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Heute ist Elternsprechtag an meiner Schule. Im Grunde mag keiner diese Tage. Eltern nicht, weil sie sich von der Arbeit abhetzen müssen, um rechtzeitig in der Schule zu sein und dann von den Lehrern zu hören, was das eigene Kind wieder alles angestellt hat. Schüler nicht, weil mindestens 75% nach diesem Tag von ihren Eltern ausgeschimpft werden – es liegt einfach in der Natur der Sache, dass die Lehrer überwiegend das Negative berichten. Lehrer mögen diesen Tag ebenfalls nicht, weil sie bis 20 Uhr in der Schule hocken müssen, nur um von Eltern beschimpft zu werden (die meist nur eine „Version“ der Geschichte kennen – Stichwort: „Herr Krömer hat uns gar nicht gesagt, dass wir eine Arbeit schreiben!“), dass sie ihren Job nicht richtig machen würden – schließlich ist es ja unsere Schuld, wenn die Schüler schlecht und/oder faul sind. Denn würden wir unseren Job richtig machen, hätten ja alle Kinder nur Einsen im Zeugnis…

Und nun sitze ich hier, liebes Tagebuch, im Physik-Raum und sehe gestresste Eltern mit eingeschüchterten Kindern an der offenen Tür vorbeischlendern. Warum ich im Physik-Raum sitze? Weil ich letztes Jahr eine Abschlussklasse hatte und daher dieses Jahr kein Klassenlehrer mehr bin. Als reiner Fachlehrer ist man quasi eine Art Gesetzloser, ein Outlaw, der alleine auf seinem Motorrad durch die trockene Wüste zieht und mit „ja, Herr Krömer arbeitet auch noch bei uns“ vorgestellt wird. Natürlich hat es zeitlich große Vorteile, kein Klassenlehrer zu sein und damit dem ganzen Verwaltungsaufwand zu entgehen (Konferenzen, Organisation, Klassenfahrten, etc.), allerdings fühlt man sich als reiner Fachlehrer wirklich teilweise überflüssig.

Und dies wird einem an Elternsprechtagen noch deutlicher vor Augen geführt, als sonst im Schulalltag. Während ich in den letzten Jahren immer die kompletten drei Stunden ausgebucht war und von einem Eltern-Termin zum anderen gehechelt bin, sitze ich in diesem Moment allein im Physik-Raum und schneide den eingeschüchterten Kindern Grimassen, um diese wieder etwas aufzuheitern. Da ich auch noch einen Tag nach Bothel abgeordnet bin, habe ich neben der Ganztagsschule nur zwei Klassen im regulären Unterricht, und das in den Fächern Sport und GSW (Politik, Geschichte und Erdkunde). Ganz ehrlich, ich selbst würde mich auch nicht besuchen. Was soll ich den Eltern denn auch groß erzählen?

Ja, Ihr Sohn hat heute im Sportunterricht hervorragend eine Frisbee gefangen!

…oder…

Ja, ihre Tochter war letzte Woche toll in Erkunde und hat ganz alleine Frankfurt im Atlas gefunden!

Also sitze ich hier, freue mich auf das gemeinsame Essen nachher mit meiner Frau und rede mir ein, dass ich den besten Job auf der Welt habe. Habe ich eigentlich auch, aber meckern darf man doch wohl trotzdem, oder?

*** Community-Disclaimer ***

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24 KOMMENTARE

  1. Was bin ich froh, damals(tm) ein recht problemloser, recht erfolgreicher Schüler gewesen zu sein => Mutti und Papi hatten nie Grund einen Elternsprechtag besuchen zu wollen \o/
    Trotzdem sind diese Tage für Lehrer vermutlich wirklich arg lästig.

  2. Lehrer zu sein wäre kein Job für mich^^

    Ich erinnere mich noch zu gut an meine Schulzeit, wo die Lehrer an unserer Schule alle schon recht ältere Damen und Herren waren, die alle schon kaum noch Motivation gezeigt haben und eigentlich nur schnellstmöglich ihren Arbeitsalltag hinter sich bringen wollten. Und wer will es ihnen verübeln. Die Kids (mich eingeschlossen) hatten keinen Respekt vor „den alten Säcken“ und haben teilweise auch mitten im Unterricht mit ihren Gameboys gespielt. (Es gab noch keine PSP oder Nintendo DS) Und weil die Schüler ihre Lehrer sowieso nicht für voll genommen haben, konnten sich die Lehrer auch nicht durchsetzen.

    Ich bin ehrlich gesagt froh darüber, aus der Schule raus zu sein, denn obwohl es jeden Tag Zirkus ohne Eintrittspreise war, war es trotzdem jede Menge Stress. Den Lehrern stand es wirklich ins Gesicht geschrieben: „Noch X (X = 3 bis 5 Jahre) Jahre bis zum Ruhestand! Zieh einfach nur dein Ding durch und gut is…“

    Ja, das war meine Schulzeit XD Aber läuft das heute anders ab als vor 10 Jahren? Ich bin mir da nicht sicher, denn heute sind die Kids noch frecher und unverschämter als damals. Ich war schon ein anstrengendes Kind und ein noch wesentlich unerträglicherer Jugendlicher, den man am liebsten mit dem Kopf ins Klo gesteckt hätte, aber die Jugendlichen heute leisten sich Dinge, das hätten wir uns damals nie getraut.

    Wie schon gesagt….kein Job für mich^^

    Du hast mein Mitleid Steve ^^‘ Auch wenn dir dein Job die meiste Zeit Spaß macht, ich weiß bestens, wie fies die Kiddies sein können.

    MfG

    Shogoki

  3. Jaja Flames sind immer leichter als gutes zu berichten. Irgendwo hab ich das schon mal gehört bzw. gelesen hmmmmmm X)

    Naja freu dich, dassde jetzt bisl weniger Stress hast. Kommen bestimmt auch wieder andere Tage^^

  4. Heute hat ich auch auch’n beschissenen Scheißtag.

    Mit dem Höhepunkt eines Grippalen Infekts erst um 6 Uhr aufstehen um pünktlich um 8 Uhr in der Schule zu sein, sich bis um 18.00 Uhr durchrotzen bzw. siechen und um 18:15 auf der Arbeit antanzen, die bis 22:15 geht. Das macht Spaß, das macht Laune. Besonders wenn die letzten zwei Schulstunden und die Arbeit eher in Richtung Sport als Tee trinken und schreiben gehen.

    Naja, jeder hat mal’n scheiß Tag, umso schöner wenn er vorbei ist, und man sich auf den nächsten Tag freut.

  5. DU SAGST ES!
    Meckern darf man trotzdem mal! AUCH als Lehrer, denn jeder hat mal einen schlechten Tag oder auch mal keine Lust und das ist einfach menschlich, danke dafür.
    Um auf die „75% erwarten negative Beurteilungen“ zu kommen, es ist ja auch einfach so das man als Schüler noch nicht dieses Verantwortungsbewusstsein besitzt. Man schlendert durch den Tag und macht nur das nötigste, das war bei mir nicht anders. Nur irgendwann fangen sich ein Großteil dieser Kinder, nur das wollen die Eltern nicht begreifen – immer 100%! Naja wahrscheinlich muss das so sein und hat alles seine Richtigkeit, denn wenn nicht geschimpft wird ändert sich wahrscheinlich auch nie was, ich bin aufjedenfall von ganz allein zu einem guten Schüler geworden.
    Danke für den Leuchtturm!
    Ase

  6. Was Lehrer auch nie verstehen ist, dass wenn beide Eltern Vollzeit arbeiten müsse es sehr schwierig ist den Kindern so genau auf die Finger zu schauen. Bei meinen Kindern hatte ich nur selten das Glück vernünftigen Kontakt zu Lehrern herzustellen. Ich habe schon öfters versucht in der Schule anzurufen um einmal mit den Lehrern meiner Kinder reden zu können. Es ist sehr schwer sich alleine ein Objektives Bild zu machen. Es hat nicht ein einziges mal ein Lehrer zurück gerufen. Und am Eltersprechtag kam dann immer „Ich weiß nicht was ich mit Ihrem Sohn machen soll, da sehe ich Schwartz“. Es ist ja klar das die Kinder einem nur die guten Klassenarbeiten zeigen, ist ja nicht so das die Kinder zu doof sind um die Eltern zu bescheißen. Und jetzt wo das Schuljahr fast ganz rum ist wird es auch schwer Notentechnisch noch etwas zu machen. Es liegt auch an den Lehrern da zwischen Eltern und Lehrern nur einmal im Schuljahr ein kurzer Kontakt möglich ist. Ich bin ja schon sehr dankbar das die Elternsprechtage mittlerweile bis 20 Uhr gehen.

    • Das kommt teilweise daher, dass Lehrer sich auch mal das recht herausnehmen, Pause zu haben.
      Eine Lehrerin von mir macht das rigoros (ist was älter). Wenn da Samstagsabends wer mit nem Problem anruft, hört man auch nur „oh, das ist ja furchtbar, da müssen wir sofort was tun. Am besten Dienstag xxUhr in meiner SPrechstunde, bis dann“

      • und zurückrufen nach der pause kann der Lehrer dann auch nicht? also wenn du schon daran rummeckern musst dann bitte nicht mit so einem beispiel (trifft nämlich den Kern von Thralls Aussage gar nicht).

        • Okay, „in der schule anrufen“ ist nun wirklich nicht die intelligenteste Variante, dass wird doch nie vernünftig weitergegeben oO
          Zumindest bei uns war es so, dass die Telefonnummern der Klassenlehrer auf der Telefonliste standen, da wäre also ein Anruf möglich. Und beim Klassenlehrer kann man ja auch Termine mit Fachlehrern machen.

  7. Was mich grade etwas wundert ist, dass bei euch die Schüler mit zum Elternsprechtag gehen? Bei uns waren die Schüler immer unerwünscht bei solchen Veranstaltungen. Und naja..ich finde diese Elternsprechtage im allgemeinen total überflüssig, ich meine, wozu haben denn viele Lehrer eigene Sprechstunden? An meiner Schule hatten damals alle Lehrer ihre Sprechstunden und die Eltern konnten einen Termin ausmachen, was in meinen Augen 10000 mal sinnvoller ist, da man da in aller ruhe über alles Sprechen kann und nicht in 5 minuten alles abhandeln muss. aber naja viel spaß beim Elternsprechtag ;D

    • abgesehen davon, dass ich damals auch nie mitgekommen bin, bzw. auch nie wollte, fände ich es jetzt gar nicht so schlecht. Kann sich das Kind wenigstends direkt verteidigen wenn es zB beschuldigt wird nie aufzupassen, anstatt am nächsten tag überraschend von mutti ausgeschimpft zu werden

  8. Erst am Anfang dieser Woche, als ich den Podcast hörte, dachte ich mir: „Mh, Steve hat leider lange kein Leuchtturm mehr verfasst.“ – Und was passiert? .. 😉

    Echt super, habe ich persönlich echt vermisst!

  9. Es heißt übrigends „Ultimate“ und darf offiziell nicht mehr Frisbee genannt werden 😀 Ich weiß Klugscheißer etc. aber hab es zufälligerweise heute morgen erst im radio mitbekommen und mich gewundert. Wham-O hat sich den begriff Frisbee schützen lassen.

    /unnützeswissenaus

    • Es heißt übrigens „übrigens“. Zwar hat sich keiner „übrigends“ schützen lassen, aber es ist trotzdem falsch. Ich weiß, Klugscheißer usw…naja.

  10. Ich kenn das ja von meiner Mutter, Gymnasial-Mathe- und Physiklehrerin. Vor allem in der 8. Klasse sei es bei ihr wohl am schlimmsten, weil da ja oft Schüler/innen wegen der Mathe- und Physiknoten sitzenbleiben.

    Und Eltern wollen weiß Gott nicht hören dass ihr Kind einfach
    a) zu faul ist
    b) Probleme hat, weil das Umfeld schwierig est (z.B. wegen der Eltern 😉 )
    c) eben leider nicht die erforderliche Intelligenz mitbringt

    Deshalb schieben die Eltern das eben gern auf die Lehrer, die dann genervterweise sowas wieder an den Schülern auslassen. Andererseits gab es wohl auch wahre „Aha“-Momente mit manchen Eltern, denen dann gesagt wurde, dass es nicht gut war, ihr 8-jähriges Kind damals den ganzen Tag allein daheim zu lassen.
    Aber für Lehrer ist der Elternsprechtag eine Qual, stimme ich dir völlig zu.

    • Ich möchte dazu aber sagen, dass ich zum beispiel in Mathe und Physik auch in den Seltensten Fällen über eine 4 Rausgekommen bin. Ich bin jetzt ne weile vom Gymnasium weg, aber in meinen Augen haben speziell diese beiden Fächer etwas mit „verstehen“ zu tun. Bei manchen Themen dachte ich mir „oha wie leicht ist dass denn“ und eine woche später, beim neuen Thema hab ich nur Bahnhof verstanden. Zugegeben zu einem gewissen grad kann man das durch Stumpfes lernen ausgleichen, aber jemand dem Mathe nicht liegt wird in meinen augen nie auf eine 1 kommen 🙂

      Manchen, wie z.b mir, liegen einfach Sprachen mehr, da musste ich nie irgendwas ausser Vokabeln lernen um meine Noten hinzu bekommen. wie auch immer.

      Und was ich noch zu diesen unverbesserlichen eltern sagen möchte :
      Bei mir zu hause, hieß es immer, „warum hast du es nicht gelernt“ wenn was schief lief. Aber inzwischen ist die Metalität der Eltern leider häufig eine andere. Nämlich diese „Ich erziehe mein Kind 100% richtig, und es kann nicht an meinem unglaublich tollen, intelligenten und talentierten Kind liegen, das eigentlich alles super toll kann. Also muss der Lehrer schuld sein.“

      🙂

      • Ist bei mir auch so. Ich glaube es gibt 3 Typen von Schülern: 1. Mathe und Physik -> Super + Sprachen -> mittelmäßig. 2. Mathe und Physik -> Super 3. Sprachen -> Super Mathe und Physik -> eher schlecht.

        Ich war immer in der 3. ._.

  11. und ich frag mich immernoch was aus dem alten Mann geworden ist, dem du immer gewunken hast.

    Das ist ein Teufelskreis. Eltern lassen den Frust über die Dummheit des eigenen Kindes an den Lehrern aus, die Lehrer haben ihren Beruf satt, weil sie von keinem respektiert werden und lassens an den Schülern aus, die Schüler terrorisieren die Eltern, weil sie .. naja, weil sie lieber WoW zocken wollen.

    Da im Internet anscheinend nur die Minderheit Sarkasmus und Ironie versteht sag ich’s nochmal deutlich: Das war Ironie. 😉 Ausser das mit dem alten Mann… 😀

    mfg vanny

  12. Ach es ist echt schön, das alles mal aus der Sicht eines Lehrers zu sehen! Bei uns ist der Elternsprechtag aber erst nächste Woche… 😉 schön, dass du mal wieder einen Leutturm verfasst hast! 🙂

  13. Find ich ja cool, dass du auch Geschichte unterrichtest! Würde mich auf ein paar Unterlagen von dir freuen, auch wenn die Lehrpläne hier in Bayern ganz anders sind!

    Mir steht übrigens morgen das gleiche wie dir bevor: „Elternsprechtag“ in der Nachhilfe – natürlich sind wir Lehrer schuld, dass wir den Kindern die Antworten nicht auf dem Silbertablett servieren und sie nachdenken und arbeiten müssen! Das geht ja garnicht…

  14. Tja lieber Steve was soll man sagen 😀

    Ich sitze hier vorm Lappi und schreibe eine Hausarbeit für die Uni. Und konnte in der kleinen Pause lesen das andere auch einen scheiss Nachmittag haben.

    Ich musste nur feststellen als ich deinen Post gelesen habe das ishc das Verhalten der Eltern wohl doch ziemlich geändert hat in den letzten Jahren.
    Was ich immer von meinen Eltern/ Lehreren usw gehört habe das zu meiner Zeit eher schwerwiegendere Sachen angesprochen wurden wie zB „ihr Sohn/Tochter schwänzt/meldet sich nicht/ hat große Schwierigkeiten mit….“
    Hoffe wirklich das ihr net zu viel Feuer einfangt weil ihr ja die bösen Lehrer seit die mit dem 6! Stempel durch die Gegend laufen und nix besseres haben alles zu stempeln oder weil euere Magischen Notenwürfel nur 3 verschiedene Seiten haben 4,5 und ich mag Toastbrot.

    mfg Tobi

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