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Großartige neue Kolumne von Sascha Lobo bei Spiegel-Online. Dieses Mal geht es um den digitalen Spießer

Wissen interessiert den digitalen Spießer nur in Form von Besserwissen, das ihm die Gelegenheit zum Kommentar gibt. Ihm geht es um die Herabwürdigung seines Gegenübers, weil er damit die eigene Heraufwürdigung erreichen will. Er glaubt, dass seine Verächtlichkeit ihn positiv auszeichnet, weil er sie mit der Wahrheit verwechselt, die doch dringend gesagt werden müsse, sei sie auch noch so unbequem. Wer die Welt hasst, weil er sich hasst, für den kann die Wahrheit eben nur aus Boshaftigkeit und Verachtung bestehen und muss unbequem sein, sonst wäre es ja nicht die Wahrheit [..] Aber er verwechselt Humor mit Häme, so wie er Haltung mit Hetze verwechselt. Und er hetzt schnell, denn in seinem Kopf gibt es ein kleines Hetzprogramm, das ständig läuft, es besteht nur aus zwei Zeilen: Wer meiner Meinung nicht huldigt, ist dumm. So erklärt sich, dass für ihn ein guter Text der ist, der seine eigene Meinung spiegelt, und ein schlechter Text, der eine andere Meinung vertritt. Die Übereinstimmung mit sich selbst ist ihm das Wichtigste, das einzige Kriterium. Ich bin gut, also ist schlecht, was ich nicht bin. Er leidet enorm unter Andersartigkeit, sie macht ihm seine egoistische Konformität bewusst: eine wütende Verbindung von Missgunst, Kleingeistigkeit und Größenwahn.

Hat gerade noch jemand da draußen das ein oder andere Deja vu?

Danke an Masino für den Link!

Quelle: Spiegel.de


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32 KOMMENTARE

  1. durchaus wahrheit dabei, aber ich finde auch so zu tun, als ob der digitale spießer ein absolut zu vermeidender charakerzug wäre, ist ein bisschen zu krass.

    es is auch nich alles falsch daran, sich selbst mal an der spitze der menschheit zu sehen

  2. Also ich halte üblicherweise nicht allzu viel von Herrn Lobo – meist viel zu viel heiße Luft mit teils erheblichen rhetorischen Defiziten. Aber hier hat er tatsächlich nicht ganz unrecht!
    Das ist eine überaus üble Unsitte – ob unserer Zeit oder ob der Deutschen, vermag ich nicht mit Sicherheit einzugrenzen. Aber das „Runtermachen“ des Anderen zur eigenen Erhöhung ist nicht nur arm, sondern auch – meiner Meinung nach^^ – ein gewaltiger Hemmschuh unserer Gesellschaft. Ich persönlich meide alle Personen, denen bei der erstbesten Gelegenheit nichts wichtiger zu sein scheint, als irgendein Spruch auf meine Kosten. Und traurigerweise bleiben bei dieser Prämisse wirklich nicht allzu viele Menschen übrig… und durch die Anonymität im Netz kann man dieser armseligen Unart ungezügelt freien Lauf lassen. Dass diese Menschen nicht glücklich sind, wenn sie auf diese Weise in ihrem eigenen „Ätz“ ersticken ist klar – macht die Sache aber keineswegs besser.

    Naja, blablabla. Fazit: Sascha Lobo hat hier einen wichtigen Punkt getroffen.

  3. Ich habe mir angewöhnt, solche Verhaltensweisen … seien sie unterbewusst oder sonstwas, zu bekämpfen, da ich ihnen nichts gutes abverlangen kann.
    wiederlich im endeffekt…

    • wie willst du „solche Verhaltensweisen“ bekämpfen?
      Ich denke, dass du es dadurch nur schlimmer machst, weil die Person mit Aufmerksamkeit belohnt wird, die sie schließlich haben wollte.

  4. Das Besserwisserische ist natürlich in erster Linie mal wieder ein Phänomen, das aus der Distanz zum „Gesprächspartner“ besteht.

    Nehmen wir als Beispiel die „Rechtschreibflames“. Im Internet ist das doch ein gerne genommenes, wenngleich oft das letzte greifbare „Argument“ in einer Diskussion. Man greift die Rechtschreibung des Diskussionspartners an.

    Findet das im Reallife auch statt? Übertragen hieße das, dass man den Gesprächspartner, der vielleicht nicht Deutsch als Muttersprache hat, dauernd korrigiert, wenn er ein Wort oder den Satzbau verdreht. Aber wenn der Gesprächspartner einem gegenübersteht, sieht man im Regelfall über seinen „ausländischen Akzent“ hinweg. Im Gegenteil, bisweilen passt man sich sogar dem Gesprächspartner an. Dann bildet nämlich auch der Deutsche plötzlich kurze Sätze und drückt sich möglichst einfach aus, damit ihn der ausländische Gesprächspartner versteht.

    Kurz gesagt: Im Reallife respektiert man den fremdsprachigen Sprecher. Im Internet zweifelt man an dessen Schulbildung oder Intelligenz, um die eigene Überlegenheit herauszustellen.

    der färnis halber mus man aba auch sagen, das es mansche inet-schreiber einem nich leichd machen, ned negativ zu reagiren xDDDDDDDDDDDDDDDDD

    (stellt vorsorglich einen Ironiedetektor auf …)

  5. Mir fehlt das „imo“ – so stellt er seine eigene Wahrheit ja auch nur über die der anderen, um sich selbst als besser darzustellen.

    • Stimme zu. Ist sicherlich auch geprägt durch persönliche Abneigung gegen den guten Lobo. Teilweise hat er recht, aber jede Kritik automatisch als Besserwisserei abzustempeln, naja…

    • Hmmm wie? du findest also wenn man „imo“ schreibt ist das schlecht? Oder eben grade anders herum? Also ich nutze imo gerne mal um eben genau zu zeigen dass ich die andere Meinung so wie sie steht akzeptiere und vielleicht auch etwas davon mitnehme aber doch meine Ansicht darlegen will um vielleicht jemand anderen eine andere Perspektive zu zeigen. Nach dem Motto erweitere deinen Horizont, es könnte ja auch sein dass andere mal recht haben.

  6. Jupp – erinnert mich zum Beispiel an deine Filmreviews: „Was ich nicht mag, ist schlecht, und wer es trotzdem mag ist komisch!“, und an deinen Umgang mit Kritik: „Wer nicht mag, was ich mache, ist ein Flamer und Hater, die ignoriere ich!“
    😀

    • Ich hab auch manchmal das Gefühl, dass Steve gewisse Leute in den Kommentaren etwas vorschnell als Flamer oder Hater verurteilt. Aber wer so viel Scheiße lesen muss (und das muss er ganz bestimmt), der leidet bestimmt irgendwann unter Verfolgungswahn und sieht flames, wo keine sind. 🙂

  7. Ich find die Leute am schlimmsten, die glauben auf sie würde das Ganze nicht zutreffen und sie hätten mit so einem Kommentar den Leuten den Spieler vorzeigt – obwohl sie eigentlich selbst mal reinschauen müssten.

    Ansonsten hat der Herr Lobo wohl recht, allerdings kommen mir von dem Lobo in letzter Zeit ein bisschen arg viele derartige Kommentare, die sich nur mit „flames“ im Internet auseinandersetzten.

  8. Ihr seid einfach nur eingebildet und ignorant es gibt nun einmal Leute die einfach mehr wissen als ihr.
    Diese sind dann noch so nett ihr Wissen mit euch zu teilen und euch so wenigstens etwas beizubringen, während ihr Ihnen auf Grund eures Neids Absichten unterstellt, die letztlich viel mehr auf euch zu treffen.
    Es fällt dem Dummen nunmal schwer den Andersartigen zu akzeptieren.

    „Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.“

  9. Deja vu auch im Bereich der Gamingszene. Jeder will der „Überpro“, „Owner“ und „Ruler“ sein. Dabei sind es oft Diejenigen die im Reallife nichts geschissen bekommen. „Egofucker“ eben.

    • Ich glaube, dass gerade diejenigen im RL durchaus Erfolg haben und sich im Internet dann abreagieren und so verhalten, weil sie es woanders nicht können.

      Der Proleten-Golf-3-Basecap Schlosser-Azubi beleidigt regelmäßig andere und prügelt sich in der Altstadt auch so. Der Otto-Normal-Verbraucher mit höflichem Auftreten und korrektem Verhalten im Alltag lässt dafür im Netz die Sau raus…

      • Ich glaube, dass jeder, egal ob erfolgreich oder nicht, mal ganz gerne verbessert…. Wenn leute in einem normalen gespräch mist reden verbessert man die ja auch. Ist das nicht ganz normal?

  10. Trifft leider auf gefühlte 90% des Internets zu. Die restlichen 10% geben entweder nichts auf die „Meinung“ der digitalen Spießer und schreiben trotzdem was oder sie wollen sich nicht dem „Besserwissen“ der Spießer aussetzen und schreiben lieber gar nichts und lesen nur.

  11. Wenn ich mal lust drauf habe, verbessere ich gerne in komments, geht wahrscheinlich vielen so…
    Wenn man komments schreibt, muss man, denke ich, darauf gefasst sein auch mal was falsches reinzuschreiben und die verbesserung über sich ergehen lassen. Wir sind ja alle nicht perfekt ^^

      • stimmt, Ich glaube da fehlt auch ein komma… Hab nicht so auf die rechtschreibung geachtet, bin überrascht, dass nicht mehr falsch ist ^^

        immerhin bestätigst du mich da und outst dich auch als „internetbesserwisser“. Da sind wir schon 2 ^^

        Ist das eigentlich wirklich ein internetproblem, dass verbesserei spass macht?
        Ich meine, wenn der lehrer an der tafel einen fehler machte…. Da war doch auch jeder gleich voll dabei und wollte das richtigzustellen 😀
        Vll kennt stevinho das auch 😉

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