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Die aktuell als SPD-Spitzenkandidatin für die Europawahl fungierende Katarina Barley hat in dieser Woche eine ziemlich kontroverse Äußerung von sich gegeben. Sie erwähnte, dass man auf dem Weg zu einer eigenen europäischen Armee natürlich auch darüber sprechen müsste, ob die EU sich eigene Atombomben anschafft. Ausgelöst wurde das Ganze durch Aussagen von Donald Trump, der den atomaren Schutz der NATO durch die USA infrage stellte. Da man sich somit nicht auf die USA verlassen kann, würde Barley eigene Optionen in Betracht ziehen.

„Angesichts der jüngsten Äußerungen von Donald Trump ist darauf kein Verlass mehr. Auf dem Weg zu einer europäischen Armee kann also auch das ein Thema werden.“ Barley

Die Aussagen von Barley haben in kurzer Zeit zu einer Reihe von Diskussionen und Stellungsnahmen geführt. Eine Reihe von Politikern kritisierte Barley für diese Aussage und das in Betracht ziehen solch einer Option. Bundesverteidigungsminister Pistorius mahnte öffentlich um eine allgemeine Zurückhaltung. SPD-Außenpolitiker Stegner ging so weit den Vorstoß als eine „brandgefährliche Eskalation“ zu bezeichnen, die am Ende vermutlich mehr Schaden als Vortiele bringt.

„Eine europäische Atommacht braucht es nicht – sie wäre das Gegenteil von europäischer Sicherheit.“ Stegner

Natürlich gibt es aber auch einige Stimmen, die recht eindeutig hinter dieser Option stehen. Beispielsweise forderte Außenminister Gabriel heute direkt einen Ausbau der atomaren Fähigkeiten der EU, weil der Schutz der USA nicht ewig vorhanden sein wird. Bundesfinanzminister Lindner interessiert sich aktuell für eine Kooperation mit Frankreich und Großbritannien, die beide über Atomwaffen verfügen und vielleicht bereit wären, den notwendigen Schutz der Nato zu bieten. Es gibt also eine Reihe von Meinungen zu dieser Sache.

Ich persönlich hoffe darauf, dass die EU sich keine eigenen Atomwaffen anschaffen muss. Es ist einfach eine unangenehme Situation, wenn man den Schutz durch die Abschreckung der beidseitigen Vernichtung garantieren muss. Bedauerlicherweise könnten wir aber bald einen Punkt erreichen, an dem genau solch eine Option notwendig wird. So wie die Welt aktuell aussieht, scheinen Zurückhaltung und rationales Denken nur selten eine Priorität zu sein.


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3 KOMMENTARE

  1. So ganz grundsätzlich verstehe ich die Diskussion nicht. Es kann doch nicht darum gehen, WO die Atomwaffen stehen, die uns schützen (und die letzten 70 Jahre beschützt haben). Das erinnert mich vielmehr irgendwie an die gutmenschliche Erkenntnis, dass Kernkraft in Deutschland böse ist, Kernkraft in Frankreich oder der Ukraine aber gut. Leute, der einzige Unterschied ist wirtschaftlicher Natur: Bei der Kernkraft zahlen wir für dieselbe Stromproduktion eben drauf. Bei den Atomwaffen war es in der Vergangenheit eben so, dass die Kosten bei den Amerikanern lagen und wir uns lediglich unter der Kuscheldecke verkrochen haben. Den Schutz haben wir genossen, aber die Kosten trugen andere.

    Wenn jetzt Trump sagen sollte „wie schützen Euch nicht mehr“ – und ich enthalte mich da ausdrücklich einer Bewertung -, dann bleiben wir eben ungeschützt oder wir müssen uns selber schützen. Und das Gleichgewicht des Schreckens hat sich als sehr effektiver Schutz erwiesen. Warum haben die Amerikaner nicht schon längst Nordkorea oder China geplättet? Die Amis haben aus wirtschaftlichen Gründen bisher noch jeden Krieg angezettelt, warum hier nicht? Weil die genannten Länder A(llianz?)-versichert sind!

    Und dasselbe gilt nunmal für uns und Putin. Das ist nicht schön, aber das ist die Realität: Das einzige, was die Imperialisten dieser Welt zurückhält, ist die mögliche Antwort. Wo die betreffenden Waffen stehen, ist zweitrangig.

    Unser ganzes Gejammer geht letztlich aber nur darum, dass wir zukünftig für unseren Schutz zahlen müssen.

  2. Das sind die Geister die ein Donald Trump rief. Das ist übrigens ein Schritt den beide Seiten (USA & EU) nicht wollen dürfte.

    Die Schaffung einer europäischen nuklearen Abschreckung hört ja nicht bei der Stationierung eigener Atomwaffen in der EU auf. Man wird enorme Investitionen für die Bereitstellung einer nuklearen Triade tätigen müssen. Das bedeutet: landgestützte Raketen, Flugzeuge und U-Boote. Das natürlich redundant um die Zweitschlagfähigkeit glaubhaft zu gewährleisten. Bei U-Booten bedeutet das mindestens 3 Stück davon inkl. Begleitung falls Wartungen anstehen.

    Für die Amerikaner ist das natürlich ebenfalls unangenehm, denn die Nato dient als Katalysator für die militärische Macht der USA. Sie verleiht der amerikanischen Position unangefochtener Stärke Legitimität. Europäische Verbündete beteiligen sich an zahlreichen Missionen, etwa in Afghanistan, während die USA die Richtung vorgeben. US-Militärstützpunkte in Europa dienen nicht nur der Verteidigung Europas, sondern auch als logistische Drehscheiben und Ausgangsbasis für Einsätze der USA im Nahen Osten. Auf all diese Vorteile möchte das US-Militär nicht verzichten.

    Die amerikanischen Steuerzahler tragen zwar erhebliche Kosten, um das Atomwaffenarsenal aufrechtzuerhalten, aber zum einen wäre wohl niemand in den USA bereit, auf die nukleare Überlegenheit zu verzichten, und zum anderen verhindert die Schutzgarantie, dass andere Länder selbst nach Atomwaffen streben (die gleiche Logik gilt für die US-Allianzen mit Japan und Südkorea). Es ist daher irreführend zu behaupten, dass Europa mehr ausgeben muss, damit die USA sparen können. Das Erreichen des Zwei-Prozent-Ziels wird weder Trump besänftigen noch Europa sicherer machen.

    Es ist zweifelhaft, ob den Interessen der USA besser gedient wäre, wenn in Europa oder Asien ein nukleares Wettrüsten ausbrechen würde.

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