Die Frankfurter Allgemeine titelt heute: „Sozialdemokraten spielen Netz-Konzernen in die Hände“. In dem Artikel geht es sinngemäß darum, dass die SPD Heuchler seien und sich nur gegen Artikel 13 aussprechen würden, um darüber Wahlstimmen abzugreifen. Und im Grunde würden sie damit ja eh nur Google und co in die Karten spielen…
Juso-Chef Kevin Kühnert fordert nun sogar, dass der SPD-Parteikonvent über Upload-Filter abstimmt, mit dem Ziel, auf die letzte Abstimmung des EU-Parlaments Ende März einzuwirken. So wirft sich die SPD jenen an den Hals, die in der Propaganda-Blase der Netzkonzerne stecken und gegen das Urheberrecht protestieren, weil sie das Ende des „freien Netzes“ befürchten. Die SPD hat es offenbar auf ihre Stimmen abgesehen.
Schon lustig. Zuerst haben die großen Zeitungen die ganze Sache so gut wie gar nicht erwähnt und erst recht nicht von den Protesten berichtet. Jetzt ist es plötzlich die böse SPD, die diese im Grunde total sinnvolle Anpassung des Urheberrechts verhindern will. In dem Artikel wird auch nur in einem Nebensatz drauf eingegangen, dass Uploadfilter technisch quasi noch gar nicht umgesetzt werden können – „was ein technisches Problem der Konzerne, nicht eines des Gesetzes ist.“
Auch in keinem Wort wird in dem Artikel erwähnt, dass quasi jede noch so kleine kommerzielle Seite (Bannerwerbung reicht dafür aus) ebenfalls Uploadfilter installieren muss, da man sonst abgemahnt werden kann.
Lange Rede, kurzer Sinn: Natürlich wollen die großen deutschen Verlage und Zeitungen, dass dieses Gesetz um jeden Preis durchgedrückt wird. Dementsprechend wird berichtet. Es ist schon traurig, dass hier die persönlichen Ziele der Verlage Vorrang gegenüber der angemessenen Neutralität der Medien haben.
Die #FAZ (befürwortet #Artikel11) betreibt Meinungsmache, gegen die @spdde. Kein Wort dazu, dass es die #SPD auf Bundesebene & im #EP war, die immer für ein starkes Urhebervertragsrecht gekämpft hat, gegen die #CDU. Daher ist schon der Titel falsch.https://t.co/pSi1iwOQEy
— Tiemo Wölken🇪🇺 (@woelken) 23. Februar 2019
So lange Ihr nicht vorhabt, die CDU in Sachen #Urheberrecht rechts zu überholen, wird die FAZ kein gutes Haar an euch lassen, egal was Ihr für die eigentlichen Kreativen tut. Also schadet es auch nicht, sich hinter den öffentlichen Protest zu stellen.
— Julia Reda (@Senficon) 23. Februar 2019
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Die Verlage sind halt absolut blind in dieser Sache, man merkt, dass es wirklich nur um Macht und Pressevorherrschaft geht und nicht um das, was sinnvoll ist.
Ich weiß nicht, für wie viele das gilt, aber die einzigen Artikel der großen Zeitungen, die ich lese, sind genau die, die mir Google News immer mal wieder vorschlägt. In meinem Fall profitieren die großen auch eindeutig davon, dass es diesen Service gibt, alleine würde ich mich nie durch deren Artikel suchen, bis ich etwas finde, was mich interessiert.
Bin mal gespannt, wie das ganze ausgeht. Es scheint auf jeden Fall kein gutes Licht auf unsere Presse oder unsere Demokratie.
Diese Blindheit wird die Verlage früher oder später noch teurer zu stehen kommen als die bisherige Entwicklung und das Missachten der Veränderung in der Medien-Landschaft.
Dann jedoch wird man einen anderen Sündenbock suchen, wahrscheinlich in der Politik. Zusätzlich wird man die Politik aber ebenso um finanzielle Unterstützung bitten.
Das alles wäre nicht so schlimm, wenn man sich im Pressewesen nicht so sehr etwas auf die eigene Stellung einbilden würde. Wenn man sich nicht so sehr über allen anderen sehen würde.
Die Art des Handelns mit Blick auf den Artikel 11+13 von Seiten der Verlage entspricht alles andere als dem vielgerühmten Mantra „die vierte Gewalt der Demokratie“.
War heute Abend bei meinen Elter und hab da Nachrichten gesehen… Nicht ein Wort!
Technische Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Uploadfilter wird als „Probleme der Konzerne, nicht des Gesetzes“ betitelt, aber wenn der deutsche Bauernverband auch mit zweijährigem Vorlauf nicht hinkriegt, Ferkel unter Narkose zu schlachten wird ihm ein Jahr Aufschub gewährt.
Joa….kann man so machen.
Könnt auch titeln bzgl. das die Verlage nicht mit der Zeit gegangen sind, „Probleme der Verlage, nicht der Gesetze“
Das ist u.a. eines der Probleme. Ein schönes Beispiel dafür sind die Spielezeitschriften in Deutschland. In den 2000er Jahren begann man die Texte aus den Printmedien auch online verfügbar zu machen. Zunächst oftmals mit ein paar Wochen oder gar Monaten Verspätung. Später kam das ganze dann noch vor der Veröffentlichung der Zeitschrift online raus.
Dabei war das ganze immer quasi gratis, finanziert über die Einnahmen der Werbung und des noch recht guten Print-Absatzes (Abos).
Am Ende der 2000er Jahre gabs jedoch in relativ kurzer Zeit einen starken Umschwung, DSL war breit verfügbar und günstig. Das Internet war die Informationsspielwiese und die Verlage haben sich dabei von Anfang an die Probleme selbst hausgemacht. Plötzlich brach der Absatz an Zeitschriften weg, online wollten aber nur die wenigsten Bezahlen, weil es war vorher ja alles gratis. Die Werbung nahm stellenweise überhand (Gamestar in den frühen 2010er Jahren war schlimm), Adblock kam auf usw.
Kurz: die Verlage für Zeitschriften hatten viel Zeit zum reagieren, so gesehen ~10 Jahre. Das Gegenteil hat man betrieben, lieber das Geld rausgeworfen um den Status-Quo von damals erhalten zu wollen.