.“
      Sollten dann arme Menschen (zB Hartz4 oder <2000 Nettohaushaltseinkommen) auch keine Kinder bekommen dürfen?
      Man könnte ja so argumentieren, dass egal ob behindert oder arm das Kind sehr wahrscheinlich dem Staat (also uns allen) auf der Tasche liegt.
      Was ich damit sagen will… doofes Argument.

      • Ich finde schon, dass man hier von Verantwortungslosigkeit sprechen kann, jedenfalls dann, wenn die Kosten eines behinderten Kindes, welches sehenden Auges ausgetragen wird, der Allgemeinheit auferlegt werden. Andersrum gesagt: Wären wir irgendwo in Afrika, wo die Familie das einzige Sozialsystem ist, und gäbe es dort die Möglichkeit der Pränataldiagnostik, würde das behinderte Kind die Familie in Armut stürzen.

        Was nun die Parallele zum sozialschwachen Haushalt angeht: Sicherlich will keiner soweit gehen, denen das Kinderkriegen zu verbieten. Wenn ich dann aber sehe, dass ein Hartz IV-Paar sieben Kinder in die Welt setzt, dann habe ich tatsächlich kein Problem damit, dies als verantwortungslos zu bezeichnen. Ein Kind, zwei Kinder, drei Kinder, das ist irgendwo ein biologischer Imperativ. Aber selbst da würde ich von den Eltern verlangen, dass sie ihren Kindern bestmögliche Chancen bieten d. h. sie so zu erziehen, dass aus den Kindern mehr werden kann.

        Leider sieht die Realität anders aus: Je sozialschwächer die Familien sind, desto häufiger scheinen die Kinder nicht viel mehr als wandelnde Kindergeldschecks zu sein. Und wer keine Kinder erziehen kann oder will, ja, dem würde ich am liebsten das Kinderkriegen verbieten. Auch wenn ich einsehe, dass das nicht machbar ist.

        Aber als „verantwortungslos“ darf ich es dann wenigstens bezeichnen.

    • Schlechte Karten aus wessen Sicht? Aus deiner? Aus der Schlussfolgerung, dass jemand, der mit gewissen Einschränkungen geboren wird auch per se Einschränkungen in der Lebensqualität hat?
      Ich bin der festen Überzeugung, dass jemand nur wegen einer Behinderung nicht per se unglücklicher durchs Leben geht als jemand ohne.

  9. Meine Freundin und ich haben uns gegen besagten Test entschieden, da wir auch durch vorherige Untersuchungen und positive Aussagen der Frauenärztin ein gutes Gefühl hatten (und haben) ein gesundes Kind zu bekommen (Stichtag 03.05. HYPE :D!). Daher wollten wir uns die Kosten dafür einfach sparen, da wir auch nicht mit Geldscheinen um uns werfen können.

    Grundsätzlich finde ich es aber sehr gut, dass es einen solchen Test gibt und bin der Meinung, dass dieser Test auch jedem Menschen zur Verfügung stehen sollte. Daher absolut pro Kostenübernahme durch die Krankenkassen. Warum und weshalb wurde hier in den Kommentaren schon toll erläutert.

  10. Ich versteh die ganze Diskussion nicht. Die Untersuchung ist erlaubt und nur für Kassenpatienten kostenpflichtig. Für andere ist sie schon jetzt kostenlos. Und jetzt wird ernsthaft darüber diskutiert, ob es ethisch richtig ist auch Kassenpatienten die Untersuchung zur Verfügung zu stellen?
    Wenn es um den ethischen Aspekt ginge, müsste man die Untersuchungen ganz untersagen. Hier geht es nur darum, ob Normalos die Untersuchung auch einfach erhalten sollen können. Also um Gleichberechtigung. Was gibt es da noch zu diskutieren?

  11. Themenverwandt:

    Steve, wie stehst du denn eigentlich zu Inklusion? Hab bisher von noch keinem Lehrer etwas positives drüber gehört, siehst du das anders?

    • Offensichtlich verfolgst Du meine Formate nicht so intensiv (kein Vorwurf). Andernfalls wüsstest Du, dass ich Inklusion bzw. die Umsetzung in Deutschland für eine totale Katastrophe halte, bei der es nur Verlierer gibt.

      • Ich verstehe deine Sichtweise, würde aber gerne anführen, dass man immer irgendwo anfangen muss. Und dass es bei einer solch tiefgreifenden Umdenke sicher keine Möglichkeit gab, es gut zu machen, ohne unser komplettes Bildungssystem zu überarbeiten.
        Der inklusive Gedanke, jeden Menschen nach seinen individuellen Potentialen zu fördern, ist allerdings längst überfällig gewesen. (Inklusion schließt übrigens jeden mit ein, nicht nur Menschen mit einer Behinderung)

        Wir haben die Möglichkeit diese Veränderung zu gestalten.

        • Auch wenn das vom Thema wegführt, aber du unterliegst demselben Missverständnis, was Inklusion bedeutet, wie die Bildungspolitik.

          Tatsächlich soll die Inklusion jedem Menschen Chancen nach seinen Potentialen eröffnen, soweit richtig. Genau das hatten wir aber schon seit jeher, nämlich mit Sonder- und Förderschulen.

          Was Inklusion NICHT bedeutet, ist, gehandicapte Kinder in Regelklassen zu beschulen. Das ist, als würdest du ein rotes Taschentuch mit deiner weißen Unterwäsche waschen, die kommt rosa wieder raus! Inklusion verlangt nicht Gleichheit, insbesondere nicht, da gehandicapte Kinder nunmal nicht gleich sind.

          Wobei ich auch hier klar unterscheiden will: Geht es um rein körperliche Behinderungen, die mit technischen Hilfsmitteln, von Rampen über Aufzüge bis zu iPads ausgeglichen werden können, so sehe ich keinen Grund, diese Kinder sonderzubeschulen.

          Wo es aber um kognitive Nachteile geht, sind spezielle Schulen wesentlich besser geeignet, auf die individuellen Bedürfnisse einzugehen, als Regelklassen. Und hinzu kommt, dass dann die Regelklassen auch nicht durch die gehandicapten Schüler ausgebremst werden.

          Auch wenn ich leider wieder eine alte Platte auflegen muss, aber so, wie Inklusion (falsch) verstanden wird, folgt sie der aus anderen Politikfeldern bekannten Ideologie der Gleichmacherei und eben nicht der Gleichberechtigung.

          • Ich gebe dir teilweise recht.
            Für mein Verständnis von Inklusion kann es Schulen in unserer heutigen Form nicht mehr geben. Es müsste so etwas wie Gesamtschulen geben, die Personalmäßig wesentlich besser ausgestattet wären.
            Es geht nicht um Gleichmacherei sondern um Förderung von Individualität am gleichen Ort. Selbstverständlich auch für die „schlauen“ Kinder, ohne dass sie am lernen gehindert werden.

            Man wird ja wohl noch träumen dürfen. Oder man könnte gestalten. Es müsste nur den Mut geben, das Schulsystem zu überarbeiten.

      • Hatte den Gedanken ehrlich gesagt im Hinterkopv schweben, war mir aber nicht sicher. Gelobe natürlich Besserung zwecks meiner Auvmerksamkeit 😉

  12. Ich verstehe grundsätzlich gar nicht, was es da zu diskutieren gibt. Die ganze Sache ist durch Ethiker, Religionen und – so sehr ich die Benutzung dieses Wortes auch verabscheue – Gutmenschen derart verzerrt, dass einem der Kopf raucht.

    Aber bringen wir erst einmal die Fakten auf den Tisch:
    – Down-Syndrom bringt so gut wie immer eine geistige Behinderung unterschiedlichen Ausmaßes mit sich. Von stark, wenig bis gar nicht pflegebedürftig kann alles dabei sein.
    – Ein großer Teil der Betroffenen kommt mit körperlichen Gebrechen bzw. Organfehlbildungen auf die Welt. 40% bis 60% mit einem angeborenen Herzfehler, der ohne stark medizinische Behandlung tödlich verläuft. Im Laufe ihres Lebens entwickeln so gut wie alle Alzheimer bzw. leiden unter Demenz (bis ca. 40 Jahre). Auch hier in unterschiedlich starker Ausprägung.

    Aus den oben genannten Fakten entwickeln sich dann weitere Folgen in sozialer und gesundheitlicher Hinsicht.

    Jetzt kann man natürlich argumentieren, dass es auch Menschen mit Trisomie 21 gibt, die ein ganz normales Leben führen können. Oder dass die Krankheit eventuell nicht so schlimm ausfällt und das Kind „einem so viel Liebe zurückgibt“. Das sind jedoch nur CHANCEN. Es kann genau so gut sein, dass man einen schweren Pflegefall zu betreuen hat, für den sich wenigstens ein Elternteil komplett aufopfern muss und welches enorme Belastungen für das betreuuende Umfeld erzeugt. Das Argument zählt für mich daher nicht, weil es einem Wurf mit dem Würfel gleicht, wie stark das Kind betroffen ist.

    Jetzt meine persönliche Meinung:
    Wenn ich ein Kind in die Welt setze, dann möchte ich, dass diesem alle Möglichkeiten offenstehen. Und das nicht unbedingt aus egoistischen Motiven; es ist für einen gesunden Menschen wie mich schwer zu beurteilen, aber ich habe mich schon desöfteren gefragt: was würde ich von meinen Eltern halten wenn ich wüsste, dass diese mich BEWUSST mit einer womöglich starken Einschränkung auf die Welt gebracht hätten? Natürlich, jetzt in diesem Moment wäre ich natürlich froh dass ich lebe, weil ich das Leben ja auch bewusst wahrnehmen kann. Aber mir würden immer gewisse Möglichkeiten versperrt bleiben. Und das würde mich als Kind ziemlich fertig machen – beginnend ab dem Kindergarten bzw. der Schule.

    Zusammengefasst: wie schlimm die Krankheit ausfällt, kann man nur ungenau im Voraus beurteilen. Da ich jedoch finde, dass mein Kind die gleichen Chancen wie die anderen gesunden Kinder haben soll, halte ich es für verantwortungslos, ein Kind mit Trisomie 21 bewusst auf die Welt zu bringen, da das Risiko auf starke Einschränkungen einfach zu groß ist. Wenn ich erfahren würde, dass mein zukünftiges Kind Trisomie 21 haben wird, würde ich es abtreiben lassen.

    In diesem Sinne ist es gut, dass diese Genuntersuchung allen zugänglich gemacht werden soll.

    • Ich möchte weiterhin, dass jeder es selbst finanzieren muss. Einfach aus dem Grund: Wird der Test finanziert, kann er irgendwann zur Pflicht werden. Wird er zur Pflicht, kann dies dazu führen, dass Eltern, die Kinder mit einer Trisomie (ob 21 oder eine andere ist jetzt mal prinzipiell egal) gesellschaftlich ausgegrenzt werden oder keine Hilfeleistungen mehr für ihre Kinder bekommen.
      Und dann wären wir wieder in der Zeit der Euthanasie angekommen, was ich niemals möchte.

      Schade in Deinem Text fand ich vor allem, dass du Grundsätzlich sehr negativ über Menschen mit Trisomie 21 und ihre Fähigkeiten gesprochen hast. Die Eingrenzung in Fähigkeiten am Bildungs- und Arbeitsmarkt dementsprechend teilzunehmen (ein Bildungsmarkt, der häufig, aufgrund fehlender Inklusion, von vorneherein Menschen mit Behinderungen vorenthalten ist) ist die gleiche Einteilung, in die Menschen mit Behinderung im 3. Reich eingeteilt wurden, weshalb lange vor dem Massenmord in den großen Vernichtungslagern schon Menschen mit Behinderungen in Anstalten wie z.B. Grafeneck systematisch ermordet wurden, weil sie „arbeitsunfähig“ waren.

      Ich will dir keine rechte Gesinnung oder sonstiges Nachsagen, ich möchte nur aufzeigen, dass solche Aussagen, die einem meist harmlos erscheinen, sehr schnell zu extremen, menschenverachtenden Äußerungen eskalieren können.

      Prinzipiell kann man mit Deinen Fakten auch direkt jeden Menschen mit einer bestimmten Beeinträchtigung mit einbeziehen. Es gibt sehr viele verschiedene körperliche und geistige Behinderungen, die mal mehr, mal weniger Assistenz benötigen. Aber wieso wird dann so viel Geld in die Förderung von blinden Menschen gesteckt und jede Ampelanlage blindengerecht gestaltet. Wieso werden Rampen und Fahrstühle gebaut für Rollstuhlfahrer?

      Letztendlich kostet jede Art von Behinderung den Staat Geld und es gibt Behinderungen, die den Staat wesentlich mehr Geld kosten, als Menschen mit Trisomie 21. Aber das ist nun mal das Leben in einem Sozialstaat und ich bin aktuell froh, dass in den letzten Jahren sehr viel in Richtung Inklusion und barrierefreiheit getan wurde. Leider ist der Trend wieder rückläufig bzw. stagniert. Inklusion benötigt auch ein Umdenken in der Gesellschaft. Menschen mit geistiger Behinderung sind nicht einfach nur „arbeitsunfähig“, vllt. sogar in manchen Augen „nutzlos“.

      Ich möchte nicht in einem Land wohnen, in dem in ferner Zukunft Eltern verurteilt werden, ihr Kind nicht abgetrieben zu haben, obwohl es beim Gentest eine Behinderung nachgewiesen hat.
      Schlimm hierfür ist auch die Gesetzgebung, die Schwangerschaftsabbrüche bei einem Embryo, bei dem eine Behinderung nachgewiesen ist, sogar bis zum 9. Monat straffrei ist. D.h. die ganze Debatte, ab wann „ein Mensch, ein Mensch“ ist, auch impliziert, dass Menschen mit Behinderung, selbst bei der Geburt, keine „Menschen“ sind. Fatal in meinen Augen, spiegelt aber leider oft die Meinung der Gesellschaft wider.

      Liebe Grüße

      Mirxe

      • Ich respektiere deine Meinung, möchte dich aber auf einen Fehler aufmerksam machen:

        Du springst in deiner Argumentation fröhlich zwischen Menschen mit Behinderung und Föten mit Behinderung hin und her. Ich will gar nicht darüber diskutieren, ob nun ein Fötus im 6., 7., … Monat lebensfähig ist, denn der Bluttest auf Down findet eindeutig zum Zeitpunkt „Fötus“, nicht „Mensch“ statt.

        Deshalb geht deine Argumentation mit „Euthanasie“ und „drittes Reich“ fehl, denn niemand hier redet über die Tötung lebender (behinderter) Menschen. Es geht um die Abtreibung eines Zellhaufens, der eben kein Mensch ist und keine Menschenrechte hat.

        Und auch deine Parallele zu Blinden und Rollstuhlfahrern passt nicht: auch hier reden wir über die Unterstützung tatsächlich existierender, lebender, mit Rechten ausgestatteter Menschen. Könnte man angeborene Blindheit oder Querschnittlähmung durch den Bluttest beim Fötus nachweisen, würde ich hier genau dieselben Maßstäbe ansetzen.

        Ich hoffe, du verstehst die Unterscheidung.

      • Du redest hier von einem sehr schwierigen Thema.
        Problematisch an dieser Debatte ist immer die Nähe zum dritten Reich, die einem schnell mal unterstellt wird.
        Daher Ich würde zuerst gerne ein paar Dinge geraderücken:

        – Ich fordere auf keinen Fall die Ermordung oder Ausgrenzung von lebenden Menschen bzw. eine kompromisslose „Säuberung des Genpools“
        – Auch verlange ich keinesfalls, dass Eltern mit behinderten Kindern sozial ausgegrenzt werden sollen. Im Übrigen ist es nicht mal ein Fakt, dass das passiert, sondern eine Vermutung. Ich denke, in Deutschland sind wir schon lange so weit, Behinderte gut tolerieren und akzeptieren zu können.
        – Ich habe Verständnis für jeden, der einen von Trisomie 21 betroffenen Menschen in der Familie / seinem näheren Umfeld hat und anderer Meinung ist. Dies sind jedoch ganz besondere familiäre Gefühle und vor allem subjektive Empfindungen die dort einfließen. Wenn euch euer betroffenes Familienmitglied Freude bereitet oder ganz normal am Leben teilhaben kann, freut mich das wirklich für euch und ich möchte euch das auch nicht absprechen.

        Diese Aussagen bitte bei allem was folgt beachten.

        Zum Thema:
        Grundsätzlich fände ich es sogar gut, wenn der Test verpflichtend wäre. Ebenfalls fände ich es gut, wenn Betroffene nach positivem Testergebnis umfassend aufgeklärt werden würden, selbstverständlich auch über die negativen Seiten. Und zwar sachlich, nicht so tendenziös wie es bei einer kirchlichen Beratung passieren kann.

        Jetzt zu einer schwierigen Frage (und hier auch ganz genau die drei Aussagen von oben beachten): wäre die Welt nicht besser, wenn es kein Trisomie 21 mehr gäbe?
        Auch hier ein eindeutiges JA von mir. Ich sehe keinen Mehrwert in dieser Krankheit für die Menschheit im Gesamten. Und dieser Test bietet eine Möglichkeit, Trisomie 21 sozial verträglich zu verringern.
        Wer aber das Kind trotzdem bekommen möchte, dem soll es weiterhin freistehen, dies auch zu tun.
        Dann sollte man aber auch wissen, was man sich selbst aufbürdet und was man möglicherweise dem Kind damit antut.

        Ach ja, und warum so viel Geld in die Förderung von z.B. Blinden oder Rollstuhlfahrern gesteckt wird? Weil man natürlich auch durch z.B. Arbeitsunfälle dauerhaft behindert werden kann. Und wer als ehemals gesunder Mensch auf einmal solch schwere Einschränkungen hinnehmen muss… Ich kann es mir gar nicht vorstellen.
        Abgesehen davon kann man denke ich nicht jede Behinderung frühzeitig erkennen.

        • Zum Teil gute Einwände, wie ich finde.
          Den Test verpflichtend machen würde ich nicht. Ich denke, dass es ein Risiko gibt ein Kind mit Behinderung auf die Welt zu bringen ist jedem klar.
          Wer es genauer wissen möchte darf es ja gerne wissen. Wer es aber nicht wissen möchte, dem sollte es freistehen dies auch nicht zu wissen.

          Deine Idee die Menschen dann bestmöglich zu beraten finde ich super und möchte ergänzen im Nachgang bestmöglich zu unterstützen. Auch das sollte sich unsere Gesellschaft leisten müssen.

          Ich mag deine Worte aufbürden und antun nicht. Sicher starten Kinder mit Behinderung anders ins Leben und sicher ist auch, dass ihnen nicht die uneingeschränkte Bandbreite an Angeboten zur Verfügung stehen, wie „normalen“ Kindern. Aber das heißt nicht, dass sie nicht ein Leben führen, was sie sinngebend erfüllt und persönlich glücklich macht. Ob dieses Leben nun statistisch x Jahre kürzer ist oder es mit Operationen zusammenhängt. Diese Widrigkeiten aus unserer Sicht zu beurteilen steht uns nicht zu.

  13. Ich denke, es ist sinnvoll, dass sich die Gesellschaft diesen Test „leistet“, dass er also von der Allgemeinheit bezahlt wird. Aus der Sicht dieser Gesellschaft ist es prinzipiell sinnvoll, gesunde, leistungsfähige Nachkommen zu produzieren, was im übrigen auch ein Grund dafür ist, dass der Verwandtenbeischlaf verboten ist.

    Der Test auf Behinderungen ist aber gleichzeitig die Grenze, die ich bei dieser Thematik ziehen möchte. Es geht „nur“ um gesunden, nicht um „perfekten“ Nachwuchs. Es ist ja auch gesetzlich verboten, den Eltern vor Ablauf der 12. Schwangerschaftswoche das Geschlecht des Fötus‘ mitzuteilen. Genausowenig dürfen jemals Größe, Haut-, Augen- oder Haarfarbe eine Rolle spielen, ob ein Fötus ausgetragen wird.

    Wichtig ist mir auch, dass sich diese Aussage nicht gegen Menschen mit Down-Syndrom o. ä. richtet. Der Satz „du hättest nie geboren werden sollen“ ist schrecklich und verletzt die Menschenwürde des Betroffenen. Aber Föten, die aufgrund eines Gendefektes abgetrieben werden, erlangen niemals die Menschenwürde; wann genau das Menschsein beginnt, darüber gibt es unterschiedliche Auffassungen, aber ein geborener Mensch hat sie inne, mit oder ohne Down-Syndrom. Er ist ein Mensch wie jeder andere und hat das Recht zu leben. Die Diskussion beschränkt sich einzig auf die Frage, ob ein bzw. jeder Fötus schon Inhaber von Menschenrechten ist, und diese Diskussion ist durch die Gesetze betreffend den Schwangerschaftsabbruch eigentlich ausgestanden.

    • „Aus der Sicht dieser Gesellschaft ist es prinzipiell sinnvoll, gesunde, leistungsfähige Nachkommen zu produzieren.“
      Wenn mit „dieser Gesellschaft“ unsere gemeint ist, dann wäre für mich hier der Knackpunkt deiner Argumentation, weil ich dem aufs Heftigste widerspeche. Auch ein kranker, nicht (oder besser eingeschränkt) leistungsfähiger Mensch ist wertvoll und wichtig für die Gesellschaft.

  14. Mit der Fruchtwasseruntersuchung existiert bereits ein Test der von der Krankenkasse bezahlt wird und den selben Zweck erfüllt. Das es hier eine Zwei-Klassen-Medizin gibt, dass kann ich daher nicht so stehen lassen.

    Sicher ist die Fruchtwasseruntersuchung mit Risiken verbunden, da es sich um eine invasive Untersuchungsmethode behandelt. Die Frage ist ob diese zumutbar sind.

    In § 12 SGB V regelt der Gesetzgeber für die Gesetzliche Krankenversicherung das Wirtschaftlichkeitsgebot.

    „Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.“

    Die ganzen Tests wie der Praenatest, Harmonytest, etc. kosten gerne 200 – 500 Euro, je nach Labor und nach gewünschten Umfang varieren die Kosten. Die Fruchtwasseruntersuchung kostet die GKV 56,60 Euro die der Arzt abrechnen kann.

    Dazu kommt das wohl jedes 700. oder 2,8% (je nach Quelle)Neugeborene mit Trisomie auf die Welt kommt.

    Nun ist es an der Politik zu entscheiden ob es der Versichertengemeinschaft (unter Berücksichtigung der Anzahl der mit Trisomie auf die Welt gekommenen Neugeborenen, der bereits bestehenden Fruchtwasseruntersuchung inkl. deren Risiken) zu zumuten ist diese Mehrkosten zu tragen.

    Schwierige Entscheidung und ich bin froh dies nicht entscheiden zu müssen.

    • Rechnen wir mal ganz brutal aus staatlicher Sicht: Wenn der Test 500 Euro kostet und jeder 700. Fötus das Down-Syndrom aufweist, reden wir über statistische 350.000 Euro pro „Treffer“.

      Jetzt sagen wir mal ganz vereinfacht: Die ersten 20 Lebensjahre sind das „Problem“ der Eltern wie bei jedem anderen Kind; danach ist jedoch davon auszugehen, dass der Down-Mensch nicht dem ersten Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen wird. Jetzt nehmen wir mal eine Lebenserwartung von durchschnittlich 50 Jahren; soweit ich weiß, ist sie verkürzt, aber nicht mehr so stark, wie noch vor einigen Jahrzehnten. Wenn also der Staat den Menschen jetzt 30 Jahre lang umsorgen muss und wir die o. g. Kosten auf diesen Zeitraum umrechnen, landen wir bei knapp 1.000 Euro monatlich.

      Nun reichen 1000 Euro Aufwand nichtmal für Hartz IV + Wohnung + Krankenkasse, ein Down-Patient wird außerdem deutlich höhere Gesundheitskosten haben. Da kommts auf die Frage der Pflegebedürftigkeit – manche kommen ja recht gut selbstständig zurecht – eigentlich schon gar nicht mehr an.

      Ergebnis: Für den Staat bzw. die Gesellschaft ist die Investition in den Test ein gutes Geschäft.

      (Und erzählt mir nichts von Milchmädchen, Differenzierung zwischen Krankenkasse und Steuerkasse usw., das weiß ich selber. Es geht mir nur um eine grobe finanzielle Gesamtbetrachtung.)

      • Du vergisst bei deiner Rechnung das es mit der Fruchtwasseruntersuchung bereits einen Test gibt der Trisomie feststellen kann und von der Krankenkasse bezahlt wird.

        Der einzige Unterschied besteht bei den Risiken, da es sich bei der Fruchtwasseruntersuchung um eine Invasive-Methode handelt. T-Online spricht von 0,5% Risiko, dass es bei der Fruchtwasseruntersuchung zu Komplikationen kommt.

        • Genau dieser Unterschied ist aber entscheidend.

          0,5% bedeuten einer von 200 Fällen, in denen es zu einer Fehlgeburt kommt (was ich gelesen habe). Verglichen mit der Chance von 1:700 auf ein Down-Kind ist also das Risiko des Tests dreieinhalb Mal höher als das Risiko auf ein Down-Kind. Nun kann man natürlich argumentieren, dass eine Fehlgeburt ein „geringeres Übel“ wäre, weil letztlich nur ein Fötus abgetrieben wird, der jederzeit neu produziert werden kann. Diese Betrachtung vernachlässigt jedoch den „human factor“: Eine (ungewollte) Fehlgeburt ist für viele Frauen ein traumatisches Erlebnis.

          Deshalb kann ich verstehen, dass der Fruchtwasseruntersuchung unter Risikogesichtspunkten kein nachhaltiger Erfolg beschieden ist.

          Wenn im Vergleich dazu der Bluttest praktisch kein Risiko hat, macht er eben auch mathematisch Sinn.

      • Ich stimme kinki1681 selten zu, aber im Grund hat er Recht. Nur, dass seine 1.000 Euro monatlich zu tief gegriffen sind. Mein Bruder kostet der Pflegeversicherung ca. 7.000 Euro im Monat, da er in einem Wohnheim mit 24/7 Betreuung untergebracht ist.

        Zur Lebenserwartung bei Down-Syndrom kann ich nichts sagen. Zu der Lebenserwartung der Menschen mit dem gleichen Syndrom wie mein Bruder kann ich nur sagen, dass der älteste mir bekannte FAll 1945 geboren wurde. Drei mal darf man raten, warum es keine älteren Fälle gibt.

        • Ich habe nur mal gelesen, dass früher Down-Patienten selten älter als 30 geworden sind (frag mich nicht, warum), aber inzwischen die Lebenserwartung deutlich gestiegen ist.

          Wenn dein Bruder mit seinen Pflegekosten ein Durchschnittsfall ist, dann ist nur umso deutlicher, dass die Vorsorgeuntersuchung volkswirtschaftlich sinnvoll ist. Was sich – wie ich in meinem eigenen Beitrag hoffentlich klar gemacht habe – natürlich nicht gegen deinen Bruder richtet.

    • Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Embryo eine Trisomie21 aufweist ist abhängig vom Alter der Mutter bei Empfängnis, da die häufigste Ursache hier zu finden ist.
      20 jährige Mütter bekommen in etwa 1:1500 Schwangerschaften ein Kind mit einer Trisomie21,
      40 jährige schon 1:100 und 45 jährige 1:30.

      Die Frage die hier diskutiert wird ist Gott sei dank eine ethische und nicht eine finanzielle, wie ihr hier gerade so halb eröffnet. Und bei dieser Diskussion steht die Angst, dass ein solcher Test eine Box der Pandora öffnet im Vordergrund; wie eine daraus resultierende pränatale Selektion in einigen Jahren aussehen könnte usw.

      Die Entscheidung ob der Test von den Kassen übernommen wird liegt ja beim G-BA, und hier geht es ja um die Frage ob er den bisherigen Möglichkeiten – Amniozentese und Chorionzottenbiopsie – überlegen ist. Da beide ein erhebliches Risiko für einen Schwangerschaftsabbruch mit sich tragen (1% bzw. 1-5%), die neuen Tests jedoch einfach und ungefährlich peripher übers Blut der Mutter bestimmt werden, wird hier also wohl auch die Überlegenheit festgestellt werden.

      Wichtiger zu bedenken ist eher – und das fehlt mir leider in der allermeisten medialen Betrachtung und anderweitigen Diskussion im Moment – dass der Test nur unter bestimmten Voraussetzungen Sinn macht, nicht generell. Und entsprechend sollten auch die Voraussetzungen für die Kostenübernahme gestrickt werden (werden sie vermutlich auch).

      Zwar verspricht der Test eine Sensitivität und Spezifität von >99%. Klingt erstmal schön sicher und genau, aber auch nur solange man von Statistik nicht so viel Ahnung hat (muss man ja prinzipiell auch erstmal nicht). Die Vorhersagekraft lässt sich erst anhand der jeweiligen Prävalenzen (bzw. in diesem Fall Inzidenzen) berechnen, und die sind wie oben genannt abhängig vom Alter der Mutter.
      Ich mache es mal einfacher und kürze es ab:

      Bei einer Mutter im Alter von 20 Jahren (wo die Krankheit dort entsprechend selten auftritt) beträgt der positiv prädiktive Wert 48%. Das bedeutet, dass 52% der positiven Testergebnisse FALSCH positiv sind, 52% der Kinder sind gesund.

      Bei einer Mutter im Alter von 35 Jahren beträgt de rpositiv prädiktive Wert 79%, bei 21% der positiven Ergebnisse liegen falsch positive Ergebnisse vor.

      Bei einer Mutter im Alter von 40 Jahren beträgt der positiv prädiktive Wert 93%, bei 7% der positiven Ergebnisse liegen falsch positive Ergebnisse vor.

      (lässt sich hier einfach berechnen, http://www.perinatalquality.org/Vendors/NSGC/NIPT/
      für die Sensitivität und Spezifität wurden Gil et al bzw. 99,2% und 99,91% gewählt)

      Wenn man sich jetzt vor Augen führt, wie viele dieser positiv getesteten Kinder abgetrieben werden, bekommt das ganze eine neue Dimension.
      Bei einer entsprechenden Indikation (Risikoschwangerschaft der Mutter aufgrund des Alters), spricht aber aus medizinischer Sicht nichts gegen die Kostenübernahme dieses Tests.

      Junge, werdende Mütter sollten aber einfach aufgeklärt werden, insb. von Seiten der Frauenärzte, dass sie ihre Finger von diesem Test lassen sollten.

  15. Mit der Fruchtwasseruntersuchung existiert bereits ein Test der von der Krankenkasse bezahlt wird und den selben Zweck erfüllt. Das es hier eine Zwei-Klassen-Medizin gibt, dass kann ich daher nicht so stehen lassen.

    Sicher ist die Fruchtwasseruntersuchung mit Risiken verbunden, da es sich um eine invasive Untersuchungsmethode behandelt. Die Frage ist ob diese zumutbar sind.

    In § 12 SGB V regelt der Gesetzgeber für die Gesetzliche Krankenversicherung das Wirtschaftlichkeitsgebot.

    „Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.“

    Die ganzen Tests wie der Praenatest, Harmonytest, etc. kosten gerne 200 – 500 Euro, je nach Labor und nach gewünschten Umfang varieren die Kosten. Die Fruchtwasseruntersuchung kostet die GKV 56,60 Euro die der Arzt abrechnen kann.

    Dazu kommt das wohl jedes 700. oder 2,8% (je nach Quelle)Neugeborene mit Trisomie auf die Welt kommt.

    Nun ist es an der Politik zu entscheiden ob es der Versichertengemeinschaft (unter Berücksichtigung der Anzahl der mit Trisomie auf die Welt gekommenen Neugeborenen, der bereits bestehenden Fruchtwasseruntersuchung inkl. deren Risiken) zu zumuten ist diese Mehrkosten zu tragen.

    Schwierige Entscheidung und ich bin froh dies nicht entscheiden zu müssen.

  16. Ich verstehe nicht ganz wie man auf der einen Seite dafür protestieren kann, dass mit Abtreibung offener umgegangen wird (die ganze Debatte um die „Abtreibungs-Werbung“) und auf der anderen Seite dann jedes bisschen Fortschritt abgelehnt wird. Natürlich sind das nicht zwangsläufig die selben Personen aber irgendwie passt da was für mich nicht!
    Außerdem, wie du ja auch sagst Steve, der Test KANN gemacht werden und es geht nur darum wer ihn bezahlt. So viel Freiheit wird man jedem wohl noch zugestehen können, dass gerade die Familie reine Privatsache ist und die Moralaposteln dort mMn nichts verloren haben.

  17. Naja es hat glaube ich der gesamte Bundestag sehr offen über dieses Thema diskutiert.
    Ich bin auch ganz klar dafür, dass dieser Test für alle frei und von den Kassen übernommen gehört.

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